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The Story of Julia Pastrana (with Apparatjik) & Y (A Book About) Strategies In Experimental Typography

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Zwei Projekte in einem Seminar. Zum einen arbeiten wir an zwei Ausstellungen mit der Künstlergruppe Apparatjik über die Geschichte von Julia Pastrana, zum anderen entwickeln wir ein Buch über Strategien und Methoden in der experimentellen Typografie. Wir arbeiten in zwei Gruppen, die sich gegenseitig unterstützen und ergänzen. Einzelprojekte sind dieses Semester nicht möglich. Bitte meldet euch nur an, wenn ihr das Kolloquium bereits hinter euch habt und euch ganz sicher seid, dieses Seminar wirklich durchziehen zu wollen. Es wird viel Arbeit, aber es wird spannend.

1. The Story of Julia Pastrana (with Apparatjik) Das internationale Künstlerkollektiv Apparatjik sowie die aus Mexiko stammende Künstlerin Laura Anderson Barbata arbeiten zur Zeit an einer Oper über die Geschichte von Julia Pastrana. Wir werden Apparatjik zunächst bei zwei vorbereitenden Ausstellungen und Auftritten in Szczecin, Polen und Malmö, Schweden typografisch unterstützen.

Hintergrund: Die Oper erzählt die Geschichte der 1834 in Sinaloa, Mexiko geborenen Julia Pastrana. Sie war eine äusserst begabte Sängerin und Tänzerin, sie spielte Gitarre und sprach drei Sprachen fließend. Sie litt aber auch an einer extremen Form der Hypertrichose, was dazu führte, daß ihr Körper ungewöhnlich stark behaart und ihr Unterkiefer überdeutlich ausgeprägt war. Sie trat während ihres kurzen Lebens auf der ganzen Welt auf, tanzte, sang und rezitierte Gedichte. Nach ihrem Tod wurde ihr Körper und der Körper ihres totgeborenen Kindes, das unter der selben Krankheit litt, einbalsamiert und in einer absurd-grotesken Tour über hundert Jahre lang überall in der Welt ausgestellt und schließlich fast vergessen. Nach einem jahrelangen Ringen gelang es der Künstlerin Laura Anderson Barbata, die inzwischen in der Universität von Oslo aufbewahrten und mumifizierten Körper, nach Mexiko zurückzuführen und in einer würdigen Zeremonie in Julia Pastranas Heimatort beizusetzen.

Betitelt als „Die hässlichste Frau der Welt“ und „die fehlende Verbindung zwischen Mensch und Orang Utan“ stellt das Leben und der Tod von Julia Pastrana in seiner bizarren Überzeichnung auch heute noch höchst relevante Fragen über Schönheit, Persönlichkeit, Individualität, Eigentum, Wissenschaft, Kommerzialisierung, Objektifizierung, Ausnutzung, Menschenrecht, Rassismus, Öffentlichkeit, Privatheit, Verantwortung, Erinnerung, etc.

Wir werden zunächst in Zeitungsarchiven nach allem suchen, was in den vergangenen 180 Jahren über Julia Pastrana geschrieben wurde und in angemessener Form sammeln. Anschließend werden wir die über die Jahrhunderte verwendeten und weitergetragenen sprachlichen Bilder in einer Reihe typografischer Entwürfe verarbeiten und für die Ausstellungen aufbereiten.

2. Y (A Book About) Strategies In Experimental Typography Wir untersuchen die Grundlagen, die Geschichte(n) und die Methoden der experimentellen Typografie. Wir beschäftigen uns mit der Arbeit ihrer spannendsten Vertreter seit Futurismus, Dada und Co. und wir experimentieren vor alledem selbst auf der Grundlage der gesammelten Texte über Julia Pastrana.

Dann entwickeln wir ein Buch darüber.

Hintergrund: Es gibt viel zu lesen über typografische Grundlagen. Das sind Bücher, in denen über das Richtige und Falsche im schriftsetzenden Handwerk geschrieben wird: Erste Hilfe, Details, Wirkung und Praxiswissen ohne Ende. Aber es gibt kaum Bücher zu den Grundlagen des typografischen Experiments. Das verwundert umso mehr, da – wie Rick Poynor bereits 1996 bemerkte – „die experimentellen Ansätze in der Typografie schon längst zum Mainstream geworden sind“. Wenn die experimentelle Typografie aber mehr ist als das Brechen, das Ignorieren oder die Unkenntnis eines jahrhundertealten Handwerks, dann sollte es für uns ausreichend handfeste Strategien und Methoden zu entdecken geben.

Vor genau fünfzig Jahren, im Frühjahr 1968 gründete Emil Ruder gemeinsam mit Armin Hofmann die legendäre Weiterbildungsklasse für Grafik an der Basler Kunstgewerbeschule. Mit dem jungen Wolfgang Weingart als Lehrer und vielen internationalen Schülern zelebrierten sie damals nicht nur den „Swiss Style“ sondern gaben der Typografie auch eine neue Richtung und auch ein neues Fundament. Emil Ruders Buch „Typografie - Ein Gestaltungslehrbuch“ von 1967 sowie das zwei Jahre ältere „Graphic Design Manual“ von Armin Hofmann dienen uns als Ausgangspunkt und Inspiration für unsere Reise. Aber wir beschäftigen uns auch mit László Moholy-Nagy der 1923 den Begriff der Neuen Typografie einführte, der kalifornischen Ordensschwester Sister Corita Kent, der Handschrift von Cy Twombly, den Experimenten von Hans-Rudolf Lutz oder den Rastern von Wim Crouwel um nur einige Stationen zu nennen.

Ein Seminar für Studierende nach dem Kolloquium und für maximal 20 Teilnehmer.

II/1 Modul Entwurf/Fachvertiefung Kommunikationsdesign, WP, Credits: 10 21FVKd-TY Typografie: (2.111 alte Studienordnung) Dienstag 10.00-14.00, Raum D 226 Prof. Sven Völker

Fachgruppe

Kommunikationsdesign

21FVKd-TY Typografie

Semester

Sommersemester 2018

Raum

D 226

Lehrende