In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Im Jahr 2024 hat sich die US-amerikanische Sängerin Taylor Swift die Markenrechte für „Female Rage: The Musical“ gesichert, was die Themen Wut und Feminismus erneut ins öffentliche Bewusstsein gerückt hat. Weibliche Wut wurde bereits in zahlreichen feministischen Analysen umfassend betrachtet. Dennoch stellt sich die Frage: Wie ist man eigentlich richtig wütend?
Mit einer Graphic Novel möchte ich, basierend auf persönlichen Erfahrungen und Nachforschungen, feministische Wut verstehen und selbst erleben. In einer Gesellschaft, die wütende FLINTA* oft als zickig oder hysterisch abstempelt, fehlt diesen Personen ein wertvolles Mittel, um sich gegen Ungerechtigkeiten aufzulehnen. Das Patriarchat nutzt diese Dynamik, um seine Machtstrukturen aufrechtzuerhalten und um das zu ändern braucht es Wut. Welche gestalterische Umsetzung eignet sich für eine Graphic Novel zu diesem emotionalen Thema?
Ausgehend von dieser Fragestellung werde ich zunächst erforschen, wie FLINTA* und Wut bisher dargestellt wurden. Ziel meiner Bachelorarbeit ist es, mich persönlich zusammen mit den Leser*innen auf das Experiment einzulassen, Wut zu empfinden und einen neuen positiven Blickwinkel darauf zuzulassen.
In 2024, American singer Taylor Swift secured the trademark rights for “Female Rage: The Musical,” bringing themes of anger and feminism back into public focus. Feminist analyses have long explored the concept of female rage in depth. Yet, the question remains: How does one express anger the right way?
With a graphic novel, I aim to explore, understand, and experience feminist anger through personal experiences and research. In a society that often labels angry FLINTA* individuals as „hysterical“ or „overreacting,“ these people are denied a powerful tool to resist injustice. The patriarchy perpetuates its power structures by exploiting this dynamic, and breaking it requires anger. But what creative approach best suits a graphic novel about such an emotional topic?
Starting from this question, I will first examine how FLINTA* and anger have been represented thus far. The goal of my thesis is to invite both myself and the readers to experiment with experiencing anger and to embrace a new, positive perspective on it.
In einer qualitativen Online-Umfrage, an der 38 Personen im Alter von 15 bis 75 Jahren teilnahmen, untersuchte ich, welche Themen Menschen in meinem Umfeld wütend machen und wie sie diese Wut ausdrücken. Besonders interessierte mich, ob die Teilnehmenden eher rückzugsorientierte Bewältigungsstrategien (Disengagement Coping36) oder aktive Bewältigungsstrategien (Engagement Coping37) verwenden. Die Umfrage fokussierte sich insbesondere auf Frauen*, da ich vermutete, dass diese Gruppe häufig Wut empfinden, diese jedoch seltener nach außen zeigt.
Titelbild. Erstellt von der Autorin mit Adobe Photoshop (KI-gestützt), 2024.
Die Frage, wie das Medium Graphic Novel weibliche Wut als Ressource für politischen und persönlichen Widerstand darstellen kann, lässt sich im Rahmen meiner Arbeit nicht endgültig beantworten. Dennoch habe ich ein Format entwickelt, das speziell junge FLINTA*-Personen anspricht, die oft Schwierigkeiten haben, ihre Wut zu spüren und auszudrücken. Ziel ist es, ihnen einen positiven Zugang zu Wut zu ermöglichen und sie durch Vorbilder zu inspirieren.
Ein entscheidender Schritt war die präzise Definition meiner Zielgruppe. Die Graphic Novel soll Verständnis schaffen, Gefühle validieren und zeigen, wie Wut in politisches Handeln umgesetzt werden kann. Um die Reichweite zu erhöhen, plane ich sowohl eine physische Veröffentlichung als auch eine kostenfreie PDF-Version, die online zugänglich ist. Gleichzeitig hat meine Umfrage verdeutlicht, dass viele FLINTA*-Personen nicht wissen, wie sie ihre Wut konstruktiv kanalisieren können. Genau hier setzt meine Arbeit an.
Ein klassischer narrativer Erzählstrang hätte die Vielfalt weiblicher Wut jedoch nicht angemessen abbilden können. Deshalb entschied ich mich für einen experimentellen Ansatz, der verschiedene Medien wie Fotografien, Collagen, KI-generierte Bilder und Illustrationen kombiniert. Diese offene Struktur ermöglicht es, die Vielschichtigkeit von Wut darzustellen – von expressiven, lauten Momenten bis hin zu stillen, nach innen gerichteten Emotionen.
Ein zentrales Punkt war es, zu klären, was Wut überhaupt bedeutet und wie sie von unterschiedlichen Menschen wahrgenommen wird. Dabei war für mich die Unterscheidung zwischen destruktiver und konstruktiver Wut wichtig. Während destruktive Wut Schaden anrichten kann, sah ich in der Wut von marginalisierten Gruppen, etwa FLINTA*-Personen, eine gerechtfertigte und notwendige Form des Widerstands. Gleichzeitig wurde mir bewusst, wie schwierig es ist, klare Grenzen zwischen den unterschiedlichen Formen der Wut zu ziehen.
In der Entwicklung der Graphic Novel stellte sich die Frage, welche Geschichten ich erzählen möchte und welche Perspektiven ich einbeziehen kann. Die Vielfalt feministischer Perspektiven – sei es aus queerer, migrantischer oder behindertenpolitischer Perspektive – ist immens. Als weiße Person verfüge ich über Privilegien, die ich nutzen kann, um marginalisierte Stimmen sichtbar zu machen. Dabei ist mir bewusst, dass dies Verantwortung mit sich bringt: Es geht nicht darum, Erfahrungen anderer zu vereinnahmen, sondern authentisch und respektvoll darzustellen. Kollaborationen und Co-Creation könnten hier in Zukunft eine größere Rolle spielen.
Ein Hindernis war auch die gesellschaftliche Abwehrhaltung gegenüber Wut. Dieses Gefühl wird oft als negativ wahrgenommen, und die Idee, dass Wut konstruktiv genutzt werden kann, stößt häufig auf Widerstand. Trotzdem bleibt Wut ein mächtiges Werkzeug, um politische Veränderungen anzustoßen. Mit meiner Graphic Novel möchte ich zeigen, wie sie eine treibende Werkzeug für Selbstermächtigung und Wandel sein kann – auch wenn Ressourcen wie Zeit und Energie, gerade in einem kapitalistischen System, politisches Engagement oft erschweren.
Meine eigene Wahrnehmung von Wut hat sich durch die Arbeit stark verändert. Anfangs beschäftigte ich mich mit aggressiveren, lauteren Formen, die meinem eigenen Charakter nicht entsprachen. Durch den Austausch mit anderen FLINTA*-Personen verstand ich, dass stille, unterdrückte Wut genauso valide ist und sehr viele FLINTA* ähnlich empfinden wie ich.
Abschließend zeigt meine Arbeit, dass Graphic Novels ein effektives Medium sind, um weibliche Wut sichtbar zu machen und als Ressource für politischen Widerstand zu nutzen. Meine nächsten Schritte bestehen darin, die vier Kapitel fertigzustellen, die Arbeit zugänglich zu machen und weitere Perspektiven zu integrieren. Besonders die Möglichkeit, Gefühle zu validieren und gleichzeitig eine emotionale Verbindung zu den Ursachen von Wut herzustellen, macht das Format für politische Kommunikation so wertvoll.