Incom ist die Kommunikations-Plattform der Fachhochschule Potsdam

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EcoUnity

Ein Spiel, in dem du nur voran kommst, indem du anderen hilfst. Wo nur der Zusammenhalt funktioniert, im Bestehen gegen die Hitzewellen. Und jede:r gleichberechtigter Teil des Ganzen ist.

Bei jedem Zug wird zusätzlich zum Teamwork wertvolles Wissen über die Dynamik von Menschen, Tieren und Natur vermittelt. Erst wenn alle drei Spezien im Gleichgewicht leben und füreinander sorgen, entsteht die optimale Balance.

Wir haben uns der Aufgabe gestellt, die Abhängigkeit und das natürliche Zusammenspiel unter den Spezien spielerisch widerzuspiegeln.

Hintergrund: Climate Community Games

Der Kurs startete mit Gastvorträgen, Spieleworkshops und Stadtspaziergängen. Wir lernen: Unser Bewusstsein über die weitläufigen Zusammenhänge im Ökosystem ist gering; selbst in der Stadt ist es gut vernetzt (sei es das Grün zwischen den Gehwegsteinen oder die Blumen am Balkon); Menschen haben einen großen Impact mit den kleinsten Entscheidungen. Außerdem: Hitzewellen sind eine der größten Gefahren der Klimakrise; soziale Netze schützen uns vor ihren Folgen; Nachbar:innen interessieren sich füreinander, aber es fehlt an Katalysatoren für Begegnung. Und: spielerisch lernt es sich am besten.

Als wir uns für die Zusammenarbeit miteinander entschieden und erste Ideen zum Spielthema- und Konzept entwickelt haben, war uns bereits klar, dass es ein Indoor Spiel wird, welches wetterunabhängig gespielt werden kann.

Unser Brettspiel greift diese Zusammenhänge im Kontext der Temperaturerhöhung inhaltlich und spielmechanisch auf. Sie werden simplifiziert, aber realitätsbezogen von Spielfiguren und Aktionskarten verkörpert. Die Spielfiguren gehören jeweils entweder der Kategorie Mensch, Pflanze oder Tier an. Sie haben teils individuelle, teils kategoriespezifische Ressourcen und Bedürfnisse. Grundidee des Spiels ist, dass die Charaktere nur gemeinsam vorankommen und gewinnen können. Ich kann also nur vorrücken, wenn jemand anderes mir mit Ressourcen oder Aktionen hilft. Und wenn ein Charakter verliert, verlieren alle. Das zentrale Element dafür ist die Hitzewelle, die den Spieler:innen im Nacken sitzt und droht, sie einzuholen. Wer von ihr erfasst wird, verliert.

Educational Goal

Es wird klar, dass der Mensch nur einer vielen Akteur:innen des Ökosystems ist. Sein Wohlbefinden beruht auf dem Wohlbefinden des restlichen Systems. Genauso geht es den anderen Akteur:innen. Diese müssen gemeinsam gegen die Hitzewelle arbeiten. Daraus speist sich die Hauptaussage des Spiels: Alle Charaktere sitzen in einem Boot.

Alle Ressourcen und Aktionen sind angelehnt an tatsächliche ökologische Zusammenhänge. Sie sind mal größer (Bäume spenden Schatten und Feuchtigkeit), mal konkreter (Ein Mensch möchte einen Apfelkuchen backen und braucht dafür Äpfel) gefasst. Damit wird Wissen über die Zusammenhänge vermittelt.

Trotz der weiten Zusammenhänge trägt der Mensch letztlich deutlich mehr Verantwortung und besitzt mehr Handlungsmacht als die anderen Akteur:innen, um das Ökosystem zu schützen oder zu stören. Gleichzeitig profitiert er durchgängig von der Natur um ihn herum. Deswegen weisen seine Aktions- und Ressourcenkarten die Spieler:innen auf zwei Dinge hin. Einerseits auf den Nutzen der Natur für den Menschen. Andererseits auf konkrete Handlungsmöglichkeiten, proaktiv im Sinne des Ökosystems zu handeln oder sich mit anderen Menschen zusammenzuschließen.

Zuletzt wird die Rolle von Gemeinschaft und Aufmerksamkeit der Menschen untereinander vermittelt, um Klimawandelfolgen wie Hitzewellen zu überstehen.

Spielmechanik

Das Brettspiel besitzt eine Start- und eine Ziellinie. Es gibt drei Arten von Feldern: Aktions-, Ressourcen und Hilfefelder. Es wird reihum gewürfelt, auf welches Feld die Spielfiguren als nächstes rücken. Gelangt man auf ein Aktionsfeld, spielt man eine Karte, die einem oder mehreren Charakteren das Weiterrücken ermöglicht. Gelangt man auf ein Ressourcenfeld, zieht man eine Ressourcenkarte auf die Hand. Gelangt man auf ein Hilfefeld, zieht man eine Herausforderung. Nur wenn andere Charaktere einem mit den passenden Ressourcen helfen können, darf man weiterziehen. Kann geholfen werden, erhalten die helfenden Spieler:innen Wassersteinchen. Kann nicht geholfen werden, rückt die Hitzewelle vor. Erfasst die Hitzewelle einen Charakter, haben alle verloren. Sie kann vom Vorrücken abgehalten werden, wenn Spieler:innen gemeinsam die notwendige Anzahl an Wassersteinchen abgeben. In der Mitte des Spiels gilt es außerdem, eine asphaltierte Straße gemeinsam zu entsiegeln. Doch auch dort lauern unerwartete Gefahren. Gewonnen ist das Spiel erst, wenn alle Charaktere sicher die Ziellinie übertreten.

Grundsätze sind: “jede:r hat eigene Ressourcen und Hilfebedarfe,” “ich komme nur gemeinsam vorwärts” und “alleine gewonnen ist verloren”

Es gibt also Informationen und Interaktion über den Aktions- Ressourcen und Hilfekarten. Spannung wird durch die näher rückende Hitzewelle aufgebaut und die Zufälligkeit des Würfelns.

Testen, testen, testen

Der erste Spielentwurf war weit ab vom finalen. Der erste Entwurf fühlte sich eher wie Malen nach Zahlen an, als nach einem aufgeweckten Spiel. Schnell war klar, dass es mehr Zufall braucht und das Risiko, zu scheitern (etwa durch die Hitzewelle). Die größten Fragen begleiteten uns bis zum Schluss: Wie können Spielzüge durchdacht, inhaltlich gefüllt und sysetmatisch gestaltet werden, ohne zu rigide, vorhersehbar und damit langweilig zu werden? Wie viel Zufall braucht es? Wie plant man Zufall? Und wie können Inhalte vermittelt werden, ohne den Spielfluss zu bremsen?

Außerdem blieb ein Ungleichgewicht zugunsten der menschlichen Charaktere. Insbesondere die Tiere haben weniger Möglichkeiten, durch Aktionskarten oder Ressourcen zu helfen. So kommt es dazu, dass einige Akteur:innen seltener benötigt werden und nicht mehr so aufmerksam sind.

Die Spielzüge orientieren sich an bekannten Abläufen. Etwa fängt jeder Zug mit Würfeln an. Es war schnell klar, dass solche Grundmechaniken von Spieler:innen unbewusst vorausgesetzt werden und der Spielfluss hakt, wenn einige dieser Mechaniken zu sehr von der Erwartung abweichen. Zusätzlich hat gestalterische Stringenz, etwa dass die Hitzewelle eine rote Farbe hat, Ressourcen eine grüne usw., erheblich zu einem flüssigen Spiel beigetragen.

Das Spiel sollte mit einer variablen Anzahl von drei bis sechs Spieler:innen spielbar sein. Wir haben dafür die Ressourcen und Hilfskarten inhaltlich so angeglichen, dass von jeder Kategorie (Mensch, Tier, Pflanze) ein Charakter fehlen kann.

Die letzten Testspiele waren mechanisch relativ reibungslos hatten genügend ausgewogene Aktionsanteile zwischen den Spieler:innen. Das Risiko durch die Hitzewelle war zuletzt außerdem angemessen hoch, um Spannung zu erzeugen. Von Anfang an wurde Rückgemeldet, dass schnell klar ist, dass alle im selben Boot sitzen.

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Das Auge spielt mit

In der Gestaltung haben wir uns für die Farben Blau (Hilfekarten), Grün (Ressourcenkarten) und Rot (Aktionskarten) entschieden. Die Farben blieben über den Entwurfsprozess ähnlich. Während des Prototypings erwiesen sich Buchstaben und Icons als nützlich, um auf den ersten Blick die Funktion einer Ressourcen- oder Hilfekarte zu erkennen. Die Buchstaben H, A und R für Hilfe, Aktion und Ressource finden sich beispielsweise auf den Rückseiten der Karten wieder.

Das Design sollte verspielt, aber nicht zu kindlich sein. Das Spielfeld ist nicht nur rein funktional gegliedert, sondern durch illustratorische Anteile optisch spannend und ästhetisch einheitlich. Im Entwurfsprozess entstanden so die Felder, die starke Verzerrungen der Buchstaben H, A und R darstellen. Die “Start” und “Ziel” Schriftzüge sind selbst entwickelte Typografische Elemente.

Die Felder sind so verteilt, dass von jedem Feld jeweils alle Fehlerarten (Hilfe, Aktion, Ressource) erreichbar sind. Auf jedem Feld finden zwei Spielfiguren Platz. Am Rand können die Wassersteinchen aufgereiht werden. Kleine Icons an den Ecken der Spielkarten weisen auf der Rückseite auf die zugehörige Spielfigur hin. Auf der Vorderseite finden sich in der Mitte Text und Icons. Außerdem kleine Icons in den Ecken, sodass auch bei gefächerten Handkarten die Funktionalität erkennbar ist.

Das Design soll also ansprechend sein und die Informationsverarbeitung der Spieler:innen erleichtern.

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Reflexion und Feedback

Es gibt jedes Mal noch etwas zu entdecken, was verändert werden kann oder sollte. Besonders herausfordernd war für uns, vom Entwerfen und Basteln ins Ausprobieren zu kommen. Das Gefühl, das Spiel sei noch zu unfertig, um es zu testen, führte letztlich zu weniger Testung und damit mehr Unfertigkeit. Besonders in der Frage, wie wir mehr Zufall und Spannung einbauen können. Genauso in Hinblick auf die Ausgewogenheit der Spielanteile. Auch wenn es regelmäßige Testspiele gab, war der Kurskontext oft zu knapp bemessen, um das Spiel nachhaltig durchzusprechen.

Zu Anfang haben wir Informationen eingearbeitet, die uns selbst überrascht haben. Gleichzeitig inhaltlich in die Tiefe zu gehen, besagten Inhalt wieder zu simplifizieren, für das Spiel nutzbar zu machen und dieses parallel zu entwickeln, war herausfordernd. Trotzdem haben wir ein stabiles Netzwerk aus Interaktionen gesponnen.

Schön war, dass im Feedback schon früh durchkam, dass es um Zusammenarbeit geht. Insofern haben wir unser Educational Goal erreicht. Auch wurde zurückgemeldet, dass die Interaktionen im finalen Spiel gut funktionieren.

Als Team hatten wir einen guten Besprechungsrhythmus und Aufgabenteilung, in der wir uns jeweils vertraut haben. Das hat den grundsätzlichen Entwurfsprozess erleichtert und Spaß gemacht.

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Das Spiel geht weiter

Das Spiel funktioniert soweit also, vermittelt Zusammenarbeit und macht in seiner Grundidee Spaß. Ein paar Dinge wären anders, würden wir es weiterentwickeln:

Es wäre gut, wenn Menschen, Pflanzen und Tiere gleichmäßig viele Aktionsmöglichkeiten, Ressourcen und Hilfebedarfe hätten. Dafür braucht es eine tiefere inhaltliche Recherche und eine Erweiterung der Karten. Alternativ könnten Pflanzen und Tiere Handlungsmöglichkeiten zugesprochen bekommen, die Menschen nicht haben.

Das Spiel kann außerdem mehr Risiko und Zufall vertragen, damit es interessant bleibt. Beispielsweise durch das Fine-Tuning der Hitzewelle, oder das Hinzufügen von Zufallsgeschehnissen oder anderen Akteur:innen.

Die Spielfelder H, A und R wären besser systematisch in diagonalen angeordnet statt zufällig. Das wäre ruhiger, stringenter und schneller erkennbar für die Spieler:innen. Die Icons in den Ecken der Spielkarten wären außerdem lesbarer, wären sie größer. Eventuell sinnvoll wären auch farbliche Unterscheidungen der Charaktere.

Es wäre auch interessant, eine Variante zu entwickeln, in der nur der Mensch verlieren kann. Er ist zwar Teil des Ökosystems, aber die Natur kann auch gut ohne ihn leben. Der Mensch schützt die Natur also nicht nur der Natur wegen, sondern um sich selbst zu erhalten.

Zuletzt: Spiele spielen, Naturdokus schauen und noch mehr mit Menschen aus Naturschutz und Spieledesign sprechen. Die Inputs von Ruttikorn Vuttikorn und Herbert Lohner waren unglaublich bereichernd und haben Ideen für weitere Gestaltung angestoßen. Danke an Myriel Milićević für den vielfältigen Kurs!

Fachgruppe

Gestaltungsgrundlagen

Art des Projekts

Keine Angabe

Betreuung

foto: Prof. Myriel Milicevic

Zugehöriger Workspace

Climate Community Games

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2024