In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Dokumentation des Kurses »Immer so weiter. Die Tapete als Kunstform« bei Prof. Lisa Bucher (SoSe 20)
Die Tapete gewann über die letzten Jahre wieder wesentlich mehr an Relevanz, mit den Trends in Richtung DIY, Heimwerken und eigener Innengestaltung. Sie spielt in diesem Kontext eine integrale Rolle und wird so als persönlicher Ausdruck in den eigenen Wänden oder als Möglichkeit in die Ferne zu schauen genutzt. Aber es ist nicht immer alles, wie es scheint. Oft haben Tapeten, neben reiner Dekoration, auch eine zweite Bedeutungsebene oder praktische Funktionen (z.B. als akustisches Diffusor oder Lichtinstallation). Der Großteil der Tapeten basiert auf unendlichen Mustern, so genannten Rapports, welche auf einem Basiselement aufbauen und sich durch die Wiederholung oft der Fokus oder die Wirkung verändert.
Meine Wahl fiel auf eine Tapete, die der OpArt-Bewegung der 60er und 70er Jahre zugeordnet werden kann. Sie erfüllt keine physikalischen Funktionen im herkömmlichen Sinne (z.B. als Akustikelement oder Lichtinstallation), aber ist meiner Meinung nach auch nicht nur als rein dekorativ zu betrachten. Sie erfüllt viel mehr eine visuelle psychologische Funktion, in dem der Raum strukturell erweitert und verändert wird (ggf. auch dynamisch). Dies gilt in unterschiedlicher Stärke für alle OpArt-Tapeten. Diese Erweiterung findet auf einer abstrakten, geometrischen Ebene statt (meistens in Schwarz-Weiß) und hat damit, neben dem optischen Effekt, einen anderen psychologischen Einfluss als beispielsweise eine Fototapete, die den Raum ja ebenfalls versucht zu vergrößern.
Zudem gehen diese Arten von geometrischen Formen direkt auf unsere Verarbeitung von visuellen Stimuli ein. Einer der ersten Ebenen im visuellen Cortex bildet die Primäre visuelle Rinde (V1), die zum Teil als eine Art Kantenerkennung fungiert. Simplifiziert funktionieren also geometrische Muster bereits in einem sehr frühen Verarbeitungsstadium. Sie brauchen an sich keinerlei Objekt- oder Farberkennung, kein Stereosehen und auch keine Verbindung zu weiterem Kultur- oder Erfahrungswissen um zu „funktionieren“. Allerdings werden diese weiteren Schritte trotzdem durchlaufen und da wir evolutionär darauf optimiert sind Muster zu erkennen, können beim objektiv gleichen Input neue Formen, Perspektiven oder Dynamiken entstehen.
Spannend, besonders bei dieser Tapete, aber es gilt natürlich für alle mit repetitiven Mustern, ist ein Effekt den man aus der Wiederholung von Wörtern kennt: Jamais-vu. Die Wiederholung von etwas (ein Wort oder bezogen auf die Tapete: eine geometrische Grundform), was uns eigentlich vertraut ist, erscheint plötzlich vollkommen fremd.
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Bei dieser Tapete (komisches Wort…) kommt noch erschwerend hinzu, dass es keinen inhärenten Fokuspunkt für das Auge gibt. Diese Spiel mit nicht nur optischen, sondern psychologischen Phänomenen und Wahrnehmungsveränderung im Raum empfinde ich als überaus interessant.
Diese Tapete wurde Ende der 1920er Jahre für Duke Ellington von einem befreundeten Architekten entworfen, der von einer Reise durch Asien zurückkam und diese kulturellen Einflüsse mit dem aktuellen Art Déco der 20er Jahre kombinierte. Sie hing in seinem Übungsraum und soll an leere Theatersitze erinnern, im Sinne einer Probe vor dem Konzert.
Dieser Entwurf für eine Tapete wurde 2015 anlässlich des 200. Geburtstags von George Boole in der Fakultät für Mathematik des University College of Cork vorgestellt. Er ist bekannt für seine Arbeit im Gebiet der Mengenlehre und Logik (boolesche Algebra). Es handelt sich um die Darstellung vom Durchschnitt und Komplement. Der Größenverlauf deutet auf die, seit der ersten Beschreibung zunehmenden Bedeutung hin, da ohne diese mathematischen Grundlagen moderne Computer nicht möglich wären (diese zunehmende Bedeutung wurde stellvertretend durch Moore's Law symbolisiert, da Letzteres durch Ersteres erst ermöglicht wurde). Währenddessen hat sich an der Theorie aber nichts verändert.
Diese Tapete behandelt gesellschaftliche Schönheitsideale. Zum Einen, wie sie oft eine Art selbstreproduzierende Kettenwirkung haben (auch „Trends“ genannt) und zum Anderen, dass dadurch Körperteile „abgetrennt“ betrachtet werden und oft zum wichtigsten Kriterium einer Person werden, anstatt das Denken und Handeln zu beurteilen.
Hier wird die Geschichte einer Ente dargestellt, die davon träumt, dass sie gerne ein Säugetier wäre. Diese Tapete hängt im Warteraum der Abteilung für Mammographie im Carl-Thiem-Klinikum Cottbus.
Tapisserie/Bildteppiche waren bereits im Mittelalter als Wandbehängung beliebt. Sie dienten oft der Repräsentation von Familienwappen, zur Erzählung gewonnener Kriege etc., übernahmen aber besonders in größeren Hallen natürlich auch eine akustische Funktion. Sie werden bis heute hergestellt, sind aber noch näher an Gemälden, als an unserem heutige Verständnis von Tapete.
Spanischleder war noch ein Vorgänger von klassischen Bildteppichen. Es stammt aus Spanien zur Zeit des Mittelalters mit nordafrikanischen Einflüssen. Sie wurde meist vergoldet und/oder geprägt und war dementsprechend ein absolutes Luxusgut und Statussymbol. Auch diese Tapete hatte eine Funktion, da Leder gut zum Dämmen eingesetzt werden konnte.
Papier Bleu D'Angleterre wurde im 18. Jh. von Jean-Baptiste Réveillon entwickelt. Es schmückte den französischen Königshof und wurde damit auch zu einem Statussymbol. Er baute später die Tapetenindustrie in Großbritannien auf.
Chinoiserie wurde im Barock und Rokoko mit einem zunehmenden Interesse an „Exotik“ beliebt. In China wurde die Tapete größtenteils aus Seide hergestellt, aber auch Papier war schon lange bekannt. Über Handelswege gelang sie schlussendlich nach Europa.
Papiertapete entstand 1481 durch den Künstler Jean Bourdichon und wurde zunächst mit der Hand gemalt. Ende des 15. Jahrhunderts wurden neue Druckverfahren auch auf Tapeten angewendet. Jean Papillon gilt als Erfinder der Mustertapete (17. Jh.).
Papier Dominoté war die popularisierte Druckform der Mustertapete als Einzelblätter, welche auch für andere Zwecke verwendet wurde (Bücher, Auslegeware etc.).
Panoramatapete erweiterte die Möglichkeiten der Darstellung, indem ganze Szenen gezeigt wurden (Landschaften, Kriegsschauplätze etc.). Allerdings waren sie auf Grund des hohen Aufwandes nicht besonders häufig.
Im ersten Teil dieser Übung galt es ein Rapport-Muster analog herzustellen. Dies gelingt indem man ein Rechteck (meistens Quadrat) gestaltet, aber nicht bis zu den Rändern, dann viertelt, die diagonalen Teile tauscht und wieder die Mitte gestaltet.
Ich wollte ein abstraktes Muster umsetzen. Dazu habe ich mir etwas stärkere Pappe ausgesucht, da dies mit Aquarellfarben geschehen sollte und zum einfachen Teilchentausch ein dickeres, stabiles Material vorteilhaft war. Diese wurde geviertelt und mit einer gelben Farbe grundiert. Daraufhin verteilte ich Fixogum in der nutzbaren Raute (bzw. Kreis; also die Ränder weglassend), tauschte die Quadrate um und vervollständigte die Fläche. Nach dem Trocknen wurde die nächste Farbe aufgetragen und das Prozedere für drei weitere Farblagen wiederholt.
Nach dem die letzte Lage durchgetrocknet war konnte ich alle Fixogum-Schichten mit dem Finger abtragen. Leider war dies schwieriger als gedacht, wie im ersten Versuch oben rechts an den Verschmierungen erkannt werden kann. Für meinen zweiten Versuch habe ich den Prozess in so fern angepasst, dass am Ende alles noch einmal mit Kleber überzogen wurde. Das hat bedingt geholfen, da diesmal teilweise Farbe wieder mit abgetragen wurde.
Der zweite Versuch funktioniert zwar als Rapport etwas besser (ich habe hier auch digital die Übergänge etwas nachbearbeitet, um ein konsistenteres Muster zu bekommen), hat aber leider nicht die intensivere Sättigung vom Ersten.
Dieses Muster basiert auf meinem Vornamen, den ich in einem Schrift-Remix von mir gesetzt habe. Diese Schrift heißt MAD (Making a Difference) und besteht aus einer Barlow Bold von der die Aachen abgezogen wurde, also eine Differenz. Das Muster entstand aus dem Spiel mit den einzelnen Buchstaben, die skaliert, rotiert, gespiegelt und aufgereiht wurden. Dabei erinnern einige der erzeugten Formen an arabische oder auch indische Schriftzeichen.
Für das Farbschema habe ich einen Komplementärübergang ausgewählt, der in der hintersten Ebene mit Orange beginnt und in der vordersten mit Blau aufhört. Sodass farblich die räumliche Hierarchie umgekehrt wird.
Hier habe ich praktisch die selbe Technik angewandt, wie im Muster 2. Diese Technik habe ich auch in einem kurzen unten eingebetteten Tutorial erklärt. Der erste Versuch (das letzte Bild) war ein Blick durch mein Zimmer mit einem breiten Spektrum an Gegenständen. Besonders durch Spiegelung sind neue interessante Formen entstanden (die Kombination aus Lampe und Gießkanne zum Beispiel).
Für die weiteren Versuche habe ich meine kleine Sammlung an Öffi-Tickets eingescannt und angeordnet bzw. auch eine Version (oben jeweils das zweite Bild), bei der ich die Tickets zufällig durch ein Partikelsystem habe platzieren lassen.
Klassizismus
Die Tapeten richteten sich der Epoche entsprechend an antiken Vorbildern und Ikonographien, wie Säulen, Ornamenten mit Lorbeeren und anderen schmückenden Strukturen aus.
Biedermeier
Die Muster wurden repetitiver, feiner und trugen dadurch nicht mehr ganz so prunkvoll auf.
Historismus
Sehr auftragende Ornamente basierend auf vielen verschiedenen Epochen (Renaissance, Klassizismus, Gotik etc.).
Jugendstil
Es bilden sich leichtere, klarere Muster zwischen Geometrie und floralen Strukturen.
Art Déco
Die organischen Formen entwickelten sich zu geometrischen weiter, welche kontrastreicher, flächiger, symmetrischer und eindeutig waren.
Bauhaus
Die Tapete verlor an Ornamentik und wurde durch Texturen mit feinen Strukturen bestimmt.
Klassische Moderne
Minimalistische Muster setzten sich auch hier fort. Doch der Bedarf an Tapete und damit deren Gestaltung wurde durch die offene, glasreiche Architektur eher obsolet.
30er/40er Jahre USA
Besonders in den USA gewann die Tapete an Beliebtheit. Sie wurde illustrativer und erzählte teilweise kleine Geschichten.
50er/60er Jahre
Die Tapete wurde mit Pastellfarben etwas bunter. Die Muster bewegten sich zwischen Abstraktion und einfachen, floralen Darstellungen.
70er Jahre
Die abstrakten oder abstrahierten floralen Muster wurden knallig bunt und meist sehr dynamisch. Definitiv beeinflusst durch die Ästhetik des Konsums bestimmter Drogen in den 60er/70er Jahre.
80er Jahre
Als Kontrast wurde die schlichte, weiße Raufasertapete populär und sie bleibt es bis heute.
90er Jahre
Beeinflusst von verschiedenen Subkulturen, aber besonders der Technoszene, entstanden mehr psychedelisch anmutende Muster mit einer einfachen Formsprache.
00er Jahre
Durch den Trend des Cocoonings fand die Außenwelt direkteren Einzug auf die Wände, indem beispielsweise Gemäuer und monotone Zementstrukturen imitiert wurden.
10er Jahre und Zukunft
Die Tapete wird funktionaler (z.B. Erdbebenschutz oder als Akustikelement), aber auch mit der großen Anzahl möglicher Mittel zur Umsetzung wesentlich individueller.
In meinem Moodboard sind von links nach rechts Techniken (Linoldruck und Holzschnitt), visuelle Referenzen (hauptsächlich Dithering und Pixeloptik) und Themen (Brutalismus und Conway's Game of Life) vertreten.
Für die Kurstapete galt es einige Techniken auszuprobieren. Dabei konzentrierte ich mich in den ersten beiden auf Dithering basierend auf 3D-Objekten (Dithering-Shader von Skrool) und im letzten Bild auf Linoldruck, mit einem Schnitt, welchen ich als Buchcover für den TypoBasis-Kurs erstellt hatte.
In der Kunst fand die Tapete anfänglich hauptsächlich in der Installationskunst ihren Platz. Dabei wurde sie und das Konzept des Rapport-Musters auch gerne verwendet um gesellschaftskritische, anitkapitalistische oder -konsumeristische Aussagen zu tätigen. Bis heute entstehen im Rahmen der Künstlertapete innovative Entwürfe, wie z.B. Infografiken, genähtes Papier oder Video-Installationen.
Idee 1: Conway's Game of Life - Simuliertes Leben (digital)
1. Any live cell with fewer than two live neighbours dies, as if by underpopulation.
2. Any live cell with two or three live neighbours lives on to the next generation.
3. Any live cell with more than three live neighbours dies, as if by overpopulation.
4. Any dead cell with exactly three live neighbours becomes a live cell, as if by reproduction.
The game can also serve as a didactic analogy, used to convey the somewhat counter-intuitive notion that design and organization can spontaneously emerge in the absence of a designer. For example, cognitive scientist Daniel Dennett has used the analogy of the Game of Life „universe“ extensively to illustrate the possible evolution of complex philosophical constructs, such as consciousness and free will, from the relatively simple set of deterministic physical laws which might govern our universe.
Idee 2: Brutalismus (digital dithering + Holzschnitt)
Idee 3: (Material)ehrlichkeit im Digitalen (digital + Linol-/Holzschnitt)
Idee 4: nicht lesbare Karten - sich in einer neuen Stadt zu Recht finden (SVG-Glitch + evtl. Plotter)
Mit dem ersten Entwurf tat ich mich überaus schwer. Mir fehlte vermutlich einfach das Straßenbahnfahren nach einem Kurs, da mir dies durch die Möglichkeit der freien Assoziation oft eine gute Ideenfläche bietet. Das Moodboard war auch thematisch noch relativ weit gefasst. Schlussendlich kam ich dazu einen Teil des Barbican Centre (siehe Bild bei Idee 2) mit sogenannten Rahmenzeichen nachzubauen, da mich deren Dithering-Muster auch an die Struktur/Körnung von Beton erinnerten. Mit Linoldruck sollte die grüne Vegetation hinzugefügt werden.
Ich war aber selber auch nicht besonders zufrieden, was sich in der Zwischenbesprechung als durchaus berechtigt feststellen ließ.
Rein visuell funktioniert es nicht wirklich, da die Barbican-Referenz nicht besonders eindeutig ist, die Assoziation des Betons mit Dithering wohl eher meine eigene ist und es auch keine unterschiedliche Nah-/Fernwirkung ergibt.
Das Konzept war ebenfalls nicht ausgereift oder eindeutig. Ich hatte an Themen, wie den menschlichen Expansionsdrang (der sich im Rapport spiegeln würde), aber auch menschliche Anonymisierung in der Masse/Menschen als Pixel (Anspielung auf Idee 1: Conway's Game of Life). Zusätzlich kam noch der Kontrast Brutalismus und Natur ins Spiel, der ja auch am Barbican bereits behandelt wird. Dieser Kontrast sollte auch durch den Kontrast der Techniken vertieft werden: Das perfekte Digitale und der eher organischer Linoldruck.
Einige dieser Themen finden sich auch später wieder, allerdings sinnvoller verargumentiert.
baunetzwissen.de: Beton
The Guardian: Concrete: the most destructive material on Earth
The Guardian: A brief history of concrete: from 10,000 BC to 3D printed houses
TIME: Feeling the Heat? Blame Concrete
hausjournal.net: Die Verwendung von Beton
ingenieur.de: Sandverbrauch führt zum Raubbau an der Natur
Tagesspiegel: Der Sand wird knapp
Wikipedia: Beton
rmean on Medium: 3 Reasons Why We Should Stop Using Concrete
In der Zwischenbesprechung gab es unter anderem die Empfehlung mich für ein stabileres Konzept auf einem kleineren und konkreteren Aspekt zu konzentrieren. Da mein Hauptthema nach wie vor der Brutalismus war, habe ich mich für das Prinzip der Materialehrlichkeit entschieden, aus der auch die Verwendung von Sichtbeton abgeleitet wird. Doch mir erschien Beton alles andere als ehrlich, da zum Beispiel die Umweltfolgen (siehe obiges Referat) dieses Materials versteckt werden, sodass ich mich daran machen konnte diese sichtbar zu machen, aber wiederum nicht auf den ersten Blick. Daraus habe ich ein Beziehungsdreieck zwischen Mensch, Natur und Beton abgeleitet.
Die toten Pflanzen symbolisieren dabei die ökologischen Konsequenzen, die durch die Betonproduktion verursacht werden und prägen den Beton für immer. Aber der Beton versucht uns anzulügen, sodass von weiter weg vielleicht erst einmal nichts Besonderes festgestellt werden kann. Doch bei näherer Betrachtung werden die Pflanzenmuster sichtbar. Gleichzeitig wird auf den Expansionsdrang des Menschen eingegangen, in dem Sinne, dass die Natur zubetoniert wird. Dies und das allgemeine Ausmaß findet wiederum im Rapport Ausdruck.
Das angesprochene Beziehungsdreieck kann also von allen Seiten betrachtet werden und diese jeweilige Perspektive spiegelt sich in der Tapete wieder. Trotzdem bleibt noch weiterer Spielraum für Interpretationen beim ersten Anblick offen. Mir fallen da zum Beispiel das Upside Down der Tapete, ein Blick hinter die Tapete bzw. der Tod der Blümchentapete als Assoziationen ein. Das heißt, dass nicht nur meine eigene Intention (ist ja schließlich eine Künstlertapete) verarbeitet und eine Analogie geschaffen wird, sondern ebenfalls etwas ermöglicht, was Tolkien „Applicability“ nannte und damit ein breiteres Möglichkeitenfeld an Rezeption und Interpretation der Betrachtenden meint, ohne das ich meine Intention sofort offensichtlich aufdränge.
Der Titel ist eine Referenz zu einem Song vom britische Rapper Kano. Damit ist einerseits auch die Beziehung zwischen Mensch und Beton gedeckt, auf der anderen Seite werden die Pflanzen personifiziert, damit wir uns mit ihnen identifizieren können und überlegen, ob wir in unserer Wohnsituation/-isolation oder allgemein sozioökonomisch nicht genauso concreted souls sind.
The manor
Invisible walls that never fall
Learn to climb before you crawl
Don't get stuck here
Man-made or mind-made?
Don't be a statistic, blaming ghetto physics for holding you back
Internal strength versus external influences
Victim or victor?
The manor
Concreted souls
[…]
Für die Zwischenpräsentation hatte ich bereits den für mich besten Workflow erarbeitet um Gipsabdrücke (bzw. eher Gipseindrücke) herzustellen. In den ersten Versuchen habe ich noch relativ kleine, dünne Platten produziert, die natürlicherweise sehr fragil waren. Dabei wurde die Pflanze direkt nach verteilen des Gipses eingedrückt. Das Problem war, dass auf Grund der noch niedrigen Viskosität die Details nicht besonders gut abgebildet wurden. Beim Herausnehmen des Exponats, als der Gips noch nass war ist er wieder etwas zusammengelaufen. Teilweise ließ ich die Pflanzen mit dem Gips trocknen. Dies erzeugte logischerweise eher Probleme beim wieder ablösen, wobei ich auch versuchte Frischhaltefolie dazwischen zu legen, was allerdings die Details ebenso nicht gut abbildet und eigene Spuren hinterlässt.
Im weiteren Verlauf habe ich stärkere und größere Gipsplatten angefertigt, die nach dem Gießen und Formen etwa 10 Minuten antrockneten. Erst dann platzierte ich meine Pflanzenselektion auf der Oberfläche und presste sie mit einer Plexiglasscheibe an.
Die Digitalisierung war die nächste Herausforderung. Ich habe mit 2D- und 3D-Scans experimentiert aber schlussendlich befunden, dass fotografisches Abbilden doch am Besten geeignet sei. Im Beispiel der Zwischenpräsentation benutzte ich dazu lediglich zwei Softboxen (jedoch ohne die zusätzlichen Diffuser) um die Schatten zu eliminieren. Doch im weiteren entschied ich mich dafür ein zusätzliches Streiflicht einzusetzen und die Strukturen direkt kontrastiert hervorzuheben.
Jede Platte wurde vier mal fotografiert, jeweils um 90° rotiert um später etwas Auswahl zu haben. Letztendlich waren die, wo das Streiflicht orthogonal auf die lange Seite trifft am Besten geeignet.
Daraufhin habe ich alle Pflanzen grob freigestellt. Dies musste nicht all zu genau geschehen, auf Grund der Art und Weise der Weiterverarbeitung (dazu später mehr).
Auf diesen Bildern basieren die in Blender erstellten Muster:
Bereits für mein Referat sammelte ich einige Betonbilder. Die geeignetsten für die Textur sind in unserem Keller entstanden.
Im ersten Schritt habe ich ein Delighting durchgeführt um eine approximierte Albedo-Map zu erstellen. Dies erleichtert das weitere Arbeiten mit der Textur. Dazu gibt es folgenden Trick:
1. Duplicate Background layer (Ctrl+J)
2. Open Filter > Blur > Average…
3. Double click Background layer to change it into movable layer.
4. Move it to the top of the stack, change it’s opacity to 50% and blending mode to Linear Light
5. Open Filter > Other > High Pass… and play with Radius [50-150] parameter to control the effect
Daraufhin verwendete ich die Untiling Node von erindale um die Textur in sich zu randomisieren und die Features etwas gleichmäßiger zu verteilen. Dabei wird das Ausgangsbild jeweils in den Polygonen zentriert platziert, zufällig rotiert und zusammengeblendet. Dies kann bis zu einem akzeptablen Ergebnis angepasst werden.
Im dritten Schritt habe ich durch einen einfachen 50% XY-Offset und das Stempeltool die Textur nahtlos gemacht und einige zu prominente Features bereinigt.
In Blender wurde das Muster und die Betontextur zusammengeführt. Dabei dient das Muster lediglich als Faktor um zwischen der grauen und einer dunkleren, grünen Version des Betons zu mischen. Deshalb war das exakte Freistellen auch nicht ganz so relevant, da die dunkleren Teile des Bildes ausschlaggebend sind und die grünen Stellen definieren, sodass helle Ränder unproblematisch sind. Um noch etwas Differenzierung hereinzubringen ist an den besonders dunklen Stellen des Musterbildes eine noch dunklere Version der grünen Textur zum Ergebnis beigemischt.
Um der Offensichtlichkeit der Wiederholung etwas entgegenzuwirken habe ich auf einer Betonkachel vier Musterkacheln platziert.
Mit der entstandenen Tapete bin ich durchaus zufrieden. Ich konnte einige gute Tricks und Prozesse mitnehmen und mag auch die Pflanzen-Gipsplatten sehr. Im Vergleich zur Zwischenpräsentation ist das Muster doch wieder etwas deutlicher sichtbar und kann sich nicht ganz so verstecken, was hauptsächlich an der Skalierung der Betontextur und der etwas gleichmäßigeren Struktur liegt, die wiederum im Rapport besser funktioniert. Dies finde ich an sich nicht schlimm, es wird dadurch wieder etwas stärker in Richtung Blümchentapete referenziert.
Insgesamt hat der Kurs sehr Spaß gemacht mit einem guten Ausgleich zwischen Konzeptualisierung, praktisch-technischen Experimenten und theoretischen Inputs. Jetzt werde ich Tapeten definitiv etwas genauer betrachten und einordnen können.
Für die coronabedingt digital stattfindende Werkschau dieses Jahr habe ich als Showcase für die tollen im Kurs entstandenen Arbeiten ein 360°-Video mit den Tapeten in ihrem natürlichen Habitat erstellt.