In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Unsere Utopie hat einen Namen: Closed Loop. Ließe sich eine Gesellschaft formen, in der nicht mehr im Überfluss produziert wird? In der wir statt einem „mehr“ ein „wieder“ einführen? In der die natürlichen Ressourcen nicht ausgebeutet, sondern respektiert werden? Da es ohnehin unmöglich ist, dem ewigen Ruf nach Wachstum für immer gerecht zu werden, setzen wir uns lieber heute schon mit Alternativen auseinander. Den Begriff „Utopie“ wollen wir nicht mit dem gut meinenden Lächeln begegnen, das wir senilen Opas schenken. Für uns ist Utopie eine Chance, kreativ zu denken, grenzenlos zu entwerfen, und Faktoren, die sich zukünftig gewandelt haben mögen, zu prophezeien. Was zunächst etwas pathetisch klingen mag, ist jedoch gar kein so sabbriges Gerede: wir sind nicht allein mit diesem Wunsch. Das Agora Collective hat sich mit seinem neuen Standort Agora Rollberg zirkuläre Lebensformen auf die Fahne geschrieben. Was bislang nur eine ziemlich leere und kalte Halle ist, soll einmal ein vibrierendes Hybrid aus Handwerk, Gastronomie, Wohnen, Gärtnerei, Kunst und Veranstaltungen werden. Wie können all diese Bestandteile mit ihren unterschiedlichen Anforderungen so verknüpft werden, dass sämtliche Ressourcen wiederverwertet werden? Auch für die BSR sind solche Wünsche kein Schmuck am Nachthemd: selbst die Berliner Stadtreinigung hätte es am liebsten, wenn überhaupt kein Abfall produziert würde, sondern nur Wertstoffe. Gemeinsam mit diesen beiden Partnern haben wir uns ein Semester lang die Aufgabe gestellt, eine zirkuläre Wirtschaft für den Standort Agora zu konzipieren. Dafür haben wir die Problematik aus vier Richtungen angegriffen: Außenbereich, Café, Events und Digital. Unter dem Stern einer großen Philosophie sind ganz konkrete Ansätze entstanden, die wir in dieser Dokumentation teilen möchten. Damit, so hoffen wir, ist ein Schritt in Richtung unserer Utopie der Postwachstumsgesellschaft getan.
In diesem Projekt haben wir uns mit der Gestaltung des Außenbereichs des AGORA Collective befasst. Das AGORA ist ein Zentrum in Neukölln, das einen Raum schaffen möchte, in dem man sich sozialen und wirtschaftlichen Themen widmet. Das Thema Nachhaltigkeit spielt dabei die zentrale Rolle. Das AGORA Collective hat sich unter anderem zum Ziel gemacht, eine Kreislaufwirtschaft in ihrem Haus zu etablieren. In einer Kreislaufwirtschaft werden Ressourcen immer wieder verwendet mit dem Ziel, dass kein Müll entsteht. Wir als Studenten der Fachhochschule Potsdam hatten die Möglichkeit, aktiv bei der Gestaltung für solch eine Zero-Waste-Kultur mitzuwirken. Unsere Gruppe im Speziellen hat sich mit dem Außenbereich befasst, welcher ein Gewächshaus, den Außenbereich des Cafés, die Begrünung mit Nutzpflanzen und einen Müllplatz umfasst.
Ziel dieses Projektes ist es, eine Lösung für die Möblierung des Cafés des Agora zu finden, insbesondere für den Außenbereich. Als Leitfaden dafür dienen die Themen Nachhaltigkeit und Zero - Waste. Im folgenden zeigen wir, wie wir Vorgegangen sind. Die Ergebnisse der Recherche, unsere Arbeitsmethoden sowie den Prozess von den ersten Entwürfen bis um fertigen Prototypen. Zudem stellen wir ein Müllkonzept für den Müllplatz des AGORA vor.
Um unsere Recherche zu Gliedern, haben wir zuerst festgelegt, welche Themen der Außenbereich umfasst. Dazu zählen: Die Begrünung mit Nutzpflanzen - und Tieren Die Café Möblierung Der Müllplatz Das Gewächshaus
Im Rahmen von Brainstorming und Recherche, kristallisierten sich zu den einzelnen Bereichen und Themen des Aussenbereichs, einige gute Ideen und Ansätze heraus. Um eine Umsetzung im gegebenen Zeitrahmen zu gewährleisten, war es natürlich nötig eine Auswahl zu treffen. Die Recherche zeigte, dass es für ein gutes Gartenkonzept, einer fachkundigen Person bedarf, welche z.B die Lage der Beete zur Sonne und die Saisonalität der Produkte beachtet sowie auch das entsprechende Gewächshaus - Know How hat. Zudem plant das Agora in den nächsten zwei Jahren viele bauliche Veränderungen am Standort vorzunehmen, sodass ein Konzept für eine Tierhaltung ausgeschlossen ist. Wir entschieden uns für die Möblierung des Cafés. Zum einen, weil das Agora das Endprodukt universeller, zum Beispiel für Veranstaltungen, nutzten kann. Und auch weil sie Baumaßnahmen überdauert und somit Nachhaltiger in der Nutzung ist. Einen Vorschlag für das Müllkonzept möchten wir nun kurz vorstellen möchten.
Als Müllkonzept haben wir ein Kreislauf-Modell zur Wiederverwendung von Kunststoff konzeptioniert. Ziel ist das Neudenken von Kunststoffabfällen - für eine bessere Welt ohne Müll. Vorraussetzung für das effiziente und hochwertige Recycling von Kunststoffen, ist allerdings eine sortenreine Trennung. Als Lösung hierfür haben wir uns als Konzept eine digitale Ergänzung der BSR-App vorgestellt, die eine Grundlage für den Wiedereinsatz der Kategorie Plastik-Müll bieten kann. In diesem Modell soll die App den Benutzer über die sinnvolle Trennung von Kunststoff aufklären. Der Benutzer lernt anhand von Recycling-Codes die Polymere richtig zu differenzieren. Des Weiteren soll die App Grundlagen schaffen, alten Kunststoff wieder in eine Kreislaufwirtschaft einzubinden, um so aktiv urbane Wirtschafts-Kreisläufe zu schließen. Richtungsweisend hierfür waren für uns Anreizsysteme wie das Pfandsystem. Indem der Benutzer Kontakt zu Unternehmen findet, die sich für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft einsetzen und zum Beispiel Produkte aus altem Kunststoff entwerfen und herstellen, kann er sich aktiv für die Vermeidung von Kunststoffabfällen einsetzen. Des Weiteren ist die Vernetzung mit OSCE- Communitys geboten.
Um unser Projekt besser verstehen zu können, erkundeten wir vorerst die Umgebung rund um den Rollberg. Wir haben unsere Beobachtungen während eines Streifzugs mit Fotos festgehalten. Nach einer intensiven Recherchephase (im Internet sowie unterwegs) haben wir selbst den Stift in die Hand genommen um unsere Ideen auf Papier zu bringen. Diese Ideen wurden in unserer Gruppe zusammengetragen und ausgewertet. Es galt nun die zahlreichen, noch unkonkreten Ideen zu filtern und zu konkretisieren. Wir haben unsere ersten, für uns am interessantesten Ideen, am Computer visualisiert und dem AGORA präsentiert. Dank des direkten Austauschs konnten wir unsere Entwürfe danach verfeinern und den Bedürfnissen anpassen. Ein Einzeltreffen mit Shure vom AGORA-Team war sehr aufschlussreich: als Produktdesigner und aktiver Teil der Open Source Szene inspirierte er uns sehr. In einer anschließenden Reflexion erkannten wir Probleme und konnten unsere bisherigen Konzepte überdenken. Wir haben unsere Materialwahl und Konstruktionsweise noch einmal überdacht und unser Konzept verfeinert. Zum Weiterbilden sind wir in die Do-it-yourself-Design Ausstellung im Berliner Bröhan-Museum gegangen und haben uns gemeinschaftlich die Dokumentation Weggeworfen angesehen die das Ausmaß und die Auswirkungen des globalen Müllproblems zeigt. Neue Entwürfe und die Reflexion von den alten Ideen brachten mehr Klarheit. Nach kleinen schnellen Pappmodellen und Visualisierungen am Computer entstand schon der erste Prototyp aus Holz. Während der Umsetzung des Prototyps entstanden neue Lösungen für vorherige Hindernisse.
Unsere ersten Entwürfe entstanden nach folgenden Kriterien: Mobilität: Das Agora soll die Möglichkeit haben, das Außenmobiliar für alle Veranstaltungen nutzen zu können, neue „Räume“ entstehen zu lassen und wieder aufzulösen. Nachhaltigkeit: Natürlich soll das Material nachhaltig und das Möbelstück somit im besten Fall aus recyceltem Material sein. Zudem soll es irgendwann ohne Mehraufwand wieder dem Recycling Kreislaufzugeführt werden können. Wissensvermittlung: Durch kleine Details können Besucher des Agora z.B an einem Kompost sehen, wie er funktioniert und ausgebaut ist
Als Produktdesigner und aktiver Teilnehmer der Open Source Community, hat Shure im AGORA ein Einrichtungs Konzept samt Möbel für das Büro des AGORA entwickelt und das Wissen darüber öffentlich zugänglich gemacht. Mit ihm sprachen wir über unsere Ideen und Entwürfe. Auf Basis dieses Gespräches betrachteten wir noch mal eingehender, welche Kriterien wichtig sind, um ein Produkt zu entwickeln, dass wirklich zum AGORA passt und den Bedürfnissen des Standortes und der Nutzung gerecht werden. Wir erweiterten den Kriterienkatalog: • Nachhaltigkeit - Material sparende Konstruktion („so viel wie nötig, so wenig wie möglich“) - Konstruktiver Holzschutz (Das Produkt wird so konzipiert, dass Wasser sich nicht sammeln, sondern immer schnell abfließen und verdunsten kann. Somit ein Witterungsschutz ohne zusätzliche Chemikalien) • Wissensvermittlung: - Die Bauanleitung wird Open Source zur Verfügung gestellt • Mobilität Als Material verwenden wir Sperrholz, Lattenroste und Fahrradschläuche. Das Sperrholz ist preiswert und gut zu verarbeiten. Die Verwendung von Lattenrosten entspricht dem Gedanken der Kreisaufwirtschaft und hat den Anspruch, weniger Müll zu produzieren. Die Fahhradschläuche dienen der Stabilität und sind leicht zu entfernen, sodass die Materialien wieder dem Recycling Kreislauf zugeführt werden können. Aus dem selben Grund verzichten wir auf Schrauben.
Der fertige Prototyp entspricht den Vorgaben, welche wir zusammen mit dem AGORA entwickelt haben. Der Entwurf lässt sich unter diesen Kriterien auch leicht zu einer Bank, einem Tisch oder ähnlichem weiterdenken. Hier könnte das AGORA auch Workshops anbieten, in welchen die Stühle gebaut werden. Mit dem Müllplatz hat das Agora die Möglichkeit, sich mit der Nachbarschaft auszutauschen und Material für ihre Projekte zu sammeln. Gleichzeitig gewinnen sie an Interessenten für ihre Projekte und können so eine Platform zum Material- und Wissensaustausch ausbauen. So würde es sich anbieten die kommunale Wertstoffsammlung zu ergänzen und eine intensivere Trennung von recyclefähigen Kunstoffen auszubauen. Auch die BSR kann hier ansetzen um das eigene System auszubauen.
So würden sich zum Beispiel Workshops in Kooperation mit Agora anbieten, um Menschen in der Erkennung und Trennung von thermoplastischen Kunstoffen zu Schulen. Gleichzeitig könnte der Müllplatz des AGORA entsprechende Trennungsmöglichkeiten anbieten und somit als Vorbild und Inspiration dienen. Weiterhin ist denkbar, dass das AGORA eine Art Tauschbox errichtet, in der Materialen, Werkzeuge, Pflanzensetzlinge und vieles weitere, das aktuell keine Verwendung findet, getauscht und somit wieder dem Kreislauf zugeführt werden.
Das Projekt hat in Kooperation mit AGORA – Center for Contemporary Practices in Berlin und der Berliner Stadtreinigung (BSR) stattgefunden. Wir danken dem AGORA-Team, für die Möglichkeit direkt Vorort am Projekt mitwirken zu können. Die BSR hat uns Einblicke zu den neusten Ideen für die moderne Müllentsorgung verschafft und präsentiert, wie wichtig die Mülltrennung ist. Vielen Dank für die Unterstützung. Dankeschön auch an Prof. Alexandra Martini für die Leitung des Projekts.
Als wir Agora dabei helfen sollten, deren zirkuläres Wirtschaftssystem zu verbessern, fragten wir uns wie wir unsere Fähigkeiten als Interface Designer am sinnvollsten nutzen können, um sie dabei auch digital zu unterstützen. Dabei entstand bereits sehr früh die Idee, Open Source mit Circular Economy zu verknüpfen. Dies wurde bereits von den OCSE-Days auf deren “Community-Forum” versucht zu erreichen. Wir sahen potenzial in der Idee, waren jedoch mit den sehr eingegrenzten Möglichkeiten, zusammen zu arbeiten, nicht auf ganzer Linie einverstanden.
In unserer professionellen und studentischen Erfahrung hatten wir die Gelegenheit mit der Open-Source Lösung Github zu arbeiten. Diese Online-Plattform ermöglicht es Softwareentwickler auf derselben “Code-Basis” zu arbeiten und dadurch Effizienz und Qualität zu erreichen. Github.com ist eine der meist besuchtesten Webseite in der Welt (Platz 60) und große Firmen wie Facebook haben bereits das Potential von Open-Source dort genutzt. Unter anderen aus diesen Gründen wurde Github unsere haupt Inspiration.
Uns war die Idee des Zusammenarbeitens sehr wichtig, da es sich im Softwarebereich bereits bewiesen hat. Je größer die Teilnahme, desto besser wird die Qualität. Das lässt sich fast eins zu eins auf Prozesse in der Circular Economy anwenden. Unsere Aufgabe bestand also darin ein Online-Tool zu entwickeln, welches das Teilen und Kollaborieren möglichst einfach und für jeden zugänglich macht. Damit sollen die guten Ideen in diesem Bereich weiter gedacht, verbessert werden und damit ein breiteres Engagement entsteht.
Die Open-Source Lösung die wir anbieten wollen sollte sowohl für individuelle Nutzer als auch Gemeinschaften und Firmen gedacht werden. Es sollte möglich sein, sein Wissen und seine eigenen Circular Economy Projekte vorzustellen und zu teilen. Diese Herausforderungen führte dazu, dass wir die Website in vier verschiedene Bereiche unterteilen:
Ein Individueller Nutzer der Website. Jeder, der etwas schreiben oder verändern will, muss sich ein Account erstellen und ein User werden. Ohne Account kann man sich ausschließlich die Plattform anschauen, jedoch nicht aktiv teilnehmen. Nutzer können sich untereinander vernetzen und austauschen.
Die Communities sind ein Zusammenschluss aus mehreren Usern. Also eine Gemeinschaft, eine Firma, ein Verein oder andere. Diese kann, wie das Agora Rollberg real sein oder ausschließlich Online existieren. Communities können benutzt werden, um sich online zu präsentieren, seine internen Ziele nach außen zu kommunizieren oder eine einfache Möglichkeit bieten sich mit Gleichgesinnten zusammen zu finden.
Recipes beschreiben das Wissen um eine bestimmte Thematik in der Welt der Zirkulären Wirtschaft. Das kann von der richtigen Mülltrennung bis hin zur wiederverwendung von Abfall im Industriebereich reichen. Also ein theoretischer Ansatz, den man in der Praxis anwenden kann und der zu unterschiedlichen Ergebnissen führt.
Ein Project kann aus ein oder mehreren Recipes bestehen, also eine praktische Umsetzung des Wissens. Ein Projekt sollte nicht nur, zum Beispiel, ein Produkt als solches beschreiben, sondern auch den Prozess in dem es entsteht und wie es sich wieder in den zirkulären Wirtschaftskreislauf eingliedert. Das könnte von Agora Rollbergs Gewächshaus bis hin zu, von der Firma “Timberland” aus Plastikmüll hergestellten Schuhsohlen reichen.
Um das Potential eines solcher Plattform zu illustrieren haben wir die Benutzeroberfläche gestaltet. Erstmal haben wir uns die Ziele der Webanwendung aufgelistet. Dann haben wir Analog auf Papier skizziert um eine grobe Vorstellung zu bekommen. In der zweiten Schritt haben wir filigranere Repräsentationen der Seiten entworfen, sogenannte Wireframes, in dem es bereits alle inhaltliche und interaktive Elementen gibt. Anschließend haben wir uns gewisse UI Guidelines überlegt, Farben und Schriften ausgesucht und diese auf die Wireframes angewendet um so die realistische “Screens” zu gestalten. Es zeigt also wie die Website aussehen würde, sobald sie programmiert und umsetzt ist. Um trotzdem, jetzt schon, einen kurzen Einblick in die Website zu ermöglichen, haben wir eine repräsentative Benutzung der Seite in einem Video animiert. Um im Open Source Gedanken zu handeln, haben wir selbstverständlich unser Projekt veröffentlicht. Sie können unter der folgenden URL alle Dateien zum Projekt finden: https://github.com/FH-Potsdam/open-circle
Wir konnten mit diesem Projekt unsere Fähigkeiten voll ausnutzen und auch unsere Kreativität komplett ausleben. Außerdem hat es uns gefreut, dass wir, trotz unseres digitalen Ansatzes einen kleinen Teil zum Projekt Agora Rollberg beisteuern konnten. Die Resonanz war zum großen Teil sehr positiv. Wir haben schon von verschiedenen Seiten Interesse bekundet bekommen, dieses Projekt zu verwirklichen. Wie bereits oben erwähnt werden wir das gesamte Projekt Open Source zur verfügung stellen, damit erhoffen wir uns, dass sich jemand finden wird, der sich um die Umsetzung kümmert oder es als Inspiration für sein eigenes Projekt benutzt. Da es uns aus finanziellen und zeitlichen Gründen nicht möglich ist ein so umfangreiches Projekt alleine auf die Beine zu stellen. Wir haben mit diesem Projekt sehr viel gelernt, unter anderem, was das gemeinsame Konzipieren einer Website betrifft. Außerdem konnten wir uns einen ersten Einblick in das zirkuläre denken verschaffen und sind motiviert selbst an der Circular Economy teilzunehmen.
Freitagabend, 18.30 Uhr im November 2016: Die kalte Halle, die seit knapp einem Jahr der neue Standort des Agora Collective ist und einst als Lager für Bierfässer der gegenüberliegenden Kindl-Brauerei diente, füllt sich allmählich mit Besucher*innen. Das Thema des Abends klingt wie ein Vitamin-B-Imperativ der frühen ‘90er: Connect! Auf neuem Boden kommen Kreative, Anwohner und Neugierige zusammen, um sich über Ideen, Erfahrungen und Inspirationsquellen rund um das Thema Nachhaltigkeit auszutauschen, die im Prototyp Agora ausformuliert und von dort in die Welt getragen werden sollen. Das Agora Collective versteht sich als Zero-Waste-Standort, welcher eine zirkuläre Wirtschaft in seinem eigenen Mikrokosmos zu implementieren versucht. Entscheidend ist dabei das Ziel, sämtliche Kreisläufe zu schließen: alle Endprodukte der verwendeten Stoffe für etwas Neues zu nutzen – ergo keine Abfälle zu produzieren. Eine effiziente Planung bereits beim Einkauf von Lebensmitteln und Getränken ist also essentiell, um Abfällen direkt zu Beginn vorzubeugen. Doch bei gelockerter Atmosphäre mit Snacks und Getränken, Stimmengewirr und Musik, steigt die Menge an produziertem Müll drastisch. Vor allem mitgebrachte Abfälle, wie beispielsweise leere Plastikflaschen oder Restmüll, lassen sich schlecht im Voraus kalkulieren und so das Ziel einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft in unerreichbare Ferne rücken. Wie also soll mit unvermeidbaren Abfällen umgegangen werden? Spätestens wenn der Agora-Mikrokosmos Raum des öffentlichen Austauschs wird, kommen Fragen auf, denen wir im Laufe des Semesters auf den Grund gegangen sind: Welche Abfälle fallen im Veranstaltungsbetrieb an? Wie können diese verwendet werden? Wie sieht das hauseigene Müllsystem aus und wie könnte es verbessert werden? Und: Wie kann das Verständnis für Nachhaltigkeit vermittelt werden, ohne den sonst so omnipräsenten Zeigefinger zu erheben? Fragen bezüglich der Energieeffizienz wurden aufgrund des in ein bis zwei Jahren anstehenden Umbaus des Agora Rollberg bereits in der Seminarkonzeption ausgespart.
Als Pilot-Eventreihe veranstaltete das Agora Rollberg vom 09. November bis einschließlich 10. Dezember 2016 die School of Circular Practices in den Formaten Thematic Dinner, Lesson, Dialog und Pitch Session, die sowohl Themenbereiche wie Essen, Textilien und Lebensraum und deren Nachfrage als auch die Planung und Umsetzung der Events erproben sollte. Die Testphase bot sich deshalb für eine qualitative Analyse der Abläufe an, bei der stichprobenartig Events besucht, fotografisch dokumentiert und anschließend auf Verbesserungsmöglichkeiten überprüft wurden. Der Aufbau der Sitzgelegenheiten während der Events änderte sich, bis auf die Dinner-Veranstaltung, in den verschiedenen Formaten nur unerheblich: Gemütlich, wie in einem Wohnzimmer, waren die neu angeschafften Vintage-Sofas und -Sessel in der Mitte des ausladenden und eher kühlen Raums platziert, gerahmt von Pflanzen, Heizstrahlern und weichem, buntem Licht, abgerundet durch Orientteppiche. Zusätzlich sind für größere Besucherzahlen Papphocker verfügbar, die an der Längsseite des Raums bzw. in der anliegenden Abstellkammer verstaut werden. Eine optimale Raumnutzung ist also durch die aktuelle Bestuhlung nicht gegeben – die Sitzmöglichkeiten wirken in dem noch recht kahlen und kalten Raum verloren. Eine auf den Raum, die verschiedenen Event-Formate und die Besucherzahlen angepasst modulare Sitzgelegenheit könnte das Raumgefühl verbessern. Für die Besucherzahlen während der Testphase war das Sitzarrangement jedoch ausreichend. Die Events, die am frühen Abend starteten, dauerten im Durchschnitt zwei bis drei Stunden. Eine recht kurze Zeit, was möglicherweise auf die niedrige Raumtemperatur zurückzuführen ist, die durch die wenigen Heizstrahler im großen Event-Bereich nur geringfügig verbessert werden konnte. Für den Ausschank war die Bar meist an der Stirnseite des Event-Bereichs aufgebaut. Zu Trinken gab es Bier und verschiedene Bio-Softdrinks, die wie die meist erhältlichen Brezeln nicht allzu erschwinglich waren. Mit steigender Besucherzahl wächst auch das Aufkommen von Abfällen, die häufig aus mitgebrachten Wertstoffen und Restmüll bestehen. Entgegen der Zielsetzung einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft, lassen sich mitgebrachte Abfälle nicht antizipieren – die Stoffe daher nicht optimal in einen Kreislauf aufnehmen. Gerade wenn Fremdveranstalter Events im Agora Rollberg planen, wird diese Problematik weiter erhöht. Das Verständnis von Prävention und Wiederverwertung könnte den Besucherinnen und Veranstalterinnen also vermittelt werden, um Abfälle innerhalb und außerhalb des Agora zu reduzieren oder im besten Fall sogar gänzlich zu umgehen. Neben den Informations- und Schulungsveranstaltungen könnte der ganze Raum kleine Botschaften vermitteln, die sich nicht aufdrängen, sondern allmählich, dafür aber nachhaltig, in das Gedächtnis brennen. Zentral ist dabei auch die sukzessive Umformulierung von Müll zur Ressource: Das vermeintliche Ende der Wertstoffkette soll als Beginn für etwas Neues verstanden werden. Da das Vermeiden von Abfällen jedoch die idealisierte Zielsetzung meint, ist auch eine korrekte Mülltrennung ausschlaggebend. Schon beim ersten Besuch im Agora Rollberg wurde jedoch klar: noch ist kein Mülltrennsystem vorhanden. Lediglich ein Abfalleimer im Toilettenraum, kleinere in den Kabinen, ein Universalabfalleimer bei der Bar sowie eine Tüte außen an der Eingangstür waren vorhanden. Darin fanden sich unter anderem Restmüll, Plastik, Zigaretten und Glasflaschen, die einfach durch das Aufstellen mehrerer Abfalleimer für die respektiven Stoffe getrennt werden könnten. Die Events wurden über das Semester verteilt besucht und gaben so Auskunft über Lösungsansätze, die im Rahmen des Seminars behandelt werden können. In der Recherchephase haben wir viele Ansatzpunkte in Erwägung gezogen, die vor allem auf die Abfallprävention im Kleinen und Großen abzielten. So stellte sich beispielsweise die Frage, wie Fremdveranstalter die Hausphilosophie umsetzen können, also umweltfreundliche Produkte und Abläufe in ihre Veranstaltung integrieren. Ein Leitfaden mit Tipps und Vorschlägen könnte hier hilfreich sein, um den Arbeits- und Rechercheaufwand von Seiten der Veranstalter*innen zu minimieren und gleichzeitig eine nachhaltige Umsetzung zu gewährleisten. So schlagen Wall und Behr eine Methode vor, die es erlauben soll, Events auf ihre Nachhaltigkeit zu untersuchen. Die Untersuchung der Events in der Testphase wäre jedoch zu ungenau gewesen, da es nicht möglich war, die teilweise kostspieligen Veranstaltungen zu besuchen und so nicht alle Abläufe nachvollzogen werden konnten. Außerdem waren sie nicht unbedingt repräsentativ für zukünftige Veranstaltungen im Hinblick auf Größe und Ablauf.
Das Erstellen eines Leitfadens bot sich uns nicht an, da eine Vielzahl im Internet zu finden sind und das Ressourcenmanagement bei hauseigenen Veranstaltungen noch nicht optimiert ist. Unser nächster Schritt umfasste deshalb die konkrete Ideenfindung, um Kreisläufe im Event-Bereich reibungsloser zu gestalten oder gar zu schließen.
Literatur:
k.A.: Zero Waste Event Planning Guide (k.A.). In: Seven Generations Ahead. Verfügbar unter: http://sevengenerationsahead.org/images/work/zerowaste/SGA_ZW_Event_Planning_Guide_FINAL.pdf [Letzter Zugriff: 21.01.2017].
Wall, Alexander/Behr, Frederike: Ein Ansatz zur Messung der Nachhaltigkeit von Events. Kernziele eines Nachhaltigkeitsmanagements von Events und Indikatoren zur Messung der Nachhaltigkeit (2010). In: Leuphana Universität Lüneburg. Verfügbar unter: http://www2.leuphana.de/umanagement/csm/content/nama/downloads/download_publikationen/Wall_Behr_Ein_Ansatz_zur_Messung_der_Nachhaltigkeit_von_Events.pdf [Letzter Zugriff: 21.01.2017].
Die Ideenfindung fand in enger Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter*innen des Agora Rollberg und der BSR statt, um das spätere Konzept für den Standort zu formulieren. Nach eingängiger Analyse kristallisierten sich drei Schwerpunkte in der Ideenfindung heraus:
(A) Modulare Möbel (B) Detaillösungen (C) Ressourcensystem
Die konkrete Recherche nach zu erfüllenden Bedingungen, wie beispielsweise Materialien der Möbel bzw. Raumtrenner, Implementieren von subtilen Botschaften oder Beschaffenheit des Ressourcensystems, führte zunächst über bereits bestehenden Lösungen.
(A) Im Bereich der modularen Möbel sollten folgende Anforderungen erfüllt werden: Steckbares Zusammensetzen von Raumelementen, welche platzsparend gelagert werden können und sowohl als Raumteiler (Abb.1) als auch als Sitzelement genutzt werden kann. Unsere Ideen bezüglich des Materials reichten von Plastik über Holz bis zur finalen Konzeption aus Pappe (Abb. 2) in Anlehnung an ein Sitzelement, welches im Rahmen der Ausstellung +ultra im Martin Gropius Bau zu sehen war (Abb.3).
(B) Detaillösungen sollten Fakten wiedergeben, die auf spielerische Art und Weise vermittelt werden. Konkret könnten hier Motive auf Stoffservietten gedruckt werden, sodass der Druck nach einer bestimmten Anzahl von Waschgängen ausbleicht und eine Stickerei offenlegt, die erklärt, nach wie vielen Waschgängen diese Serviette nachhaltiger ist als eine Papierserviette. Ein anderes Beispiel beinhaltet die Nutzung von Mandarinenschalen und Olivenöl als Teelichter. Ziel ist es, Besucher*innen die Abfallprävention näher zu bringen.
(C) Der Entwurf eines Ressourcensystems für einen Zero-Waste-Standort negiert nur auf der Oberfläche die genannte Zielsetzung: die idealisierten Kreisläufe müssen zunächst analysiert, konzipiert und schließlich implementiert werden, bis sie eines Tages geschlossen werden können. Ein Mülltrennsystem ist also essentiell und könnte gleichzeitig dazu führen, Abfälle als Teil des Raumgeschehens zu inszenieren und ästhetisieren. Uns war besonders wichtig, die Mülleimer mit einer eigenen Handlungsfreiheit auszustatten und so zu personalisieren, wodurch Resonanzverhältnisse zwischen Besucher*innen und dem Ressourcensystem hergestellt werden könnten. Im Laufe des Semesters wurde klar, dass die Konzeption eines Ressourcensystems viele Möglichkeiten offen hält und für den Standort Agora Rollberg am sinnvollsten erscheint.
Nachdem die Aspekte der benötigten Mülleimer bestimmt waren, wurde klar, dass viele der hier als Abfälle betitelten Stoffe wiederverwertet werden könnten, vorausgesetzt, dass jemand diese benötigt (Abb. 4). Papier könnte beispielsweise als Schmierpapier verwendet werden, große Pappstücke als Grundlage für Modelle, Sitzgelegenheiten oder ähnliches dienen. Schnell kristallisierte sich also heraus, dass das beschriebene Ressourcensystem als eben jenes umgesetzt werden könnte: Ein Raum, in dem Ressourcen abgegeben, mitgenommen und ausgetauscht werden (Abb. 5). Das Konzept könnte auch Anleitungen beinhalten, die Vorschläge und Anregungen zu DIY-Designs geben könnten. Ein Platz also, an dem Abfälle nicht mehr entsorgt und aus dem Sichtfeld verschwinden, sondern den Raum aktiv mitgestalten, um den herum Inspiration gegeben wird und der als potentielle Gestaltungsgrundlage inszeniert wird. Eine Datenbank der Wertstoffe könnte durch die Open-Source-Plattform von Bela Kurek und Lucas Vogel geschaffen werden, die gleichzeitig einen Katalog mit Anleitungen und Designideen beinhaltet. Fraglich sind jedoch der Arbeitsaufwand, der durch Sortieren, Annahme und Ausgabe entsteht und schätzungsweise eine ganze Stelle füllt, und die nicht vorhandenen Lagerungsmöglichkeiten. Für die weitere Planung wurde die Circular-Use-Abteilung also ausgeklammert.
Im nächsten Schritt haben wir Skizzen entworfen, die das Ressourcensystem konkretisieren sollten. Als mögliche Modelle kamen dabei interaktive Systeme mit Flaschenzug, Rohrpost oder aber visuellen und akustischen Feedbacks in Frage, welche in einem Anforderungsprofil visualisiert wurden (Abb. 6). Eine Roboter-Ressourcenfamilie (Abb. 7) oder ein Wheel of Resources (Abb. 8) könnten durch eine Waage im Inneren ergänzt werden, welche als visuelles Signal außen das Gewicht der Abfälle anzeigen könnte. So könnte der Verbrauch der verschiedenen Stoffe gemessen und optimiert werden. Während das Ressourcenrad an die Ästhetik und Akustik eines Jahrmarkts erinnern soll und den Raum in seiner Höhe nutzen könnte, bewegen sich die Ressourcenroboter aktiv durch den Raum, sprechen die Besucher*innen an, geben Fakten wieder und kreuzen ihre Wege. Das Bewegungsprofil ist durch ein Liniennetz auf dem Boden erkennbar (Abb. 9), ein gemeinsamer Ruhebereich zum Aufladen sollte am Rand installiert werden. Die Roboterfamilie könnte den Füllstand außerdem in Form eines Rennens durch den Raum anzeigen. Im letzten Arbeitsschritt in der Konzeption haben wir drei Entwürfe entsprechend der unterschiedlichen Anforderungen gemacht (Abb. 10, 11).
Im 3D-Modell (Abb. 12) sind Funktionsweisen und eingebaute Technik der Ressourcenroboter zu sehen. Der nächste Schritt umfasste den Bau eines physischen Modells (Abb. 13/14), welches anschließend der Inszenierung diente (Abb. 15/16). Da der Bau eines tatsächlichen Ressourcenroboters aus finanziellen und zeitlichen Gründen nicht möglich war, haben wir das Konzept in einem Stop-Motion-Video „Life in Plastic, it’s Fantastic“ visualisiert (Abb. 17/18). Plastic Pete inszeniert stellvertretend für die erdachte Ressourcenfamilie die Interaktion am Standort Agora. Das ganze Video ist unter folgender URL verfügbar: https://vimeo.com/200561296
Der Prozess der Recherche, Ideenfindung, Konzeption und Umsetzung hat uns viele Einsichten gewährt, wie Ressourcen in der westlichen Gesellschaft genutzt und entsorgt werden. Es ist offensichtlich, dass der derzeit vorherrschende Umgang mit Ressourcen unbedacht ist und oftmals auf günstige Produktion an Stelle von Nachhaltigkeit setzt. Umso wichtiger ist es, dass Projekte wie das Agora Rollberg die Diskrepanzen zwischen Notwendigkeit und Willkür aufzeigen. Die Nutzung nachhaltiger Rohstoffe und lokaler Produkte, das Schließen von Kreisläufen, vor allem aber der aktive Dialog können durch das Agora Rollberg thematisiert und im Bubble-Up-Prinzip verbreitet werden. Der Idealzustand der Zero-Waste-Ökonomie ist vor allem mit den aktuell fehlenden politischen Restriktionen enorm erschwert, als Ziel muss deshalb der Austausch über die Annäherung an das beschriebene Optimum erkannt werden. Im Zentrum steht dann die anhaltende Weiterentwicklung der einzelnen Prozesse und Kreisläufe in Interaktion mit den Besucher*innen. Gerade im Event-Bereich ist das Wechselspiel zwischen innen und außen erkennbar und bringt die intern kalkulierten Kreisläufe aus dem Gleichgewicht. Essentiell ist deshalb der Dreischritt von Abfallprävention, Wiederverwertung und Aufklärung, wie mit Ressourcen und Restprodukten umgegangen werden kann, um einen nachhaltigen Ablauf zu gewährleisten. Neben Schulungen und subtilen Botschaften ist es die Trennung unvermeidbarer Abfälle, die als aktiver Teil des Gesamtkonzepts verstanden werden müssen. Spielerisch können dann Botschaften implementiert werden, die nach und nach aktualisiert und erweitert werden sollten. Als Ausblick könnte ein Leitfaden für das Agora Rollberg formuliert werden, der Vorschläge zur sauberen Event-Planung und Umsetzung gibt, lokale Einkaufsmöglichkeiten nennt und Hinweise zur Nutzung nachhaltiger Produkte liefert. Bei wachsender Reichweite und mit mehr Personal könnte schließlich auch die Circular-Use-Section etabliert werden, die den Standort so zu einem Ort des Ressourcenaustauschs wachsen lassen kann. Das Agora Rollberg als Prototyp muss sich der Öffentlichkeit öffnen, um diese beeinflussen zu können. Das Selbstverständnis eines Closed Loop im Mikrokosmos, in dem alle Kreisläufe geschlossen sind, lässt eine solche Interaktion nur bedingt zu, bzw. negiert den vollkommenen Kreislaufgedanken. Vielleicht ist diese Idee gänzlich utopisch, sodass Lücken im System immer bestehen werden, dann jedoch adressiert und Lösungsansätze gefunden werden können. Essentiell für ein nachhaltiges Wirtschaften ist der Austausch. Um das Große durch das Kleine zu beeinflussen scheint die Thematik des Events im November also umso passender: Connect!
Um uns eine Übersicht zu verschaffen, setzten wir uns anfangs zusammen und erstellten eine MindMap, die alle Bereiche, die in einem Café vereint sind, umfassen sollte. Dabei kratzten wir an jeder Oberfläche, um herauszufinden, in welche Richtung wir uns im Endeffekt bewegen wollen.
Unsere Recherche zum Thema Kompostieren hat uns gezeigt, dass es einiges zu beachten gibt, wenn man wertvollen Humus gewinnen will. Wir lernten, dass die meisten Essensreste der Gäste nicht für den Kompost verwendet werden können, da sich gekochtes oder zubereitetes Essen, besonders Fleisch und andere proteinhaltige Lebensmittel, nicht für den Kompost eignen. Außerdem lernten wir, dass viele Reste auf Grund des verlangsamten Verrottungsprozesses oder auch durch die Begünstigung von Pestizidenbefall nicht geeignet sind. Rohe Gemüse- und Obstreste, Eierschalen, Laub-und Strauchschnitt, leicht getrockneter Rasenschnitt sowie Tee- und Kaffeesatz sind dagegen eine Wohltat für den Kompost. Hinzu kommt, dass der Kompost nicht frei stehen darf und die Abfälle nicht zu stark zusammengepresst werden dürfen, damit die Bakterien und Mikroorganismen ausreichend Licht, Luft und Feuchtigkeit bekommen. Auch Würmer spielen eine wichtige Rolle beim Kompostieren. Sie sorgen für einen natürlichen Abbau der organischen Materialien und so für die Verarbeitung zu wertvoller Humuserde.
Aquaponisches Kreislaufsystem
Außerdem sind wir bei den Recherchen über den Kompost auf das aquaponische Kreislaufsystem gestoßen. Dies ist ein Verfahren, das Techniken der Aufzucht von Fischen in der Aquakultur und der Kultivierung in der Hydrokultur verbindet. Durch den biologischen Reinigungsprozess wird das Wasser in der für die Fischhaltung benötigten Qualität zur Verfügung gestellt, damit das Wasser nicht ausgetauscht und zusätzlich gefiltert werden muss.
Wie kann man das Café Agora nachhaltig warm halten?
In einem weiterer Ansatz beschäftigten wir uns mit der Raumtemperatur des Cafés. Uns ist jedoch schnell aufgefallen, dass uns für die nachhaltige Behebung dieses Problems das notwenige Hintergrundwissen als Kommunikationsdesigner*innen fehlt.
Was eignet sich als nachhaltiges Geschirr für ein neues Café?
Bei unserer Recherche über nachhaltiges Geschirr sind wir auf so einige Startups gestoßen, die sich mit diesem Thema auseinandergesetzt haben. Ein Student aus Italien überlegte sich zum Beispiel, aus altem Kaffeesatz Tassen herzustellen. Nachdem wir existierende Cafés, die diese Tassen servieren, besuchten stellten wir jedoch fest, dass es einige Mängel in der Nachhaltigkeit dieses Projekts „Kaffeeform“ gibt. Da Biogeschirr nicht in die Spülmaschine darf und damit 31 Liter pro Abwasche gespart werden würden stellte sich uns auch hier die Frage, ob diese Materialien tatsächlich nachhaltiger sind als herkömmliche Keramik. Außerdem sind wir auf das Startup Leef gestoßen, welches leider nur außerhalb Europas abbaubare Einweg-Teller aus Palmblättern herstellt. Eine weitere Überlegung war, Second-Hand Geschirr zu kaufen oder nur Fingerfood an einem Buffet anzubieten. Außerdem haben wir einige Do-It-Yourself-Ideen gefunden, wie man aus zum Beispiel Schallplatten oder aus altem Zeitungspapier Obstschalen formen kann. Bei der Recherche über nachhaltiges Geschirr sind wir außerdem auf Zahlen zur Kaffeebecher-Verschwendung in Deutschland gestoßen. In einem Jahr werden fast 2,8 Milliarden Coffe-To-Go-Becher in Deutschland weggeschmissen. Ein geäußerter Lösungsvorschlag der SPD und der Grünen ist eine Einführung einer örtlichen Verpackungssteuer. Eine andere Idee ist das Mehrwegbecher-System, also ein Abhol- und Rückgabesystem, wobei allerdings noch der Reinigungsablauf für die Becher geklärt werden müsste.Trotzdem gibt es viele Firmen, die versuchen, ein Mehrwegsystem voran zu treiben. Wie zum Beispiel ein an der TU campusweit bekanntes und pfandfreies Mehrwegbecher-System namens CupCycle und das El Rojito Café in Hamburg, das mittlerweile Kaffeebecher aus 100 Prozent nachwachsenden Rohstoffen entwickelt hat, die mindestens 75 Spülmaschinengänge durchlaufen können. Ein weiteres Startup aus Kalifornien – Reduce.Reuse.Grow – hat natürliche Einwegbecher mit enthaltenen Samen zum Einpflanzen entworfen. Es gibt auch essbare Trinkbecher, entworfen von den beiden New Yorker Designerinnen Chelsea Briganti und Leigh Ann Tucker. Nicht nur der Kaffeebecher, sondern der Kaffee selbst stellen ein Problem in der nachhaltigen Welt dar. Kaffee hinterlässt einen großen Carbon Footprint und produziert eine enorme Menge Überreste für verhältnismäßig wenig Kaffee. Dies leitete uns zu unserer nächsten Überlegung.
Was gibt es für eine regionale Alternative zu Kaffee, die zu einem Trend und einer Besonderheit im Angebot werden kann?
Alternativen zu Bohnenkaffee mussten im Laufe der Geschichte schon häufiger gefunden werden. So wurde vor allem in Kriegszeiten, in denen der echte Kaffee knapp war, eine alternative aus Löwenzahn- oder Zichorienwurzeln genutzt. Bei Zichorien handelt es sich um eine blau blühende Pflanze, die in Mitteleuropa oft am Wegesrand zu finden ist. Die Zichorie ist mit der Chicoréepflanze verwandt. Die Wurzeln beider Pflanzen werden bei der Verarbeitung zu Kaffeeersatz – der auch Muckefuck genannt wurde – getrocknet und geröstet, um schließlich gemahlen und aufgebrüht zu werden. Die Farbe des entstandenen Getränks erinnert dann tatsächlich an Kaffee, der Geschmack ist bitter, aber einen echten Kaffeeliebhaber kann man damit leider eher weniger überzeugen. Auch einige andere durchaus sinnvolle Ideen haben es nicht bis zu einer Umsetzung bei Agora geschafft. Hier sollen sie trotzdem kurz erwähnt werden: Kassenbons produzieren eine Menge Papiermüll und könnten statt gedruckt, möglicherweise auch als E-Mail verschickt werden. Wir haben auch überlegt, dass es schön wäre, die Räumlichkeiten des Cafés – einschließlich der Toilettenräume – mit Installationen oder Grafiken zu versehen, die zu einem nachhaltigeren Leben im Alltag der Cafébesucher*innen anregen sollten.
Nach der allgemeinen Recherche teilten wir uns erst einmal in kleine Grüppchen ein, die sich dann jeweils mit von uns unterteilten Themen beschäftigen konnten, um herauszufinden, wo wir denken, tatsächlich etwas beeinflussen zu können.
Eine Gruppe hat sich intensiv mit den genauen Abläufen der geschlossenen und ungeschlossenen Kreisläufe innerhalb des Cafés, Gewächshauses, Komposts und Müllplatzes auseinandergesetzt. Wir sind den genauen Ablauf von der Essensproduktion bis hin zur Verwertung der Reste und des Mülls durchgegangen. Wir haben uns überlegt, die Informationsvermittlung der Kreisläufe im ganzen Raum zu verteilen, sodass der Kreislauf eine interaktive Kommunikation bietet. Hinzu kam, dass wir statt der Grafik noch andere Darstellungsmöglichkeiten durchgegangen sind, um die Bildsprache spielerischer und interessanter zu gestalten. Wir wollten unsere Informationen greifbar machen, leise und versteckt und laut und plakativ zu gleich. Wir wollten etwas entwerfen, das die Menschen, die zu Agora kommen, tatsächlich zum Nachdenken anregt und haben überlegt, wie man sie dazu bewegen kann, auch zirkulär leben zu wollen. Um die Besucher*innen zu überzeugen, wurde darauf geachtet, niemanden anzuklagen, sondern zu zeigen, wie es anders gehen könnte.
Eine Idee war außerdem, die Kreisläufe grafisch auf Geschirr darzustellen und mit der Visualisierung des gesamten Kreislaufes im Raum zu verknüpfen. So hatten wir folgenden Einfall: Wenn man seinen Kaffee ausgetrunken hat, kann man auf dem Tassengrund erkennen, was mit dem übrig gebliebenem Kaffeesatz passieren wird (ein gezeichneter Pilz). Denn wie wir nun nach der Recherche wissen, kann man mit Hilfe von Kaffeesatz Pilze züchten. So soll der Satz am Tassenrand „What does the future hold for coffee grounds?“ sowohl neugierig machen als auch an eine Kaffeesatzes erinnern.
Da uns die Zahlen der Verschwendung der unzähligen Coffee-To-Go-Becher schockiert haben, kamen wir auf die Idee, die Form eines Kaffeebechers in einen Stuhl zu masern. Damit soll daran erinnert werden, dass selbst das Verwenden und Wegschmeißen eines Einwegbechers reine Verschwendung ist. Diese Informationsvermittlung ist zwar nicht sofort für die Besucher*innen erkennbar, aber soll einen Aha-Effekt erzielen. Leider haben wir festgestellt, dass es schwer sein wird einen Prototypen herzustellen, da wir nicht wissen, welche Möbel Agora im Café haben möchte.
Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit Take-Aways, welche die Besucher*innen als Information mitnehmen können. Bei den Take-Aways boten sich einige Möglichkeiten an. Zum einen dachten wir an eine Mini-Pilzzucht aus Kaffeesatz im Glas, Samen zum Anpflanzen eigener Kräuter und vieles mehr.
Bei den Zwischenpräsentationen erhielten wir überwiegend gute Rückmeldungen über die erarbeiteten Kreisläufe. Gleichzeitig teilte Agora uns mit, dass wir ihre Speisekarte gestalten könnten. Es fiel uns nicht leicht, irgendwann feststellen zu müssen, dass wir viele Themen angeschnitten haben und eigentlich zu jedem Thema etwas erarbeiten könnten, aber uns nun entscheiden mussten, was tatsächlich umgesetzt werden kann.
Nach vielen und langen Besprechungen sind wir zu dem Entschluss gekommen, weiter an der Informationsvermittlung der Kreisläufe zu arbeiten, da wir die sie als ein sehr übergeordnetes Thema betrachten. Außerdem entwarfen wir die Speisekarte und ein Exemplar von einer bemalten Tasse.
Die einzelnen Kreisläufe sind wie Bilder über den Raum verteilt und werden verbunden mit Pfeilen aus Tape, die teilweise über den Boden, die Wände und eventuell sogar über Tische gehen. Die Bilder sind in Holzrahmen gesetzt, die wir gebraucht gekauft haben. So kann Agora ganz flexibel mit ihrer Raumgestaltung umgehen und die Bilder auch mal umhängen. Die kleinen einzelnen Kreisläufe werden dort positioniert, wo sie relevant sind (der Kompostkreislauf am Gewächshaus usw). Möglicherweise werden neben die Visualisierungen erläuterndeTexte gesetzt. Somit sollen Besucher*innen genau erkennen können, an welcher Stelle welcher Kreislauf stattfindet.