In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Ein Prozessbalken ist mächtig. Er zwingt uns dazu zu warten, ihn zu beobachten. Wir wissen eigentlich nicht, was hinter diesem Balken passiert. Was und wie etwas berechnet oder bearbeitet wird. Er verbirgt ein Geheimnis hinter einer immer wieder gleich aussehenden Maske.
Was wäre, wenn man diesen Balken aus unseren Bildschirmen herausnehmen könnte? Was treibt ihn an? Wer treibt ihn an?
Ich stand nach einer langen Nacht morgens um 5:00 vor dem Spiegel und putzte meine Zähne. Zu einer solchen Uhrzeit dauert das Zähneputzen gefühlt mehrere Stunden. Ich starrte in den Spiegel und dachte an meinen Kurs „Automate Everything“ für den ich immer noch keine richtig gute Idee hatte. Wie lange ich jetzt wohl schon zähneputzend vor dem Spiegel stand?
ZEIT
Zeit sichtbar machen! Wie ich wohl in 50 Jahren aussehen würde?
Ich dachte an eine Maske aus Silikon, die auf einen Rahmen gespannt wird. Dreht man an einer Kurbel, entspannt sich die Maske und es entstehen Falten. Automatisiertes Alt-werden.
Ich putzte immer noch meine Zähne.
PROZESSBALKEN Was wäre, wenn ich einen persönlichen Prozessbalken hätte? Eine Kollektion aus Prozesssymbolen, die ich in meine Taschen stecken und analog bedienen könnte. Mit dieser Idee war ich zufrieden und ging ins Bett, um noch einmal darüber zu schlafen.
Skizzen zu meinen nächtlichen Ideen.
Nachdem ich fast ausgeschlafen hatte, gefiel mir die Idee einen analogen Prozessbalken zu bauen immer besser. Eine Box: Betrachtet man sie von vorne, sieht man einen normalen Prozessbalken. Betrachtet man sie jedoch von der anderen Seite, wird man von einem Mechanismus überrascht, der den unscheinbaren Balken bewegt. Plötzlich wird der sonst gehasste Prozessbalken zu einem interessanten Objekt, mit dem man mehr Zeit verbringen möchte.
Erste zaghafte Skizzen zu einer Prozessbalken-Box.
DER MECHANISMUS Wie bewege ich den Balken? Am liebsten wäre es mir gewesen, wenn einzelne kleine Balkenstücke aus dem Hintergrund nach vorne kämen. Ich bastelte ein wenig herum und musste schnell feststellen, dass meine Ansprüche an den Mechanismus nicht zu groß werden durften – er sollte schließlich auch funktionieren!
Viele Mechanismen, die ich mir vorstellte, ließen sich nicht mit der Realität vereinbaren. Manchmal lachte ich ein wenig über mich selbst. Dennoch hatte ich viel Spaß daran, mir Dinge auszudenken, die vielleicht funktionieren könnten.
Es dauert allerdings ein wenig, bis mein Gehirn so viel über kleine spannende Mechanismen gelernt hatte, dass es die ersten umsetzbaren Skizzen aufs Papier spucken konnte.
Der Balken sollte nun durch ein laufenden Band bewegt werden. Allerdings wollte ich mich von der Idee, die Balkenstückchen zeitversetzt und jeweils einzeln erscheinen zu lassen, nicht lösen! Ich suchte nach einem Mechanismus, der ein zeitversetztes ruckartiges Fortlaufen des Bandes ermöglichen könnte.
Ich fand ihn.
Ich erstellte mir eine Vorlage in Illustrator.
Dann baute ich ihn.
DER PROTOTYP
Ich wusste, dass ich Zahnräder bauen würde. Viele sehr kleine Zahnräder aus Holz... Nein, ich habe sie nicht gefräst oder gelasert. Ich versuchte mir Hilfsmittel zu bauen, um möglichst schnell und einfach zu einem guten Ergebnis zu kommen. Ich klebte kleine Sägeblätter zusammen, sägte per Hand und bohrte Löcher. Nichts davon war zufriedenstellend.
Dann machte ich Bekanntschaft mit der Dekupiersäge. Tolles Gerät! Mit ihr sägte ich alle Zahnräder.
Mein Prototyp wuchs und nahm immer mehr Gestalt an. Das Prozessbalken-Band war an der richtigen Stelle, es gab eine Kurbel, mit der der Mechanismus angetrieben werden konnte...
ABER ES HAKTE.
Es vergingen einige Stunden der Verzweiflung, bis ich das Problem gelöst hatte.
Ich wollte, dass man sehr lange kurbeln muss, um den Balken bewegen zu können. Um die Bewegung zu verlangsamen, benötigte ich mehr Zahnräder.
ES FUNKTIONIERTE!
DIE ZWEITE BOX
Der Prototyp funktioniert nun, allerdings sah er noch nicht so aus, wie er aussehen sollte. Ich kaufte mir Buche Vollholz. Eine Holzlatte. Aus der Latte machte ich ein Brett und aus dem Brett baute ich schließlich eine Box.
Nun befasste ich mich erneut mit dem Innenleben. Ich wollte, dass die Mechanik ansprechend aussieht und versuchte so sauber wie möglich zu arbeiten. Ich machte jedes einzelne Teil noch einmal neu. Die Zahnräder machte ich aus Multiplex, damit die Zähnchen bei Druck nicht abbrechen können.
Es wurde sehr schön. Allerdings drehte sich noch nichts, da ich die Keilriemen noch nähen musste und bis zu diesem Zeitpunkt nichts testen konnte...
PLEASE DO NOT TOUCH
Ich verbrachte Stunden, ach, Tage in der Werkstatt und tat nichts anderes, als die Kiste auseinander zu nehmen und wieder zusammen zu setzen, sie wieder auseinander zu nehmen und wieder zusammen zu setzen. Schließlich stellte ich die Kiste auf der Werkschau aus... ohne Funktion. Toll. Ich ärgerte mich!
Nach der Werkschau machte ich weiter. Ich musste mich entscheiden: Schönheit oder Funktion. Dieses Ding sollte einfach funktionieren! Also baute ich einiges noch einmal um. Ich bohrte mehr Löcher, tauschte Zahnräder und baute Befestigungen.
Der Ehrgeiz hatte mich gepackt. Ich musste mir andere Freunde suchen, weil ich meine Zeit mit einem analogen Prozessbalken verbrachte.
Es lohnte sich. Schließlich hatte die kleine Box ein eigenes Podest, einen Motor, der sie antrieb und der Balken bewegte sich freudig.
Ich wanderte mit meinem Balken in das Fotostudio.