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walde mal

Und wenn vollkommene Dunkelheit uns umhüllt, sich über uns legt, wie ein drückend schwarzes Tuch, werden deine Äste zu dürren Fingern, die nach mir greifen. Deine Stämme zu Körpern die mich einkreisen. Immer näher kommen. Der Wind reißt an deinen Knochen, bringt sie zum brechen. Und erst die aufgehende Sonne taucht deine rauen Stämme in warmes Licht. Lässt deine Baumkronen fast zärtlich im Wind wiegen und mich wieder friedlich durch dein Sein wandeln.

Ernesto Neto

While Culture Moves Us Apart, Nature Brings Us Together. — Ernesto Neto

Ernesto Saboia de Albuquerque Neto wurde 1964 in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro geboren. Der bildende Künstler ist durch raumgreifende Skulpturen aus Stoff international bekannt geworden.

Studien der Astronomie und Ingenieurwissenschaften brach Neto nach nur wenigen Semestern ab. Seine eigentliche Bestimmung fand er, als er von einem Angebot einer Bildhauerklasse an der Escola de Artes Visuais do Parque Lage hörte, einer der renommiertesten Künstlerschmieden des Landes.

Er begann zu studieren und merkte sehr schnell, dass er in der Kunst die Berufung seines Lebens gefunden hatte. Kunst für alle Sinne. Netos abstrakte Werke, angesiedelt zwischen Kunst und Architektur, sind oft riesige, begehbare Skulpturen und Installationen, die alle Sinne des Betrachters ansprechen. Oft sind sie als Räume aus Textilien angelegt, in die Besucher sich hineinbegeben können.

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Humanoides, 1988 / Celula Nave, 2004 / Wisdom Of The Parts, 2008

Neto verwendet dafür elastische Gewebe wie Tüll aus Nylon oder Lycra. Meist werden die textilen Körper, Räume und Höhlen durch Ballast von einer Deckenebene nach unten aufgespannt. Als Ballast dienen Gewürze, die ihren Duft verströmen, oder Sand und Reis, aber auch Glasperlen, Kunststoffe und Formen aus Gips. Die teils transparenten textilen Räume transformieren und überspielen die umgebende konventionelle Architektur.

Die damit entstehende sinnliche Welt vermittelt das Gefühl, sich in einem Körperinneren zu befinden, dessen Häute Wärme und Geborgenheit vermitteln. Sie spricht nicht nur das Sehen, sondern auch das Hören, den Tastsinn und das Riechen an. Die Architektur der Ausstellungsräume wird so verwandelt, dass die Interaktion zwischen den Benutzern gefördert und verändert wird.

Neto zielt auf eine Kunst, die Menschen vereint und ihnen hilft, mit anderen zu interagieren. Sie soll Grenzen nicht als Hindernisse zeigen, sondern als Ort der Empfindungen, des Austausches und der Kontinuität. Die spielerisch wirkenden und spielerisch benutzbaren Räume sind präzise kalkuliert, einschließlich der Festigkeit des Stoffes, der Gewichte und Gegengewichte und der Zugkräfte.

Eine weitere Werkgruppe sind die Humanóides, Skulpturen aus Lycra, gefüllt mit Gewürzen und Styroporpellets, die von Ausstellungsbesuchern angezogen werden können. Sie umhüllen und ergänzen den menschlichen Körper so durch Massen, dass Bewegung neu erfahren wird. Bei großer Besucherzahl müssen die Werke betreut und repariert werden.und Installationen, die alle Sinne des Betrachters und Besuchers ansprechen. Oft sind sie als Räume aus Textilien angelegt, in die Besucher sich hineinbegeben können.

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It Happens When the Body’s Anatomy of Time, 2000

It Happens When the Body’s Anatomy of Time

Das von uns gewählte Kunstwerk ist eine labyrinth-artige Installation, bei der Säulen aus Verbandsmull sich von der Decke herabsetzen und den Raum füllen. Gespannt gehalten werden diese durch aromatische Gewürzsäcke am Fuß.

Die organisch weichen Formen der Arbeit regen dazu an, sie als autonome, poetische und humorvolle Organismen zu entdecken. Dieses sehr widersprüchliche Stück ist ein synästhetisches Raumerlebnis, dass wirkt, wie für den Raum gemacht.

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Matrix Übersicht

Neto bezieht sich auf die klassischen Fragen der Bildhauerei: Raum, Körper, Schwerkraft, Masse und Licht. Die synästhetische Raumveränderung und die Modernität in der Umsetzung des Werkes, aber auch rein optische Aspekte, spielten bei unserer Entscheidungsfindung für dieses Werk eine wichtige Rolle.

Begeistert von der Art und Weise Netos, Menschen aus dem Alltag zu ziehen, nahmen wir uns seiner Sache an und definierten die wichtigsten Merkmale.

Durch das Ansprechen mehrerer Sinne entsteht eine natürliche Interaktion, da der Mensch durch reflexartige Reize dazu bewegt wird, dem Objekt weiter nachzuforschen. Eine schöne Möglichkeit, abgelenkt zu werden, da das Interesse aus einem selbst kommt und nicht erst suggeriert werden muss.

Zeitgleich, durch das Ansprechen von grundlegenden Reizen wie beispielsweise besondere Düfte in der Nase und/oder natürliche Lichtquellen, wird im Betrachter ein bestimmtes Vertrauen geweckt und Nähe erzeugt, was letztendlich zu einem Gefühl der Geborgenheit führt.

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Matrix Detailansicht: interaktiv, geborgen, organisch

Dieses geborgene Gefühl wird zuallerletzt davon unterstützt, was wir sehen. In Netos Werken, und somit auch in der Auswertung dieser, sind hauptsächlich organisch angelehnte, natürliche Formen zu finden. Auf harte Kanten und Brüche wird komplett verzichtet, ein harmonisches und vertrautes Bild wird angestrebt.

Die hier erarbeiteten Grundbegriffe Interaktion, Geborgenheit und Organisches wurden somit zu unseren Maximen für dieses Projekt.

Modell: Lichtsimulation und Raumwirkung

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Die Wirkung und Funktionsweise einer Rauminstallation über Abbildungen zu beurteilen stellte sich als schwierig, wenn nicht unmöglich heraus.

Netos Werke leben von der Konfrontation mit dem Betrachter. So war es für uns wichtig diese Konfrontation nachempfinden zu können. Da es kein Werk Netos in unserer Nähe gab, bauten wir kurzerhand die von uns gewählte Installation in Puppenstubengröße nach. Wir verwendeten dabei Strumpfhosen, Sand sowie Gewürze und installierten diese in einer Kiste mit einer Grundfläche von ca. 50 × 50 cm. Auch die Raumsituation mit Fischgrätenparkett und Wandtäfelung wurde nachgestellt.

Eine Lichterkette spendete durch die Decke Licht. Nun konnten wir uns einen besseren Eindruck von der Wirkung verschaffen und diesen in unsere Studien mit einbeziehen.

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Modell zur Raum- und Lichtwirkung

Prototyp I: Erste Ideen

Mit der Voraussetzung des praktischen Nutzens unseres Produktes entstand schnell die Idee einer Sitzmöglichkeit im Außenbereich. Aufgreifend des Gedankens der Interaktivität von Ernesto Netos Werken, entwickelten wir Entwürfe, in denen der Nutzer das Produkt durch unterschiedliche Sinneswahrnehmungen entdecken sollte.

Der anfängliche Gedanke einer Sitzmöglichkeit mit einem horizontalen Fokus, entwickelte sich zu einem Entwurf mit dem Schwerpunkt auf die Vertikale. Durch den Prototyp des Streichholzmodells, wurde die Idee eines Raumes geschaffen, indem der Nutzer einerseits öffentlich ist, jedoch anderseits das Gefühl von Geborgenheit erfährt.

Der Gedanke des Waldes symbolisierte die Schaffung eines privaten Raumes in der Öffentlichkeit.

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Prototyp I: Steichholzmodell

Prototyp II: 3D Renderings

Der zweite Prototyp gab einen guten Eindruck über den Änderungsgrad der optischen Wirkung von aufrecht stehenden Rundhölzern im Vergleich zu den schräg angeordneten Kanthölzern des ersten Prototypen.

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Prototyp III: 3D Renderings

Da die Bewegung in der Optik verloren ging, verwarfen wir diesen Ansatz und entschlossen uns für eine schräge Posiotionierung der Hölzer.

Aufgrund Verfügbarkeit, Kosten und besseren Verarbeitungsbedingungen blieben wir bei Kanthölzern.

Prototyp III: Raumsimulation

Da die Formgebung durch die Anfertigung der Renderings größtenteils festgelegt wurde, mussten nun die erarbeiteten Maße in 1:1-Aufrissen und -Modellen geprüft werden.

Um die Konstruktion zu testen (Größen der Bohrungen sowie die Höhen der verschiedenen Ebenen) wurden die erdachten Maße mithilfe von verstellbaren Bauteilen in einem Prototypen getestet. Die gesamte Draufsicht wurde 1:1 aufgerissen, um dann an den markierten Wegen mithilfe von mobilen Stellwänden die Breite der Gänge, die Positionierung der Sitzflächen zu simulieren.

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Es stelle sich heraus, dass die ursprünglich angedachte Grundfläche von 2 × 3 m nicht ausreichen würde, um die gewünschten Flächen umzusetzen und vier Personen Platz zu bieten. So vergrößerten wir die Fläche bis zu unserem Endmaß von 3 × 4 m.

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Prototyp III: 1:1 Raumsimulation

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walde mal

Nach all den vorangegangen Studien kam die Zeit, die konkrete Planung des Produkts in Angriff zu nehmen. Mithilfe von CAD-Programmen wurden zunächst die konstruktiven Details (Plattenaufbau, Verbindungen etc.) bestimmt, um daraufhin in diesem Rahmen die Positionierung der Latten und weitere Gegebenheiten zu planen.

In den ersten technischen Zeichungen wurden direkt grobe Fehler erkannt und beseitigt. Immer mehr Details kamen hinzu, die entweder die Optik, die Statik oder die Fertigung verbesserten. Was uns allerdings erst wirklich nach und nach bewusst wurde, war die Größe des Projekts, weswegen wir die ein oder andere Idee aus zeittechnischen Gründen wieder verwarfen.

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Technische Zeichnung

Da nicht nur die Zeit sondern auch die finanziellen Mittel begrenzt waren, kamen nach der Einholung mehrerer Angebote für die Holzlatten und den Plattenaufbau nur noch eine begrenzte Bandbreite an Materialien in Frage.

Letztendlich wurde sich für den Korpus für P3-Spanplatten entschieden, die in Kombination mit einer waschfesten Fassadenfarbe möglichst Wetterfest ist. Verbunden sind die einzelnen Bauteile mit rostfreien Spanplattenschrauben und D4-Leim (wasserfest). Da die Latten keine statischen Aufgaben zu erfüllen haben, sondern lediglich Sichtschutz und bieten, konnten wir hierbei auf das billigste Angebot zurückgreifen, der bei einem Laufmeterpreis von 30 ct lag.

Nach dem Abschließen der Planungsphase stieg die Spannung auf das angelieferte Marterial. Zeittechnisch wurden fünf ganze Tage kalkuliert, die letztendlich auch sinnvoll genutzt wurden.

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Materialzuteilung und Aufriss

Der Anfang der Fertigung, nach der Einteilung des Materials, wurde mit mehreren Hundert Bohrungen gemacht. Allein diese Arbeit beschäftigte uns eineinhalb Tage, was allerdings auch das größte Merkmal von walde mal ist. Daraufhin konnten die Stege, die die Stabilität im gesamten Korpus liefern, gesetzt und verschraubt werden und die einzelnen Korpusteile lackiert werden.

Da das Gewicht der gesamten Platte zu schwer für vier Personen gewesen wäre, haben wir die Gesamtfläche in drei Teile aufgeteilt, um diese dann an den jetzigen Standpunkt zu transportieren und dort zusammenzufügen. Als die Grundplatte letztendlich auf ihren aus Hartplastik bestehenden Füßen, um einer Verwitterung zu entgehen, stand, konnten die einzelnen Stäbe in ihre Bohrungen geführt werden und die Sitzflächen montiert.

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Fertigung der Grundplatte in drei Teilen

Zufrieden mit unserer Arbeit genossen wir erstmalig das Gefühl von walde mal. Zunächst tritt man durch die Erhöhung in einen neuen Raum. Eine Art Pavillion ohne Dach. Da man direkt vor einer Holzwand steht und dem Weg folgen muss, fällt es dem Betrachter schwer, sich auf etwas anderes als die zu sehenden Muster, Licht und Schattenspielereien und der Beweglichkeit der Latten zu konzentrieren. Man wird jetzt schon vom umgebenen Geschehnis abgelenkt und zum Assoziieren und Träumen eingeladen.

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Innenraum und Sitzflächen

Wenn man dem Weg folgt und um die Kurve biegt eröffnen sich zwei Gegenüberliegende Sitzbänke, die zwar dicht gesetzt sind, trotzdem Platz für circa vier-fünf Personen bieten.

Die eckige, polygonhafte Form der Sitzbänke ist der nächste Punkt, der den Gast anhalten lässt. Durch ihre Schlichtheit sind sie wenig auffällig, lassen allerdings noch genug Freiraum um bsw. Die freie Abstraktion eines großen Felsen darin zu erkennen.

Hat man sich erst einmal hingesetzt und von dem Raum beeinflussen lassen, fällt es leicht, die Umgebung ein Stück weit zu vergessen, auch wenn hier und da etwas durch die Latten blickt, ist es nicht gänzlich zu erkennen. Ähnlich wie in einem echten Wald ist die Sichtweite nicht unendlich.

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Tag der Präsentation

Betrachtet man unseren Prozess von Ideenfindung bis zum Endobjekt, fällt die hohe Übereinstimmung zwischen erstem Modell und finalem Entwurf auf. Wir haben uns früh auf eine Idee konzentriert und diese in mehreren Iterationen weiterentwickelt. Diese Entscheidung bewerten im nachhinein sehr positiv. So hatten wir genug Zeit das in der Umsetzung durchaus zeitaufwändige Objekt ausreichend zu planen.

Doch auch diese Planung hatte Lücken: An die Notwendigkeit eines Sicherheitsnachweises zur Aufstellung im öffentlichen Raum hatten wir nicht gedacht und mussten diese schmerzlich erfahren, als die Umsetzung schon fast abgeschlossen war. Glücklicherweise fand sich eine Ausnahmelösung, dieser Punkt wird uns jedoch deutlich im Gedächnis bleiben.

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walde mal im urbanen Kontext

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Fachgruppe

Gestaltungsgrundlagen

Art des Projekts

Studienarbeit im ersten Studienabschnitt

Betreuung

foto: Prof. Alexandra Martini

Entstehungszeitraum

Wintersemester 2014 / 2015