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Paralite

Das Ziel des Kurses Medium Light war es, ausgehend von einer Analyse einer einflussreichen Gestalterpersönlichkeit, eine eigne Licht-Raumstruktur zu gestalten. Paralite ist eine portable Lichtinstallation, mit der man Lichtquellen anzapfen kann und das gewonnene Licht für seine eigenen Zwecke zur Kommunikation nutzen kann. Paralite funktioniert wie ein Parasit, besitzt keine eigene Lichtquelle und ist ortsungebunden.

Auf den Spuren von Michael Rakowitz

Michael Rakowitz ein amerikanischer Künstler. Im Jahre 1973 in New York geboren, lebt und arbeitet er heute in Chicago. Seit dem Jahr 2000 macht Rakowitz immer wieder mit seinen Projekten auf sich aufmerksam. Dabei liegt sein Augenmerk auf Installationen im öffentlichen Raum. So leitete Michael Rakowitz 2001 in New York, mit Hilfe eines flexiblen Aluminiumrohres, die Düfte einer chinesischen Bäckerei in eine Galerie, die neun Etagen über der Bäckerei lag. Das Projekt nannte er Rise.

In einem anderen Projekt namens P(lot):Proposition I entwarf er Zelte in Form von Autos, die er auf freien Parkplätzen im Stadtraum platzierte, um so einen neunen Raum für Menschen zu schaffen. Wenn man das Werk von Michael Rakowitz betrachtet, wird deutlich, dass er sich hauptsächlich mit zwei Themen auseinandersetzt: Zum einen ist es das Aufeinandertreffen mehrerer Kulturen und das Zusammenleben, das daraus resultiert. Das Thema Emigration spielt auch und Rankovitz Familie eine entscheidende Rolle. Sein Großvater, zu seiner Zeit jüdischer Kaufmann, siedelte 1946 vom Irak in die Vereinigten Staaten über. Rakowitz thematisiert seine Familiengeschichte in vielen seiner Projekte. Sein Antrieb, so scheint es, ist es, für mehr Verständnis zwischen den Kulturen zu werben.

Das zweite Thema, das im Fokus seiner Arbeiten steht, ist der Stadtraum und dessen Nutzung. In Zeiten immer höherer Mieten und geringeren Löhnen stellt Rakowitz die Frage in den Raum, ob wir den Stadtraum richtig nutzen und vor allem, ist der Raum, den wir haben, sinnvoll und fair verteilt. Auch das Projekt Parasite, das wir als Grundlage für unsere eigene Licht-Raumstruktur ausgewählt haben, beschäftigt sich mit diesem Thema.

Das Arbeiten mit der Matrix

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Die Arbeit an und mit der Matrix, war für uns eine neue und ungewohnte Herangehensweise. Zunächst ist es gar nicht leicht ein gesehenes Werk in Wort zu fassen. Aber je länger wir uns mit der Arbeit von Michael Rakowitz beschäftigt haben, desto klarer und präziser ließ es sich beschreiben. So haben wir das Werk Parasite mit folgenden Worten charakterisiert: transparent, milchig, leicht, flexibel, hell, monochrom, filigran, unstrukturiert, effizient, günstig, einfach, sozial, öffentlich und zweckmäßig. Für unsere Matrix, haben wir uns für die Eigenschaften transparent, leicht, flexibel, filigran und unstrukturiert entschieden.

Zu Beginn des Kurses erschloss uns der Sinn und Zweck dieser Vorgehensweise nicht so recht. Klar, wir hatten das Werk von Rakowitz so genau unter die Lupe genommen und die Essenz für uns herausgearbeitet. Aber was für eine Rolle sollte die Matrix im Entwicklungsprozess unserer eigenen Licht-Raumskulptur einnehmen? Einige Zeit geriet die erarbeitete Matrix in den Hintergrund und Materialexperimente und andere Versuche standen in unserem Fokus. Als wir jedoch anfingen unsere endgültige Idee umzusetzen, wurde deutlich, dass wir uns die ganze Zeit ziemlich genau an die Matrix gehalten hatten. Auch wenn es unbewusst war, so besitzt unser Projekt Paralite genau die fünft selben Eigenschaften wie Parasite. Insofern hat die Matrix den gesamten Entstehungsprozess begleitet und war ausschlaggebend für die endgültige Form unseres Objektes. Das hätten wir zu Anfang nicht für möglich gehalten.

Materialexperimente

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In Anlehnung an das Projekt Parasite haben wir zunächst mit alltäglichen Materialien experimentiert. Materialien, die günstig zu beschaffen sind, vor allem aber auch häufig als Abfall anfallen und wiederverwertbar sind. Wir haben untersucht, wie Plastiktüten verschiedener Färbung auf Licht reagieren, wie viel Licht das Material hindurch lässt und wie die Leitfähigkeit ist. Wir waren von der Wirkung des Materials sehr angetan, es erwies sich jedoch als sehr schwer, das Material weiterzuverarbeiten.

Ein weiteres Material, mit dem wir experimentiert haben, war Aluminiumfolie. Auch sie ist sehr leicht, günstig und filigran. Aber aufgrund der nicht vorhandenen Lichtdurchlässigkeit, ließen wir das Material recht schnell wieder fallen. Wir merkten, dass wir uns zu sehr auf die Materialität von Parasite beschränkt hatten.

Also richteten wir unseren Blick auf die inhaltliche Ebene von Rakowitz Werk. Wie können wir den parasitären Gedanken aufgreifen? Über diese Frage kamen wir auf die Idee, Lichtleiterkabel zu verwenden. Auch sie waren leicht, filigran und transparent. Und sie sind ideal für eine Licht-Raumstruktur ohne eigene Lichtquelle. Und am Ende unserer Experimente stand fest: Lichtleiterkabel sind parasitär.

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Von der Idee zum Prototyp

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Auf unserem Weg zu unserem ersten Prototyp, haben wir einige Ideen verworfen. Die erste Idee basierte auf der sozialen Idee von Parasite. Es ging um die selbe Frage, nämlich, wie man Obdachlosen ein kostengünstiges Produkt zur Verfügung stellen kann, dass ihnen das alltägliche Leben erleichtert. Wir kamen auf die Idee, einer kleinen solarbetriebenen Lampe, die ein Obdachloser einfach und schnell an diverse Gegenstände im öffentlichen Raum anbringen kann. Zum an einer Parkbank oder einem Baum etc., so dass dieser ohne weitere Kosten, Licht in der Dunkelheit hat. Sei es um etwas zu lesen oder um sich etwas sicherer zu fühlen. Diese erste Idee, verwarfen wir schnell. Sie erschien uns zu nahe am Ausgangswerk von Michael Rakowitz. Wir wollten etwas eigenständiges erschaffen, dass zwar die Idee von Parasite weiterführt, aber dennoch, losgelöst von selbiger ist.

Die zweite Idee, fundierte auf der materiellen Ebene. Wir wollten für unsere Licht-Raumstruktur ebenfalls Plastiktüten verwenden. Der Gedanke, ein alltägliches und sehr preiswertes Produkt seinem eigentlichen Zweck zu entfremden und einem neuen zuzuführen, erschien uns reizvoll. Die ersten Materialexperimente ergaben, dass lange Schläuche aus Plastiktüten einen interessanten visuellen Effekt mit sich brachten. Die lichtdurchfluteten Schläuche erinnerten an Tentakel und waren zudem einfach an Straßenlaternen anzubringen. Wir wollten so das Licht im öffentlichen Raum erfahrbar machen und gleichzeitig das Bewusstsein von Passanten für das Licht im öffentlichen Raum schärfen. Im Alltag übersieht man meist, wie viele Lichtquellen es im öffentlichen Raum gibt und wie viele davon eigentlich sinnlos sind. Das Thema Light Pollution stand hier im Mittelpunkt. Aber auch mit dieser Idee waren wir noch nicht vollends zufrieden.

Die zweite Phase unserer Materialexperimente brachte uns dann zu der Idee, die uns bis zur Entwicklung eines Prototyps führen sollte. Wir suchten nach einem Material, mit dem wir eine vorhandene Lichtquelle anzapfen konnten und stießen so auf sogenannte Lichtleiterkabel. Die Idee von Rakowitz, warme Abluft wiederzuverwenden, nämlich um einen warmen und trockenen Schlafplatz für einen Obdachlosen zu schaffen, wollten wir auf das Medium Licht übertragen. Sprich, eine vorhandene Lichtquelle im öffentlichen Raum für unsere Zwecke nutzen. Was wir mit dem gewonnenen Licht anstellen sollten, also wofür das Licht nutzen sollten, war uns am Anfang noch nicht klar. Aber wir hatten schon eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie wir die Lichtleiterkabel einsetzen sollten. Die Assoziation von Tentakel, die wir auch schon bei den Plastiktüten hatten, kam uns wieder in den Sinn. Also befestigten wir die Kabel mit Hilfe von Saugnäpfen an diversen Lichtquellen im öffentlichen Raum. Und es funktionierte gut. Das Licht, beispielsweise von einer Reklametafel, ließ sich so über mehrere Meter umleiten und in Form eines Lichtpunktes am Ende des Kabels für etwas anderes nutzen. Die Idee gefiel uns immer mehr, denn wir konnten so auf mehreren Ebenen unsere Grundidee realisieren. Zum einen würden wir etwas erschaffen, das tatsächlich wie ein Parasit funktionieren sollte. Gleichzeitig besaß es aber auch die Eigenschaften, die wir in der Matrix herausgearbeitet hatten. Es war leicht, filigran, transparent und unstrukturiert. Und zudem machten wir mit dem Objekt auf das Thema Light Pollution aufmerksam. Wir konnten also unsere drei Grundideen miteinander verknüpfen.

Das finale Objekt

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Nach der Fertigung des Prototypen kamen weiter Fragen auf: wie wird das Ausgabemodul befestigt, welches Raster ist sinnvoll, wie können die Lichtleiter (1 mm Durchmesser) in den 3 mm großen Löchern gehalten werden. Schließlich kamen wir auf die Idee ein noch größeres Raster im Ausgabemodul zu verwenden und somit die Darstellung von Symbolen und mehr Buchstaben zu ermöglichen. Die Form sollte dabei dem iPad ähneln, so dass das Ausgabemodul vom Benutzer in der Hand gehalten und herumgereicht werden und ohne großen Aufwand transportiert werden kann.

Die Rasterlöcher sollten nun mit Lichtleitern fest verklebt und die Rückseite mit einem Gummi verkleidet werden. Das gewährleistet, dass die dünnen Lichtleiter die mit den Saugnäpfen an der Lichtquelle befestigt sind im Ausgabemodul stecken bleiben. Für die Fertigung des finalen Objektes wurde erneut eine 10 mm dicke Schichtholzplatte genutzt. Mit der Kreissäge, einem Standbohrer und einer Oberfräse wurde das Werkstück in der Holzwerkstatt bearbeitet und auf die Größe des iPads (241,3 mm x 185,8 mm) gebracht. Das Finish erfolgte dann durch häufiges abschleifen des Holzes und eine matte Lackierung.

Fachgruppe

Gestaltungsgrundlagen

Art des Projekts

Studienarbeit im ersten Studienabschnitt

Betreuung

foto: Prof. Alexandra Martini

Entstehungszeitraum

Wintersemester 2014 / 2015