In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Online Dating neu erfinden – naja, ganz so gewagt war das Ziel des Projektwochenkurses von Luise Bergmann und Ute Benz nicht. Aber nach einer Kennenlern-Runde und dem ersten Austausch von Explorationsberichten aus dem Dating-Dschungel Internet war klar: So kann es nicht weitergehen!
Oh, Berlin! Das Online-Dating hat dich 'ne ganze Ecke anstrengender gemacht. Die Verpartnerungssüchtigen der Großstadt, gesegnet und verflucht mit den Einflüssen zahlreicher und zeitweiliger Gäste aus exotischen Ländern, verdrehen sich ohnehin schon bei jeder Gelegenheit den Kopf nach jemandem. Das Dumme dabei: Schon im echten Leben lauert hinter jeder Ecke also jemand Besseres. Interessantes. Attraktiveres. Das bedeutet auch: Hinter jedem Klick ein aufregenderes Profil, aufreizendere Bilder und ausgefallenere Dates. Wer sich offline nicht im Griff hat, wird auch online zum Problemfall.
Stolze 22 Portale in Deutschland haben jeweils mehr als eine Million Nutzerinnen und Nutzer, viele sind auf mehr als einer Plattform aktiv. Millionen von Profilen, tausende Funktionen und dutzende Möglichkeiten, Geld auszugeben (hauptsächlich für Männer, aber die haben's ja immer nötig). Das Portal Parship verspricht auf glattgebügelten Werbeplakaten trotzdem die Liebe alle 11 Minuten. Hallelujah.
Die Realität sieht anders aus: Rammelwütige Jungs kommen mit cleveren Sprüchen („Hey Süße, f*cken?“), Frauen schreiben erst gar nicht – bei 50 Nachrichten am Tag im Posteingang wäre dafür zwischen Fitnessstudio und Café Latte mit der besten Freundin wohl auch einfach keine Zeit. Wer es ernst meint mit der Partnersuche, kann es mit dem Online-Dating derzeit einfach nicht ernst meinen. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Fix notiert auf so genannten „idea napkins“ sollten erste Ideen für Inspiration sorgen, wie die Dating-Welt noch zu retten ist. Von Spenden für einen guten Zweck im Nachrichtenstrudel (es wird einfach zu viel geschrieben!) bis hin zu technischen Feinheiten, um Frauen zum Schreiben zu bewegen (das tun sie zu selten!) war sogar ein Myspace-Revival (warum denn das Profil nicht selbst gestalten, mit Musik und Video?) dabei.
Mein Ansatz sollte viele Ideen der Kursteilnehmenden verbinden. Das Leitmotiv war, möglichst schnell vom Online-Match zu einem Treffen im realen Leben zu gelangen. Zu lange Konversationen im Netz führen zu unerwünschten Nebeneffekten, oftmals verlaufen vielversprechende Gespräche einfach im Sand. Auch sind erste Dates weitaus weniger spannend, wenn der virtuelle Aktenordner über den potentiellen Partner bereits tonnenweise (vermeintliche) Informationen enthält.
Da aufgrund von Luises thematisch gleich orientierter Bachelorarbeit die zunächst favorisierte Video-Dating-Variante entfiel, war mein neuer Ansatz, den Nutzer mit einigen Funktionen und Restriktionen zu erziehen. Zu diesen Maßnahmen gehört die radikale Begrenzung der Partnervorschläge, das Fehlen einer Suchfunktion und eine sehr minimalistische Nachrichtenfunktion. Zeit- und Aktionslimits verstärken den Zwang, den anderen nur grob abzuklopfen und das Kennen lernen ins echte Leben zu verlagern. So soll es möglich sein, ein Treffen schon nach maximal 15 Minuten ab dem ersten Matching zu erreichen. Positive Nebeneffekte: Einsparung eines langwierigen Anmeldungsprozesses und Vermeidung einer überfüllten und funktionsüberladenen Benutzeroberfläche.
„Hi!“ soll alles anders machen: Nur ein potentieller Partner kann gleichzeitig gesucht werden – und für diesen muss sich erstmal entschieden werden. Dafür schlägt das System auf Basis von Facebook-Daten (die damit zwangsläufig zur Anmeldung gehören) und des kurz gehaltenen Suchfilters (sexuelle Identität und Alter) eine Person vor, für oder gegen die sich Nutzerinnen und Nutzer innerhalb von 30 Sekunden entscheiden müssen.
„Hi!“ lernt bei jeder Nutzerinteraktion dazu. Anhand der Nutzereingaben beim Nachrichten schreiben und passenden Kombinationen (Personen, die sich gemeinsam für ein Date entscheiden), lernt das System mit der Zeit, wie bessere Matches vorgeschlagen werden können. Ist der erste Partnervorschlag also nicht erfolgreich, könnte der zweite Partnervorschlag wesentlich vielversprechender sein. Datenschutz steht dabei natürlich im Vordergrund, die gesammelten Daten stehen anderen Personen nicht zur Verfügung.
Danach stehen pro Person maximal 10 Nachrichten zur Verfügung, bis „Hi!“ nachfragt, ob ein Date gewünscht ist. Entscheiden sich beide dafür, werden Kontaktdaten ausgetauscht. Erst wenn beide bestätigt haben, dass das Date stattgefunden hat oder abgesagt wurde, wird ein neuer Partner vorgeschlagen – oder das Profil gelöscht.
Der Sinn des Ganzen: das dicke Kind im Bonbonladen soll sich nicht vollstopfen. Vielmehr steht der exklusive Genuss im Vordergrund, einen Menschen zu treffen und sich auf diesen einzulassen. Ohne die Ablenkung, auf der Dating-Seite eigentlich schon drei weitere Dates für die nächsten Tage vereinbart zu haben.
Natürlich müssen Nutzer ohnehin bereit sein, ihrem Dating-Trieb entsprechend einzugrenzen. Da aber das persönliche Treffen in jedem Fall das Ziel ist (oder sein sollte), kann „Hi!“ eigentlich allen helfen, die Menschen lieber persönlich kennen lernen, aber dennoch nicht auf eine Vorauswahl mit technischen Hilfsmitteln verzichten wollen.
Die Projektwoche war (wieder einmal) eine spannende Erfahrung. Die Möglichkeit, Online-Dating aus einer anderen Sicht zu erfahren und untersuchen, hat meinen Blick für das Thema nachhaltig verändert. Die Planung einer eigenen Plattform, welche feranb existierender Möglichkeiten neue Wege erschließen soll, war spannend und fordernd. Die Dating-Welt zu retten, ist am Ende aber eine Aufgabe für jeden selbst.