In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
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Bachelorarbeit zum Thema Gossip als subversive Praxis.
Gossip (oder dt. Lästern, Tratschen) wird historisch und gesellschaftlich als oberflächliche, unzuverlässige oder gar destruktive Kommunikationsform abgewertet – vor allem in weiblich konnotierten Kontexten. Diese Arbeit untersucht Gossip hingegen als subversive Praxis, die Machtstrukturen infrage stellt, als informeller Wissensspeicher fungiert und marginalisierten Gruppen (Handlungs-) Räume eröffnet. Insbesondere aus intersektional feministischer Perspektive wird betrachtet, wie Gossip genutzt wurde und wird, um patriarchale Narrative zu unterlaufen, Netzwerke des Widerstands zu formen und alternative Öffentlichkeiten zu schaffen.
Gossip hat eine lange Tradition als dezentrale Kommunikationsform. Ich möchte Gossip und vor allem unsere Haltung dazu erforschen und besser verstehen. Was ist eigentlich Gossip? Warum hat „gossipen“ so ein schlechtes Image – und wer profitiert davon? Wie kann Gossip als subversive Kommunikationsstrategie in gestalterischen und gesellschaftskritischen Kontexten genutzt werden? Und inwiefern lässt sich Gossip als bewusst gestaltete Form der intersektionalen Wissensproduktion und -verbreitung verstehen? Die Arbeit erforscht die Zusammenhänge zwischen Gestaltung, digitaler Kommunikation und Gossip – historisch wie gegenwartsbezogen.
Indem Gossip als widerständige, machtkritische und potenziell emanzipatorische Praxis betrachtet wird, trägt die Arbeit zur Debatte um alternative Kommunikationsformen bei und plädiert für eine Neubewertung von Gossip als gemeinschaftsbildende Praxis, die etablierte Wissens- und Autoritätsstrukturen herausfordert.
Gossip has historically and socially been devalued as a superficial, unreliable, or even destructive form of communication—especially in contexts associated with women. This work, however, examines gossip as a subversive practice that questions power structures, acts as an informal repository of knowledge, and creates spaces for marginalized groups. From an intersectional feminist perspective, it explores how gossip has been and continues to be used to undermine patriarchal narratives, build networks of resistance, and create alternative public spheres.
Gossip has a long tradition as a decentralized form of communication. I aim to investigate gossip itself and, importantly, our attitudes toward it. What exactly is gossip? Why does gossiping carry such a negative stigma — and who benefits from this? How can gossip be used as a subversive communication strategy in design and critical social contexts? And to what extent can gossip be understood as a consciously shaped form of intersectional knowledge production and dissemination? This work explores the connections between design, digital communication, and gossip—both historically and in the present.
By framing gossip as a resistant, power-critical, and potentially emancipatory practice, this research contributes to the debate on alternative forms of communication and advocates for a reevaluation of gossip as a community-building practice that challenges established knowledge and authority structures.
„Gossips look in each other’s eyes, listen to each other’s voices, amuse, amend, and instruct each other. Their magic is wise and pious: worthy of non-ironic praise.“
¬ Patricia Meyer Spacks, 1982
Ursprünglich bedeutete der alt englische Begriff „Gossip“ enge Vertraute und beschrieb das Netzwerk aus Freundinnenschaften, welches Räume für gegenseitige Unterstützung schuf – etwa bei Geburten, Waschen, gemeinsamen Handarbeiten. Diese Orte, waren ein zentraler Raum für Solidarität und Widerstand, in denen gesprochen, organisiert, Wissen ausgetauscht und soziale Realitäten verhandelt wurden. Gerade dieses unbeaufsichtigte Zusammensein (der Unterdrückten) wurde gefürchtet und als „Faulheit“ diskreditiert und gossips (Frauen) wurden beschuldigt, ihre Pflichten (als Ehefrauen, Mütter, Arbeiterinnen) nicht zu erfüllen. Mit seiner langen Geschichte wird der Begriff gossip – heute nur noch eine Kommunikationsform – immer noch damit assoziiert trivial und oberflächlich zu sein.
Besonders weil Gossip unterschätzt wird, entfaltet er politische Kraft.
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Anonym über eine Website eingereichte Gossip-Beiträge bilden das Ausgangsmaterial für eine Serie großformatiger Papierdrucke. Angelehnt an das feministische Mantra der 1970er Jahre: „Das Private ist politisch“, werden alltägliche Situationen zu Erzählungen von viel Größerem: von Machtverhältnissen, Fürsorge, Ausschlüssen, Intimität, Widerstand. Die Formen der Drucke basieren auf Häkel-Tischdecken – ornamentale Strukturen, die als Trägerinnen einer langen, weiblich konnotierten Alltagsästhetik gelesen werden können. Tischdecken dieser Art wurden in den vielleicht einzigen Räumen gefertigt, die Gespräche jenseits patriarchaler Kontrolle zuließen. Die Verbindung von Gossip und Tischdecke greift bewusst das Bild des Kaffeeklatsches auf – eines oft belächelten, stereotyp weiblich codierten Ortes. Als Sinnbild für „den Gossipraum schlechthin“ steht der Kaffeeklatsch in dieser Arbeit für das Potenzial informeller Netzwerke und kollektiver Wissensproduktion, wo vermeintlich Banales, aber eben auch weitaus Größeres verhandelt wird.
Die eingereichten Beiträge zeigen die Ambivalenz von Gossip ganz deutlich: von scheinbar banalen Erzählungen, die uns näher zusammenrücken lassen, bis zu Erfahrungen, für die im öffentlichen Diskurs kein Raum ist. Ich möchte zeigen: All das gehört auf den (Kaffee-)Tisch.
Eine Auswahl meiner Arbeiten während des Studiums zeige ich auf dieser von mir gestalteten Website.
Was Gossip mit der Hexenverfolgung zutun hat und warum es wichtig sein kann, zu lästern, könnt ihr im Detail hier nachlesen:
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