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Ein packProfi - Mobilität im Kontext einer

Ein packProfi - Mobilität im Kontext einer „alternden Gesellschaft“

Im Rahmen dieses Kurses wurde das Thema Mobilität im Alter untersucht, welches angesichts des demografischen Wandels zunehmend an gesellschaftlicher Relevanz gewinnt. Der Fokus lag auf dem Mobilitätsverhalten sowie den spezifischen Bedürfnissen von Menschen ab 60 Jahren. Mit Blick auf diese Entwicklungen wurde analysiert, welche Herausforderungen ältere Menschen im Alltag hinsichtlich ihrer Mobilität erleben und wie diesen durch gestalterische Ansätze begegnet werden kann.

Ziel war es, auf Basis nutzerzentrierter Methoden Problemfelder zu identifizieren und potenzielle Lösungsansätze zu entwickeln, die den Alltag älterer Menschen erleichtern können.

RECHERCHE

In der ersten Phase des Kurses habe ich mich intensiv mit dem Thema Mobilität im Alter beschäftigt – insbesondere mit den Ursachen und Folgen des demografischen Wandels. Dazu gehören unter anderem medizinische Fortschritte, die zu einer höheren Lebenserwartung führen, sowie die seit Jahren sinkende Geburtenrate in Deutschland.

Besonders interessant war für mich der Anstieg der Erwerbstätigenquote älterer Menschen: Bei den 60- bis 64-Jährigen hat sich dieser Wert seit dem Jahr 2000 verdreifacht. Ich habe mich mit den gesellschaftlichen Folgen dieser Entwicklung sowie den daraus resultierenden Herausforderungen auseinandergesetzt. Wenn der Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung wächst, während gleichzeitig die Zahl der Erwerbstätigen sinkt, entstehen zwei zentrale Herausforderungen: ein steigender Bedarf an Pflege und eine abnehmende Zahl an Arbeitskräften. Die Frage, ob diese Entwicklungen unser Sozialsystem künftig belasten, bleibt offen – ist aber hochrelevant.

Ein weiterer spannender Aspekt war das Thema der „Schönheit des Alters“ – und die Frage, warum sich unser gesellschaftliches Bild davon nur langsam wandelt. Die ältere Generation ist heute geistig fitter, leistungsfähiger und zufriedener mit ihrem Leben als noch vor 20 Jahren. Viele möchten weiterhin aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen – etwa durch Hobbys, Reisen oder kulturelle Veranstaltungen.

Im Verlauf meiner Recherche stieß ich jedoch auch auf zahlreiche Hindernisse, die die gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen erschweren. Dazu zählen eingeschränkte Mobilität, finanzielle Belastungen durch Altersarmut, der Verlust sozialer Kontakte sowie der zunehmende Mangel an Pflegepersonal. Diese Faktoren führen nicht selten zu Isolation, Einsamkeit und psychischen Belastungen wie Depressionen.

Unerwartet war für mich, welchen hohen Stellenwert Freizeitgestaltung, soziale Teilhabe und kulturelle Partizipation in diesem Lebensabschnitt einnehmen.

Wie kann es also gelingen, neue Wege zu finden, um älteren Menschen ein aktives, selbstbestimmtes und erfülltes Leben im Alter zu ermöglichen?

NUTZERINTERVIEWS

Im Rahmen des Kurses haben wir verschiedene Methoden des Design Thinkings angewendet – darunter auch Nutzerbefragungen. Zur Vorbereitung auf die Interviews hörte ich einen Podcast von Andrea Peters zum Thema Gesprächsführung. Daraus entwickelte ich eine Mindmap mit hilfreichen Aspekten für offene, empathische Interviewsituationen.

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Um geeignete Interviewpartner*innen zu finden, startete ich einen Aufruf über die Plattform nebenan.de – mit überraschend großer Resonanz. Für die Gespräche entschied ich mich bewusst gegen einen starren Fragebogen und entwickelte stattdessen Überthemen mit passenden Fragen und Statements. Zu den thematischen Schwerpunkten gehörten:

- Soziale Teilhabe

- Körperliche & geistige Gesundheit

- Einsamkeit

- Freizeitgestaltung

- Mobilitätseinschränkungen

Die Gesprächsführung wählte ich offen und flexibel, um spontan auf persönliche Erzählungen eingehen zu können.

Insgesamt führte ich fünf Interviews, die jeweils zwischen 60 und 120 Minuten dauerten. Die Gespräche fanden persönlich statt und boten mir tiefgehende Einblicke in die Lebensrealität älterer Menschen.

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Ein zentrales, immer wieder genanntes Thema in den Interviews war das Einkaufen – insbesondere der Transport der Einkäufe nach Hause. Viele der Befragten gaben an, dass sie aktuell noch mit dem Auto fahren, äußerten jedoch Sorge darüber, was passiert, wenn das irgendwann nicht mehr möglich ist.

Dabei wurde deutlich, dass Einkaufen nicht nur eine alltägliche Notwendigkeit, sondern für viele auch eine der wenigen sozialen Aktivitäten in der Woche darstellt. Der Gang zum Supermarkt bedeutet für viele mehr als nur Versorgung – er ist auch ein Anlass für Bewegung, Begegnung und das Gefühl von Selbstständigkeit.

PERSONA

Auf Basis der Interviews habe ich eine Persona entwickelt, die zentrale Merkmale, Bedürfnisse und Herausforderungen der Zielgruppe zusammenfasst.

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USER JOURNEY

Die User Journey veranschaulicht die typischen Schritte und Probleme beim Wocheneinkauf aus Sicht der Persona.

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PROBLEMFELDER

Aus den Interviews, der Persona und der User Journey ließen sich mehrere wiederkehrende Problemfelder ableiten. Diese stellen zentrale Ansatzpunkte für die weitere Ideation-Phase dar.

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ANALYSE

Nach der Recherchephase begann die Auswertung und Strukturierung der gewonnenen Erkenntnisse. Auf Basis der Interviews, der Persona und der User Journey entwickelten wir in der Gruppe zunächst eine Vielzahl an „How Might We“-Fragen, um die erkannten Problemfelder in kreative Fragestellungen zu überführen.

Im nächsten Schritt wählten wir eine zentrale Frage aus und verfeinerten diese weiter, um den Fokus für die Ideensuche klar einzugrenzen. Anschließend folgte ein gemeinsames Brainstorming, bei dem erste Lösungsideen gesammelt und visualisiert wurden.

Zur Orientierung und Einordnung der Ideen verwendeten wir ein Koordinatensystem mit den Achsen „Low Tech / High Tech“ und „Solitär / Eingebettet“. Diese Einordnung half dabei, die Konzepte hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit und Systemeinbindung zu bewerten und zu priorisieren.

Die Analysephase diente mir somit als Grundlage für den nächsten Schritt – die Konzeption einer ersten Lösungsidee.

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KONZEPT

Auf Grundlage der Erkenntnisse aus den Interviews entwickelte ich ein erstes Konzept: Ein Einkaufsrucksack, der den Einkauf zu Fuß erleichtert und die Selbstständigkeit im Alltag unterstützt. Der Rucksack kann zum Packen hingelegt werden, sodass alle Fächer übersichtlich zugänglich sind – für eine gezielte Gewichtsverteilung beim Verstauen. Ein herausnehmbares Kühlfach und eine flexible Trennwand ermöglichen die getrennte Aufbewahrung von schweren und leichten Einkäufen oder das Transportieren größerer Gegenstände. Das ergonomische Gurtsystem lässt sich vom Rucksack lösen, um das Anziehen zu erleichtern, während Fidlock-Magnetverschlüsse eine einfache und sichere Handhabung gewährleisten.

Eine detaillierte Dokumentation dieser Ergebnisse ist im folgenden PDF zu finden.

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ENTWURF

Die Entwurfsphase war geprägt von einem engen Austausch in der Gruppe sowie der schrittweisen Konkretisierung meines eigenen Konzepts. In der gemeinsamen Auseinandersetzung mit dem Thema Einkaufen im Alter erarbeiteten wir vertiefte Nutzerbeobachtungen, eine ergänzende Persona, eine überarbeitete User Journey sowie eine zentrale „How Might We“-Frage:

Wie können wir den Einkauf im Supermarkt zu einer Aktivität machen, bei der sich ältere Menschen autonom, agil und wohl fühlen?

Eine detaillierte Dokumentation dieser Ergebnisse ist im folgenden PDF zu finden.

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Parallel arbeitete ich individuell an der Weiterentwicklung meiner Idee und sammelte dazu Informationen über Tragkraft im Alter, ergonomische Gewichtsverteilung, geeignete Verschlusssysteme und sinnvolle Maße. Auf dieser Basis entstanden erste Skizzen, die die Funktionen und Nutzungsszenarien des Rucksacks veranschaulichen.

Eine gezeichnete User Journey in Form von kleinen Szenen zeigt den geplanten Ablauf vom Einkauf bis zum Verstauen zu Hause. Zusätzlich fertigte ich ein erstes Volumenmodell im Maßstab 1:1 aus Pappe, um die Dimensionen und das Tragegefühl realistisch einschätzen zu können.

Eine detaillierte Dokumentation dieser Ergebnisse ist im folgenden PDF zu finden.

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UMSETZUNG

Nach der Abschlusspräsentation im Kurs habe ich insbesondere am Gurtsystem weitergearbeitet. Dafür besuchte ich mehrere Wander- und Outdoorgeschäfte und sprach mit Expert*innen über verschiedene Tragesysteme und die spezifischen Bedürfnisse älterer Menschen – vor allem im Hinblick auf Lasten im Bereich von 8 bis 12 kg, wie sie beim Einkaufen entstehen.

Dabei stellte sich heraus, dass beispielsweise ein breiter, stark gepolsterter Hüftgurt nicht notwendig ist – ein einfacher Gurt zur Stabilisierung reicht in der Regel aus. Auf Basis dieser Erkenntnisse habe ich mein System überarbeitet: Es besteht nun aus vier Polstern – zwei im Schulterbereich und zwei an der Hüfte. Kleine Taschen für Handy oder Kleingeld wurden direkt in die Schultergurte integriert. Die genaue Konstruktion ist in der folgenden Skizze zu sehen.

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Außerdem habe ich den gesamten Rucksack aus mit Stoff überzogenen Pappe-Teilen zusammengenäht, um ein einheitliches Erscheinungsbild zu erzielen. Das Kühlfach ist nun herausnehmbar und nicht mehr einklappbar – so kann bei Bedarf mehr Stauraum genutzt werden. Die seitlichen Netztaschen wurden ergänzt, und mit rotem Tape habe ich markiert, wo sich die Reißverschlüsse befinden. Eine Klappe zum Schließen des Rucksacks habe ich bewusst weggelassen, da der Fokus in diesem Modell auf dem Innenaufbau liegt.

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REFLEXION

Was mir an diesem Projekt besonders gefallen hat, war die lange und offene Recherchephase zu Beginn – ohne sofort einen Entwurf im Kopf haben zu müssen. Ich wusste am Anfang noch gar nicht, wohin mich das Thema führen würde, was einerseits spannend, aber zwischendurch auch stressig war. Durch die intensive Phase mit Nutzerbefragungen, Brainstormings und Analyse wurde es zur Abschlusspräsentation hin zeitlich knapp, weshalb ich zunächst nur ein einfaches Volumenmodell aus Pappe umsetzen konnte.

Ich bin sehr froh, dass ich im Anschluss noch die Möglichkeit hatte, weiter an meinem Konzept zu arbeiten und ein ausgearbeiteteres Modell aus Stoff anzufertigen. Jetzt, wo ich das Gurtsystem einmal selbst genäht und vor mir habe, kann ich viel besser einschätzen, wo noch Verbesserungsbedarf besteht.

Es war außerdem das erste Mal, dass ich Interviews geführt habe und anfangs fiel es mir schwer, einfach so mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen. Mit der Zeit wurde ich sicherer, und ich habe viel darüber gelernt, wie wertvoll offene Gespräche für den Designprozess sein können.

Im Laufe des Projekts konnte ich viele Methoden kennenlernen und anwenden, die mich in der Entwicklung und Schärfung meiner Idee weitergebracht haben – darunter die „How Might We“-Fragen, die User Journey oder auch das Arbeiten mit Schlüsselbegriffen. Diese Werkzeuge helfen dabei, den Stand des Projekts besser einzuordnen, den Rahmen klarer zu definieren und gezielter weiterzuarbeiten.

Darüber hinaus habe ich in diesem Kurs auch gelernt, mein Konzept professionell aufzubereiten und zu präsentieren – ein wichtiger Schritt, um meine Ideen nicht nur zu denken, sondern auch überzeugend zu kommunizieren.

Ein Projekt von

Fachgruppe

Produktdesign

Art des Projekts

Studienarbeit im zweiten Studienabschnitt

Betreuer_in

foto: Lars Martini foto: Lars Martini

Zugehöriger Workspace

Mobilität - im Kontext einer "alternden Gesellschaft"

Entstehungszeitraum

Wintersemester 2024 / 2025