In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Die Entwicklung eines Rebrandings für KOCH's Meerrettich und Würzsoßen mit anschließender Werbestrategie
Im Kurs wurden Entwurfs-Grundlagen im Lehrgebiet „Identität & Zeichen“ vermittelt. Es geht um die Konzeption visueller Markenzeichen, die Gestaltung familienähnlicher grafischer Systeme sowie die Entwicklung werblicher Ansprachestrategien.
Im Sommersemester 2024 drehte sich alles um den Meerrettich und die Würzsaucen von KOCH‘s. Hier sollte ein Re-Branding stattfinden mit anschließender Überarbeitung der Produktetiketten sowie einer darauffolgenden Werbekampagne.
Nach der Analyse vom aktuellen Branding sowie dem Markt habe ich mir die Frage gestellt: „Was interessiert den Käufer?“ – Meerrettich ist ein Nischenprodukt, niemand geht in den Supermarkt und lässt sich von flotten Werbesprüchen oder einer kecken Verpackung überzeugen, Meerrettich spontan zu kaufen, wenn die Person gar nicht so richtig weiß, was das überhaupt ist. Meine Behauptung ist also, wer Meerrettich kauft, sucht gezielt nach dem Produkt. Hier benötigt es nun kein „Larifari“ oder Rumgedruckste, ein Meerrettichkäufer will einfach schnell seinen Meerrettich finden und weiter einkaufen. Somit ist mein Ansatz also das komplette Design grundlegend zu simplifizieren.
Ausgehend vom ursprünglichen Logo war zunächst wichtig zu schauen, welche Elemente erhalten bleiben müssen. Auszeichnend für KOCH’S ist die Kochmütze, daher habe ich diese in den Fokus des Logos gebracht und den Schriftzug „KOCH’S“ als Mützenband drunter gesetzt. In Kombination mit dem Kreis, in dem sich die Wort-Bildmarke befindet ist das Logo eindrucksvoller und prägnanter.
Im Branding habe ich mich für ein strahlendes Rot entschieden. Das Rot hat seinen Ursprung in dem Rot des eigentlichen Corporate Designs, allerdings ist es kräftiger und leuchtintensiver, dies sorgt vor allem bei den späteren Etiketten für eine stärkere Präsenz im Regal und ein Alleinstellungsmerkmal.
Die Schriftart ist die Capitana, neben dem großen Vorteil, dass die Schrift gut ausgebaut ist, ist sie leicht erfassbar und ebenfalls sehr prägnant. Die Capitana unterstützt die Wirkungsweise von Klarheit und Einfachheit. Sie hat eine gute Signalstärke und strahlt zu dem Selbstbewusstsein aus.
Wie bereits im Ansatz erwähnt, soll der Kunde seinen Meerrettich schnell finden. Daher wird der Begriff auch in den Fokus gesetzt, genauso auch bei den Würzsaucen die jeweilige Bezeichnung dieser. Das gesamte Etikett ist im CI-Rot „Crimson“ um eine starke Markenpräsenz im Regal zu erzeugen. Für die leichte Unterscheidung in den Sorten zieht sich um das Etikett ein farbiger Streifen. Der Kunde sieht auf dem Etikett alles was er wissen muss, was kauft er und in welchem Schärfegrad. Traditionelle Meerrettichkäufer werden auch mit den Begriffen „Tafelmeerrettich“ und „Sahnemeerrettich“ etwas anfangen können, um das Produkt jedoch inklusiver zu machen habe ich mich hier dafür entschieden auf Begriffe zurückzugreifen, mit denen die breite Masse etwas anfangen kann. Ebenfalls kann man hiermit auch gleich Schärfefans mit abgreifen, da diese gleich sehen, dass es sich um ein scharfes Produkt handelt.
Die verschiedenen farblichen Abstufungen machen es dem Kunden sehr leicht, das richtige Produkt zu finden, ebenfalls wenn sie es einer Person beschreiben sollten, können sie dies einfach über den farblichen Streifen tun.
Die restlichen Elemente sind schlicht gehalten und geben nüchtern die Fakten wieder. Auf dem Etikett findet man ansonsten keine Werbeversprechen oder Anekdoten zum Meerrettich oder dessen Schärfe.
Über dem bezeichnenden Wort findet man eine angepasste Version vom Logo. Da die Kochmütze hier sehr klein skaliert ist, habe ich eine reine Bildmarke entwickelt. Durch das Weglassen der Wortmarke wird auch hier Komplexität herausgenommen und die Frontseite des Etiketts ist klar, strukturiert und leicht erfassbar.
Es gibt jedoch eine kleine Besonderheit. Wichtig ist natürlich auch den Namen der Firma groß abzubilden und dafür haben wir den Deckel des Glases. Das kreisrunde Logo mit Wort-Bildmarke eignet sich hierfür wunderbar und fügt sich gut in das gesamte Design ein.
Ich fahre einen recht simplen Ansatz, über Weglassen und Herunterbrechen in Kombination mit kräftigen Farben eine starke Markenpräsenz zu erzeugen. Sicherlich gibt es Designs, die mehr Charme versprühen und eine Art Hochgenuss symbolisieren, jedoch ist KOCH’S Meerrettich ein Produkt, welches in den herkömmlichen Supermärkten steht, bei denen man über jegliche Orientierungshilfen dankbar sein kann. Daher bin ich mit meinem Design sehr zufrieden, da es dem Kunden dient und der Firma einen sichtbaren Platz im Supermarktregal schafft. Auch das Logo ist mir gut gelungen, der geschichtliche und erfahrene Flair der Kochmütze ist geblieben und das Logo sieht modern und zeitlos aus, ebenfalls ist es durch das 1:1 Seitenverhältnis einfach in vielen Anwendungen platzierbar (Social Media, Ansteckbuttons, Sponsorings etc.).
Für das Kampagning mit Plakaten habe ich mich für eine eher traditionelle Marketingkampagne entschieden. Der Aufbau der Plakate ist im bekannten A-Muster. Inhaltlich provozieren die Motive stark. Es geht in meinem Ansatz darum aufzufallen, KOCH’s soll nicht nur durch starke Etiketten im Regal auffallen, KOCH’s soll auch in der Werbung auffallen und für einen Hingucker sorgen und genau das können meine Motive.
Die Plakate sollten an Bushaltestellen und in der Nähe von Supermärkten hängen.
Die meisten Menschen gehen auf dem Heimweg noch schnell bei einem Supermarkt ihrer Wahl vorbei, um dies gleich auf dem Weg zu erledigen. Sind es Menschen, die mit dem Nahverkehr unterwegs sind, werden sie auf jeden Fall an der Bushaltestelle oder Straßenbahnhaltestelle vorbeikommen und das Plakat erblicken können. Ebenso erreichen wir auch Autofahrer, die die Werbung an Bushaltestellen sehen. Diese sind möglicherweise auch gerade auf dem Weg zum Einkaufen.
Die Motive provozieren und lehnen sich an das bekannte Muster „Sex Sells“ an. Mit der Darstellung für zwei der gesellschaftlichen Idealnorm entsprechenden Cis-Menschen im sportlichen und attraktiven Kontext erreiche ich die Aufmerksamkeit der Kunden und Betrachter. Jeder schaut sich gerne etwas Schönes an. Doch was hat das nun mit Meerrettich und KOCH’s zu tun? Hier kommt der Clou: Ich entwickle hier eine einfache Analogie zwischen der Schärfe der abgebildeten Personen und der Schärfe des Meerrettichs. Eine simple Analogie, die von jedem verstanden werden kann. Das sehr Körperbezogene und Objektifizierende der Werbung sorgt für Gesprächsstoff und spielt sehr mit Grenzen auch in Bezug auf Körperideale. Gute Werbung muss provozieren und wen diese Werbung nicht provoziert, der findet sie einfach ansehnlich oder schmunzelt über den Wortwitz.
Eine Besonderheit verbirgt sich allerdings noch in meiner Kampagne, in Kooperation mit der RGS-Group (Fitnessstudio-Kette von McFit, John Reed, High5 etc.) werden kostenlose Mitgliedschaften als Gewinn verlost. Somit regt nicht nur die Schärfe zum Kauf an, sondern der Kaufreiz wird mit einem Gewinn für deinen Körper verstärkt. Hier setzte ich vor allem auf die Art Herausforderung, in dem ich zum Sport anrege und den Betrachter auffordere zu vergleichen, was mehr einheizt, die Fitnesstrainerin oder der Meerrettich oder was man scharf findet, den duschenden Mann oder den Meerrettich. Somit wird der Betrachter zu einer Art Scheinherausforderung gerufen und zusätzlich bleibt die abnorme Frage im Kopf. Das Ganze hat in dem Sinne mit dem Produkt zu tun, in dem es die Schärfe als Thema aufgreift, andernfalls bleibt die Kampagne im Kopf mit der Frage: „Was finde ich denn von beidem schärfer? Was heizt denn nun mehr ein?“ – Was am Ende möglicherweise den Kunden dazu verleitet, im Regal dann doch zu KOCH’s zu greifen und mal zu probieren, statt zur Konkurrenz zu gehen, vereinfacht wird das natürlich wieder durch das Design der Etiketten.
Ich verstehe, wenn diese Art Kampagne eine Art Shitstorm auslösen könnte, gerade in Bezug auf Körperideale und Objektifizierung von Menschen, ich habe mich trotz der Bedenken für diese Art entschieden, da diese Art der Werbung nun mal viele Anhänger findet und eher gegen Anhänger der sogenannten Cancel Culture ankommen müsste, nur sollte man sich vor Angst „gecancelled“ zu werden nun mit provozierender Werbung zurücknehmen? Hierauf kann ich derzeit noch keine Antwort finden, da persönliche Reaktionen von Freunden und Bekannten stets positiv auf die Motive waren.
Ich habe mir ebenfalls eine regionale Kampagne für Berlin überlegt. In Berlin könnten die bereits vorgestellten Motive ein größeres Problem bieten, daher habe ich mir hier für eine Kampagne passend zu Berlin entschieden. Wie sicherlich bekannt ist, ist die Party- und Drogenszene in Berlin recht groß, daher habe ich mich hier für Analogien zwischen Meerrettich und Drogen gefunden. Die Kampagne funktioniert im Mechanismus wie die „Sex Sells“-Kampagne; ich spiele mit Grenzen und setze Wortwitze ein, um im Gedächtnis zu bleiben. Die Schärfe des Meerrettichs wird hier allerdings etwas unterschwelliger transportiert mit „haut Dir die Nase frei“ und „das fetzt Dich weg“. Da Drogenkonsum hier keineswegs verherrlicht werden soll, gibt es im Kleingeschriebenen den Hinweis, dass bei Sucht Betroffene eine Anlaufstelle für Suchthilfe aufsuchen sollten. Selbstverständlich ist es keine Antidrogen-Kampagne, offen gesagt dient dieser Text lediglich dazu, Unterstellungen in Richtung Drogenverherrlichung im Keim zu ersticken, eine Art Airbag quasi.
Ansonsten ruft diese Kampagne auch ein kleines Schmunzeln in die Gesichter der Menschen und passt sehr gut nach Berlin, daher sehr passend und es regt Leute an, Meerrettich vielleicht mit anderen Augen zu betrachten und auch das Suchtpotential im leckeren Meerrettich zu entdecken.
In der Präsentation haben meine Kampagnenansätze doch Diskussionen ausgelöst, was mich zum einen sehr gefreut hat, da für mich eine Diskussion davon zeugt, dass ich etwas in Menschen anregen kann und gewisse Punkte „triggere“ sich mit meinen Motiven auseinanderzusetzen. Dass ich hierbei möglicherweise Grenzen überschreite, war mir bewusst, hier liegt für mich eine Herausforderung, das richtige Gewicht zwischen Polarisieren und Gesellschaftstauglichkeit zu finden. Trotz dessen bin ich sehr zufrieden mit der Kampagne, da sie im Gegensatz zu anderen, Diskussionen ausgelöst hat und damit im Gespräch bleibt, andere sind dann doch eher schneller vergessen. Weiterhin habe ich aus vielen Ecken sehr positives Feedback und keine kritischen Stimmen erhalten, was mich in meiner Meinung bestärkt hat. Mir ist bewusst, dass die Kampagnen in der Realität Shit-Storms auslösen könnten und eine Firma unter diesen Imageschaden stark leiden könnte, daher erhoffe ich mir in Zukunft hier ein besseres Gespür zu entwickeln und trotzdem die Schärfe des Polarisierens beizubehalten.
Ich hatte bereits Erfahrung im Branding und im Entwickeln von Logos und neues CD’s, allerdings konnte ich hier viel mitnehmen in Bezug auf Selbstkritik und Feinheiten. Vor allem die Liebe zum Detail und die Frage „Was kann mein Design?“ und nicht „Was SOLL mein Design können?“ haben mich vorangebracht. Die nüchterne Sichtweise auf das Design, deren Schwächen sowie Stärken, und wie Achillesfersen (Schwächen) sogar genutzt werden können um noch mehr aus dem Design herauszuholen haben mich stark begeistert.
Ebenfalls wurde im Kurs viel Wert auf die Argumentation gelegt, Formulierungen wie „Ich finde“/ „Ich möchte“ / „Ich empfinde es so“ gehören in keine professionelle Argumentation. Das Besinnen auf Fakten und das Verwenden von Referenzen (Konkurrenz, historische Bezüge etc.) haben hier nachdrücklich einen Aha-Effekt bei mir bewirkt und meine Sichtweise auf Design-Argumentationen geschärft und verändert. Auch immer der Blick in Richtung des Kunden; wir müssen eine schlüssige Argumentation für beispielsweise eine Schriftart vorlegen, die dem Kunden mehrere tausend Euro kosten könnte und diese Schriftart muss dann auch dementsprechend funktionieren.
Abschließend kann ich sagen, dass vor allem die selbstkritische Reflektion über das eigene Design im Vordergrund stand und ich persönlich viel daraus mitnehmen konnte auch transferierend auf andere Themengebiete und Designaufgaben.
Werkschau-Plakat