In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Grafische User-Interfaces haben begonnen sich immer mehr zu ähneln – ganz im Sinne von Usability-Richtlinien und Effizienzdenken. Doch auch wenn diese Entwicklung im Kontext marktkapitalistischer Zwänge als nachvollziehbar erscheint, vollzieht sie sich parallel mit einer ästhetischen Vereinheitlichung und Verarmung von digitalen Bedienoberflächen. Es ist Anliegen dieser Arbeit darzulegen, dass das Kriterium des Ästhetik-Verständnisses im Design, in der Vergangenheit, wie auch heute, in besonderem Maß von zweckrationalen Gestaltungsidealen geleitet wurde, die allerdings bloß einer bestimmten und keinesfalls alternativlosen Vorstellung von Ästhetik entsprechen. Ganz im Gegenteil lässt der gestalterische Freiraum beim Entwerfen grafischer User-Interfaces eine Vielzahl ästhetischer Möglichkeiten zu. In einer praktischen Ausarbeitung sollen diese Möglichkeiten erforscht werden – und somit ein Argument dafür gemacht werden, dem grafischen User-Interfacedesign der Digitalität zu einer visuellen Vielfalt zu verhelfen, die die Vielfalt der realen Welt widerspiegelt.
Graphical user interfaces have grown increasingly similar - in line with usability guidelines and efficiency considerations. But even if this development seems plausible in the context of market capitalist constraints, it goes hand in hand with an aesthetic standardization and impoverishment of digital user interfaces. The aim of this paper is to demonstrate that the criterion of aesthetics in design, in the past as well as today, has been guided first and foremost by rational design ideals, which, however, merely correspond to a certain idea of aesthetics that is by no means without alternative. On the contrary, the creative freedom in the design of user interfaces allows for a multitude of aesthetic possibilities. In a practical elaboration, these possibilities are to be explored – and thus an argument made for helping graphic user interface design in the digital world to achieve a visual diversity that reflects the diversity of the real world.
Wenn wir zum Laptop oder Smartphone greifen und das Internet erforschen, müssen wir kaum noch darüber nachdenken, wie auf einer Website oder in einer App die Inhalte zu finden sind, die wir abrufen möchten. Grafische User-Interfaces haben begonnen, sich im Verlauf der Zeit immer mehr zu ähneln – ganz im Sinne einer möglichst effizienten Bedienbarkeit und eines gestalterischen Selbstverständnisses, das Zweckrationalität als höchstes Ideal etabliert. Was aus einer pragmatischen Perspektive zunächst als Gewinn erscheint, erweist sich aus ästhetischer Perspektive allerdings als Verarmung. Diese ästhetische Monotonie wirft eine grundlegende Frage auf: Kann die Bedienbarkeit, also das Funktionieren eines Interfaces als alleiniges Kriterium für gute Gestaltung gelten?
Die folgende Arbeit weigert sich diese Frage zu bejahen und möchte der anscheinenden Zwangsläufigkeit zweckrationalen Designs die Möglichkeit der gestalterischen Freiheit entgegensetzen. Diese Zielsetzung beruht auf der These, dass unsere Vorstellung von Design als gestalterische Praxis maßgeblich von der Idee beeinflusst wurde, dass sich die Form eines Designartefakts von seiner Funktion ableiten sollte. Im ersten Teil der Argumentation soll dieses Leitbild skizzenhaft in der Ideengeschichte des Designs erörtert werden: Beginnend mit dem divergierenden Ästhetik-Begriff in Kunst und Design, über den Versuch des Funktionalismus, Design berechenbar zu machen und sich dadurch vom Begriff des Ästhetischen distanzieren, bis zur heutigen Ästhetik grafischer User-Interfaces. Gleichzeitig soll die Idee der zwangsläufig ‚richtigen‘ Formgebung dekonstruiert werden: Eine solche Designpraxis – ganz entsprechend der berühmten Floskel form follows function – lässt in ihrer gesetzesähnlichen Vorstellung davon, was als gutes Design bezeichnet werden darf, keine Alternative gelten. Bei genauerer Betrachtung erweist sich diese, dem Anspruch nach, objektive Vision guter Gestaltung allerdings bloß als eine spezifische Ästhetik der maximalen Reduktion bzw. Vereinfachung. Neben dieser ästhetischen Idee existiert eine Vielzahl alternativer ästhetischer Möglichkeitsräume.
Solche ästhetischen alternativen Systeme untersucht der zweite Teil der Arbeit und findet dabei Beispiele im ästhetischen Widerstand der Mode, in Computerspielen und der Typographie, sowie im japanischen Wabi-Sabi; einem Ästhetik-Konzept, das dem modernen-westlichen Idealbild von Gestaltung gewissermaßen diametral gegenübersteht. Diese Beispiele dienen wiederum als Inspiration für den praktischen Entwurf einer Reihe grafischer User-Interfaces, die zum Abschluss der Arbeit führen: mehrere gestalterische Iterationen eines Wikipedia-Artikels sollen die Möglichkeiten gestalterischer Freiheit erforschen.