In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Im Bilderbuchlabor haben wir uns ein Semester lang mit dem Bilderbuchmachen beschäftigt. In diesem Prozess habe ich viel gelernt — und deshalb möchte ich hier meine Erkenntnisse und Prozessschritte — exemplarisch an meinem Buch — für meine (und deine) zukünftigen Bücher festhalten. Natürlich erheben diese Schritte keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Gegenteil — ich hoffe, dass in den nächsten Semestern mit neuen Bilderbüchern hier noch viel hinzukommt.
Der allererste Schritt bei der Gestaltung eines Bilderbuches ist die Beschäftigung mit Bilderbüchern. Schau dir so viele Bilderbücher wie möglich an. Gehe in verschiedene Buchläden (Dussmann kann ich sehr empfehlen) oder Bibliotheken, fotografiere die Stile, die dir gefallen, schreibe die Themen auf, die du relevant und spannend findest. Und wenn dir ein Buch wirklich, wirklich gut – kaufe es. Ich habe das nicht gemacht und es sehr bedauert, dass ich das eine tolle Buch nicht noch einmal durchblättern konnte. Oft kann man nämlich sehr viel lernen, wenn man Bücher, die man toll findet, einfach genau analysiert.
Nachdem du Inspirationen gesammelt hast, geht es richtig los: Überlege dir Ideen für deine Geschichte.
Hier kommt es auf die Masse an, also sammle so viele Ideen wie möglich – und zwar am Anfang ohne nach gut oder schlecht zu filtern. Durch diese Offenheit für alle Ideen werden zwar nicht nur gute Ideen entstehen, aber unter 28 mittelmäßigen Ideen ist wahrscheinlich eine sehr, sehr gute dabei.
Das braucht Zeit. Nimm sie dir. Suche dir Orte, an denen du frei denken kannst: Ob beim Spazierengehen (meine Empfehlung), in der Badewanne, mit Mindmaps oder auf Post-Its quer im Raum verteilt – finde Orte und Strategien, die für dich gut funktionieren.
Helfen können auch Fragen wie:
Welches Thema ist mir wichtig? Was beschäftigt mich?
Welches Bilderbuch hätte ich mir als Kind gewünscht?
Was hätte ich damals hören müssen?
Was für ein Typ bin ich?
Ist mein Ansatz eher humorvoll? Oder ernst? Oder liebevoll?
Welche Botschaft möchte ich vermitteln?
Fiktion oder Sachbuch?
Wenn du alle Ideen in Stichpunkten notiert hast, eventuell mit kleinen Skizzen – kommt die Auswahl.
Bei der Auswahl deiner Top 3-5 Ideen stellst du dir die Frage: Was macht eine gute Idee aus? Das Hauptkriterium ist, dass sie kurz und prägnant erklärt werden kann. Wenn du mehr als drei Sätze brauchst, ist die Idee wahrscheinlich zu komplex. Gut wäre es auch, wenn du die grobe Handlung beschreiben kannst und ein Moodboard mit Inspirationen, Skizzen und ersten Ideen für Charaktere hast. Danach solltest du dir Feedback holen – dafür ist es gut, die Geschichten auf 2-3 Folien pro Idee zu pitchen, damit sich deine Feedbackgeber:innen (innerhalb und außerhalb des Kurses) ein gutes Bild von deiner Idee machen können.
In ehrlicher Selbstreflexion: Meine Ideen waren nicht der Knaller. Aber das ist okay, Ideenfindung ist eine Fähigkeit, die man trainieren kann. Und deshalb: Ja, vielleicht hat man nicht gleich eine „Raupe-Nimmersatt“-Idee, aber das ist okay. Wir fangen ja alle als Anfänger:innen an.
Der nächste Schritt, ebenfalls ein Teil der Vorbereitungsphase, ist die Detailplanung. Alle folgenden Punkte können, werden und sollen sich im Laufe der Zeit ändern – aber um in die Iteration zu kommen, muss der erste Schritt getan sein. Die Detailplanung umfasst folgende Punkte
- ein Titel (oder Arbeitstitel)
- einen Text (der später noch geändert werden kann)
- eine Liste der Protagonisten und Charaktere des Buches
- eine Liste der Orte, an denen die Geschichte spielt
- ein erstes grobes Seitenlayout (aus dem hervorgeht, wann wichtige Wendungen und Pointen kommen)
Und natürlich eine stilistische Richtung. Es ist nicht schlimm, wenn du keinen definierten Illustrationsstil hast – im Gegenteil, manchmal schränkt das sogar ein. Schau einfach, was dich inspiriert and „steal like an artist“.
Ich habe mich schon oft von Illustrator:innen inspirieren lassen. Und ja, der Gedanke „Ist das jetzt zu ähnlich? Klaue ich den Stil?“ war manchmal da, aber wenn man mehrere Inspirationsquellen kombiniert und dann noch seine eigene, zwangsläufig individuelle Note hinzufügt, ist das meiner Erfahrung nach kein Problem mehr.
Es ist wichtig, dass du dich in dieser Phase nicht in Details verlierst. Mach dich einfach an die Arbeit und hole dir Feedback. Das Konzept kann sich noch entwickeln. Aber zuerst muss das Projekt richtig in Gang kommen.
Nachdem die oben genannten Aspekte definiert und iteriert wurden, ist es an der Zeit, das Konzept zu testen. Dazu ist es oft gut, einfach ein paar Doppelseiten zu illustrieren. Im Laufe des Prozesses wird sich hier viel entwickeln, hab Vertrauen.
Bei mir ist so viel von meiner Storyline beim Illustrieren entstanden. Das beste Beispiel ist wohl das Konzept der Sternbilder, die im ganzen Buch als Tiere im Hintergrund auftauchen. Diese Idee ist rein aus dem kreativen Prozess heraus entstanden.
Sobald der Schaffensprozess angestoßen wird, entsteht Dynamik im Prozess. Viele Dinge passieren gleichzeitig. Das Motto ist: machen, Feedback einholen, iterieren, weitermachen. Immer und immer wieder.
Bei mir ging es hier drunter und drüber, aber im positiven Sinne. Mal habe ich am Text gearbeitet, ihn rund 38 Mal iteriert, dann die Figuren weiterentwickelt oder neue Doppelseiten gemalt. Parallel dazu hat sich mein Stil gefestigt und neue Elemente sind in die Gestaltung eingeflossen. Mein Seitenplan wurde dreimal überarbeitet, aber meine Geschichte, so chaotisch mir diese Arbeit auch vorkam, festigte sich im Laufe der Wochen immer mehr. Gegen Ende des Semesters legte ich einen Endspurt hin und hatte mein Buch pünktlich zur Abschlusspräsentation so gut wie fertig.
Am Ende des Kurses hatten wir die Möglichkeit, unser Buch vor einer Verlegerin zu pitchen. Ihr Feedback war sehr wertvoll, ebenso wie ihre Einblicke in die Welt der Bücher. Die wichtigste Erkenntnis war, dass wir für unsre Buch ein sogenanntes Fact sheet erstellen sollten, um Verlagen knappe, kurze Emails mit allen wichtige Infos zu schicken.
Die letzte Aufgabe besteht darin, das Buch so weit wie möglich fertigzustellen und die Konzepte an Verlage zu schicken. Schau, welche Verlage ähnliche Bücher wie deines machen. Dazu kannst du googeln oder einfach in die Buchhandlung gehen und nachschauen. Oft haben die Verlage Informationen auf ihrer Website, wo du deine Buchideen und Konzepte einreichen kannst. Erstelle dafür ein sogenanntes Factsheet, auf dem alle wichtigen Infos zu deinem Buch stehen. In diesem Factsheet sollen folgende Aspekte vorhanden sein:
- 1 Seite A4, Hochformat (zum Lesen auf dem Handy)
- Titelbild und 1-3 Doppelseiten
- Der Titel des Buches
- 3 USPs des Buches
- Ein kurzer Text zur Geschichte/zum Inhalt
- Informationen wie Seitenzahl, Format,
Einbandart, Produktkategorie, Zielgruppe etc.
- Eventuell eine Konkurrenzanalyse
- Eine Biographie zu dir als Illustrator:in
- Kontaktdaten
- Eventuell das Storyboard oder bei einem
kurzen Bilderbuch das ganze Buch als Anhang.
Ich habe mir zum Ziel gesetzt, mindestens 30 Absagen von Verlagen zu bekommen. Nicht, weil ich nicht an mein Buch glaube, sondern genau deswegen. Ich möchte nicht, dass die Angst vor Ablehnung mein Handeln bestimmt und mir Chancen verbaut. Ich möchte meiner Angst vor Ablehnung spielerisch begegnen und diese Narrative für mich umdrehen. Denn 20 Ablehnungen bedeuten 20 Chancen – ist das nicht wundervoll? Und wer weiß, vielleicht ist die 18 Mail ja eine Zusage. Aber das finde ich nur heraus, wenn ich mich den Absagen stelle. Deshalb habe ich mir dieses Ziel für das nächste halbe Jahr gesetzt. Mit dem passende Mantra: „Chasing Rejections creates Chances“.
Der Kurs Bilderbuchlabor hat mir unglaublich viel Spaß gemacht und mir gezeigt, wie viel Potenzial in Bilderbüchern steckt. In den nächsten Semestern werde ich ihn auf jeden Fall wieder besuchen, um meine Arbeit in diesem Bereich zu vertiefen. Ich freue mich schon darauf.