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Die Roboter

Es war einmal...ein Kurs über die illustrative Auseinandersetzung mit den Robotermärchen des polnischen Autors und Philosophen Stanisław Lem

Dabei sind wir theoretisch in die Illustrationsgeschichte eingestiegen und haben uns mittels kleinerer Übungen den Weg zum Endprojekt gebahnt: eine mehrseitige Publikation mit eigenen Illustrationen zu Lems „Das Märchen von der Rechenmaschine, die gegen den Drachen kämpfte“

Beziehung Bild und Text

Was ist denn überhaupt Illustration und was unterscheidet sie eigentlich von der Kunst? Um diese Frage zu beantworten, haben wir einen Blick auf die für die Illustration charakteristische Text-Bild-Beziehung geworfen. Auffällig war dabei, dass einem zugrunde liegenden Text immer ein Bild beigefügt oder gewidmet wurde, sodass sich aus dieser Kombination unterschiedliche Funktionen hervortaten:

1. Etwas Zeigen und Benennen

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2. Eine Handlung darstellen

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3. Wissen strukturieren

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4. Argumentieren

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6. Anregen

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Von der Kunst klar abgrenzen, kann man die Illustration wohl nicht. Doch bleibt sie eine ausdrucksstarke Kunst für sich und vermag es Geschichten besonders gut zu erzählen. Sie ist dabei kein mimetisches Bild, was bedeutet sie soll nicht abbilden, was der Text schreibt. Durch sie kann also eine neue Bedeutungsebene geschaffen werden.

Zu Stanisław Lem

Das mit dem Geschichten erzählen, konnte auch er besonders gut. Geboren 1921 in Lwów, Polen als Sohn einer polnisch-jüdischen Arztfamilie, wuchs Lem zunächst sehr behütet auf. Auch er entschied sich 1940 für ein Studium der Medizin in Lemberg, welches schon bald durch die Machtergreifung und den Einmarsch der Nationalsozialisten unterbrochen werden sollte. Durch die Fälschung seiner Papiere konnte Lem seine jüdische Herkunft verschleiern, verlor jedoch den Großteil seiner Familie an den Holocaust. Mit der Befreiung Polens durch die Roten Armee siedelte er 1945 nach Krakau um und setzte dort sein Studium fort, welches er letztlich auch abschloss. Schon währenddessen entdeckte er das Schreiben für sich und verbrachte seine Freizeit vor allem damit, an Theaterstücken und Geschichten zu arbeiten. Nach ersten literarischen Versuchen veröffentlichte Lem bereits 1948 seinen ersten Roman und widmete sich nun ganz der Arbeit als Schriftsteller. Er lehrte ab 1982 am Wissenschaftskolleg zu Berlin, wohnte einige Jahre in Wien und kehrte 1988 in seine Heimat Polen zurück, wo er 2006 an einer Herzerkrankung verstarb.

„Lem gilt als brillanter Visionär und Utopist, der zahlreiche komplexe Technologien Jahrzehnte vor ihrer tatsächlichen Entwicklung erdachte. So schrieb er bereits in den 1960er und 1970er Jahren über Themen wie Nanotechnologie, neuronale Netze und virtuelle Realität. Ein wiederkehrendes Thema sind philosophische und ethische Aspekte und Probleme technischer Entwicklungen, wie etwa der künstlichen Intelligenz, menschenähnlicher Roboter oder der Gentechnik. In zahlreichen seiner Werke setzte er Satire und humoristische Mittel ein, wobei er oft hintergründig das auf Technikgläubigkeit und Wissenschaft beruhende menschliche Überlegenheitsdenken als Hybris entlarvte.“ (Quelle: Wikipedia Eintrag zu Stanisław Lem, abgerufen 23.02.24)

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Die frühe Geschichte bis 16. Jahrhundert

Bei diesem Theorie-Input durften wir uns direkt an einem Graphic Recording versuchen. Neben vielen neuen Fakten kam ich somit auch mit einer mir bislang unbekannten Form des Illustrieren in Berührung. 

Graphic Recording wird vor allem bei Vorträge oder Schulungen genutzt, um diese auf einer grafischen Ebene zu erweitern. In Echtzeit wird das Gesagte von einem Graphic Recorder oder einer Graphic Recorderin übersichtlich auf einer großen Papierwand in bunten Bildern festgehalten.

Gar nicht mal so einfach!

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Paraidolie

Pareidolie (altgriechisch παρά „para“ zu deutsch „Form“, „Erscheinung“, „(Trug-)Bild“) bezeichnet das Phänomen, in Dingen und Mustern vermeintliche Gesichter und vertraute Wesen oder Gegenstände zu erkennen.

Die folgende Übung sollte uns dabei helfen Inspiration aus unserer Umwelt zu schöpfen. Es ging dabei um Wahrnehmung und das Finden von Gesichtern, Figuren oder Wesen in den Dingen, die uns im Alltag umgeben. Wir sollten Entdecktes fotografieren und anschließend im Kurs vorstellen. Wo schlummern die Robotergestalten, aus denen sich erste Zeichnungen ableiten lassen? Welche Formen machen unser Empfinden für Robotorartiges aus?

Paraidolie .pdf PDF Paraidolie .pdf

17.bis 18. Jahrhundert

In der Ära des absolutistischen Prunks erlebte Europa eine Zeit des Überflusses, geprägt von Luxus und Verschwendungssucht der geistlichen und weltlichen Herrscher. Doch diese Periode war auch von existenziellen Ängsten gezeichnet, hervorgerufen durch Seuchen, Hexenwahn sowie langwierigen Kriegen.

Doch betrachten wir die Zeit des Barock mal etwas genauer:

Die Architektur zeichnete sich durch dynamische Rundungen, gesteigerte Proportionen und aufwendige Verzierungen aus. Besonders auffällig war die dramatische und naturalistische Malerei, welche durch den starken Kontrast zwischen Licht und Schatten eine übertriebene Realität darstellte. Dies ist bei bekannten Künstlern wie Michelangelo, Caravaggio und Rubens zu sehen. Sie griffen häufig auf mythologische und religiöse Motive zurück, wodurch sie nicht nur die Realität abbildeten, sondern auch fantastische Elemente aus Mythologie und Bibel einbezogen. Diese Verschmelzung von Realität und Mythos fand auch in anderen Kunstformen wie Buchillustrationen und Druckgrafiken ihren Ausdruck.

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Kommen wir nun zum 18. Jahrhundert:

Geleitet von der Französischen Revolution im Jahr 1789, brachen neue Ideen von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit auf. Diese Zeit markierte den Beginn der Aufklärung und der Moderne in Europa, in der das christlich geprägte Weltbild zunehmend hinterfragt wurde.

Aufklärer wie Kant, Voltaire und Rousseau stellten das Konzept eines von Gott vorbestimmten Lebens infrage und betonten die Selbstverantwortung des Menschen bei der Suche nach seinen Zielen. Dieser Wandel spiegelte sich auch in der Kunst wider, die nun als Medium der Selbstreflexion diente. Die Natur wurde akribisch nachgeahmt, und die Kunst galt als verkleinertes Abbild der Schöpfung. Illustrationen in Büchern und Druckgrafiken wurden zu wichtigen Mitteln, um diese neuen Ideen zu verbreiten und zu reflektieren.

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Riso Workshop

Zu diesem Workshop sollten wir unseren ersten Roboterentwurf mitbringen, um diesen anschließend im Riso-Drucker zu erproben. Inhaltlich gab es von Tillmann noch Wissenswertes zu diesem besonderen Druckverfahren auf die Hand. Gemeinsam haben wir unsere Ergebnisse dann in einem tollen Zine festgehalten.

Alle Roboter.pdf PDF Alle Roboter.pdf

19. bis 20. Jahrhundert

Mit der Einführung des Code Civil durch Napoleon im Jahre 1804 blieben die Ideale von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit zunächst zentral. Durch Beginn der _I_ndustrielle Revolution wenige Jahre später wurde jedoch ein neues Zeitalter eingeläutet. Der aufkommende Kapitalismus veränderte gesellschaftliche Strukturen, während sich Philosophen wie Naturalisten, Positivisten und Marxisten zunehmend Gehör verschafften.

In der Kunstwelt dieser Zeit herrschte ein Stilpluralismus, welcher Künstler*innen verschiedener Strömungen Raum zur Entfaltung bot. Der expandierende Markt für Karten, Bücher und Zeitungen trug dazu bei, dass Wissen einer breiteren Masse zugänglich wurde.

Die Arts and Crafts Bewegung sowie die Erfindung der Fotografie prägten die Illustrationskunst maßgeblich. Künstler wie William Blake, der mit seinen 102 Illustrationen zur Göttlichen Komödie von Dante die Vernunft der Aufklärung herausforderte, oder aber Gustav Dorè, welcher mit seinem Werk The Rime of the Ancient Mariner die Romantik durch Licht und Dramatik einfing, sind Beispiele für die Vielfalt dieser Ära.

Auch Magazine wie beispielsweise der _Simplicissimus_boten Plattformen für kreative Entfaltung und den Austausch von Ideen.

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Im 20. Jahrhundert erlebte die Kunst mit der fortschreitenden Industrialisierung eine weitere Revolution. Die Erfindung von Atomstrom, Telefon und Fernsehen sowie die Erkenntnisse aus den Naturwissenschaften brachten neue Bedeutungen und Herausforderungen mit sich.

Es prägte sich die Kunst der klassischen Moderne. Pragmatismus und Dekonstruktivismus markierten neue Strömungen, während Künstler wie Oscar Kokoschka mit Die träumenden Knaben den Expressionismus einläuteten. Edward Hopper wurde zu einem der bekanntesten Maler des Realismus, während René Magritte mit Wörter und Bilder oder auch Pablo Picasso mit Le chant des morts neue Wege beschritten.

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Ernst_Barlach_Der_Totentanz.jpgErnst_Barlach_Der_Totentanz.jpg

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielten Ereignisse wie die Wiedervereinigung Deutschlands und das Aufkommen des abstrakten Expressionismus in Amerika eine herausragende Rolle. Die Verbindung von Kunst und Leben verstärkte sich, wie etwa durch PopArt und Arte Povera (zu dt.: „arme Kunst“) unter anderem mit Künstlern wie Joseph Beuys. Die Digitalisierung der Medien trug fortwährend zur weiteren Evolution der Kunst bei.

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Moodboard

Um sich dem Endprojekt etwas anzunähern, bekamen wir dann die Aufgabe uns erste Inspiration einzuholen. Welchen Stil und welchen Umgang mit Illustration könnten wir uns vorstellen? Dabei war es wichtig genauere Überlegungen hinsichtlich Farbigkeit, Technik und Formsprache anzustellen. Diese sollten wir dann im Kurs präsentieren.

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Zwischenpräsentation

Von da an ging alles recht schnell…zwischen dem Analysieren der Textvorlage, ersten Scribbels und der Zwischenpräsentation lag nicht viel Zeit. Für mich war der Weg zur Realisierung des Projekts, welcher noch ziemlich steinig werden sollte, aber ziemlich klar. An dieser Stelle übersprang ich das Ausprobieren und blieb meinen ersten Zeichnungen treu. Großartig Gedanken zum Konzept habe ich mir dabei nie gemacht, sondern einfach immer verfolgt, was ich bis dato angefangen hatte. Für die weiter Planung und das Zeitmanagement wäre ein  Konzept definitiv hilfreich gewesen, doch aus Lisas Feedback ergab sich dann die Idee eines illustrativen Tagebuchs. Eben sehr frei, sehr unvorhersehbar und mit einem Ende, dass offen bleiben, aber auch vervollständigt werden darf. Ab dann galt: Illustrieren, Illustrieren, Illustrieren!

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Entwurf

Mein Entwurf bestand dann erstmal aus sehr vielen analog gestalteten A5 Papieren. Ich hatte mir vorgenommen Blatt für Blatt mit etwas Text und dazu passender Illustration zu arbeiten bis ich eben am Ende des Märchens angelangen würde. Da ich mich für eine Handschrift entschied und diese sehr groß und breit war, kam ich allerdings nicht so schnell voran, wie gedacht. Kurz wurde ich panisch, dann besann ich mich wieder auf mein Konzept. Einfach mal gucken wie weit ich komme! Mein Entschluss für eine spätere Ringbindung, bei welcher man Seiten beliebig hinzufügen kann, erlaubte mir diese freie Herangehensweise. Kurz vor der Endpräsentation wurde dann das, was ich bis dato hatte, eingescannt und  als passende Datei für die Druckerei angelegt.

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Endergebnis

Ausgedruckt und beschnitten, konnte ich mit meinen Seiten dann in die Buchbindewerkstatt wandern, wo diese maschinell gelocht wurden. Die vorab bestellten Buchringe lagen schon bereit, ich fügte alles zusammen. Für mich, eine Anfängerin im Buchbinden, war das definitiv eine unkomplizierte und machbare Lösung, welche meinem Konzept nun auch zusätzlichen Ausdruck verleiht. Aber seht selbst, ich bin sehr happy!

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Fazit

Was ein Prozess! Dieser Kurs hat mich sowohl mental als auch körperlich sehr gefordert. Es war immer ein Ringen mit dem eigenen Perfektionismus, aber auch mit der Zeit. Denn wie zeitaufwändigen das Illustrieren sein kann, habe ich in diesem Seminar  erfahren. Dadurch hat sich auch mein Blick auf Gestaltung und vor allem auf Illustriertes verändert, ich kann beides nun mit mehr Wertschätzung betrachten. Meine Hand tat jedenfalls nach 2 Stunden Arbeit weh, aber auch die Konzentration, welche es dafür brauchte, war für mich eine Herausforderung. Anfänglich hatte ich noch viel Kraft und mir dementsprechend mehr vorgenommen, als ich letztlich präsentieren kann. Dass es ein 100 Seiten Buch wird, habe ich gepriesen. In den Semesterferien einfach fortsetzten, was ich angefangen habe… jedoch brauchte ich dann erstmal eines: Pause. Mit etwas Abstand kann ich nun sagen, dass ich mich mit dem Entwerfen wohl selbst überschätzt habe und genau deshalb immer wieder in die Überforderung geriet. An dieser Stelle hätte ich von Beginn an ehrlicher mit mir selbst ein können. Mein Endergebnis wollte ich dann aber nicht in Zweifeln und Unzufriedenheit zurücklassen, sondern mit etwas mehr Respekt für meine Arbeit. Denn auch für mich war es die erste Erfahrung mit Illustration. Ich habe so viel gelernt und kann mit neuem Wissen in das nächste Semester starten. Danke Lisa, dass du uns die Freiheit gegeben hast, uns auszuprobieren und einen eigenen Weg zu finden. Die Arbeit mit dem Text, das Entwerfen der Seiten sowie das analoge Zeichnen habe ich als leidenschaftlich empfunden und möchte daran im weiteren Verlauf meines Studiums unbedingt anknüpfen.

...und wenn sie nicht gestorben sind, so illustrieren sie noch heute.

Ein Projekt von

Fachgruppe

Kommunikationsdesign

Art des Projekts

Keine Angabe

Betreuung

foto: Prof. Lisa Bucher

Zugehöriger Workspace

DIE ROBOTER. Illustration zu Märchen von Stanislaw Lem

Entstehungszeitraum

Wintersemester 2023 / 2024

1 Kommentare

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Sooo toll!!!