In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
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Visualisierungen zu Potsdam
Die für das Projekt zu Grunde liegenden Daten wurden bei der Stadtverwaltung Potsdam in der Abteilung für Statistik und Wahlen eingeholt. Die Rohdaten erhielten wir in Form von HTML-Tabellen, deren Werte sich im zeitlichen Rahmen von 1992-2011 bewegten. Jedoch liegen die wenigsten Datensätze für den gesamten Zeitraum vor. Thematisch erstreckten sich die Daten von Bevölkerungszusammensetzung, Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe und Einkommen über Kraftfahrzeuge und Wohnungen bis hin zu Flächennutzung und Gewerbe.
Bei der Verarbeitung der Daten mussten wir nicht nur darüber nachdenken, wie wir mit fehlenden Zeiträumen umgehen, sondern auch wie wir mit wechselnden Methoden der Datenerfassung umgehen sollten. So wurden z.B. in einigen Tabellen bestimmte Stadtteile zusammengefasst, in anderen nicht; oder es änderten sich über die Jahre Definitionen wie »Arbeitlose«, womit auch unsere Zahlen schwankten. Genaue Informationen über die exakte Zusammensetzung der Arbeitslosenzahlen konnten wir leider nicht erhalten, weshalb sich die entsprechenden Werte nur bedingt interpretieren lassen.
Schnell wurde klar, das wir nicht alle Daten in unser Projekt einbeziehen konnten. Da auch in Potsdam das Phänomen der Gentrifizierung zu beobachten ist, entschieden wir uns also für die Thematik der »sozialen Stadt« und nahmen Datensätze zu Bevölkerungszusammensetzung, Arbeitslosigkeit, Sozialhilfe, Einkommen, Wohnungen und Flächennutzung unter die Lupe.
Eine Frage beschäftigte uns bei der Visualisierung unserer Daten am meisten: Sollten wir redaktionell oder explorativ vorgehen?
Ein redaktioneller Ansatz hat den Vorteil, dass man gezielt interessante Daten und Zusammenhänge auswählen kann, die dem Nutzer präsentiert werden. So können Tendenzen komplexer Daten verdeutlicht und deren Bedeutung kommentiert werden. Ein explorativer Ansatz ermöglicht hingegen, dass der Benutzer selbst Fragestellungen entwickelt und einen ganz eigenen Zugang gewinnt.
Wir wollten beides und entschieden uns schließlich für eine App zum Stöbern und eine Plakatreihe mit ausgewählten Inhalten.
Wir planten, ein gemeinsames Layout zu verwenden, das in einer Ausstellungssituation sowohl für die Plakate als auch für die App Verwendung finden sollte.
Letztere würde ebenfalls eine plakatähnliche Anmutung haben und beim Verändern der Parameter durch den Benutzer dynamisch die Überschriften wechseln.
Aus der ursprünglichen Idee, dafür eine Multitouch-Zelle im Hochformat zu verwenden, entwickelte sich letztendlich eine querformatige Web-App.
Navigation 1
Durch Berühren der Bildschirmecken wird zwischen den 4 Menüpunkten gewechselt.
Navigation 2
Durch eine vertikale Wischgeste »blättert« der Benutzer in den Menüpunkten.
Horizontales Wischen verändert das Thema.
Falls die fraglichen Daten über mehrere Jahre hinweg erhoben wurden, kann der Zeitraum über einen Slider ausgewählt werden.
Um einen Eindruck über die Daten zu gewinnen, entwickelten wir zunächst ein kleines Web-Tool, das unsere gesammelten und konvertierten Datensätze auf einer Karte anzeigt. Da dieses Tool unserem Ziel einer explorative Anwendung schon sehr nahe kam, haben wir es noch ausgebaut und um zusätzliche Ansichten erweitert.
Kartenansicht
Ausgehend von der Bündelung unserer Daten nach Stadtgebieten, wählten wir eine Choroplethenkarte zur topografischen Darstellung der Daten. Mit dem Slider ist es möglich, verschiedene Zeiträume (Jahre) auszuwählen.
Matrixansicht
In dieser Ansicht werden die Choroplethen aus ihrer geographischen Position gelöst und in einer Matrix dargestellt. Mit dem Slider ist es auch hier möglich das Jahr der Erhebung auszuwählen, wodurch die Choroplethen entsprechend neu geordnet werden.
Bei dem Menüpunkt »Matrix« sollen je nach ausgewähltem Parameter die Stadtteile aufgrund ihrer genauen Werte in eine Rangfolge gebracht werden.
Der Grund für diese zweite Ansicht ist vor allem ein Kompromiss der sich zwangsläufig aus der Choroplethendarstellung ergibt:
Choroplethenkarten bieten einerseits den Vorteil einer geografischen Übersicht und lassen entsprechende Zusammenhänge leichter erkennen. Andererseits ist die Genauigkeit der erfassbaren Information durch das menschliche Auge beschränkt, das farbliche Abstufungen nur begrenzt unterschieden kann, sobald die Flächen nicht direkt nebeneinander liegen.
Aus einer geringen Anzahl von Abstufungen, zugunsten eines deutlicheren Überblicks, resultiert folgender Nachteil: Innerhalb dieser Abstufungen oder Bereiche lässt sich (in einer reinen Choroplethendarstellung) natürlich nicht erkennen, wie weit die zugrundeliegenden genauen Werte an der Ober- oder Untergrenze der Abstufung liegen. Das bedeutet theoretisch, dass ein Wert, der dicht an der Untergrenze seines Bereiches liegt, sich zahlenmäßig stärker von den restlichen Flächen seines eigenen Bereiches unterscheiden kann als von Flächen des benachbarten Bereiches, sofern diese nah an dessen Obergrenze liegen.
Die farbliche Darstellung sagt darüber aber nichts aus und suggeriert im genannten Beispiel sogar das Gegenteil!
Je enger man die Bereiche fasst, um so mehr tritt diese Paradoxie in den Hintergrund; desto mehr farblich verschiedene Abstufungen ergeben sich allerdings auch auf der Karte. Ob und wie weit eine stark differenzierte Legende zu Lasten der schnellen Erfassbarkeit gehen oder aber aufgrund der Einschränkungen der menschlichen Wahrnehmung eben keine zusätzlichen Verwirrungen entstehen, wurde viel diskutiert.
Fest steht, dass eine Choroplethendarstellung keine genaue Rangfolge anzeigt. Darum haben wir zusätzlich das Konzept einer Ansicht entwickelt, in der die Daten losgelöst von ihrer geografischen Lage und entsprechend ihrer exakten Werte sortiert werden. So lassen sich »Best of«-Charts erstellen und Fragen beantworten, wie z.B.: Welcher von fünf Stadtteilen mit ähnlichen Mietpreisen hat denn nun die niedrigsten Preise und welcher die höchsten? In welchem Stadtteil wohnen die allerwenigsten Arbeitslosen?
Für unsere Printreihe entschieden wir uns für eine an einen Fries anmutende Matrix, um die Daten darzustellen: Alle Module bestehen aus 28x28cm-Kacheln, die zeitlich (horizontal) und thematisch (vertikal) angeordnet werden. Dieses System lässt dem Betrachter die Freiheit, die Daten in seiner Geschwindigkeit, seiner Reihenfolge (Lieber chronologische Veränderungen oder lieber thematische Unterschiede?) und entsprechend seiner Fragestellung (Betrifft das Einknicken der Werte in dem Jahr auch andere Bereiche?) zu erfassen. Das System ist je nach Datenlage beliebig erweiterbar.
Durch diesen Ansatz ließ sich auch gut mit den Lücken in den Datensätzen umgehen: Wenn es keine Daten in diesem Modul gibt, gibt es auch eine physikalische Lücke.
Leider mussten wir durch die örtlichen Begebenheiten im Ausstellungsraum auf die Aufhängung als Fries verzichten.