In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
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Hier dokumentiere ich meine Abschlussarbeit über Nina Hagen und ihren gesellschaftlichen und kulturellen Einfluss in den 80er Jahren, innerhalb des Kurses „Visit my Eighties“ bei Prof.Marion Godau.
Geboren wurde Nina Catharina Hagen, so ihr amtlicher Name, am 11. März 1955 in Ost-Berlin in einer Künstlerfamilie.
Ihre Mutter ist die bekannte Schauspielerin Eva-Maria Hagen, ihr Vater der Schriftsteller, Journalist und Drehbuchautor Hans Oliva-Hagen.
Früh trennten sich die Eltern und Nina wuchs bei der Mutter auf. Da sie oft zu den Dreharbeiten mitgenommen wirde, war es früh ihr Wunsch, Schauspielerin zu werden.
1965 lernte Eva-Maria Hagen den Liedermacher und Regimekritiker Wolf Biermann kennen und lieben – für die neunjährige Nina wurde er zum Stiefvater.
Ein halbes Jahr darauf wurde gegen Biermann wegen seiner politischen Lieder Auftritts- und Publikationsverbot verhängt.
Mutter und Tochter, gerieten automatisch mit ins Visier der Stasi, obwohl sie davor in der DDR sehr beliebt waren.
Eva-Maria Hagen erhielt nur noch Engagements an Provinztheatern und ein gesellschaftlicher Abstieg begann.
Nina litt sehr unter der Situation uns fühlte sich einsam.
Ursprünglich wollte sie in der DDR Schauspielerin werden, doch ihr Antrag wurde von der Schauspielschule ohne Begründung abgelehnt.
Der zuständige MfS-Offizier hatte den Vermerk „Verhindern!“ auf den Aufnahmeantrag geschrieben, da der Dissident Wolf Biermann der Lebensgefährte ihrer Mutter war und auch Nina Hagen somit als politisch unzuverlässig galt.
In den 1970er Jahren übernahm sie trotzdem einige Rollen in Filmen der DEFA und des Fernsehens der DDR, unter anderem 1975 an der Seite von ihrer Mutter in der Filmkomödie Heiraten/weiblich als Hannelore Pohl.
1974 beendete sie eine einjährige Gesangsausbildung am Zentralen Studio für Unterhaltungskunst als staatlich geprüfte Schlagersängerin.
-1974 wurde die Leipziger Gruppe „Automobil“ auf Nina mit ihrem gewaltigen Stimmumfang aufmerksam und engagierte sie.
Das Lied „Ich hab den Farbfilm vergessen“ landete einen unerwarteten Erfolg:
Nina Hagen wurde plötzlich in der DDR bekannt und beliebt und erlangte durch ihre eigenwillige Bühnenpräsenz Kultstatus
Nach einem Jahr verließ sie die Band.
Wolf Biermann wurde 1976 aus der DDR wegen seiner Regimekritik ausgebürgert.
Ninas und Eva Hagens Solidaritätsbekundung bewirkte dasselbe. Am 28.Dezembe 1976 nutzen sie die Chance, um in den Westen zu emigrieren.
Sie ging zunächst nach Großbritannien und war dort in der Punkszene unterwegs.
Sie Gründete 1977 mit der linken Politband „Lokomotive Kreuzberg“ die „Nina Hagen Band“
Einen ersten Erfolg hatten sie 1977 mit der Single TV-Glotzer, der deutschen Coverversion des Hits White Punks on Dope von The Tubes.
1978 erschien das international beachtete Album Nina Hagen Band.
Kurz danach überwarf die Sängerin sich mit den vier Musikern, die ihr Unberechenbarkeit und egozentrische Starallüren vorwarfen.
Sie wollte ihren eigenen Weg gehen.
Ende der 70er verbrachte die Sängerin viel Zeit in London, wo sie Johnny Rotten von den Sex Pistols kennenlernte. Über ihn gelangte sie auch in die Frauenband The Slits, mit denen sie einige Konzerte spielte. Aus der Berliner Sängerin wurde eine internationale Bekanntheit, die europaweit für Aufmerksamkeit gesorgt hat.
In einem Interview erzählte sie warum sie die Punkbewegung gesucht hat: “Wir wollten uns einer Bewegung anschließen, in der es Liebe gab und die sich als Aufschrei nach Veränderung verstand.“
Bei einem Konzert in Rotterdam, 1978
Zu ihrem Musikstil:
Obwohl sich Nina noch nie für Genrebegrenzungen interessiert hat, sind Ninas musikalische Wurzeln im Punkrock
Nina Hagen ist dafür bekannt, mit ihrer virtuosen Stimme wie mit einem Instrument zu spielen,
Sie setzte vermeintliche Misstöne ganz gezielt ein.
Und arbeitet mit einer Variation zwischen starken Tiefen und anstrengenden Höhen.
Mindestens genauso eindrucksvoll wie ihre Vier-Oktaven-Stimme ist allerdings auch ihre Mimik, Nina schneidet auf der Bühne Grimassen, rollt die Augen und reißt den Mund auf - so wie bei diesem Auftritt in Rotterdam.
Im gleichen Jahr gelang ihr mit dem Song „Unbeschreiblich weiblich“ einer ihrer größten Hits.
In diesem spricht sie sich deutlich gegen traditionelle Rollenbilder aus und plädiert für sexuelle Freiheit.
Durch den expliziten Text gelang ihr eine feministische Widerstandshymne und sie wurde eine Mutmacherin für eine wachsende Zahl selbstbestimmter Frauen.
Auch heute ist ihr Song noch ein radikal feministischer Schlachtruf für das Selbstbestimmungsrecht der Frau.
Sie singt über ein Tabuthema: die Abtreibung und äußert sich gegen Normvorstellungen von Weiblichkeit. Sie wolle nicht Mutter sein, nur weil die Gesellschaft das von ihr erwarte.
Sie habe keine Lust, „ihre Pflicht als Frau zu erfüllen“ und fühle sich trotzdem „unbeschreiblich weiblich“.
Ganz nach ihrer eigenen Definition.
Auch der feministische Austausch mit anderen Musikerinnen existierte, durch ihren Kontakt mit der englischen Punkrockband The Slits .
Nina hatte im Gegensatz zu der Band ,welche ausschließlich in von Frauen geführten Kollektiven Musik machte, keine klare Linie, was ihr soziales Engagement angeht.
Sie setzt sich z.B. gegen Genitalverstümmelungen von Mädchen ein und gegen sexuellen Missbrauch von Kindern, aber auch gegen Zwangseinweisungen in die Psychiatrie oder etwa dafür, dass die Untersuchungen zum Mord an Kurt Cobain noch mal neu aufgerollt werden ein.
Zwischen 1980 und 1986 lebte Hagen vorwiegend in den USA, London und den Niederlanden und trat in dieser Zeit auch häufig in den USA auf. 1983 erschien ihre LP Angstlos, in der englischen Version Fearless; mit dem gleichnamigen Programm tourte sie 1984 durch USA und Europa.
1985 trat sie bei der Premiere von Rock in Rio vor rund 300.000 Zuschauern auf.
Gemeinsam mit Queen und AC/DC trat sie bei „Rock in Rio“ auf.
In New York nahm der Manager von Frank Zappa Nina Hagen unter Vertrag und sie produzierte ihre erste englischsprachige Platte mit amerikanischen Musikern. Sie wurde nun auch ein gern gesehener Gast in amerikanischen Unterhaltungsshows.
Sie tourte erfolgreich durch die USA, Kanada und Brasilien, wo sie gleichfalls als Superstar gefeiert wurde.
In den 80er Jahren wurde Nina zu einem Popstar und einer Kultfigur mit dem größten optischen Wiedererkennungswert.
Ihre Bühnenpräsenz war einzigartig.
Bei Auftritten nimmt sich Nina einen unbegrenzten Raum für ihren musikalischem Stil, Ausdruck und ihre Performance. Und dazu kommt ihre überdrehte Theatralität.
Nina probiert sich während ihrer Karriere mit vielen musikalischen Experimente aus,
Sie sang Opern, mixt Punk und Pop und griff Gospel auf.
Abgesehen von einigen Ausnahmen wie Udo Lindenberg gibt es Anfang der 80er kaum originelle deutschsprachige Songtexte
Nina Hagen ändert das mit ihrer Musik und ergänzt die Texte mit ihrem intensiven Gesangsstil, der oft aus einer Mischung aus Sprechen, Kreischen und Brüllen besteht.
Sie selbst bezeichnet sich als Volkssängerin.
Bis heute ist Nina Hagen nicht berechenbar und bleibt sich treu
- ihr traue man fast alles zu, nur keine Angepasstheit.
Stil und mediale Wahrnehmung
Medien berichten über Nina dass sie exzentrisch, spirituell und um kein Wort verlegen ist.
Den berühmten Spitzen-Bustier von Jean Paul Gaultier trug sie angeblich früher als Madonna.
1985 war sie auf trotz ihrer Unangepasstheit auf dem Cover der deutschen Vogue.
Modisch kann man Ihren Stil wohl am besten als wilden Mix aus Punkrock, Gothic, Girlie und esoterischen Accessoires bezeichnen.
Auf die Frage, wie sie sich selbst beschreiben würde, hat Nina geantwortet: “Ich bin ganz brav, lieb, toll und unheimlich kreativ.”
Einer der aufmerksamkeitserregensten Momente in Ninas frühen Karriere, mit 24, war ihr Auftritt
in der österreichischen Spätabend-Diskussionssendung Club 2 im August 1979 zum Thema „Was ist los mit der Jugendkultur?“ . Das sehen wir uns jetzt auch nur an
Sie demonstrierte angezogen, aber explizit vor laufender Kamera – verschiedene Stellungen zur weiblichen Masturbation. :
Der Diskussionsleiter, Dieter Seefranz, musste deswegen später als Gastgeber der Sendung zurücktreten.
Spannend finde ich hier aber besonders, wie im Video zu sehen war , weshalb Nina dies tat und warum sie gegen die Aussage Frauen würden rumjammern, weil sie nicht zum Orgasmus kommen, - das ewige Gejähe -protestieren wollte.
In einer anderen Talkshow : Menschen bei Maischberger im September 2005 trat Hagen als Wahlkämpferin für Die Grünen auf und wurde von Jutta Ditfurth als „esoterisch ein bisschen durchgeknallt“ bezeichnet. Daraufhin äußerte Hagen: „Ich finde es furchtbar, was diese dicke Frau mit mir macht. Jutta Ditfurth, du bist eine blöde, blöde Kuh. Mit dir werde ich nie wieder reden in der Öffentlichkeit!“
Auch da finde ich spannend, wie Nina unter der Öffentlichkeit und von einer Frau nicht ernst genommen wird und sie aufgrund ihres Auftretens, Aussehens und ihrer Vergangenheit, in eine Schublade gesteckt wird und als „durchgeknallte“ abgestempelt wird.
Ninas Leben in den 90ern
Durch den Modedesigner Jean-Paul Gaultier lernte Nina Hagen 1989 in Paris den Visagisten und DJ Franck Chevalier kennen, ihre nächste große Liebe. 1981 kommt ihre Tochter Cosma Shiva zur Welt, 1990 Sohn Otis.
Gemeinsam mit den Kindern und Franck tourte sie von Frankreich durch ganz Europa.
Als ihre Beziehung zu Franck zerbrach, suchte sich Nina spirituelle Hilfe bei einem Guru in Indien, der sie aus ihrer Sinnkrise, wie sie sagt, befreite.
Sie lernte Sanskrit und die traditionelle indische Musik.
Heute ist auch ihre Tochter Cosma Shiva als Schauspielerin erfolgreich und das Hagen-Trio mit Großmutter Eva-Maria in Talkshows gern gesehen.
Nina ist zum „Platzen stolz“ auf ihre Tochter und versteht sich auch sehr gut mit ihrer Mutter, welche jedoch diese jähr um August starb.
Wegen des 100. Geburtstag des Dramatikers Bertolt Brecht zog Nina Anfang 1998 zurück in ihre Geburtsstadt Berlin.
1999 sang sie für ein CD-Doppelalbum der Dreigroschenoper mit Max Raabe die Sopran-Partie und 1998 spielte Hagen für den Berliner Fußballverein 1. FC Union Berlin eine neue Vereinshymne ein.
Ihre Karriere endet nicht in den 90ern, doch ich möchte mich auf diesen Zeitraum beschränken.
Ist Nina die Godmother of Punk und des Feminismus ?
Ein Interview im Missy Magazin behandelte diese Frage. Und hier ist meine Zusammenfassung davon.
Nina war Von ihrer Lebensführung her und auch von dem Stylemix dem Hippietum nicht so fern – was ja bekanntlich der größte Feind des Punk ist.
Die Zuschreibung als „Godmother of Punk“ entspringt mehr dem Bedürfnis, ihre unkonventionelle Art und ihre Durchgeknalltheit, in einen Begriff zu fassen, als ihre Musik korrekt zu beschreiben. Ihre Art ist ja gerade angesichts ihres Alters für viele schwer zu verstehen oder auch bedrohlich.
Funktioniert die „Godmother of Punk“ auch als „Godmother des Feminismus“?
Diese Anknüpfungspunkte gibt es durch ihr radikal selbstbestimmtes Handeln, durchaus auch mit den Songzeilen, die wir eben gehört haben.
In erster Linie - und das finde ich ist ein sehr wichtiger Punkt-
steht Nina Hagen aber für sich selbst, für diese Kunstfigur.
Sie ist die Diva, sie ist ein Unikat, das nicht wiederholt werden möchte.
Deswegen ist es da ein bisschen schwierig, vereinnahmt zu werden.
Im Punk war es auch uncool, sich als Feministin zu bekennen, weil das zu sozialdemokratisch beziehungsweise hippiesk klang.
Außerdem ist wie Nina Hagen sich heute äußert, für jüngere Feministinnen nicht mehr kompatibel.
Wegen ihrer gewissen Skepsis gegen Trans-Identitäten und auch Nina Hagens Kampf gegen Sexarbeit.
Das ist für eine neuere Generation von Feministinnen nicht mehr zeitgemäß. Die haben im Moment andere Idole.
Aber vorstellbar ist, dass es, mit mehr Abstand zu den jetzigen Kämpfen innerhalb der Bewegung, in Zukunft wieder einen anderen Blick auf Nina Hagen gibt. Und dass sie dann vielleicht zum 75. oder gar 100. noch mal ganz neu entdeckt wird.
Sie ist einzigartig für ihre Zeit und eine der international erfolgreichsten deutschen Musikerinnen.
Furchtlos, nicht klein zu kriegen und revolutionär für die deutsche Musik.
Einzigartig und schräg
Ein stück der Postmoderne in einer Musikerin.