In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Durch heterogene Architektur, wirre Lagepläne und zahlreiche Provisorien ist die Navigation auf dem Campus aktuell eine Herausforderung. Um Studierende, Mitarbeitende und Gäste zu unterstützen, entwickelt der Kurs »Leitsystem Campus FHP« mehrere Konzepte. Vereinende Elemente, bessere Übersichten und Barrierefreiheit stellen Kernziele des Kurses dar.
Die Fachhochschule Potsdam wurde 1991 mit dem Fachbereich Sozialwesen und ihrem Standort in Neu Fahrland gegründet. Der Fachbereich zog noch im selben Jahr in die Friedrich-Ebert-Straße in Potsdam. 1992 kamen die Fachbereiche Architektur, Design, Bauingenieurwesen und Archiv-Bibliothek-Dokumentation dazu. 1994 zogen die Fachbereiche Architektur, Bauingenieurwesen und Design an den heutigen Campus Fachhochschule in der Kiepenheuerallee. Bis 2017 schlossen die restlichen Fachbereiche auf. Das Angebot an Studiengängen wird stetig erweitert.
Der Campus wurde vom Architekturbüro Becher + Rottkamp auf dem geschichtsträchtigen, ehemaligen Kasernengelände im Norden Potsdams gestaltet, geplant und umgesetzt. In mehreren Bauabschnitten wurden ehemalige Kasernengebäude saniert und weitere Gebäude hinzugefügt. Heute besteht der Campus aus sehr unterschiedlich anmutenden Gebäuden: Den fünf verputzten, historischen Kasernengebäuden, dem neuen Hauptgebäude mit grauer Fassade und roten Fensterrahmen, dem Labor- und Werkstattgebäude mit dunkelroter Klinkerfassade und den jeweils daran angeschlossenen Häusern D als Geothermalgebäude mit Glasfassade und A mit besiebdruckter Glasfassade. Eine Besonderheit stellt das Casino im Haus 17 mit Holzfassade dar: Das historische Stallgebäude. Es ist als einziges Gebäude auf dem Campus aus Eigeninitiative von Studierenden und Lehrenden entstanden. Einzig die erhaltenen historischen Gebäude erinnern an die Geschichte des Ortes.
»Studentisches Leben« findet rund um das Casino, auf der zentralen Rasenfläche in der Mitte des Campus und im Campusgarten statt, der ebenfalls aus Eigeninitiative von Studierenden entstanden ist und stetig wächst. Mit »studentischem Leben« meinen wir gut und gerne besuchte Orte auf dem Campus.
Wahrscheinlich dadurch, dass Fachbereiche, Studiengänge und Standorte bis hin zu Gebäuden der FH stetig gewachsen sind oder erweitert wurden, gibt es am Campus Fachhochschule kein einheitlich etabliertes Leitsystem. An vielen Orten fehlt die notwendige Beschilderung und eine Abgrenzung des Campus vom umliegenden Stadtviertel Bornstedter Feld. Eine unübersichtliche Campuskarte und willkürliche, kleine richtungsweisende Karten an Laternen weisen Besuchenden im Außenraum den Weg. Grobe, bunte Pfeile aus Holzlatten – vermutlich von Studierenden angebracht – weisen zu realen und utopischen Orten: „ Zum Casino“ und „ Zu den Hundewelpen“. Innerhalb der Gebäude weisen Etagenpläne und selbst ausgedruckte Zettel der Mitarbeitenden und Studierenden den Weg. Teilweise fehlen Etagenpläne in Gebäuden gänzlich. An vereinzelten, teilweise schwierig zu findenden Orten weisen taktile Pläne die Richtung.
Mit unserem Konzept für ein Leitsystem an der Fachhochschule Potsdam möchten wir eine einheitliche, klare Ausschilderung schaffen und die Zugehörigkeit der einzelnen Gebäude zum Campus Ensemble Kiepenheuerallee verdeutlichen. Außerdem möchten wir redaktionell die vielen stetig wachsenden Einrichtungen, Organisationen u.ä. der FH für einen besseren Überblick vereinheitlichen und vereinfachen.
Ausgehend vom »Ankommen an der FH« wollten wir zuerst einen »Leitpunkt« entwickeln, der insgesamt drei Funktionen unterschiedlicher gestalterischer Wichtigkeit erfüllt:
Eine übersichtliche Karte mit Legende zur ersten Orientierung auf dem Campus (höchste Gewichtung)
Eine integrierte »Entdeckungstour« um mehr über den historischen Ort der Fachhochschule zu erfahren (niedrige Gewichtung)
Eine Art Sockel, die den Leitpunkt zusammenbringt (niedrigste Gewichtung)
Daraus ist in ersten Ideen ein Stecksystem entstanden, indem man in einen Betonsockel eine Blechkarte – den Campusplan, sowie Pfeile zu historischen und realen Orten auf dem Campus – Campusgarten und Panzerhallen stecken konnte. In der weiteren Entwicklung dieses »Leitpunktes« standen Vereinheitlichung und Vereinfachung immer wieder zur Debatte. Ein wichtiger Prozess war daher die redaktionelle Vereinheitlichung von den verschiedenen Einrichtungen der FH. Aus unserer vorangegangenen Analysephase haben wir sämtliche Gebäude mit ihren Einrichtungen aufgelistet und vereinheitlicht.
Im weiteren Entwicklungsprozess des Leitpunktes haben wir uns gestalterisch immer mehr vom Stecksystem entfernt und einen zum ursprünglichen Konzept, sehr schlichten Leitpunkt entwickelt. Hier war für uns die leitende Funktion ausschlaggebend. Letztendlich steht für uns im entstandenen Projekt die Informationsvermittlung deutlich im Vordergrund. Vom Leitpunkt ausgehend sind eine Reihe weiterer Träger entstanden, die im Gesamtbild ein einheitliches Leitsystem der FH bilden. Die hauptsächlich leitende Funktion im Außenraum übernehmen die Leitpunkte, die Übersichten und die Hausbeschriftungen, die im Weiteren erläutert werden. Den spielerischen und historischen Charakter des ursprünglichen Stecksystems mit steckbaren Pfeilen haben wir von den leitenden Trägern getrennt, um eine klare Orientierung auf dem Campus an den drei leitenden Trägern zu ermöglichen. Es sind die Pfeil-Bänke und die Stelen der Entdeckungstour entstanden. Ausgehend von der Gestaltung des Leitpunktes sind im Innenraum zwei Träger entstanden, die ebenfalls die schlichte und klare Funktion der Orientierung haben: Etagenpläne und Wegpfeile im Raum.
3D-Prototyp einer Lagekarte mit erhöhten Gebäuden, einer erfahrbaren Spur, die zu den Eingängen der Gebäuden führt, sowie eine Auflistung mit Braille-Schrift als Legende
3D-Prototyp des Leitpunktes mit der darauf montierten Karte und wegweisenden Pfeilen dahinter
3D-Prototyp einer Stele mit Text und Schild zur Entdeckungstour
Verworfene Varianten für die Pfeilbänke
Figma-Prototyp einer Pfeilbank mit innen liegender Schrift, sowie Fachbereichskennzeichnung
Papier-Prototyp der ursprünglichen Höhe der Gebäude auf dem Lageplan
In den verwendeten Farben orientieren wir uns an dem vom bestehenden Corporate Design vorgegebenen »Anyblue« und den Blautönen, die auf der Webseite der Hochschule verwendet werden. Das Blau findet in jedem entstandenen Träger gestalterisch unterschiedlich laut oder leise Anwendung um die verschiedenen Träger zusammenzubringen und ein einheitliches Bild zu erzeugen.
In den verwendeten Materialien greifen wir die Idee der sehr unterschiedlichen Materialien in und an den verschiedenen FH-Gebäude auf. Wir möchten gekantetes Stahlblech, Beton und lackiertes Holz verwenden.
01 Außenträger // Der Leitpunkt
Der Leitpunkt ist der erste Anlaufpunkt zur Orientierung auf dem Campus und damit das zentrale Element unseres Konzepts für ein Leitsystem. Besuchenden soll der Leitpunkt aus gekantetem Stahlblech an insgesamt sieben strategischen Punkten auf dem Campus direkt ins Auge fallen. Auf einer übersichtlichen, physischen Karte mit Legende zeigt er alle Gebäude. Die Gebäude des Campus und die umliegende städtische Architektur sind erhaben und vereinfacht kubisch dargestellt.
Um den Campus vom umliegenden Stadtgebiet »Bornstedter Feld« zu unterscheiden, sind die Gebäude des Campus höher und weisen eine Beschriftung auf. Eine Standortmarkierung zeigt den Besuchenden an, wo sie sich befinden. Außerdem ist die Karte zur einfachen Orientierung nach der jeweiligen Perspektive der Besuchenden ausgerichtet. Auf einer Legende sind die Campusgebäude mit ihren jeweiligen, darin befindlichen Einrichtungen aufgeschlüsselt. In der Bezeichnung der Gebäude orientieren wir uns an der intern etablierten Bezeichnung: HG (Hauptgebäude), P (Parkplatz), D (Design), A (Architektur), LW (Labore & Werkstätten), Haus 17, S (Solarpavillon) und Häuser 1 bis 5.
Darüber hinaus möchten wir auf dem Leitpunkt mit einem QR-Code eine Schnittstelle schaffen, um nach dem Mehr-Sinne-Prinzip auf eine weitere, barrierefreie Orientierungsmöglichkeit zu verweisen. Das könnte bspw. eine auditive oder via XR augmentierte Campusführung sein. Zuletzt zeigt die Wortmarke der Fachhochschule die Zugehörigkeit zum Campus an.
Mockup der Übersichtstafel ohne hervorstehende Gebäude
02 Außenträger // Die Übersichten
Die Übersichten sind hohe Betonstelen mit Wortwolken einiger Leitlinien der FH auf der Rückseite. Um die Orientierung weiter zu vereinfachen, ergänzen Übersichten den Leitpunkt. Während der Leitpunkt einen Gesamtüberblick über den Campus gibt, weisen die zugehörigen Übersichten mit Pfeilen schnell in eine Richtung. Je nach Standort sind die Gebäude in unmittelbarer Nähe und ihre darin befindlichen Einrichtungen angezeigt oder nur die weiter entfernten Gebäude des Campus’.
Mockup der Übersicht aus Beton
2 × 0,9 Meter
03 Außenträger // Die Hausbeschriftungen
Das dritte leitende Element im Außenraum des Campus’ bilden die Hausbeschriftungen. Sie sind eine weitere Vereinfachung und dienen der schnellen Orientierung auf dem Campus. Auf großen Stahlblech-Schildern, senkrecht und im rechten Winkel über den Haupteingängen der jeweiligen FH-Gebäude zeigen Tafeln die jeweilige Bezeichnung der Häuser. Da der Campus aus vielen heterogenen Gebäuden besteht, möchten wir mit den Schildern eine klare und strukturierte Orientierung, sowie Vereinheitlichung bieten.
Alle Hausbeschilderungen
Maßstabsgetreue Darstellung der Hausbeschilderung
04 Außenträger // Die Pfeil-Bänke
Ein rein gestalterisches Element des Leitsystems sind die Pfeil-Bänke aus Beton mit lackierten Sitzflächen aus Holz. Sie sind spielerische Sitzmöglichkeiten, die beim genauen Hinsehen beschriftete Pfeile in die jeweilige Richtung der FH-Gebäude sind. Sie stehen verteilt auf dem Campus, bewusst asymmetrisch, um die geradlinige Anordnung der Gebäude aufzubrechen. Außerdem führen sie die gestalterische und materielle Konsequenz weiter und bringen den Campus mit seinen sehr unterschiedlichen Gebäuden dadurch zusammen.
Maßstabsgetreue Darstellung der Sitzbänke
05 Außenträger // Die Entdeckungstour
Auf der Entdeckungstour können sich die Besuchenden rund um den »historischen Ort Campus Fachhochschule« informieren. Die konzipierten Stelen aus gekantetem Stahlblech sind geschichtliche Informationsvermittler, die auf dem ganzen Campus entdeckt werden können. Sie sind gestalterisch an die anderen Träger des Leitsystem angepasst, aber tragen in dem Sinne keine leitende Funktion.
Maßstabsgetreue Darstellung der Entdeckungstour-Stele
Maßstabsgetreue Darstellung der Entdeckungstour-Stele
01 Innenträger // Die Etagenpläne
Innerhalb der Gebäude zeigt ein an die Gestaltung des Leitpunktes angepasster Etagenplan im Eingangsbereich und auf den jeweiligen Etagen der Gebäude jeweils die Einrichtungen und zugehörigen Räume auf deutsch und englisch an. Der Etagenplan ist schlicht gestaltet, um eine klare Orientierung zu ermöglichen. Um die Etage, auf der man sich befindet, von den restlichen Etagen abzuheben, ist diese farblich hervorgehoben.
Das zweite leitende Element im Innenraum der Gebäude sind erhabene Pfeile, die im ganzen Gebäude verteilt auf WCs und Fahrstühle hinweisen. Auch hier steht eine schnelle und einfache Orientierung innerhalb der einzelnen Gebäude im Vordergrund.
Gesamtübersicht aller Träger im Außenbereich, die in unserem Leitsystem vorgesehen sind
Zum Abschluss der Lehrveranstaltung vor Ort, haben alle Teams den aktuellen Stand ihrer Projekte vorgestellt und sich finales Feedback vor einem größeren Publikum eingeholt.
Die Rückmeldungen wurden anschließend in der vorlesungsfreien Zeit bearbeitet und für die finale Präsentation umgesetzt.
Zum Zeitpunkt der Präsentation haben wir mithilfe der 3D-Drucker einen Prototyp unseres Innenleitsystems hergestellt, sowie 1:1 Ausdrucke unserer Lagekarte, Prototypen für die Höhe der Gebäude und einen Ausdruck unseres exemplarischen Etagenplans.
3D-Drucker bei der Arbeit
Erfolgreicher 3D-Druck ohne verschobene Ebenen
3D-Testdruck der Buchstaben für den Innenbereich
Zeilenhöhe ca. 8 cm
Testdruck des Etagenplans in realer Endgröße
Ca. 1,5 × 1 Meter
Testdruck des Etagenplans in realer Endgröße
Ca. 1,5 × 1 Meter
Die abschließende Präsentation am 31. März 2023 findet vor Publikum statt, darunter der Kurs „Planning for Real“, sowie einige Personen aus der Hochschulleitung.
Für diese Präsentation haben wir Prototypen unserer Ideen hergestellt und in realer Größe ausgedruckt. Folgende Elemente haben wir physisch vorbereitet:
Beklebtes MDF mit Vinyl-Sticker
Beklebtes MDF mit einem Papier-Aufdruck
Gelasertes MDF mit nachgezeichneten Konturen
Unser Leitsystem weist zwar konzeptionell bereits viele weitere Arbeitsschritte an, dennoch gibt es Potenzial und Notwendigkeit um es zu bereichern.
Die Zweisprachigkeit im Leitsystem muss vollständig umgesetzt werden, da einige unserer Elemente bereits eine Zweisprachigkeit aufweisen, andere allerdings noch nicht.
Das Projekt muss bei Umsetzung von einer festgelegten Person geleitet werden, um eine sinnvolle Umsetzung zu gewährleisten. Durch den begrenzten Zeitrahmen und weit überdurchschnittlichen Aufwand dieses Kurses, bleiben strukturelle Details bisher unbearbeitet. Welche Herausforderungen bei der Realisierung noch auf alle warten, ist derzeit noch nicht abzuschätzen.
Außerdem bedarf es einer zentralen Anlaufstelle, um die Hoheit für die Raumbenennung festzulegen. Viel des bestehenden Chaos ist darauf zurückzuführen, dass notwendige Maßnahmen und Stellen bisher schlichtweg fehlen. Eine Anlaufstelle für Raumbeschilderung, Raumbenennung und ein Ort für Etagenpläne ist essenziell. Räume, die auf dem Fluchtplan anders gekennzeichnet sind, als am Raum selbst, werden damit verhindert.
Im weiteren Schritt ist außerdem eine detaillierte Rücksprache mit Lieferant/innen notwendig um die Lieferung möglicher Beschilderung zu klären und die Montage in die Kostenschätzung aufzunehmen.
Während wir auf unsere beachtliche Gesamtleistung und unser Leitsystem stolz sind, bedauern wir es das Projekt nicht ausführlicher und mit deutlich mehr Zeit bearbeiten zu können.
In einigen Momenten haben wir gespürt, dass ein vollständiges Leitsystem von einem einzigen Team nicht in drei Monaten realisiert werden kann.
Dennoch sind wird froh, diese Erfahrung gemacht zu haben und freuen uns über die entstandenen Prototypen.