In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Das Thema der Arbeit ist der Entwurf eines plattenbasierten Systemregals mit dem Plattenwerkstoff Metawell. Der konkrete Entwurf als Anwendungsstudie ist eingebettet in die Fragestellung, welche Rolle Systeme für die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen spielen können und wie sich diese zeitgemäß formal und technisch kommunizieren und realisieren lassen.
Das Thema der Arbeit ist der Entwurf eines plattenbasierten Systemregals mit dem Plattenwerkstoff Metawell. Der konkrete Entwurf als Anwendungsstudie ist eingebettet in die Fragestellung, welche Rolle Systeme für die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen spielen können und wie sich diese zeitgemäß formal und technisch kommunizieren und realisieren lassen.
Der Plattenwerkstoff Metawell überzeugt aufgrund seiner Sortenreinheit sowie seiner statischen Performance bei sehr geringen Stärken und niedrigem Gewicht. Der Plattenwerkstoff stellt ein hoch technisches Industrieprodukt dar und bietet sich als zeitgenössischer Ausgangswerkstoff an, der aufgrund seiner formalen Charakteristika einen hohen Wiedererkennungswert bietet.
In Bezug auf den im Möbelbereich immer wichtiger werdenden Online-Absatzmarkt kann die Aluminiumleichtbauplatte großes Potenzial bieten, denn die Modularität eines Möbelsystems, gepaart mit dem niedrigen Gewicht des Plattenwerkstoffes punktet sowohl aus logistischen als auch klimaökonomischen Gründen.
Das Systemmöbel stellt meiner Auffassung nach eine Sonderform des Möbels dar, weil es aufgrund des Baukastenprinzips bei der Produktion Redundanzen schafft, in Einzelteile zerlegbar und somit günstig zu transportieren, sowie vielseitig einsetzbar ist und so verschiedenste Bedarfe von unterschiedlichen Nutzer*innen vermeintlich abzudecken scheint. Der zuletzt genannte Charakter des versatilen Bausteins führt auch zu einer verbesserten Folgenutzung und so zu einem potenziell kleineren ökologischen Fußabdruck.
Diese gestalterische Auseinandersetzung mit dem Regal als Baukasten soll die Fragestellung angewandt erörtern, wie weit Entwürfe aus formaler und technischer Sicht systematisiert werden können und welche Implikationen dies für den Menschen und seine Lebensräume hat, sowie welche Gestaltungsgrundsätze am ehesten den ökologischen, technischen, formalen und kulturellen Ansprüchen an ein Möbelstück entsprechen.
Die Arbeit soll den Begriff des Baukastens oder auch des Systems nicht ausschließlich im konventionellen Sinne betrachten, sondern ihn im Kontext der makroskopischen Systeme und Kreisläufe verstehen. Denn eine kontextuelle Betrachtung von Zusammenhängen wird immer notwendiger in Anbetracht des kritischen Diskurses in Bezug auf den Ressourcheneinsatz. Dies wird zunächst anhand einer technischen, formalen, und kulturhistorischen Analyse bestehender Systemmöbel wie beispielsweise dem USM Haller erfolgen und der Betrachtung von systematisierten Baukästen im Allgemenen auch jene, die ausschließlich werkseitig stattfinden.
Können systematisierte Konzepte der kulturellen und ästhetischen Vielfalt gerecht werden? Welche Strategien verfolgen die Hersteller*innen und Entwerfer*innen? Aus welchen ökonomischen und ökologischen Beweggründen tun sie dies?
In einem weiteren Schritt werden Entwurfsvarianten entstehen, welchem Wechsel unterschiedliche Aspekte priorisieren und so die übergeordneten eher abstrakten Konzepte am Entwurf konkretisieren und materialisieren.
Abschließend wird ein Entwurf im Funktionsmodell entstehen, welcher versucht, die aus der theoretischen und analytischen Arbeit gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen der eigenen gestalterischen Haltung zu realisieren.
The subject of the work is the design of a panel-based system shelf with the panel material Metawell. The concrete design as an application study is embedded in the question of what role systems can play for current social challenges and how these can be formally and technically communicated and realized in a contemporary way.
The panel material Metawell is convincing due to its grade purity as well as its static performance with very low thickness and weight. The panel material represents a highly technical industrial product and lends itself as a contemporary base material that offers a high recognition value due to its formal characteristics.
With regard to the online sales market, which is becoming increasingly important in the furniture sector, lightweight aluminum panels can offer great potential, because the modularity of a furniture system, coupled with the low weight of the panel material, scores points for both logistical and climate-economic reasons.
In my opinion, system furniture represents a special form of furniture because it creates redundancies in production due to the modular principle, can be disassembled into individual parts and is thus inexpensive to transport, and is versatile and thus seems to cover the most diverse needs of different users. The latter character of the versatile building block also leads to an improved subsequent use and thus to a potentially smaller ecological footprint.
This design exploration of the shelf as a building block is intended to discuss in applied terms the extent to which designs can be systematized from a formal and technical perspective and what implications this has for people and their living spaces, as well as what design principles are most likely to meet the ecological, technical, formal and cultural demands of a piece of furniture.
The work is not intended to consider the notion of building blocks or even systems exclusively in the conventional sense, but to understand them in the context of macroscopic systems and circuits. This is because a contextual view of interrelationships is becoming increasingly necessary in light of the critical discourse regarding the use of resources. This will first be done by means of a technical, formal, and cultural-historical analysis of existing system furniture, such as USM Haller, and the consideration of systematized building sets in general, including those that take place exclusively at the factory level.
Can systematized concepts do justice to cultural and aesthetic diversity? What strategies do the manufacturers and designers pursue? What are their economic and ecological motives?
In a further step, design variants will emerge, which prioritize different aspects and thus concretize and materialize the overriding rather abstract concepts in the design.
Finally, a design in the functional model will be created, which attempts to realize the knowledge gained from the theoretical and analytical work within the framework of one's own design attitude.
Um etwas nachvollziehen zu können, es logisch zu durchdringen, braucht es Ordnung. Der Grund dafür liegt meiner Ansicht nach in der Art und Weise, wie wir lernen und uns orientieren. In logischer Konsequenz wäre das Ordnungsbedürfnis also auf unsere neuronale Physiologie zurückzuführen. Basierend auf der Beobachtung meiner eigenen Orientierung in der Umwelt und der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dieser, schlussfolgere ich, dass das Kategorisieren, Gewichten und Abgleichen von Informationen notwendig ist, um zu begreifen. Kurzgesagt geht es um Systematik.
„Denken in Systemen entspricht dem Wesen menschlicher Natur und zugleich menschlicher Gestalt, die im besten Sinne Spiegel des Kosmos ist und im Denken sein kann. Denken in Systemen zielt auf Erkennen, Durchdringen und Ordnen. Es ist der Versuch, den Gesetzmäßigkeiten zu begegnen und ihnen im Modell zu folgen.“(Haller, 1989)
Sucht man nach Definitionen für den Begriff „System“, stoßt man je nach Fachgebiet und Zeit auf, im Übergeordneten abstrakte sich ähnelnde, im Detail aber doch unterschiedliche Begriffserläuterungen. Eine etwas allgemeinere Definition lautet:
„Menge von geordneten Elementen mit Eigenschaften, die durch Relationen verknüpft sind. Die Menge der Relationen zwischen den Elementen eines Systems ist seine Struktur. Unter Element versteht man einen Bestandteil eines Systems, der innerhalb dieser Gesamtheit nicht weiter zerlegt werden kann. Die Ordnung bzw. die Struktur der Elemente eines Systems ist im Sinn der Systemtheorie seine Organisation. Die Begriffe der Organisation und der Struktur sind also identisch.“(Feess, o. J.)
Die Systematik im Sinne eines Lehrgebäudes dient also zu dem Verständnis und der Vermittlung von Sachverhalten. Auch wenn es um Gestaltung geht, wird von Systemen gesprochen. Diese sind oft dadurch charakterisiert, dass sie anschlussfähig und deren Elemente untereinander kompatibel sind. Sie stellen so gesehen Plattformen dar und ermöglichen eine unkomplizierte Handlungsfreiheit innerhalb dieser.
Wie wertvoll Systeme sein können, wird klar, wenn wir beispielsweise ein neues Elektrogerät erwerben und dieses problemlos an jegliche Steckdose anschließen können. Wir bewegen uns innerhalb eines Systems dessen Elemente Schuko- Steckdosen, -Stecker, Verlängerungskabel und so weiter heißen. Wird der elektrische Rasierer mit in die USA genommen, kann dieser nicht ohne weiteres mit Strom versorgt werden. Es bedarf plötzlich eines Vermittlers, denn es handelt sich um einen Systemwechsel. In der Dingwelt stoßen wir also andauernd auf Systeme: Angefangen bei den Bürstenaufsätzen für die elektrische Zahnbürste, über das Gardena Bewässerungssortiment bis hin zu den Systemkoffern der Festool-Werkzeuge.
Systeme können von Unternehmen innerhalb von Produktlinien installiert werden, oder auch von regulierenden Institutionen wie dem Deutschen Institut für Normung kurz DIN. Auch Regierungen formulieren in Form von Gesetzestexten Regeln und Beschränkungen, welche zu einer systematisierenden Ordnung führen sollen.
Ein gutes Beispiel - so finde ich - für ein Produktsystem, welches nicht nur Objekte sondern auch Bedienoberflächen und Software mit einschließt, ist die Produktwelt von Apple. Die Anschlussfähigkeit der unterschiedlichen Geräte und Programme untereinander ist im besonderen Maße ausgeprägt und führt zu einer widerstandslosen Benutzererfahrung. Die Bewegung innerhalb dieses Systems hat ohne Frage einen süßen Beigeschmack von Freiheit und Schwerelosigkeit. Die Ernüchterung stellt sich aber spätestens dann ein, wenn man einem Windowsnutzer begegnet. Der Systembruch führt zu erheblichen Kompatibilitätsschwierigkeiten. Die Freiheit ist dahin.
Apples versprechen von Freiheit ist gepaart mit erheblichen Einschränkungen. Und genau das ist im Kern zeitgleich das Wunder und die Qual mit den Systemen:
Durch strenge Ordnung und Reglementierung eröffnet sich ein Handlungsraum, in welchem es reibungslos und frei zugehen kann.
Nicht nur in der Dingwelt stoßen wir auf Systeme. Auch in der Grafik und der Kommunikation sind Systeme von großer Bedeutung.
So hat beispielsweise Otl Aicher für die Olympischen Spiele 1972 ein System entwickelt, was Typografie, Farbe und Bildsprache in Einklang brachte. So entstand ein Baukastensatz, aus welchem sich die komplette Signaletik und Grafik für die Sportveranstaltungen ergaben. Diese Kohärenz innerhalb der Bild- Schrift- und Farbwelt stellte sicher, dass es über die Veranstaltungen hinaus einen großen Wiedererkennungswert gab, da die selben Gestaltungsgrundelemente immer wieder in anderen Kombinationen vorkamen. Fast wie bei einer Sprache werden sie durchkonjugiert und selbst fachfremde Personen erkennen diesen roten Faden und der intendierte Assoziationsmechanismus setzt ein.
Bei diesem Prinzip handelt es sich um eine der Grundlagen für die modernen Markenidentitäten. Kommunikationsagenturen auf der ganzen Welt bemühen sich um solche Gestaltungssysteme und scheuen dabei nicht über das Visuelle hinauszugehen.
Nach Hans Wichmann Können Produktsysteme in zwei Grundtypen unterteilt werden. Der Erste Typus ist jener, der aus Grundeinheiten besteht, die erst durch das Zusammenfügen zu einer funktionierenden Einheit werden. Das USM-Haller-Möbelsystem ist ein Beispiel für so ein System bestehend aus Elementarteilen, denn erst wenn mindestens acht Kugeln, vier Rohre und zwei Bleche zusammenkommen, entsteht eine dem Zweck entsprechende Einheit.
Der zweite Typus - so Wichmann – besteht aus Einzelteilen, die auch im nicht kombinierten Zustand eine Funktion erfüllen, durch Kombinieren aber noch erweitert werden können. Ein anschauliches Beispiel hierfür sind Fotoapparate, Objektive, Stative, Beleuchtungselemente und so weiter.
Endlose Möglichkeiten, unendlichfache Weiter- und Folgenutzungen, hohe Individualität trotz serieller Massenproduktion und das alles auch noch einfach zu transportieren.
Das sind einige der Versprechen, die Produktsysteme - besonders Möbelsysteme - geben. Wer aber genau hinschaut, wird sehen, dass sie, wenn überhaupt, nur teilweise eingelöst werden können. Hierbei geht es nicht um eine Entlarvung des Systemprinzips, sondern lediglich um einen differenzierten Blick auf die Thematik mit der Intention die Mechanismen der Rezeption besonders im Bezug auf die formale Gestaltung zu begreifen.
Denn mit dem Systemcharakter verhält es sich ähnlich wie mit den Pferdestärken eines Automobils. Das Versprechen des Sportwagens sind schwindelerregend hohe Geschwindigkeiten und rasante Beschleunigungen. Diese Eigenschaften sind auch deutlich an der Kubatur des Fahrzeuges zu erkennen, die vorgibt besonders windschnittig und agil zu sein. Auch der Innenraum ist entsprechend gestaltet. Die Sportsitze halten die fahrende Person fest im Sattel, wenn die hohen Zentrifugalkräfte sie wegzerren wollen. Das kleine Lenkrad hilft bei der strammen Lenkung. Tatsächlich kann das Auto auch so schnell fahren, wie es der Hersteller angibt.
Betrachtet man aber statistisch, wie oft diese Hochgeschwindigkeitsszenarien wirklich vorkommen, sind sie eigentlich vernachlässigbar. Worum es der besitzenden Person wirklich bei der Potenz des Kraftfahrzeuges geht, ist landläufig bekannt: Es geht um die Kommunikation bestimmter Eigenschaften und Werte nach außen. Das Objekt trägt zur Konsolidierung und Darstellung der eigenen Identität bei. Zumindest in der Theorie. Ohne mich zu weit aus dem Fenster lehnen zu wollen und als Laie der Soziologie und Verhaltensforschung, behaupte ich dennoch, dass der Erwerb, Besitz und die Zurschaustellung von Dingen, Teil eines Balz- und Machtgebarens sind.
Bei dem Systemcharakter im Möbel geht es um einen ähnlichen Mechanismus, nur eben um andere Werte und Lebensentwürfe. Dies bedeutet keineswegs, dass das Funktionalsystemischr einer Möbelkonzeption hinfällig ist. Auch unser Balzverhalten ist nicht zu verurteilen. Es ist Teil unserer physiologischen und antropologischen Realität und in erster Instanz die Bedingung für unsere Existenz. Es hat von Anfang an unsere Kulturtechniken geprägt und tut dies immer noch.
Die Werte, welche mit der Idee des Baukastens im Möbelbereich einhergehen, sind nach bildungsbürgerlichen Standards ohne Frage tugendhaft. Und die Konzepte feste Verbindungen bei formschöner Anmutung immer wieder lösbar zu gestalten, zeugen aus meiner Sicht von hoher technischer und formgebender Herausforderung:
Das Einfache muss nicht banal sein.
Meiner Auffassung nach bildet der Vergleich zwischen dem Systemmöbel und dem Sportwagen sogar zwei diametral gegenüberstehende Ideologien ab. Denn das System erfordert in bestimmter Ausprägung Egalität innerhalb der Komponenten. Die Gleichheit als Konzept der Gerechtigkeit und Freiheit ist vor allem ein gesellschaftliches und politisches Konzept.
So haben Bewegungen wie der Sozialismus versucht, die Idee der Gleichheit vor dem Gesetz und dem Staat - was die Grundlage von Menschenrechten darstellt - auf die materiellen Besitzverhältnisse zu übertragen:
Weil wir alle gleich sind, besitzen wir auch das Gleiche.
Das perfekte Möbelsystem wäre aus rein ideologischer Sicht absolut ubiquitär. Es käme in jedem Haushalt, Ladengeschäft und Büro vor. Dies würde maximale Produktionsökonomie und Kreislaufwirtschaft bedeuten. Somit können Parallelen zwischen der Egalität im ideologischen Sinne sowie der Gleichheit und Kompatibilität des Möbelsystems erkannt werden.
Immer wieder gab und gibt es Bestreben die Welt zu rastern. Designbewegungen und Büros wie Superstudio haben dies auch in Bildwelten, Architekturen, Raumkonzepten und Möbelentwürfen erdacht. Systemdesign, welches seinen Ursprung mitunter im Konstruktivismus und dem Beginn der Moderne in den zwanziger Jahren hat, kann aber einen unwirklichen Beigeschmack haben. Schnell können diese tugendhaften Prinzipien einen dystopischen Charakter entwickeln. Gerade die Bildwelten von Superstudio oder die des US-Amerikanischen Films „Tron“ aus dem Jahre 1982 evozieren eher ein Schaudern.
Schnell wird klar, dass Menschen Sehnsüchte haben, die nach einem Gegenpol zu der Gleichheit und der absoluten Rasterung der Welt streben. Diese Sehnsucht könnte ihren Ursprung in dem Bedürfnis nach Identitätsfindung und -abgrenzung haben. So braucht es individuellere Objekte, um einen Kontrast zu dem Anderen zu erzeugen und die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen zu bekennen. Und so kommen wir wieder zum Sportwagen. Geht man noch einen Schritt weiter, kann man den Sportwagen vielleicht mit dem Wunsch nach dem Einzigartigem dem Unikat - ersetzen.
Unikate haben in der Jetztzeit Hochkonjunktur und stellen gewissermaßen den Gegenpol zum allgemein verfügbaren Massenprodukt dar. Das Autorendesign und die Rückkehr zum Kunsthandwerk im Design sind aktueller denn je. Vielleicht kann heute das Raster als ein Stabilität vermittelnder Gegenpol zu einem schon fast aus den Fugen geratenem Individualismus dienen, der durch inflationäre Bildwelten Unordnung und Unsicherheit stiftet.
So wie kein Entwurf auf der Welt, kann auch meine Arbeit nicht als der richtige und letztendliche Beitrag zum Thema Regal sein. Sie ist allerhöchstens als zeitgenössische Ergänzung und Alternative zu verstehen.
Ein Möbel im Baukastenprinzip verfängt, denn es verspricht Individualität bei hoher Produktionsökonomie. So können viele gleiche Komponenten zu unterschiedlichen personalisierten Gebilden zusammengebracht werden.
Ein zweiter wichtiger Faktor für die Begeisterung für Baukästen ist der Umstand, dass viele Menschen ein hohes Maß an Befriedigung zu spüren scheinen, sobald sie Dinge selber zusammenbauen können. Spiele wie Lego belegen dies nur zu gut. Unternehmen wie Ikea machen sich dieses Phänomen zugute.
Ein kurzer Blick in die Geschichte der Baukastenmöbel, welche mit der Moderne beginnt, zeigt, dass dieses Versprechen nicht immer eingelöst werden konnte. Die Entwürfe, wie z.B. das Möbelsystem M 125 von Hans Gugelot oder das Systemmöbel von Rudolf Horn, zeugen trotzdem von einer hohen technischen Durchdringung und entwickeln über die Anforderung der Modularität eine eigene formale Sprache, die - so kann man argumentieren - einigen der Entwürfe zur Ikone verholfen hat.
Nicht nur im Wohnraum, sondern gerade in Museen, im Einzelhandel, im Büro oder auch im Bühnenbau spielen Mobiliarsysteme ihre Stärken aus. Hierbei können - je nach Definitions- Schärfe und Bereich - auch werkseitige Möbelsysteme wie beispielsweise jene von Ikea dazu gezählt werden. Diese zeichnen sich durch eine Modularität und Produktionsredundanzen über das gesamte Produktportfolio hinaus aus. Diese Art der Produktionssystematisierung ist nur möglich, wenn der Systemgedanke schon im Entwurf vorhanden ist, doch den Systemcharakter muss man dem Objekt jedoch nicht unbedingt ansehen.
Ein sehr früher Beitrag im Bereich des Wohnsystemmöbels leistete bereits im Jahr 1950 Hans Gugelot mit dem Möbelsystem M 125. Interessant ist hier das von Gugelot gewählte Grundmaß von 125mm, welches seiner Auffassung nach das kleinste gemeinsame Maß aller Dinge, die in einem Behältnis untergebracht werden können, darstellt.
Ich kann das Bestreben nach klaren und endgültigen Aussagen in der Produktgestaltung gut nachvollziehen. Die Idee vom perfekten Möbel, von einem - wie ein Axiom - allem grundlegendem Raster verfängt durchaus und ist sehr typisch für die Entwerfer*innen der Moderne. Konzepte wie die Frankfurter Küche oder der Modulor verfolgen diese Idee. Wie die Zeit jedoch gezeigt hat und, so denke ich, auch in Zukunft immer wieder zeigen wird, sind wir als Gesellschaft über die Zeit zu dynamisch als das Ideen, Konzepte und Entwürfe den Zahn der Zeit überdauern könnten.
Interessanterweise kam es damals nie zu der umfassenden Nutzung Gugelots Möbels als System. Heute wird es nur noch als Einzelstück hergestellt. Sein Konzept hatte trotz ständiger technischer Weiterentwicklung wohl einige entscheidende Schwachstellen.
Anders verhält es sich mit dem Beitrag von Dieter Rams, welcher 1960 für den Hersteller Vitsoe das System 606 entwarf. Dieses ist heute noch als solches zu kaufen und als System nutzbar, dessen Einfachheit sich durchgesetzt hat.
Die Systematisierung des Möbels ist also ein Phänomen der Moderne und der darauffolgenden Jahre. Es entstand einerseits eine neue technischere formale Sprache, andererseits die Skalierung in der Produktion, was als Liberalisierung des Möbels gewertet werden könnte.
Ich glaube, dass Systeme wieder ein Teil der Lösung für Probleme der Jetztzeit sein können. Im Diskurs über die Ressourcen- und Energiethematik sind Kreisläufe und Folgenutzungen kein unerhebliches Thema. Denn Systeme bieten, wenn konsequent und flächendeckend verbreitet, kreislaufartige Objekt- Nutzung und Wiederverwertung, vorausgesetzt sie werden von der Nutzerschaft angenommen.
Anhand am Markt bestehender Systemregale können diese in zwei Grundtypen gegliedert werden, deren Charakteristika im Folgenden kurz erläutert werden. Es handelt sich hierbei um zwei unterschiedliche statische Prinzipien, die sich auf die formale Erscheinung auswirken. Je nach Grundtypus verändert sich der modulare Charakter.
Diese Analyse dient einerseits die modularen Systeme technisch nachzuvollziehen, andererseits ermöglicht sie eine Bestandsaufnahme und hilft Potenziale auf formaler und technischer Ebene zu erkennen.
Gerüstbasierte Systemregale basieren auf einem Skelett, welches die Statik des Regals gewährleistet. Böden, Verkleidung und Türen werden an das Gerüst angeschlossen. Wichtigste Vertreter sind: USM Haller, System 180 und Vitsoe 606.
Plattenbasierte Systemregale hingegen kommen ohne ein Traggerüst aus, denn die Platten, welche die Böden, Seiten und Verkleidungen darstellen, übernehmen die tragende Funktion. Die prominentesten Entwürfe sind hier: FNP, Balton und relativ neu am Markt das Tylko System.
Der Graph oben visualisiert den modularen Charakter der jeweiligen Systeme.
Formgebung in der Produktentwicklung ist ein angewandter Prozess, welcher häufig in ausdifferenzierten Kontexten mit festgelegten Vorgaben stattfindet. Diese Rahmenbedingungen ergeben sich aus kulturellen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten.
Auch diese Arbeit bewegt sich unweigerlich in einem kulturgeschichtlichen und gesellschaftlichen Raum. Zunächst fängt sie jedoch nicht mit der konkreten Formgebung und technischen Entwicklung an, sondern muss erst einmal das Themenfeld beschreiben und innerhalb diesem einen Konzeptionsprozess vollziehen. Somit ist die Frage nach der Aufgabe ein wesentlicher Teil dieser Entwurfsgenese.
Das persönliche Interesse und die eigenen Fähigkeiten spielen bei der Themenentwicklung und Beschreibung dieser Arbeit eine zentrale Rolle. Mindestens genauso wichtig ist die Beobachtung des Bestandes und das Vermuten von Potenzialen. Dabei kann es sich um technische Verbesserungen handeln, welche Einfluss auf die Haltbarkeit, Nutzbarkeit und Halbwertszeit oder auch auf die ökonomische und ökologische Einbindung in den Markt haben. Potenziale können jedoch auch kulturelle und damit stilistische und formal ästhetische Sehnsüchte sein. Also die Frage nach der gegenwärtigen Schönheit verstehe ich als gleichwertig zu der beispielsweise technisch-statischen Funktion.
Entwürfe und Konzepte reagieren gewissermaßen auf die naturgegebenen und auch menschengemachten Veränderungen der Lebensräume und gesellschaftlichen Tradierungen. Es ist natürlich nur sehr bedingt möglich, kausale Zusammenhänge zwischen gesellschaftlichen Gegebenheiten und Veränderungen und Produktgestaltung lückenlos zu argumentieren, denn das Phänomen ist weder monodirektional noch monokausal. Relativ evident ist jedoch, dass neue Lebensweisen zu anderen Gewohnheiten führen, welche wiederum die Anforderungen an die Werkzeuge und Objekte, welche uns tagtäglich umgeben, verändern. Auch neue Materialien und neue Verarbeitungs- und Produktionsverfahren münden in veränderter Formgebung.
Anhand des Regals als Möbelstück kann dieser Mechanismus beobachtet werden:
Das Grundprinzip der stationären Aufbewahrung ist bedingt durch das Sesshaftigkeit. Auch die Technologie der Lebensmittelkonservierung war eine Voraussetzung für den Bedarf an Aufbewahrungsmobiliar, welches für lange Zeit eher in Funktionsräumen wie Speicher, Küchen und Lager vorzufinden war. Erst der Besitz von Objekten, welche zur Schau
gestellt werden, macht das Regal zum Möbelstück für den Wohnraum. Das Buch ist beispielsweise eines dieser Objekte. Nun steht nicht mehr nur die statische Funktion im Vordergrund, sondern auch die Ästhetik als Einrichtungsgegenstand.
Mit der industriellen Revolution und der Erschließung neuer technischer Verfahren zur Herstellung und Bearbeitung von Plattenwerkstoffen ergeben sich neue Möglichkeiten für die Gestaltung von Regalen. Ganz konkret bedeutet dies, dass das Regal nicht mehr aus sowohl in der Beschaffung als auch in der Bearbeitung kostenintensivem Vollholz bestehen muss. Zunächst halten technische Vollholzderivate wie Leimholz und Brettschichtholz Einzug in die Regalproduktion. Später kommen dann hochtechnische Plattenwerkstoffe wie Sperrholz, Tafelpressspan und MDF dazu. Diese Werkstoffe haben den Entwurfsspielraum in besonders hohem Maße erweitert und das Regal zu einem in Masse gefertigtem Möbelstück gemacht, welches nicht nur den wohlhabenden Gesellschaftsschichten vorbehalten ist.
So erschließt sich das Themenfeld des Systemregals für diese Arbeit einerseits aus der Begeisterung für Baukastensysteme und deren technischer Entwicklung, andererseits aus der Idee mit einem zeitgenössischen Plattenwerkstoff ein adäquates Konzept zu entwickeln, was möglicherweise auch die heutigen Herausforderungen der Möbelbranche aufgreift.
Ich vermute, dass es sich bei dem zeitgenössischen Plattenwerkstoff um die Wellpappe aus Aluminium von Metawell handelt. Dessen einfacher Aufbau führt zu hoher Steifigkeit bei geringen Materialstärken und wenig Materialeinsatz. Die Leichtbauplatten können somit die für ein Regal notwendigen Lasten aufnehmen und vermitteln auch formal ein gewisses Maß an Leichtigkeit. Abgesehen von kleinen Klebstoffmengen handelt es sich hierbei um ein sortenreines gut recycelbares Material.
Das Regalsystem mit dem Arbeitstitel RS-W_22 hat eine besonders technische Anmutung, ist modular, simpel auf- und abzubauen und relativ produktionsfreundlich.
Es stellt die Grundeigenschaft des Halbzeuges, aus welchem heraus es entwickelt wurde, zur Schau.
Die vorangegangenen Varianten der Verbinder und Türen können als Entwurfsvarianten verstanden werden, welche verschiedene Zielgruppen ansprechen könnten. Dabei bleibt aber klar, dass der Entwurf in seiner Technizität, Zurückgenommenheit und fast industriellen Roheit einer bestimmten stilistischen Richtung zuzuordnen ist.
Der wohnliche Charakter kann durchaus angezweifelt werden. Ich vermute jedoch einen gewissen stilistischen Bezug zur Jetztzeit und das Regal als Behältnis leistet als Möbelstück den dekorativen Beitrag auch nicht alleine, sondern ist in Kombination mit dessen Inhalt zu begreifen. Hier vermute ich fruchtbare Synergien zwischen dem kalten und präzisen Halbzeug und den Büchern, Vasen, Leuchten, Schallplatten, Stereoanlagen und so weiter.
Der Kerncharakter des Regals ist in dem Plattenwerkstoff und dessen reversible modulare Verbindung zu finden. Die formale Gestaltung innerhalb dieser technischen Parameter kann variieren und das Möbelstück so individueller machen.
So können verschieden farbige Türen, Verbinder und Platten das Regal in unterschiedlichem Licht erscheinen lassen.
Auch im Einzelhandel besonders im Showroombereich kann ich mir das Möbel gut vorstellen, weil es auf verschiedene Szenarien agil reagieren kann.
Der Systemcharakter erlaubt es, das Möbel in verschiedensten Kombinationen aufzubauen.
Es reicht also von einer deckenhohen Schrankwand, bis hin zum kleinen Nachtschrank.
Eine gewisse formale Ähnlichkeit zu dem zuvor genannten Möbel aus Südkorea ist evident, denn Materialität und Möbelart korrespondieren.
Ein grundlegender Unterschied besteht in der Arbeit mit einem Halbzeug, welches bisher vorwiegend für andere Zwecke genutzt wird. Auch die Art der Verbindung unterscheidet sich letztendlich.
Als herangehender Gestalter ist die Auseinandersetzung mit der Thematik der Ähnlichkeit ohne Frage eine wichtige. Es zeigt, dass wir nie in einem luftleeren Raum hinein entwerfen und das Rad auch nicht neu erfinden können. Umso wichtiger ist eine ausgeprägte und vollständige Recherche und dem Verständnis dafür, worum es im Kern in der eigenen Arbeit geht.
Dieses Regal erfindet weder das Rad neu, noch eröffnet es nie gesehene stilistische Welten. Es versucht höchstens einen kleveren Umgang mit einem interessanten Halbzeug und möchte dabei einen formal zeitgenössischen Beitrag leisten.
Ob dies gelingt, ist vielen überlassen, nur nicht mir.