In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In diesem Kurs durchliefen wir den Prozess von der Auseinandersetzung mit persönlichen Ritualen, über das Gestalten eines eigenen Gefäß-Entwurfs bis hin zur Abformung dieser mithilfe von Industrie-Plastilin (Clay) und einem Schlickerguss.
In den ersten Kurseinheiten reflektierten wir Rituale in unserem Alltag, tauschten diese in Kleingruppen aus und sammelten sie. Dies gab mir die Möglichkeit, intensiver über eigene Rituale nachzudenken und ich stieß ziemlich schnell auf die Frage: Ist das Routine oder Ritual? Der Austausch mit dem Kurs hat mir hier sehr geholfen, Rituale in meinem Leben zu identifizieren und wertzuschätzen – in den folgenden Wochen achtete ich auch in meinem Alltag achtsamer auf bestimmte, sich wiederholende Handlungen. Letztendlich habe ich gelernt, dass der Hauptunterschied zwischen einem Ritual und einer Routine die tiefe emotionale oder persönliche Bedeutung ist, während eine Routine „einfach“ eine Abfolge von Handlungen oder Aufgaben ist, die regelmäßig durchgeführt werden. Natürlich kann auch darin Sicherheit oder Geborgenheit gefunden werden, ein Ritual kann aber auch schon fast als symbolische Handlung durchgeführt werden, die dazu dient, sich mit der eigenen Energie zu verbinden.
Wir dokumentierten bestimmte Rituale und damit verbundene Gefäße in den ersten Kurswochen fotografisch.
Der Besuch bei KPM in Berlin war sehr inspirierend und gab mir viele Eindrücke über die Herstellung von Keramik und Porzellan. In verschiedenen Werkstätten und Etagen durften wir den Porzellan-Profis über die Schulter schauen und Fragen stellen. Besonders begeistert hat mich die Präzision und das Feingefühl, mit welcher dort gearbeitet wird, um immens teure Produkte aus dem „weißen Gold“ zu schaffen. Im Anschluss daran hatten wir die Möglichkeit, uns Gedanken über unsere Entwürfe zu machen und erste Ideen mit Maike zu besprechen.
Meine Idee war es, ein Keramik-Set zu erstellen, das Achtsamkeit fördern und das Ritual des Runterfahrens unterstützen soll. Das Set besteht hier aus einem Becher ohne Hänkel, der beim Trinken von Tee die Hände wärmt, und einem etwas kürzeren Becher, der als Kerze fungieren kann, wenn man Wachs darin füllt. So kann die Zeit ritualisiert werden, in der man sich einen Moment für sich selbst nimmt: Das Alleinsein und die Ruhe können so zelebriert werden.
Mit unseren Entwürfen auf Papier ging es an die Fertigung des Grundgerüsts für unsere Positivform. An einem Tag in der Werkstatt schnitten wir in Teamarbeit passende Grundplatten aus Holz zu, schliffen diese ab und schraubten einen Schaumkörper aus Blauschaum darauf. Dieser sollte ungefähr die Form des späteren Gefäßes haben, nur war er etwas kleiner, damit wir noch reichlich Clay auf- und abtragen konnten. Dies war meine erste Berührung mit der Werkstatt und es war schön, diese Arbeit im Kurs aufzuteilen. Das Lasern der Schablonen war der letzte Schritt, bevor wir uns an den Clay herangewagt haben.
Die Arbeit mit Clay war definitiv herausfordernd, da die Masse nicht wie gewöhnlicher Ton durch leichtes Kneten weicher wurde, sondern nur durch starkes Erhitzen. Ist der Clay um die 60 Grad heiß, kann er nach und nach aufgetragen und so eine dicke Schicht um den Schaumkörper gelegt werden. Diese haben wir im Anschluss mit der Schablone in schabenden, rotierenden Bewegungen abgetragen. Hier konnte man wirklich perfektionistisch werden und in mehreren Kurseinheiten die kleinsten Feinheiten ausbessern.
Mit einem Sack Gips bewaffnet konnten wir die Negativform unseres Gefäßes gießen, aus welcher im späteren Prozess die finalen Positive abgeformt werden sollten. Die Arbeit mit Gips hat Spaß gemacht. Beim Anrühren sollte auf das Verhältnis von Wasser und Gips geachtet werden, zu viele Bläschen oder Klümpchen sollten auch vermieden werden. Alles auf das Claymodell gegossen, konnte ich dieses nach einer Woche wieder aus dem Gips stürzen. Hier war es total hilfreich, im Entwurfsprozess den Tipps von Maike zu folgen – Hinterschneidungen, also Gefäße die nach unten hin breiter werden, vermeiden, auch an geraden Wänden eine leichte Schräge einplanen und möglichst rotationssymmetrische Formen entwerfen.
Einen Gießring gossen wir im Anschluss, um beim Abgießen der Steinzeugmasse gerade Kanten zu erhalten. Gerade bei einem Gefäß wie meinem, dass als Becher verwendet werden kann, ist es von Vorteil auf die Ergonomie des Trinkrands zu achten. Mit kleinen Einbuchtungen, die wir in den Gießring einarbeiteten, konnte dieser später nicht mehr verrutschen und saß sicher auf unserer Gips-Negative.
Der aufregendste Part war das Abgießen mit der Steinzeugmasse bzw. Porzellan. Aufgrund zu geringen Lagerbestands mussten wir uns für unsere ersten Abgüsse mit selbst angerührter Steinzeugmasse zufrieden stellen, die nicht, wie von Maike empfohlen, angerührt in einem praktischen Eimer kommt. Diese Gießmasse bereitete anfangs einige Probleme, da das Verhältnis von Wasser und Pulver wie auf der Packung angegeben eine viel zu dicke Mischung ergab. Das Ergebnis waren sehr dickwandige Formen, die schnell trockneten. In einem zweiten Anlauf nutzten wir das wieder vorrätige vorgemischte Steinzeug. Hier ist aber dann die längere Trockenzeit zu beachten. In meinen Ergebnissen ist deutlich zu erkennen, wie ich im Abgießprozess lernen musste, wie lang ich die Masse in der Gipsform lasse – einige Objekte haben sehr dicke, andere sehr dünne Wände.
Nach dem Schrühbrand konnte ich die Formen noch ein wenig mit einem feinen Schleifpapier bearbeiten, um kleinere Unebenheiten auszubessern und den Trinkrand angenehmer zu gestalten.
Der Rituale.Formen.Gefäße Kurs hat mir unglaublich gut gefallen! Obwohl ich im Bereich Produktdesign/Keramik noch total neu war, bin ich froh, aus meiner Komfortzone getreten zu sein und freue mich über mein Kursergebnis. Ich hatte anfangs definitiv meine Herausforderungen mit dem Claymodell und auch beim Abießen vom Steinzeug mussten wir uns erstmal „eingrooven“, doch auch in diesen Schritten konnte ich immer auf einen guten Rat von Maike oder Philip setzen. Ich habe viel über das Ablegen von Perfektionismus, den Spaß an Teamarbeit, das Abgießen mit Steinzeug und natürlich über Rituale und Gefäße gelernt.