Incom ist die Kommunikations-Plattform der Fachhochschule Potsdam

In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre

Incom ist die Kommunikations-Plattform der Fachhochschule Potsdam mehr erfahren

cyclofaktur

Semester-Dokumentation Design by Zufall

Recherche

Die Recherche für Design by Zufall umfasste Diskussionen, Filme, Lektüre und Referate.

Der Kurs befasste sich selbstverständlich mit der grundlegenden Frage Was ist Zufall? und gibt es ihn überhaupt. Die verschiedenen Meinungen der Studierenden und Fachmeinungen von Philosophen  haben meinen Zufallsbegriff bereichert.

Bereichernd war außerdem die Lektüre von Strange Design von Jehanne Dautrey & Emanuele Quinz und Design und Improvisation von Annika Frye. Doch entscheidend für meinen Semesterverlauf war der Film Signers Koffer über die Arbeit des Installationskünstlers Roman Signer. Die experiementellen, humorvollen und pitoresk poetischen Werke inspirierten mich zu meiner Semesterarbeit cyclofaktur.

Vortrag Mutation

Wir verknüpfen den Begriff Mutation zumeist mit (negativen) gesundheitlichen Zuständen des menschlichen Organismus. Allerdings zeigte sich während der Recherche die existentielle Bedeutung für das Leben auf der Erde. Die spontane, zufällige Veränderung von Genen in Organismen führt zu neuen, (dys-)funktionalen Merkmalen - zu Evolution.

In der Landwirtschaft, der Kunst und ebenso im Design fand ich Zusammenhänge mit dem Mutationsprinzip. Angewandt auf Formfindug (Maarten de Ceulaer - mutation series), als Methode zur kritischen Hinterfragung des Mensch/Natur-Verhältnisses (Eduardo Kac - Genesis) oder zur Steigerung der genetischen Vielfalt in der Saatzucht (Strahlenzucht).

Der gemeinsame Reiz liegt in der Spontanität und Zufälligkeit, die Mutationen inhärent sind.

Beschreibung des Prozesses

Wie bereits erwähnt entschied ich mich inspiriert von Signers Koffer mich dem Alltäglichen zuzuwenden.

Mein erster Impuls war eine (Fahrrad-)Konstruktion zu bauen mit welcher die Topographie einer Strecke erfasst werden kann. Diese Topographie sollte sich in einem Objekt/Material manifestieren. Dazu überlegte ich mit weichen, formbaren Tonkörpern zu arbeiten, doch entschied ich mich für Textil und Farbe. Wichtig war mir die schnelle Verfügbarkeit und Iterationen zu ermöglichen.

Die erste Strecke war „Zum Späti“. Von der FH;P zum nahegelegenen Spätkauf. Ich besorgte mir einen Vorderradgepäckträger und baute einen ersten schnellen Versuchsaufbau.

IMG_0974.JPGIMG_0974.JPG
IMG_0969.JPGIMG_0969.JPG
IMG_0971.JPGIMG_0971.JPG

Fahrrad, Vorderradgepäckträger, offener Behälter, verdünnte Abtönfarbe, weißer Baumwollstoff.

Die erste Strecke war „Zum Späti“ von der FH zum nahegelegenen Spätkauf. Ich besorgte mir einen Vorderradgepäckträger, montierte eine MDF-Platte, bezog diese mit weißem Baumwollstoff und nutzte verdünnte Abtönfarbe.

Das Ergebnis war zu verlaufen, vage, undefiniert.

In folgenden Varianten versuchte ich einen raffinierteren Aufbau zu finden.

IMG_1057.JPGIMG_1057.JPG
IMG_1056.JPGIMG_1056.JPG
IMG_1054.JPGIMG_1054.JPG
IMG_1055.JPGIMG_1055.JPG

Fahrrad, Hängende Konstruktion, Einwegbecher, Textilfärbemittel, gefallteter weißer Baumwollstoff.

Der Kaffeebecher griff das alltägliche auf und to go / on the go. Gleichzeitig führte die kleine, begrenzte Öffnung zu einem aussagekräftigeren Farbabdruck.

Allerdings hinterließ das Färbemittel nur vage Flecken. Durch den Aufbau vorne am Fahrrad fiel es mir schwer meinen selbstverständlichen, alltäglichen Fahrstil beizubehalten. Die Versuchung durch übertriebene Lenkerbewegungen die Streckendokumentation zu „verfälschen“ war groß.

Nach den ersten Versuchen entschied ich mich den Fokus zu verstellen.

Ich wollte mich selber dem Versuchsaufbau unterordnen. Das bedeutete den Prozess nicht beobachten zu können.

Ich wollte die erlebte, alltägliche Strecke im Moment auf meinem Körper festhalten. Jeder Impuls fährt in den Körper und manifestiert sich simultan als Farbspritzer auf dem Textil.

IMG_1214.JPGIMG_1214.JPG
IMG_1209.JPGIMG_1209.JPG

Fahrrad, Holzkonstruktion, Farbbehälter, Textilfarbe, blanko Shirt, Videokamera.

Am Körper trage ich weiße blanko Shirts. Diese sind vorderseitig mit einem Siebdruck der Strecke versehen.

Die Grafik umfasst die Daten: Dauer, Streckenverlauf, Start- und Endkoordinaten und die verschiedenen Untergründe (Asphalt, Kopfsteinpflaster, etc.).

Desweiteren experimentierte ich mit dreidimensionaler Textilfarbe um dem Siebdruck ein haptisches Erlebniss hinzuzufügen.

Label_Heim_See.pngLabel_Heim_See.png
Label_Heim_FH.pngLabel_Heim_FH.png
Bildschirmfoto 2022-09-08 um 11.27.44.pngBildschirmfoto 2022-09-08 um 11.27.44.png
Label_Heim_UL.pngLabel_Heim_UL.png

cyclofaktur

Als Fahrradfahrer:innen fahren wir die gleichen Wege immer und immer wieder. Asphalt, Kopfsteinpflaster und Bordsteinkanten übertragen sich auf unsere Körper. In unserem Alltag üben wir uns darin, dies auszublenden. cyclofaktur bindet dieses sensorische Erlebnis mit Farbe und Textil direkt am Körper. Die Strecke wird sichtbar und gemessen. Es entstehen Unikate zwischen Datenerhebung, Bekleidungsmanufaktur, Datenskulptur und Performance.

Video "Zum See" - cyclofaktur

Video "Zur FH" - cyclofaktur

Video "Zum Atelier" - cyclofaktur

FINALE FOTOS

Print_Front_3.pngPrint_Front_3.png
Design_Back_2.pngDesign_Back_2.png
Print_Front_1.pngPrint_Front_1.png
Design_Back_1.pngDesign_Back_1.png
Design_Back_3_1.pngDesign_Back_3_1.png
Front_Print_3_3.pngFront_Print_3_3.png
Design_Back_3_2.pngDesign_Back_3_2.png
Print_Front_2.pngPrint_Front_2.png
Bike_Total.pngBike_Total.png

Model_Mia.pngModel_Mia.png
Model_Ich.pngModel_Ich.png
Model_Fahrrad.pngModel_Fahrrad.png
Model_Fahrend.pngModel_Fahrend.png

Reflexion

Wo sucht der Mensch nach Zufall?

Diese Frage blieb während meiner Recherchen und Arbeit im Sommersemester 2022 ein spannendes Motiv.

Sie führte mich über große Themen wie Mutation und Genmanipulation hin zum alltäglichen. Ob Menschen ein Fußballspiel verfolgen oder im Wald ein Abenteuer suchen - das Zufällige, Unerwartete lockt sie an.

Prof. Knüppel empfahl uns von Beginn an ins Experimentieren, ins Machen zu kommen. Durch meine Themenwahl (Mutation) tat ich mich damit zunächst schwer. Gerne hätte ich beides miteinander vereint.

Mit dem neuen Thema ging das Iterieren leicht von der Hand. Auch dieser Prozess zeigt, dass das immer notwendig ist.

Schade war die wenige Zusammenarbeit in der Gruppe. Auch der Austausch war zurückhaltend. „Design hat nichts mit Kunst zu tun“ ist eine Haltung, die ich nicht teile und als einschränkend und kontraproduktiv empfinde.

Den Reiz des Zufalls in meine Gestaltung und den gesamten Gestaltungsprozess zu integrieren war eine bereichernde Erfahrung. Es entstehen andere Qualitäten und ganze Geschichten, die sich erzählen lassen.

Mich begeistert das Spannungsfeld zwischen kontrolliertem (Versuchs-)Aufbau und dem Raum für das Unberechenbare. Zwischen der alltäglichen Routine und der performativen Intervention. Zwischen Datenerhebung und zufälliger Textilgestaltung.

Die Inputs von Prof. Knüppel trugen dazu bei die eigene Perspektive und Position als Gestalter zu überdenken.  Ich arbeite weiter an meiner persönlichen Autorenschaft. Doch bin ich jetzt bewanderter in Co-Autorenschaft mit dem Zufall und zukünftigen Partner:innen in Design.

Ein Projekt von

Fachgruppe

Produktdesign

Art des Projekts

Studienarbeit im zweiten Studienabschnitt

Betreuung

foto: Prof. Silvia Knüppel

Zugehöriger Workspace

Design by Zufall

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2022

Keywords

zusätzliches Material