Incom ist die Kommunikations-Plattform der Fachhochschule Potsdam

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Eine gestalterisch experimentelle Broschüre zur Gewaltfreien Kommunikation von Marshall Rosenberg.

Themenfindung

Wie üblich habe ich mich anfangs durch einige Themen gearbeitet, bevor mir klar wurde, dass ich mich anstatt mit einem größeren politischen oder kulturellen Thema vor Allem mit etwas beschäftigen will, von dem ich das Gefühl habe, dass es einen persönlichen Mehrwert hat. Ein Produkt, aus dem ich und die Menschen, die damit in Berührung kommen, etwas lernen und daran wachsen können.

Da ich mich ein paar Tage vorher hatte ich mich seit langem wieder mit der von Marshall Rosenberg entwickelten Gewaltfreien Kommunikation beschäftigt. Dabei handelt es sich um eine relativ simple Satzstruktur, deren Anwendung Gesprächspartner_innen darin unterstützen soll, auszudrücken, was sie wirklich voneinander wollen, ohne sich dabei vor den Kopf zu stoßen. Sie wird vor allem in einem 200-seitigen Buch oder Vorträgen vermittelt, was einen vollständige, dafür aber schwer zugängliche Einführung darstellt. Daher wollte ich versuchen, eine zugänglichere Version zu entwickeln.

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Um dem ausführlichen Inhalt des Buches gerecht zu werden, den ich auf einige A4-Seiten Notizen reduziert hatte, wollte ich ursprünglich ein illustriertes Magazin entwickeln, das den von Rosenberg oft verwendeten Figuren Giraffe und Schakal durch die Savanne folgt und anhand ihrer Interaktionen die Grundzüge der GfK vermittelt. Jedoch merkte ich schnell, dass ich mit dem Umfang des Projektes zeitlich und technisch überfordert war und entschied mich stattdessen für eine kleinere Broschüre mit reduziertem Inhalt, die sich vor allem an der Textgestaltung orientiert, da ich dort noch viel Raum für persönlichen Fortschritt sah.

Layout

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Bei dem Versuch, 200 Seiten GfK in eine achtseitige A6-Broschüre und ein kleines Poster zu übertragen, wurde schnell klar, dass auch das einiges an Aufwand in Anspruch nehmen würde. Tatsächlich ging ein guter Teil der in das Projekt investierten Zeit dabei drauf, einen inhaltlich zufriedenstellenden Text auszuarbeiten, da ich mich extrem gehemmt fühlte, die nötige Energie in die händische Gestaltung zu stecken, ohne zu wissen, ob ich die Worte selbst nochmal überarbeiten würde.

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Nachdem ich zumindest so zufrieden war, den Text anderen zum probelesen zu geben, war ich durch das Feedback motiviert genug, mich von den Restriktionen der originalen Struktur zu lösen und sie inhaltlich so zu verändern, dass sie in das kleine Format passen und mir mehr Raum für die Gestaltung geben würde.

Schrift

Bei den ersten Versuchen, den fertigen Text digital zu layouten, merkte ich schnell, wie wenig Erfahrung ich wirklich mit der Wahl der passenden Schriften hatte. Vor allem aber hatten die geometrischen Textbausteine, die ich mir in Indesign zusammengeschoben hatte, nichts mit der Vorstellung von einem fluiden Layout mit variabler Textgröße und Form gemein, die ich für das Endergebnis hatte. Also begann ich auch hier, Handschriftlich zu experimentieren und arbeitete mich über die bloße Form zu Strichstärken und Schattierungen vor.

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Bei dem Versuch, die Schrift von Hand zu setzen, stieß ich jedoch wieder auf Probleme damit, dass mir einerseits die rein analoge Optik zu unprofessionell wirkte, andererseits mehrere verschiedene Textebenen auf verschiedenen Bögen miteinander harmonisch zu verknüpfen extrem schwierig war.

Daher begann ich, meine handgeschriebenen Versuche zusätzlich digital zu verformen und lieh mir ein iPad, um die verschiedenen Texte parallel bearbeiten zu können.

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Obwohl ich ursprünglich mehr Schriften für mehr Textebenen entwickeln wollte, entschied ich mich für die finale Version für nur drei gut unterscheidbare Fonts.

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Der informative Teil ist eine 8-Bit-Schrift in weißem Rahmen, der an aus Magazinen ausgeschnittene Textschnipsel erinnern soll. Man kann argumentieren, in wie weit das Attribut eckig wirklich für Neutralität oder Wissenschaftlichkeit stehen kann, aber es ist einfach eine Ästhetik, die mich in letzter Zeit interessiert hat und einen guten Kontrast zu den beiden Anderen bildet.

DIe negativen Sprachbeispiele, die die Basis für diese Broschüre bilden, sind ein wildes Chaos im Hintergrund. Wie unsere Sprache ist die Schrift oft vage, verschwommen und missverständlich.

Im Gegensatz sind die alternativen Vorschläge in klarem Strich darüber gezogen. Ich habe verschiedene Handschriften getestet, die Ehrlichkeit, Selbstbewusstsein und Authentizität vermitteln sollen, und auch wenn diese nicht ganz einfach lesbar ist, erhielt sie mit ihren ausladenden Zügen das beste Feedback.

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Auf dem rückseitigen Poster sind keine negativen Beispiele mehr, ich wollte aber trotzdem dieselben drei Schriften verwenden. Daher habe ich die 4 Themen der GfK in der verzerrten Schrift gehalten, da sie im Infotext nicht so konkret angesprochen werden, aber trotzdem gute Erinnerungsstützen sind und dem Poster eine spannende Fernwirkung geben. Die darin enthaltenen Fragen sind auf etwas kürzere Distanz lesbar und im Hintergrund finden sich vollständige positiv formulierte Beispiele, falls man nah genug an das Poster herangeht.

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Farbe

Da Farbe gerade bei so einem emotionsbasierten Thema wie der Gewaltfreien Kommunikation eine hohe gestalterische Wirkung hat, habe ich bereits am Anfang für das geplante Magazin überlegt, wie man mit wenigen Lagen Risofarbe das beste Farbspektrum erzielt. Da die finale Broschüre jedoch deutlich kleiner und simpler ausgefallen ist, habe ich mich für einen einfarbigen Risodruck auf buntem Papier entschieden. Dabei wird fast das ganze Blatt mit 50%iger Stärke überdruckt, um die Mischfarbe als Grundfarbe und mit der reinen Blattfarbe bzw. dem 100%igen Risodruck zwei Kontrastfarben zu haben, die sich in unterschiedliche Richtungen vom Hintergrund abheben.

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Druck

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Beim ersten Druckversuch meiner bevorzugten Farbkombination blau-grün zeigte sich schnell einige Hürden: Abgesehen davon, dass die neongrüne Farbe auf dem dicken Papier besonders gut abreibt, was für eine Broschüre, die in die Hand genommen und durchgeblättert werden soll, nicht besonders ideal ist, war der Kontrast auch zu gering, um die kleine Schrift gut lesen zu können.

Außerdem ergibt die Druckfarbe auf dem bunten Papier nicht dieselben leuchtenden Mischtöne, die zwei Risofarben übereinander hervorbringen und die ich mir gewünscht hätte.

Daher druckte ich als Alternative zwei einfarbige Versionen: dunkles Rot auf rosa Papier und einen hellen Minzeton auf dunkelgrünen Bögen. Eigentlich hatte ich für die zweite Version eine negative Druckvorlage, entschied mich aber aus Neugier für das positive Original, da ich dachte, dass es der großen Schrift auf dem Poster einen spannenden Schemenhaften Charakter verleihen würde, auch wenn dabei letztendlich etwas von deren Plastizität verloren ging.

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Aktiv am Druckprozess teilzuhaben hat mir einige Erfahrung für die nächste Ausgabe gegeben. Wenn ich es schaffe, die Broschüre nochmal zu überarbeiten, werde ich versuchen, mit mehr Farben auf dünneres Papier zu drucken. Ob dafür Riso die richtige Wahl ist oder zu sehr abfärbt werde ich sehen, wenn ich den ersten Entwurf ein paar Leuten in die Hand gegeben und an meine weiße Wand gehängt habe.

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Fazit

Dieses Projekt war wahrscheinlich das umfangreichste meines bisherigen Studiums. Einerseits habe ich mir gerade am Anfang extrem schwer damit getan, Vertrauen in meinen Text zu haben, und mich mit einem Layoutversuch nach dem anderem aufgehalten; Andererseits habe ich es irgendwann geschafft, mich auf das Experimentieren einzulassen und mehr Stile und Techniken auszuprobieren, als ich mir sonst erlaubt hätte.

Dadurch hat sich die eigentliche gestalterische Arbeit weit über den zeitlichen Rahmen des Kurses hinausgezogen, und trotzdem fiel es mir sehr schwer, irgendwann loszulassen und eine fertige Version in den Druck zu geben. Es gibt noch einiges, was ich gern verbessert hätte:

  • Der Inhalt ist sehr reduziert, und für eine mögliche nächste Version würde ich noch mehr Textebenen in mehr Farben inkorporieren.
  • In dem andauernden Versuch, einen Kompromiss zwischen Lesbarkeit und Ästhetik zu finden, tut sich gerade die verzerrte Schrift in keiner der beiden Facetten hervor, was vor allem an meiner mangelnden Übung in der (digitalen) Schriftgestaltung liegt.
  • Außerdem sind die einzelnen Themen durch die homogene Gestaltung der Seiten nicht gut differenzierbar, da ich bewusst auf alle Gestaltungselemente bis auf die Schrift verzichtet habe. Es wäre spannend zu sehen, was sich mit einer abwechslungsreichen grafischen Struktur erreichen lässt.

Insgesamt war es aber ein Projekt, das mir mehr als jedes andere die Wichtigkeit des Experiments in der gestalterischen Arbeit vermittelt hat. In den letzten Semestern war ich so um den Inhalt und das Ergebnis meiner Projekte besorgt, dass ich mir oft verwehrt habe, Wege mit unklarerem Ziel zu gehen, und dadurch viele Möglichkeiten und Freude am Prozess verpasst habe. Jetzt muss ich nur noch lernen, das ganze in ein nachhaltiges Arbeitszeitmodell zu integrieren.

Ich hoffe, dass ich nochmal die Zeit finde, all das in eine neue Version zu integrieren und diese in einer kleinen Auflage zu produzieren und veröffentlichen. Bis dahin werde ich aber zuerst die gedruckten Exemplare verteilen und auf Feedback zum Inhalt und zur Gestaltung warten.

Ein Projekt von

Fachgruppe

Kommunikationsdesign

Art des Projekts

Studienarbeit im zweiten Studienabschnitt

Betreuung

foto: Prof. Susanne Stahl

Zugehöriger Workspace

Making the in-between visible

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2022

zusätzliches Material