In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
„Essen bildet eine Grundlage der sozialen und kulturellen Identität, es prägt über Rituale eine Tradition.“
Hierfür schauten wir uns zu Beginn des Kurses in einer Theorieeinheit den A.T.C.C.-Ansatz an, in dem Rituale ein Teil von sechs Ebenen im Kulturdiamant ist. So stellten wir fest, dass Rituale eng mit der Kulturebene verknüpft sind, denn gemeinsame Handlungen einer Gruppe schaffen und bestätigen Zugehörigkeit zu dieser. So kann zum Beispiel ein individueller Gruß bestätigen, wer zur Gruppe gehört und wer nicht. Es werden aber nicht nur Situationen des Anfangs wie der Gruß ritualisiert, sondern auch Endsituationen (Abschiedsfeiern, Beerdigungen), aber auch Übergänge.
Nach Karl Bücher werden zeitliche und soziale Abläufe rhythmisiert:
Rituale greifen auf vertraute Handlungsabläufe und altbekannte Symbole zurück und vermitteln so Halt und Orientierung.
Symbole sind Merkmale, die Rückschlüsse zur individuellen Kultur zulassen. Sie werden zuerst mit allen Sinnen wahrgenommen, wenn wir auf Menschen treffen. So achten wir beispielsweise darauf, welche Kleidung getragen wird, wie die Person riecht, wie sie ihre Haare trägt, … . So stellen wir eine individuelle Kultur des Menschen fest, welche wir mit einem Gefühl verbinden: Wir stellen Gemeinsamkeiten, Verbundenheiten, Unterschiede fest und finden darin etwas Vertrautes oder Überraschendes. Symbole vermitteln auf diesem Weg Botschaften und die Ästhetik spielt eine gewisse Rolle.
Auch in Bezug auf Essen treten Symbole auf: Wir benutzen unterschiedliche Gefäße für Getränke, essen Sushi mit Stäbchen, … dabei begleiten uns die Symboliken von Kulturen und beeinflussen uns.
Als Aufgabe im Theorieteil sollten wir uns ein eigenes Ritual mit einem eigenen Gefäß ausdenken. Hier befassten wir uns mit einem Ritual zum Erwachsenwerden, welches zum 18. Lebensjahr vollzogen wird.
Dabei wird ein zu jedem Geburtstag ein Gefäß, ähnlich wie beim Fondue, erhitzt und Wachsplättchen in einer Farben geschmolzen. Hierbei wird beim gemeinsamen Essen reflektiert: Welche Farbe beschreibt das vergangene Jahr am Besten? Ist eine Farbe festgelegt, wird die Kerze hineingetaucht, sodass sich eine erste Schicht bildet. Dieser Vorgang wird jedes Jahr wiederholt bis sich 18 bunte Schichten bilden. Am 18. Geburtstag wird die entstandene Kerze dann in einer Zeremonie angezündet und das Erwachsenwerden gefeiert, während man die vergangenen Jahre nochmal verlaufen sieht und darüber reflektiert.
Für das Endprojekt des Kurses sollten wir nun ein eigenes Gefäß umsetzen, welches eines unserer Rituale im Alltag beschreibt. Dafür befassten wir uns zunächst mit eigenen Ritualen im Alltag.
Frühstücksritual
Seit ich in meiner WG in Potsdam wohne, kann ich behaupten, dass sich ein Ritual eingeschlichen hat, denn wir haben einen klaren Frühstücksfavoriten: Porridge. Durch die mögliche Individualisierung ergeben sich viele unterschiedliche Kombinationen, sodass es nie langweilig wird – und dabei ist es nährstoffreich und mit wenig Zeitaufwand verbunden.
Im den meisten Fällen läuft es also wie folgt ab: Es wird eine Basis mit Haferflocken zubereitet und dann mit diversen Früchten, Nüssen, Getreiden, Joghurt individualisiert.
Mittagessen
Auch das Mittagessen wird in den meisten Fällen unter dem Thema Improvisation zubereitet. So werden auch hier bunte Zutaten zusammengewürfelt: Reis, Quinoa, Couscous kombiniert mit Gemüse, Salat und diversen Toppings und Saucen. Das Vorbild an dieser Stelle: Bowls.
Für die Form des Gefäßes beschloss ich also die unterschiedlichen Komponenten, die aufeinandertreffen, einzufangen, indem die Schüssel aus verschiedenen Schichten bzw. Ebenen besteht. So entsteht ein interessentar Formenmix für eine Schüssel, die für Bowls oder Salate genutzt werden kann.
Für meine Form beschlossen wir, dass ein halbmodelliertes Positiv sinnvoll wäre. Dafür wurde eine Grundkonstruktion aus Holz und Blauschaum gefertigt, welche verschraubt und verklebt wurde.
Im nächsten Schritt wurde im Ofen erhitzter Clay auf das Modell aufgetragen, um dann in einzelnen Schichten mit unterschiedlichenen Klingen abgetragen zu werden, um die finale Form zu bilden.
Anschließend wird das halbe Modell an zwei Grundplatten befestigt, um dann eine kastenartige Konstruktion mit Klemmzwingen zu bauen, in welcher der Gipsabguss stattfindet.
Da sich mein Modell nicht so einfach aus dem Gipsabguss lösen ließ, wurde es an einigen Stellen beschädigt. Daher reparierte ich es im weiteren Verlauf, um es dann auf die mit Ton gefüllte Negativform des ersten Abgusses zu setzen und in der kastenförmigen Konstruktion den zweiten Negativabguss zu machen.
Leider war das Modell nach der Reperatur nicht mehr identisch mit dem des ersten Abgusses, sodass meine beiden Negativformen nicht glatt aufeinanderpassten. Daher beschloss ich aus der ersten Negativform einen Gipspositiv zu gießen, um dieses dann als Form für einen weiteren Negativguss zu nutzen, um so die gewünschte Symmetrie zu erreichen.
Da sich mein Gipspositiv trotz Shellackierung nicht aus der Form lösen ließ, musste ich meinen dritten Negativabguss sprengen. Dieser ließ sich nun erstaunlicherweise sehr gut mit meinem ersten Abguss kombinieren, nachdem ich einzelne Kanten im Gipsnegativ angeglichen habe.
Als letzten Schritt fertigte ich einen Gießring an. Hierfür füllte ich mein gesamtes Modell mit Styroporresten und kleidete obere Schicht mit weichem Ton aus, um das Negativ zu schützen. Anschließend drehte ich mit einer Münze Kerben als Formschlösser auf mein Modell und trug Gipsseife auf, damit sich die Formen nachher trennen. Um den Gips auf das Negativ zu gießen, baute ich dann wieder eine kastenartige Konstruktion mit Klemmzwingen und Brettern.
Nachdem ich mein Negativ bestehend aus einer dreiteiligen Form und einem Gießring fertig gegossen habe und die Gipsform getrocknet ist, wagte ich mich an meinen ersten Abguss. Hierfür griff ich auf einen Spanngurt zurück, der die Form besser zusammenhalten soll, da an meiner Negativform nur Formschlösser am Gießring sind. Für die Keramik entschied ich mich für helle Steinzeugmasse. Für den Abguss wird diese gut durchgerührt und in das Negativ gegossen. Die Keramikmasse verweilt nur einige Zeit in der Gipsform und es bildet sich ein Scherben – die spätere Wanddicke der Schüssel. Ist die gewünschte Dicke erreicht, gießt man die restliche Steinzeugmasse zurück und lässt die abgegossene so lange aushärten, bis sie sich aus der Form lösen lässt.
Die Abgusskanten lassen sich dann mit einem Messer abtragen oder mit einem Schwamm nachbessern.
Ist die Form leicht ausgehärtet, wird der Gießring abgegossen und die überschüssige Masse für einen geraden Rand abgeschnitten. Abgusskanten können mit einem Messer und einem Schwamm an der Form im lederharten Zustand ausgebessert werden.
Zu Beginn meines Interfacedesign-Studiums hätte ich wohl niemals damit gerechnet, meinen Donnerstag im zweiten Semester mit anderen Studierenden in einer Modellierwerkstatt zu sitzen, um ein eigenes Gefäß zu entwerfen und umzusetzen. Rückblickend kann ich sagen, dass mich die Zeit, auch wenn der Bereich eher fern von meinem eigenen Studiengang ist, sehr bereichert hat.
Zum einen lernte ich Keramiken und Gefäße und den damit verbundenen Arbeitsprozess (in manueller Herstellung) weitaus mehr zu schätzen, zum anderen bekam ich ein Gefühl für die Komplexität des Herstellungsprozesses. Ich schätzte die Zeit abseits des Bildschirms, in der ich handwerklich arbeiten konnte.
Die einzelnen Herausforderungen, auf die der gesamte Kurs stieß, begann bereits beim Entwurf selbst, denn hier waren die Einschränkungen aufgrund des Gießverfahrens groß. Auch im weiteren Prozess trafen wir auf Hindernisse, einzelne Schritte funktionierten nicht wie geplant und mussten neu gedacht werden - ein ständiges Auf und Ab, was letztlich aber zu einem großartigen Kurszusammenhalt führte. In dieser Atmosphäre lernte ich mit einzelnen Arbeitsschritten zu improvisieren, bekam Sicherheit bei einzelnen Arbeitsschritten und kann letztendlich besser einschätzen welche Entwürfe sich in ein solches Fertigungsverfahren eignen. Nicht nur wir, sondern auch Maike hat viel für die zukünftige Gestaltung des Kurses mitgenommen, sodass ich den Kurs trotz der vielen Hürden, empfehlen kann.
Auch wenn ich mit meinem Endergebnis nicht ganz zufrieden bin, hat der Kurs meine Begeisterung für das Gießverfahren geweckt, sodass ich gerne weitere Projekte in der Werkstatt in meiner Freizeit plane und mich über den Kursinhalt mit Pigmenten, Farbe und Glasur beschäftigen möchte.