In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
„Grenzblick“ ist eine Installation im öffentlichen Raum, welche historische Fotografien des ehemaligen Berliner Grenzstreifens am Originalort der Aufnahme zeigt.
Das Seminar „Personalisierte Wissensräume“ fand in Kooperation mit dem Stadtmuseum Berlin (primär Märkisches Museum) statt. Nach diversen Einführungen in die Grundlagen der Personalisierung im digitalen und physischen Raum sowie einer ausführlichen Führung durch das Märkische Museum, sollte in Einzel- oder Gruppenarbeit an einer gestalterischen Projektarbeit gearbeitet werden. Das hier dokumentierte Abschlussprojekt greift auf Inhalte des Stadtmuseums zurück und setzt diese in den Kontext personalisierter Wissensvermittlung. Mir war es zu Beginn der Konzeptionsphase wichtig, die Stadt mit ihren Orten und Straßen zu erkunden und einzubinden. Daher entschied ich mich dazu eine Installation im öffentlichen Raum zu entwerfen.
Viele Inhalte der Sammlung des Berliner Stadtmuseums lassen sich in digitalisierter Form in der Online-Sammlung einsehen. Über die Suchfunktion suchte ich zunächst nach Orten, die mit vertraut waren und stieß auf viele Fotografien der Berliner Mauer. Wenige Fußminuten von meiner Wohnung entfernt wurde vor 60 Jahren ein Foto aufgenommen, welches den Verlauf der Mauer an der Boyenstraße, Ecke Chausseestraße dokumentiert.
Heute sind an diesem Ort sind die Spuren der Mauer komplett aus dem Stadtbild verschwunden. Meine Idee war es, die historischen Fotografien aus der Online-Sammlung des Berliner Stadtmuseums an den Original-Aufnahmeorten und -Schauplätzen auszustellen, um einen personalisierten Bezug zur geschichtsträchtigen Vergangenheit der Stadt herzustellen.
Während meiner Recherche stieß ich auf die berlinHistory-App, die einen ähnlichen Ansatz verfolgt: Historische Spuren der Stadt sollen über Smartphone oder Tablet erlebbar und sichtbar gemacht werden. Texte, Fotos, Audios, Videos etc. können über ein Karten-Interface eingesehen werden. Die Funktionen und Interaktionsmöglichkeiten sind sehr umfangreich und die Bedienung teilweise sehr komplex.
↑ Die App auf dem Smartphone: Zu viele Funktionen für das kleine Display
Die Berliner Morgenpost hat ebenfalls eine Website veröffentlicht, auf der mittels verschiedener Slider ein Fotovergleich von Berlin-Fotografien mit und ohne Mauer angestellt werden kann.
Wenn man in der Stadt mit dem Smartphone unterwegs ist, ist es ziemlich mühsam und umständlich die berlinHistory-App zu bedienen. Zumal richtet sich die App an ein historisch Interessiertes Publikum, da gewöhnliche Passant*innen wahrscheinlich nicht über die Existenz der App Bescheid wissen. Meine Projektarbeit sollte einen deutlich niederschwelligeren Zugang ermöglichen und ohne technische Hürden auskommen. Passant*innen, Anwohner*innen und Tourist*innen sollten auf Ihrem Weg durch die Stadt, z.B. während eines Spaziergangs, auf analog ausgestellte, historische Fotografien treffen – so das Konzept.
↑ Erste Skizzen: Klappschild, Scheckkartenhalter
↑ Fertigung der prototypischen Exponate mit Stichsäge und Bohrer
Nach ersten Ideen entschied ich mich dazu kleine Schilder bzw. Bilderrahmen aus Plexiglas zu bauen, die dem Medium der Fotografie in ihrer Form und Größe gerecht werden. Hier entstand auch die Idee des Projekttitels: Betrachtet man die Fotografie hinter dem Plexiglas, blickt man sinnbildlich durch ein Fenster in die Vergangenheit. Der Fensterblick (bzw. „Grenzblick“) macht die Spuren der ehemaligen Grenzanlage Berlins wieder sichtbar.
Die Exponate bestehen aus jeweils zwei 169 x 120 x 3 mm großen, zusammengeschraubten Plexiglasscheiben. Hinter der farblosen Plexiglasscheibe ist die Fotografie angebracht, hinter der grün-fluoreszierenden Scheibe befinden sich Titel und Datum des Werkes, ein QR-Code, welcher auf eine digitale Übersichtskarte verweist, eine Nummerierung, die Quellenangabe sowie ein allgemeiner Begleittext zur Installation.
Begleittext:
In der Nacht vom 12. zum 13. August 1961 wurde die Berliner Mauer errichtet. 155 Kilometer Sektorengrenze wurde abgeriegelt; 46 Kilometer verliefen direkt durch das Stadtgebiet. 28 Jahre lang teilte die Mauer Ost- und Westberlin, bis die Stadt am 09. November 1989 wiedervereinigt wurde. Auch wenn die Mauer aus dem Stadtbild verschwunden ist, bleiben die Erinnerungen an sie lebendig. Die Installation „Grenzblick“ stellt historische Fotografien am Originalort der Aufnahme aus. Entlang der ehemaligen Grenzanlage, gewähren insgesamt 30 Fotografien einen Blick in die historische Vergangenheit der Stadt. Unter dem abgebildeten QR-Code lassen sich die Standorte aller Exponate nachvollziehen.
Typografisch entschied ich mich dafür, die Headlines eng und gedrungen in einer extrafetten Plakatschrift zu setzen, um eine typografische Analogie zur massiven, unüberwindbaren Berliner Mauer zu schaffen. Der im Blocksatz gesetzte Fließtext, mit der eng laufenden Franklin Gothic, greift die Strenge der Überschriften ebenfalls auf.
Die leuchtende Signalfarbe habe ich gewählt, damit die Exponate im bunten Stadtbild potenziellen Betrachter*innen auffallen. Die Exponate lassen sich denkbar einfach mit Kabelbindern an Laternenmasten und Straßenschildern anbringen.
Insgesamt sollen 30 Stück entlang des ehemaligen Mauerstreifens angebracht werden. Durch die Nummerierung soll die Sammellust der Betrachter*innen geweckt werden, weitere Exponate zu entdecken und auf historische Erkundungstour zu gehen. Mit Hilfe der Übersichtskarte, welche sich über den QR-Code aufrufen lässt, lassen sich die Standorte aller Exponate auf einer simplen Website nachvollziehen.
Da ich rein prototypisch gearbeitet habe, wären für eine finale Umsetzung und Bestückung aller Standorte einige rechtliche Formalien zu berücksichtigen, da auf jedem Exponat das Stadtmuseum Berlin als Adressat aufgeführt ist. Möchte man mit dieser Installation nicht auf Guerilla-Marketing für das Stadtmuseum setzen, müssten nach offiziellem Wege die Bezirksämter kontaktiert werden, da es sich um einen Eingriff in den öffentlichen Verkehr handelt. Weiterhin müsste die Website mit der Übersichtkarte aller Exponat-Standorte umgesetzt werden, da mir hierfür während des Semesters die Zeit fehlte. Um einen inklusiveren Zugang zu ermöglichen, wäre es sinnvoll pro Standort zwei Exponate auf unterschiedlichen Höhen anzubringen.
Zu Beginn des Seminares wusste ich noch nichts mit dem Terminus „Personalisierte Wissensvermittlung“ anzufangen. Mit dem Begriff Personalisierung verband ich zunächst vor allem Algorithmen, die Nutzer*innen individuell zugeschnittene Werbung ausspielten. Durch die guten Einführungsvorträge und gezielten Museumsbesuche mit anschließender Reflexion, stellte ich fest, dass Personalisierung im musealen und wissensvermittelnden Kontext eine große Bereicherung für Besucher*innen darstellen kann.
Gerne hätte ich für mein Abschlussprojekt alle Exponate in der Stadt ausgehangen, das war jedoch aus Zeit- und Kostengründen nicht möglich. Auch fehlte hierfür die rechtliche Grundlage, worauf mich Prof. Sebastian Meier und Mitarbeiter*innen der Stiftung Stadtmuseum Berlin hinwiesen. Bei den prototypischen Exponaten, die ich in der Stadt anbrachte, war es besonders schön zu sehen, dass Passant*innen direkt darauf reagierten und sich teilweise noch an den „Grenzblick“ erinnern konnten, wie sich in Gesprächen herausstellte.
Eine Bereicherung war es vor allem zu sehen, wie viele unterschiedliche Abschlussprojekte im Kurs entstanden sind. Diese zeigen deutlich, wie vielfältig Personalisierung im wissensvermittelnden Kontext ausfallen kann.