In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
wir sagen: der erblickte gegenstand kann nur auf eine von folgenden drei arten gesehen werden; die erste von ihnen ist, dass er etwas von sich zu uns sendet und uns damit den beweis seines vorhandenseins erbringt, so dass wir wissen, was er ist. die zweite ist, dass nichts von ihm ausgesandt wird, dass er vielmehr dauernd an seiner stelle verharrt; dann geht von uns die sinnliche kraft zu ihm, und wir erkennen ihn durch sie in seinem wesen. die dritte art ist, dass es hier ein anderes etwas bei ihm (dem gegenstand) und bei uns gibt, vermittelnd zwischen ihm und uns; dies ist es, was uns kenntnis von ihm verschafft, so dass wir erkennen, was er ist.
hunain ibn ishaq
wir müssen sprechen: eine aufforderung zum handeln (oder nichthandeln), auf die kommunikation meist ausgerichtet ist und die von intentionen, entstehungsprozessen, bildungshintergründen, weltbilder (der kulturellen matrix) ihrer verfassenden geprägt wird, aus denen heraus sie entsteht oder initiiert wird. sowie ihren kontakten, dialogen und austausch untereinander. kommunikation (lat.: communicatio mitteilung; communicare mitteilen, gemeinsam machen, vereinigen) ist ein absichtsvoller austausch bzw. übertragung von informationen auf verschiedene arten mit einer zielsetzung: information verlässt den sender und dringt in den empfänger hinein. kommunikation ist in diesem sinne auf einer abstrakten ebene gesehen ein penetrativer akt, der eine entität verlässt und über medien zu einer anderen entität transportiert wird: auch objekte, visuelle elemente, architekturen können in einen dialog treten bzw. in einer kommunikativen beziehung zueinander stehen. wie interagieren diese elemente, in welcher beziehung stehen sie konkret, mit welcher innewohnenden absicht?
aus welcher kenntnis meiner gestalterischen fähigkeiten begegne ich den vielfältigen kommunikativen aufgaben und fragen der zeit? bevor ich eine haltung dazu einnehmen kann, befrage ich mich selbst: welcher elemente und methoden bediene ich mich, um lösungen anzubieten? inwiefern agiere ich aus einer idealisierten vorstellung heraus, die sich an realen produktionsbedingen der kreativwirtschaft bricht? diesen essentiellen fragen möchte ich mich etwas unorthodox nähern, nachdem ich eine etwas ernüchternde erfahrung im pflichtpraktikum machen musste: wie wird meine arbeit wertgeschätzt und vor allem wie wird sie finanziell honoriert? denn alles gewerblich gestaltenwollen folgt letztendlich allein einem kommerziellem zwang: unsere materielle welt funktioniert nicht ohne geld. das gestaltende handeln sollte als gegenleistung aber ebendieses erbringen, um die voraussetzungen für dieses gestalten überhaupt zu schaffen. im gegensatz zur freien kunst, bildenden und darstellenden sind die aufgaben eines kommunikationsdesigners anwendungsbezogen, der einsatz seiner visuellen elemente und gestalterischen methoden zielgerichtet und nicht frei von bedingenden faktoren wie kundenwünschen, abstimmungsprozessen und fehleinschätzungen anderer am entstehungsprozess beteiligter akteure.
die elementarisierung, fragmentierung und zerteilung der komplexen physischen und metaphysischen welt und seine verortung darin scheint dem menschen seit jeher ein bedürfnis zu sein: von den fünf wandlungen der chinesischen antike, den astronomisch-kosmologischen piktogrammen der mayas mittelamerikas, den vier elementen der griechischen antike bis hin zur russischen avantgarde und zum modernen international gültigen periodensystem mit seinen chemischen elementen und der kenntnis von atomen, elektronen, protonen, energetischen valenzen, strukturellen bindungen und transmutationen. woher kommt dieses zerkleinern wollen, um es begreifen zu können? ist uns das ganze zu übermächtig, zu unverständlich, zu unheimlich, zu unbegreiflich, sprengt es das intellektuelle vermögen des menschen oder erzeugt die kenntnis der einzelteile ein tieferes, auch subjektiveres verständis für das komplexe, übergeordnete und umfassende in einem technoiden zeitalter, das immer mehr objektive antworten auf die beschaffenheit und das wesen der welt liefert? ist es eine suche nach etwas metaphysisch anderem, prozesshaften, das nach der säkularisierung und dem damit einhergehenden verlust der moralischen autoritäten an dessen stelle tritt? illustriert der prozess der abstraktion der gegenständlichen welt in ihre essentiellen elemente und wirkmechanismen einen weg der selbsterkenntnis, bewusstwerdung und des autonomiegewinns? der konzeptionelle shift von der darstellung als naturabmalen zur entgegenständlichung als ausdruck eines inneren aufsichwirkens lässt sich als eine veranschaulichung ,höchster‘ menschlicher erkenntnisprinzipien deuten und erfährt in form der gegenstandslosigkeit des russischen suprematismus eine epochalen sprengkraft, die einen starken impact auf die kunstgeschichte der moderne haben sollte.
die großen strömungen der europäischen (italienischer futurismus, dadaismus schweiz/deutschland, de stijl niederlande, bauhaus deutschland) und russischen avantgarde(suprematismus, materialkultur, konstruktivismus) legen zwischen den großen kriegen des 20. jahrhundert massgebliche fundamente und sind richtungsweisend für spätere entwicklungen. vor allem suprematismus und konstruktivismus beeinflussen mit ihrer gegenstandslosen malerei und auflösung in geometrisch-technische formen und konstruktion abstrakter gebilde als wichtigstes gestaltungsprinzip späteres gestalterisches schaffen durch alle gestalterischen diziplinen.
in der abwendung von der darstellung und nachahmung der gegenständlichen natur und ihrer äußeren erfahrung wendet sich der ausdruck auf die innere erfahrung, der reinen empfindung des erlebens dieser natur und die suche nach einordnungen in ein höheres, größeres, ganzes – bei wassily kandinsky und rudolf steiner auch mit verweis auf andere kulturkreise wie dem indischen. für künstler wie kandinsky war nicht mehr die abbildung der wirklichkeit entscheidend. die einzige wahrheit wollte der russische künstler im inneren des menschen erkennen, und dieses innere, die gefühlswelt, sollte sich auf der leinwand in abstrakten farben und formen widerspiegeln. schon der kunsthistoriker wilhelm worringer hatte 1907 einen essay über 'abstraktion und einfühlung’ geschrieben. darin heißt es: ‘die tendenz zur abstraktion ist die folge einer tiefen verunsicherung des menschen angesichts der welt.’ die großen modernitätskrisen und gesellschaftlichen zerfallserfahrungen der jahrundertwende begünstigen diese einkehr ins selbst und die anbindung an das höhere. strömungen wie der russische suprematismus unter kasimir malewitsch verbinden kunstproduktion mit einer eigenständigen theorie, die nicht nur zu einer elementarisierung in der darstellung sondern einer entgegenständlichung, einer gegenstandslosigkeit der kunst führen. einer seiner schüler und nachfolger auf dem weg zum konstruktivismus ist elizier ’el’ lissitzky, der in seinen interdiziplinären arbeiten (malerei, architektur, grafikdesign, typografie, fotografie) und dessen zahlreichen beziehungen und zusammenarbeiten mit führenden kunstschaffenden der europäischen avantgarde mit intellektuellen bezügen zu seiner russischen heimat verbindet, in die er nach seinem studium in deutschland immer wieder zurückkehrt. damit ist er – neben kandinsky - beispielhaft für die verbindenden beziehungen zwischen westeuropa und russland – auch zwischen den unterschiedlichen kunstrichtungen, die voneinander gegenseitig lernend sich auf dem gestalterischen transformationsprozesses der funktionalistischen moderne des 20. jahrhunderts begeben. russland wird nach der oktoberrevolution von 1917 zu einem experimentierlabor neuer formen künstlerischen experiments und gesellschaftlicher iebensordnungen, das die westeuropäischen ansätze und strömungen aufnimmt und weiterentwickelt. dabei werden traditionelle konzepte, werte und ordnungen radikal in frage gestellt.
auf die vom prozess der industrialisierung bewirkten tiefgreifenden veränderungen in der beziehung des menschen zu sich selbst, zur sozialen gemeinschaft, zur welt der dinge und zur natur reagieren die künstler aller drei richtungen (suprematismus, materialkultur, konstruktivismus) übereinstimmend mit der überantwortung der kunst an eine art von ‘weltenergie’. in dieser vorstellung eines alle lebensbereiche konstituierenden und vereinigenden kraftstroms mischt sich die traditionelle, das materielle sein verneinende oder zumindest abwertende haltung der russen mit den neuesten erkenntnissen der naturwissenschaftler vom energiezustand der materie. (gaßner, 1992)
an dieser stelle sei auf eine feine, aber bedeutsamen unterscheidung der begrifflichkeiten gegenstandslos und abstrakt hingewiesen. der sammelbegriff abstrakte kunst schließt eine vielzahl an strömungen der kunst nach 1900 ein, die aus verschiedenen ansichten oder motiven sich von der akademischen kunst und ihrem bevorzugtem historismus abwenden. die beschreibung von momenten der kunst, die sich nicht einem mimetischen gegenstandsbezug unterwerfen – einer historisch insbesondere für bildende und darstellende kunst formulierten norm, die sich wenn überhaupt nur mit erheblichen einschränkungen auch auf musik, architektur und literatur beziehen lässt –, als abstraktion ist jedoch nur eine mögliche perspektive, die auch dem selbstverständnis verschiedener strömungen der kunstgeschichte widerspricht. so grenzten der suprematismus malewitschs und der konstruktivismus sich als gegenstandslos explizit von der abstrakten kunst (etwa kandinskys) ab, als illusionsfreier schaffung neuer konkreter wirklichkeit in den kunstwerken (suprematismus) bzw. schöpferischer gestaltung des materiellen lebens (konstruktivismus). dieser illusionsfreie und experimentelle gestaltungswillen wird ein wesentlicher bestandteil der russischen avantgarde der jungen sowjetunion, bevor sie im stalinismus durch den sozialistischen realismus und seinen gestalterischen doktrin abgelöst wird.
diese auseinandersetzung mit der elementarisierung der gestaltung berührt jedoch auch etwas im wesenskern: mich als gestalter oder vielmehr als gestaltender mensch – jemand, der seine kreativen energien auf etwas richtet, das im outcome idealerweise zielgerichtet und anwendungsbezogen visuelle lösungen für verschiedene fragestellungen anbietet. diese energien bewegen sich in einem dualismus von stagnation versus free flow, grundsätzliche prinzipien feinstofflicher bewegung, die als resultat etwas sichtbares, visuell erfahrbares erzeugen. diese artefakte visueller gestaltung basieren auf verschiedenen eingeübten tradierten konzepten der zerlegung des ganzen in teilaspekte (form, farbe, fläche, format, figur, grund, weissraum, gestus, duktus, etc.) einerseits. andererseits aber auch auf einem weltbild, der perspektive, von der ich auf diese welt um mich herum blicke; das mindset, das den ausschnitt meiner wahrnehmug definiert: diese perspektive ist erstmal weiss, privilegiert, männlich, cis-gendered, jedoch nicht hetero-normativ und vormals unabled bodied – aber dies sind termini eines angeigneten linken diskurses, der aktuell allzu unkritisch aus dem anglo-amerikanischen sprachraum importiert wurde und nun fast ubiquitär anwendung findet, bis er seine schärfe und vermögen verliert, zustände zu benennen, missstände aufzuzeigen und in transition zu bringen. dieses weltbild (das meinige) ist aber wesentlich stärker von etwas anderem geprägt: dem daoismus und seiner elementarisierung der welt, dem universum als gesamtheit verschiedener einheiten in einer skalierung über raum, zeit, dynamik. in einer bestechenden simplizität, die dann immer komplexer werdend sich unserem europäischen konditionierten denken immer stärker entzieht. dazu muss angemerkt werden, dass das antike china von einem anderen weltbild ausgeht als unser heutiges, von der römisch-griechischen antike konstituiertem verständnis und maßgeblich durch die aufklärung des 18. jhd. geprägten westlich-modernen denken.
(vgl. china – west: synkretismus vs. karthesisches weltbild, lineare vorstellung von zeit vs. multidimensionaler zyklischer wiederkehr von auf-und abbau, werden und vergehen.)
der text, auf den grundlegende konzepte des daoismus zurückgehen ist das I-GING (alt. auch YI-JING, je nach verwendeter umschrift des chinesischen) der leitfaden der wandlung, eine kompilation verschiedener orakeltexte, dessen entstehungszeit sich über einen zeitraum erstreckt, der circa 3000 jahre zurückliegt und im 20. jhd erstmals durch den missionar richard wilhelm in eine europäische sprache übersetzt worden ist. dieser versuch, etwas von einem sprachsystem in ein anderes zu übersetzen birgt immer die gefahr des inhaltlichen verlustes oder der dekontextualisierung, quasi des herausreißens aus dem gedanklich-philosophischen kontext in dem ein werk zu verorten ist. nun habe ich mich als ausgebildeter heilpraktiker mit einer fachausbildung in traditioneller chinesischer medizin über einen längeren zeitraum mit diesem text und seinen grundsätzlichen prinzipen auseinandergesetzt und möchte einiges daraus als strukturierendes gerüst für diese arbeit verwenden. reflektiere ich als student des kommunikationsdesigns über elemente meiner arbeit, meine identität als gestalter und last but not least über mein weltbild, aus dem heraus ich gestalte, dann kann ich die perspektiven aus 2 jahren studium der landschaftsarchitektur an der tu berlin und vielmehr knapp 10 jahre therapeutischer tätigkeit als heilpraktiker nicht einfach ausblenden, denn sie wirken fort und hinein in die aktuellen arbeiten, die nach wiederaufnahme des kd-studiums entstanden sind. daher sind die hier gezeigten beispiele aus einem erweiterten verständis von gestaltung zu lesen.