Incom ist die Kommunikations-Plattform der Fachhochschule Potsdam

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Seitenbacher Re-Design

Seitenbacher Re-Design Ich diesem Kurs wurden wir an die Kunst des Brandings herangeführt. Neben den gängigen Themen wie Farb-, Schriftwahl erfuhren wir wie ein Gestaltungssystem entstehen kann, welches eindeutige Markenzugehörigkeit und Sortendifferenzierung ermöglicht. Ich halte diesen Kurs für einen der Wichtigsten in meinem Studentinnendasein. Das Entwickeln von Designsystemen ist elementarer Bestandteil eines jeden Designs. Ob bei der physikalischen Produktgestaltung oder im Interface Design irgendwann kommt jede*r an den Punkt, wo er / sie sich fragen darf: wie erschaffe ich nun eigentlich die passende Marke zu meinem Produkt.

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Seidebacher

Die Seitenbacher Markenidentität stützt sich auf folgende Werte: Familientradition, Handarbeit, Qualität, Regionalität (1) und Gesundheit. Die Marke findet ihre Segmentlücke im hochpreisigen Naturkostsortiment. Mit der damaligen innovativen durchsichtigen Müsliverpackung setzte der Gründer Willi Pfannenschwarz auf inhaltliche Transparenz und demonstriert damit nach eigener Aussage gesellschaftspolitische Verantwortung (2). Unterstützt wird diese außerdem durch die prominent auf der Verpackungsvorderseite platzierten Inhaltsstoffe.

Leider spiegelt das Design der Bestandsprodukte die guten Intentionen nicht.

Wie auch beim bekannten Radiospot, lässt die Produktgestaltung vermuten, dass der Gründer hier selbst Hand angelegt hat :). Wir finden ein sehr inkohärentes, antiquiert wirkendes Design, welches besonders typografisch unausgewogen, unruhig und dadurch schlecht erfassbar wirkt. Es werden verschiedene Schriften und Schnitte, sowie unterschiedliche narrative Bilder verwendet.

Die Sortimentpalette lässt eine einheitliche CI vermissen. Lediglich die Verwendung der Wortmarke weißt auf eine Markenzusammengehörigkeit hin. Das Fehlen eindeutiger Gestaltungsregeln und Informationshierarchien erschweren die Sortendifferenzierung und das Erkennen einer Famielenzugehörigkeit.

Das Redesign wurde zur typografischen Herausforderung. Vorgabe für das Müsli war die Unterbringung aller bereits vorhandenen Informationen auf einem Sticker (so wie in der Originalfassung). Nicht weniger schwierig gestaltete sich die Platzierung aller auf dem Original vorhandenen Texte auf einen neuen Öl- und Riegellabel.

Entwurfsphase 1. Präsi

In einem ersten Brainstorming fokussierte ich mich auf die Übersetzung der Unternehmeswerte in Gestaltungselemente.

Ausgehende vom Müslisticker entstanden folgende erste Entwürfe

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Die Wortmarke Seitenbacher wird hier durch die Schrift excentric sans jnl repräsentiert. Ihr nicht vorhandener Kontrast und robuster Stil passen zur Stempelcharakteristik. Ihre weichen Schwünge und der 20er Look wirken auf mich traditionell und modern zugleich. Beim Stempel handelt es sich um eine Wortbildmarke mit generischer Form als Referenzzeichenträger.

Der handgemachte Charakter wird durch eine Scriptschrift (Timberline) unterstrichen.

Dem gegenüber steht die Proxima Nova, mal in Condensed , mal in ihrer Ursprungsvariante. Diese moderne Gegenspielerin bietet aufgrund ihrer vielen Schriftschnitte eine gute Möglichkeit die Informationsfülle hierarchisch zu glieder bzw. mannigfaltig auszuzeichnen.

Eine Informationsgliederung wird außerdem durch die Unterteilung der Grundform in durch feine Linien getrennte Abschnitte erreicht.

Sortenname sowie Logo stechen durch ihre Größe und Schriftschnitt bzw. Stempelcharakter heraus. Die Müslinummer, sowie die Sortenbeschreibung bzw. Untersorten stehen an zweiter Stelle (im Kasten zu oberst). Darunter befinden sich Produkterläuterungen mit Auszeichnungen, Nährwertangaben, Firmeninformationen, Barcode, Gewicht etc.

Die Sortendifferenzierung spiegelt sich durch farblich Untermalung. Pastellige Farben verhindern einen zu hohen Kontrast zur Naturbelassenheit des Stickers.

Auf den Stickern von Müsli B und C sehen wir eine Varianz der Ursprungsform. Hier verwende ich unter anderem eine reine Wortmarke und stelle die für mich wichtigsten Unterscheidungsmerkmale der einzelne Müslisorten heraus (Müsli C).

Außerdem verzichte ich erstmalig auf die handschriftliche Sortenunterscheidung und verwende die Proxima Nova in ihrem Condensed Schnitt. Neben dem rechteckigen Sticker (Müsli C) verwende ich knalligere Farben welche dem Ganzen einen moderneren, jüngeren, präsenter und leichteren Look verleihen.

Müsli B spielt ebenfalls mit der Stickerform und nutzt das durch die Verpackung vorgegebene Format.

Das Farbkonzept in Bezug auf die Sortendifferenzierung war bis zu diesem Zeitpunkt noch undurchdacht.

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Das gleiche Prinzip habe ich auf die Öle angewandt und auf die besondere Form angepasst. Hinzu kam ein hier eine Zutatenbild mit Duplexeffekt.

Entwurfsphase ohne Präsi

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In den nächsten Runden entschied ich mich, typografische Gewichtung auf den Alleinstellungszutaten bzw. -merkmalen zu belassen (in den Pillen beispielsweise). Diese Entscheidung erfolgte aus der persönlichen Frage als Neukundin heraus: Was unterscheidet dieses von jenem Müsli in dem Produktsortiment. Da jedoch besonders BestandskundInnen eher den verspielten und nichtssagenden Produktnamen in Erinnerung behalten, entschied ich mich mit Müsli A weiterzuarbeiten.

Ich verabschiedete mich von der doch zu verspielten und eigentümlichen Schrift excentric sans jnl. Den klassischen, runden Stempel als Trägerform empfand ich nun als zu plakativ und präsent. Die zusätzlichen Informationen brachten kaum Mehrwert, weil nicht sofort erkennbar.

Eine zugegebenermaßen recht verzweifelte Suche nach der passenden Schrift begann. Teilweise nutzte ich die Stempeloptik weiterhin als Ankerpunkt, begann jedoch auch die Proxima Nova für die Wortmarke zu etablieren.

Mehrere Wochen arbeitete ich außerdem an der Detailtypografie.

Schlussendlich „scheiterten“ jedoch alle oben gezeigten Entwürfe an der noch immer „falschen“ Informationshierarchie. Ausserdem entfernte sich die Wortmarkengestaltung zu sehr von der intendierten Gesamtaussage (traditionsbewusst, Handarbeit).

Schlußendlich besinn ich mich noch einmal auf die Gesamtaussage und definierte diese noch einmal ein wenig genauer (Fitness, Gesundheit, Handarbeit, Tradition).

Abschlussprodukt

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Hier das leicht ergänzte Transkript zum Video: Wer lieber Bilder anschaut sollte nun zum Ende der Doku bzw dem Video scollen :)

Wie wir nun bereits wissen bewirbt Seitenbacher die Marke mit den Attributen Naturbelassenheit, Traditionsunternehmen, Regionalität, Vollwerternährung und Gesundheit. Leider spiegeln sich diese bisher ausschließlich in den Produkttexten und auf der Webseite. Deshalb war das Ziel ganz klar die mangelnde CI Kontinuität mit Modernität, Ruhe , Ordnung bzw. einem System, welches eine klare Markenzugehörigkeit kennzeichnet zu versehen.

In meinem Entwurf übersetze ich die Werte schlußendlich in die Moderne mit dem Wort Fitnessbewusstsein . Außerdem greife ich Handarbeit und Tradition auf. Dazu aber erst später.

Designsystem

Beginnen möchte ich mit dem Designsystem.

Bei Öl und Müsli befinden sich die Infos auf einem Sticker, der jeweils einen geriffelten Abschluss aufweist. Dieser soll einen handgemachten Charakter symbolisieren. Ein Qualitätsmerkmal, welches in der Firmenhistorie des Familienunternehmens verankert ist.

Die Marke steht immer in leicht entsättigter Form auf einem weißen HG. Sie tritt dadurch nicht zu dominant in den Vordergrund. Darunter schließt sich der Produktname an, welcher teilweise auch direkt die Produktkategorie benennt.

Darunter befindet sich in Kapitälchen ein USP (unique selling proposition = Alleinstellungsmerkmal welches zum Kauf führt).

Weitere Alleinstellungsmerkmale werden von Pillenträgerformen eingerahmt. Hierbei kann es sich neben Zutaten auch um produktwertsteigernde Eigenschaften handeln.

Zusätzliche Informationen, wie Zutaten, Gebrauchshinweise, Barcode, Gewichtsangaben, Firmeninfos etc. befinden sich im unteren bzw. umliegenden Bereich der Verpackung. Diese erfahren durch feine Linien eine optische Separation von den Hauptinformationen.

Ein die Informationen und Produktname einrahmender, je nach Produktkategorie individueller Verlauf sorgt für den Markenwiedererkennungswert.

Der Grundaufbau ist immer gleich innerhalb einer Produktkategorie. Je nach Sorte oder auch Produkt können weitere Infos hinzukommen.

Schauen wir uns die Komponenten im Detail an:

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FARBE

Pastellige Farben mit hohem Helligkeitswert und geringer Sättigung wirken beruhigend und leicht. Ihre Kontraste zur Schriftfarbe schwarz sind ausreichend stark und gewähren somit eine hohe Leserlichkeit. In Kombination mit weichen und dynamischen Verläufen unterstützt die Farbwahl den Fitnessgedanken. Eine leichte Körnung gibt dem Ganzen Struktur und einen modernen Touch.

Die einzelnen Produktkategorien erfahren eine farbliche Unterscheidung.

Bei mehr als 30 Müslisorten fällt es schwer eine eindeutige farbliche Sortenzuordnung zu erreichen. Darum reduziert sich ihr Verlauf auf eine Zitronen bis sonnengelbe Primär- und unterschiedliche pastellige Sekundärfarben.

Öllabel verfahren nach dem selben Prinzip mit einer spring green Primär und bis ins Oker reichende Sekundärfarben.

Die Inhaltsstoffe der Riegel sind divers. Sie haben außerdem die Eigenschaft, eine Mischung aus leistungssteigerndem Fitnesssnack und Süßigkeit zu sein. Dies Varianz spiegel sich auch in der bunten Farbgebung. Hier sind etwas gesättigtere Farben mit dynamischeren Verläufen zu finden.

SCHRIFT

Die Wortmarke SEITENBACHER wird hier durch die Schrift Clearface von Morris Fuller Benton repräsentiert. Durch ihre kurvigen Tropfen bekommt sie einen warmen dynamische im Ansatz sogar handschriftlichen Charakterschrift und deutet so auf die traditionellen Werte der Firma hin (Annäherung an die ursprüngliche Wortmarke).

Dem gegenüber steht die Proxima Nova, mal in Condensed , mal in ihrer Ursprungsvariante. Diese moderne Gegenspielerin bietet aufgrund ihrer vielen Schriftschnitte eine gute Möglichkeit die Information hierarchisch zu glieder bzw. mannigfaltig auszuzeichen. Produktname bzw. Sorte in Light wirken wie der name schon sagt leicht und luftig, unterstützen also die intendierte Gesamtaussage „Fitness“.

Auszeichnung wie die Verwendung von Versalien, Bold- und Italicschnitten, gesperrten Wörtern und Versatz, sowie die Verwendung von Störern ermöglichen eine schnelle Orientierung und sichern eine übersichtliche Informationshierarchie.

Um die Leserlichkeit der Zusatzinformationen auf dem Müsliriegel zu gewährleisten kommt die Proxima Nova einmal in Condensed und einmal in ihrer Ursprungsvariante zum Einsatz.

PILLEN

Was unterscheidet nun die unterschiedlichen Sorten innerhalb einer Produktkategorie?

Für Kennerinnen und treue Kundinnen mag dies der Sortenname sein. „bringst du mir bitte die Verwöhnermischung mit“

Neukundinnen aber hätten natürlich gern mehr Information. Diese können sie kompakt auf der Pillenträgerform finden. Die sich darin befindliche Information unterscheidet sich je nach Produkt, kann aber natürlich innerhalb einer Kategorie auch deckungsgleich sein. Eben wenn die jeweiligen Sorten, wie im Beispiel Öl , keine großen Unterschiede ausserhalb ihres Hauptinhaltsstoffes aufweisen.

Zu finden sind neben Inhaltsstoffen auch wertsteigernde Herstellungshinweise.

Auf beschreibende Bilder der Inhaltsstoffe bzw. eine Wortbildmarke habe ich schlussendlich verzichtet, da diese keinen besonderen Verständnismehrwert bringen.

FAZIT

Das Markenkonzept kommuniziert nun in meinen Augen eine eindeutige Familienzugehörigkeit und schafft es gleichzeitig die einzelnen Sorten und Geschmacksrichtungen der verschiedenen Produkte zu differenziert.

Die Gesamtkomposition wirkt auf mich nun leichter und übersichtlicher. Der Fitnesscharakter wird dadurch meiner Meinung nach bei gleichzeitiger Rückbesinnung auf die ursprünglichen Unternehmenswerte und Look deutlich transportiert. Eine klare Typografie Hierarchie erleichtert die Leseorientierung.

Es lässt sich nun auf weitere Produkte der gleichen Kategorie übertragen.

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Passwort: SBPia

Mit Hilfe der wöchentlichen, sehr ehrlichen Konsultationen gelang es mir Initialgefühle und Designs mit Hilfe von Gestaltgesetzen und Regeln zu differenzieren und definieren. Das nun erhaltene Toolset hoffe ich nun auch in Zukunft in Projekten anwenden zu können und in strukturierter, konzeptioneller Weise an die Gestaltung herangehen zu können.

Ich kann den Kurs nur wärmstens weiterempfehlen!!

Ein Projekt von

Fachgruppe

Kommunikationsdesign

Art des Projekts

Studienarbeit im ersten Studienabschnitt

Betreuung

foto: Prof. Matthias Beyrow

Zugehöriger Workspace

Vom Zeichen zur Marke … am Beispiel „Seitenbacher“

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2021

Keywords