In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
»Maria's Story« ist ein herzlich und emotional erzählter Web Comic über das Leben einer jungen Frau, die von Venezuela über Italien nach Deutschland kam. Ihr bewegtes Leben soll ungefiltert und ehrlich mit einer Note Verletzlichkeit und Menschlichkeit wiedergegeben werden.
Direkt zum Comic https://mariasstorycomic.tumblr.com/
⚠️ Achtung ⚠️
In dieser Dokumentation werden Themen wie Diskriminierung und Rassismus angesprochen, die Menschen negativ tangieren könnten.
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»Critical Whiteness« lautete das Thema des Kurses und damit wurde sich auch tiefgreifend beschäftigt.
Es gab viele Fragen und Themen, mit denen es sich auseinanderzusetzen galt: Was bedeutet es, in der heutigen Zeit weiß oder BIPOC (Black, Indigenous, Person Of Color) zu sein? Welche Privilegien genießen weiße Menschen und sind sie sich derer wirklich bewusst? Wie können wir die deutsche Kolonialgeschichte aufarbeiten?
Im Laufe dieses Seminars wurde viel Wissen kommuniziert; Themen wie die deutsche Kolonialgeschichte und Verbrechen, die damit einhergingen, tief verwurzeltes rassistisches Gedankengut in Deutschland und das Bedürfnis nach sozialer Gerechtigkeit, das heute immer häufiger von diskriminierten Menschen und Allies geäußert wird, wurden angesprochen.
Durch Quellen wie das Hörbuch »exit RACISM: rassismuskritisch denken lernen« von Tupoka Ogette zum Gleichnamigen Buch oder einem Abendseminar über »Wurzeln von rassistischer Diskriminierung« des Verbands Mensch Natur Gesellschaft konnte ich mein weiß-sein in Deutschland kritisch überdenken und von PBOC-Perspektiven und Erfahrungen lernen.
Viele Gespräche während dieses Kurses waren schwierige Gradwanderungen, da das Thema Diskriminierung jeden und jede unterschiedlich betrifft und so einige Perspektiven erst verstanden und der Umgang miteinander vorsichtig erlernt werden musste. Ich bin sehr froh, dass diese Gespräche stattfinden konnten, denn auch wenn sie nicht immer leicht waren, konnte ich davon umso mehr lernen und mein Denken und Handeln sensibilisieren.
Gleichzeitig entstand in mir der Wunsch zu der konstruktiven Aufarbeitung von Rassismuserfahrungen und zur Arbeit gegen Diskriminierung beizutragen.
Zunächst liebäugelte ich mit zwei Ideen, die »Critical Whiteness« und Animation miteinander kombinierbar machen konnten und dabei sinnvolle Beiträge in diesem Themenbereich werden sollten.
Das erste Konzept bewegte sich im Bereich des Kommentars im öffentlichen Raum. Dabei sollte eine Spur von deutscher Kolonialgeschichte genutzt werden um Aufklärung zu betreiben, anstatt diese auszuradieren und damit einen Lernmoment zu verwirken.
Meine Design-spekulative Idee war es, ein Add-On für ein Navigationssystem für Automobile zu entwerfen, dass beim passieren einer Spur der Kolonialzeit eine Learning-Opportunity anbietet, bei der Fahrer:in und Fahrgäste im Auto einen Audiokommentar zum jeweiligen Artefakt hören und darüber aufgeklärt werden können.
Für diese Idee wäre dann im Laufe des Seminars ein animierter Video-Explainer entstanden.
Konzept Skizze Navigationssystem
Comic/ Storyboard Navigationssystem Explainer
Eine zweite Konzeptidee, mit der ich mich anfreundete, war ein animierter Comic. Mithilfe dieses Mediums wollte ich meiner guten Freundin Maria die Bühne überlassen um ihre Geschichte zu erzählen, da sie persönliche Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht hat und wir fanden, dass ihre Erfahrungen einerseits lehrreich für Leser:innen, aber auch ein Ventil für sie sein könnten.
Stilfindung animierter Web Comic
Hier war es mir wichtig einen Stil zu finden, der sowohl optisch etwas hermachte als auch im Rahmen des Seminars umsetzbar war.
Pilot-Seite animierter Web Comic
Vor die Wahl zwischen den zwei Projekten gestellt, entschied ich mich für den animierten Web Comic. Die Entscheidung fiel, da dieses Konzept meine Leidenschaft geweckt hatte und ich das Gefühl bekam, eine persönlichere und damit auch einfühlsamere Darstellung von kritischen Themen erreichen zu können.
Maria und ich besprachen, wie der Comic am besten umzusetzen sei und beschlossen, dass die Pilotseite zwar stilistisch passend war, Inhalte aber noch einmal angepasst werden sollten. Ich bat sie daher ein Interview/ Podcast gemeinsam mit mir über einen Zoom-call aufzunehmen, in dem sie frei über Ihre persönliche Lebensgeschichte und die Geschichte ihrer Familie erzählen konnte. Dieser Podcast wurde im Anschluss als inhaltliche Grundlage für das weitere Script des Comics genutzt.
Der Comic und der Podcast wurden komplett auf englisch umgesetzt, da so die Kommunikation zwischen Maria und mir am einfachsten und natürlichsten ablaufen konnte.
Podcast zum Web Comic (English)
00:00:01 Introdction
00:01:16 Podcast start
Durch Rückhören des Podcasts erstellte ich das finale Script, an dem sich zunächst die ersten sechs Seiten des Comics entlanghangeln sollten. Die Geschichte wird zum größten Teil aus Marias Perspektive erzählt, die die Rolle der Erzählerin einnimmt. In manchen Instanzen ist auch die Autorin an Gesprächen beteiligt um die Atmosphäre eines Dialoges und Zuhörens zu schaffen.
Maria sollte es auf diesem Weg ermöglicht werden, dass ihre Geschichte gehört wird und Leser:innen von ihren Erfahrungen und Erlebnissen lernen.
Doodles der Comic Seiten
Arbeitsschritte in der Erstellung einer Seite
Zu den fertigen Seiten wurden jeweils noch atmosphärische Animationen hinzugefügt, die Leser:innen tiefer in der Geschichte hineinziehen sollten. Diese Immersion war mir besonders wichtig, da der Fokus auf empathischem Verstehen von der Lebensgeschichte einer, für Außenstehende, fremden Person lag und sie deshalb meiner Meinung nach gestärkt werden sollte. Natürlich tragen Animationen um Hintergrund einer illustrativen Arbeit die Geschichte nicht allein, aber sie generieren einen atmosphärischen Effekt, der nicht zu unterschätzen ist.
Inspiration atmosphärische Animation in Comics - Zac Gorman
Seite 0
Seite 1
Transskript (deutsch):
Dilara: Mist! Dieses Spiel ist echt schwer, ich habe schon wieder verloren!
Maria: Ach, keine Sorge, du wirst den Dreh schnell raus haben!
Dilara: Ich hoffe es… Die Geschichte ist aber echt cool! Mir gefällt, dass sie es diesmal in Frankreich spielen lassen.
Maria: Mir auch! Hey, wusstest du, dass ich Vorfahren von dort habe?
Seite 2
Transskript:
Dilara: Echt, wen?!
Maria: Es ist eine ziemlich lange Geschichte… Bist du sicher, dass du mich plappern hören möchtest?
Dilara: Ach Quatsch, Ich bin ganz Ohr.
Maria: Na gut. Also, alles begann…
Seite 3
Transskript:
Maria (im Off): ...mit meinem Ur-Ur-Urgroßvater mütterlicherseits, einem weißen Bauern aus Europa.
Er wanderte im 19. Jahrhundert von Frankreich nach Venezuela aus, in der Hoffnung, dort ein besseres Leben zu finden.
Seite 4
Transskript:
Maria (im Off): Als er sich niederließ traf und heiratete er meine Ur-Ur-Urgroßmutter, eine amerikanische Ureinwohnerin mit dunkelbrauner Haut.
Gemeinsam hatten sie sechs Kinder, interessant daran ist, dass die meisten der Kinder einen helleren Hautton hatten, während nur ein Paar mit dunkler Haut zur Welt kamen. Später wurde das zu einem faszinierenden Trend in der Genetik meiner Familie...
...Die meisten Kinder hatten helle Haut, aber hier und da wurden Kinder geboren, die braune Haut hatten.
Seite 5
Transskript:
Maria (im Off): Nur damit du es weißt, Venezuela wurde von Europäern, meistens Spaniern, kolonialisiert.
Deswegen haben die meisten Familien in Venezuela Wurzeln in ihren europäischen und amerikanischen Ureinwohner-Vorfahren.
Zum Beispiel kamen beide meiner Ur-Ur-Urgroßväter aus Europa, einer von Korsika und der andere aus Spanien und sie heirateten beide Frauen, die Ureinwohnerinnen Venezuelas waren.
Seite 6
Transskript:
Dilara: Wow, ich wusste nicht, dass deine Familie so vielseitige Wurzeln hat!
Maria: Ja, wir sind wie eine Bunte Wundertüte!
Aber diese Geschichte hat meine Familie und auch mich beeinflusst. In Venezuela herrscht die Idee, dass Menschen mit heller Haut anders sind und das hat mehr als einmal zu Problemen geführt.
Dilara: Oh?
[Fortsetzung folgt]
Im Laufe dieses Seminars habe ich sehr vieles gelernt und erste Erfahrungen mit Animation machen können. Zudem bin ich froh, meiner Leidenschaft, der Illustration, nachgehen zu können und dabei mit einer Person zusammenzuarbeiten, deren Input ich sehr schätze. Momentan stehen die ersten Seiten des Comics, eine Einleitung, wenn man so will, aber ich denke, dass man von hier aus weitermachen und eine Runde Geschichte bauen könnte.
Dem Thema »Critical Whiteness« habe ich sehr viel abgewinnen können. Durch Recherchen und Gespräche wurden viele unangenehme Dinge wie soziale Ungerechtigkeit oder negative persönliche Erfahrungen von Menschen beschrieben. Leider habe ich schnell gemerkt, dass nur guter Wille bei weitem nicht ausreicht, um wirklich einen Unterschied zu machen. Ich möchte dennoch versuchen eine gute Ally zu sein, die aktiv zuhört und gegebenenfalls kritisiert und so meinen Teil zur Besserung der Umstände Einzelner und des sozialen Klimas im Allgemeinen beitragen.
Trotz allem schließe ich diesen Kurs sehr nachdenklich ab. Ich habe mir Mühe gegeben, einen wertvollen Beitrag zu leisten und dennoch werde ich das Gefühl nicht los, dass es einfach nicht genug ist. Einmal abgesehen von meinen ausbaufähigen Fähigkeiten als Animatorin wiegt das Thema soziale Ungerechtigkeit schwer auf mir. Wenn ich mich umschaue, sehe ich viele Dinge, die sehr schief laufen und merke auch, dass meine Bemühung allein nicht viel ausrichten wird und eine Zukunft voller schwieriger Gespräche vor uns liegt, die mit viel Fingerspitzengefühl geführt werden müssen.