In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Ein Living Print Comic über das Suchen und Finden der eigenen Bestimmung. Eine inspirierende Geschichte, die Menschen ermutigen soll, sich selbst zu verwirklichen. Zwischen digitalen und analogen Bildern werden die Grenzen der Medien verschwimmen und sich ergänzen.
Seit dem Beginn meines Studiums begleitet mich das Thema Comic und sequentielle Gestaltungsformen. In der Kontinuität von Kreationen sehe ich ihre Ästhetik. In Kombination mit einer Geschichte und ihrer Moral, oder der Hinterfragung eben jener, entsteht ein wertvolles Medium mit Verantwortung. Ich freue mich nun auch meine Abschlussarbeit diesem Thema widmen zu können und darüber hinaus die Zukunft der Comics zu erforschen.
Um ein Verständnis für populäre Bildsprache zu schaffen, beschäftige ich mich einleitend mit den Fragen was ein Comic eigentlich ist und welchen Gestaltungsgrundlagen er unterliegt. Mit der Hilfe von Scott McClouds Buch „Reinventing Comics“ gebe ich eine Übersicht über die wesentlichen Merkmale der seriellen Kunstform. Diese Analyse wird mir auch bei meinen eigenen Gestaltungsentscheidungen wichtig sein.
Da eine grundlegende Frage von Designer*innen stets die Zukunft und die Weiterentwicklung technischer Möglichkeiten betrifft, möchte ich diese ebenfalls in Bezug auf Comics beleuchten. Meine Arbeit beschäftigt sich mit der Perspektive, die es für analoge Printmedien gibt. Doch ohne einen geschichtlichen Rückblick, gibt es auch keine Zukunftsprognose.
Deswegen wandern wir im dritten Kapitel durch die Entstehungsgeschichte bildlicher Sprachen und sequentieller Kunst, um ein Gefühl für kreative Tendenzen zu entwickeln.
Besonders wichtig war mir dabei der Aspekt Frauen* in der Comicszene aufzuspühren und sichtbar zu machen. Die Betrachtung der Underground-Comicszene beweist eine große Präsenz feministischer Comics seit den 1970er Jahren. Auch wenn das Feld überwiegend männlich dominiert ist, lässt sich hier eine Bewegung erkennen, die besonders moderne Comics geprägt hat.
Mit dem Eintritt des Computers in den Workflow kreativer Menschen, veränderte sich auch deren Arbeitsweise. Nachdem ich auf die Vergangenheit von Comics eingegangen bin, werde ich mich im letzten Kapitel aktuellen Beispielen und den möglichen Trends der Zukunft widmen.
Zum einen stelle ich aktuelle Comicformen vor, die im Web zu finden sind. Digitale Comics werden von Kreativen auf Webseiten, aber auch auf Social Media Kanälen präsentiert. Zum anderen gebe ich einen kleinen Überblick über Comics mit aufklärenden und feministischen Ansätzen, die den Comicmarkt gerade erobern.
Die letzten Fragen meiner Thesis leiten schließlich auch in meine praktische Arbeit über: Kann sich Augmented Reality als ein Portal in einem analogen Comic integrieren? Stellt Living Print eine Zukunft für analoge Medien dar?
Dies sind zentrale Fragen, die ich an die Zukunft stelle. Analoge Printmedien öffnen sich bereits und gestalten die Zukunft mit. Kann dies auch im Bereich der Comics funktionieren? Mit meinem Comic „Find Your Way“ möchte ich versuchen Portale zu schaffen, die eine digitale Schnittstelle zum klassischen Printmedium darstellen. Über das Portal können zusätzliche Informationen durch ein Transfermedium wahrgenommen werden. In der Dokumentation wird ebenfalls ein technischer Ausblick in multimediales Erzählen gegeben.
Nachdem ich auf Konzept und Gestaltungsentscheidungen näher eingehe, steht am Ende meiner Arbeit das Fazit des Experiments „Find Your Way“. Verwoben mit Elementen meines Studiums entstand ein Comic, mit welchem ich ausprobieren und experimentieren möchte.
Hier beginnt mein Weg...
The subject of comics and sequential design forms has influenced me since the beginning of my studies. I see their aesthetics in the continuity of creation. In combination with a story and its morality, or the questioning of it, a valuable medium with responsibility emerges.
In order to create an understanding of popular imagery, I will begin with the questions of what a comic actually is and what design principles it is subject to. With the help of Scott McCloud's book „Reinventing Comics“ I give an overview of the main characteristics of the serial art form. This analysis will also be important to me in my own design decisions.
A fundamental question for designers is „How is my topic related to present and the future?“ It's important to see the further development of technical possibilities, I would also like to look on this in relation to comics. My work deals with the perspective that exists for analog print media. But without a historical review, we can't predict the future.
That is why the third chapter is about the genesis of visual languages and sequential art in order to develop a feeling for creative tendencies.
It was particularly important to me to track down the aspect of women* in the comics scene and make them visible. Examination of the underground comics scene reveals a large presence of feminist comics since the 1970s. Even if the field is male-dominated, a movement can be seen here that has shaped modern comics in particular.
With the entry of the computer into the workflow of creative people, the way they work changed too. After discussing the past of comics, the last chapter will focus on current examples and possible future trends.
On the one hand, I present the current forms of comics that can be found on the web. Digital comics are presented by creative people on websites, but also on social media channels. On the other hand, I give a small overview of comics with enlightening and feminist approaches that are currently conquering the comic market.
The last questions of my thesis lead to my practical work: Can augmented reality be integrated as a portal in an analog comic? Does living print represent a future for analog media?
These are central questions that I ask of the future. Analog print media are already opening up and shape the future. Can this also work in the comics field? With my comic „Find Your Way“ I would like to try to create portals that represent a digital interface to the classic print medium. Additional information can be perceived through a transfer medium via the portal.
After I describe details on the concept and design decisions, the conclusion of the experiment „Find Your Way“ is at the end of my work and will be heard in my BA-presentation. With elements of my studies, a comic was created that I would like to try out and experiment with.
Here my path begins ...
Durch die Globalisierung von Comics sind die verschiedenen Strömungen und Richtungen kaum auseinander zu halten. Modern Age, Dark Age, Iron Age, Diamond Age… was nach den 1980ern folgt, hat viele Namen und ist allerdings meistens auf die Superhero Comics und deren Thematik bezogen. DC Comics brachte bahnbrechende Storys, wie The Dark Knight Returns raus und hauchte damit Batman neues Leben ein. Marvels Spiderman-Universum wird komplexer, die Geschichten vielseitiger und der klassische Comic bricht nach und nach mit der aufgezwungenen Zensur des Comic Codes.(31)
Da sich aber die Mainstream-Themen in der populären Comickultur nur wenig ändern, bleibt der Antrieb um Veränderung weiterhin bestehen. Comix sind und bleiben die radikale Gegenbewegung der Comic-Ära, bildet einen unabhängigen Markt und sind essentiell wichtig für das Entstehen der Indie-Comicszene von heute.
Da die Comix Bewegung ein großes Potential hatte, die Lesart sequentieller Kunst tief gehend zu verändern und sogar zu politisieren, ist es naheliegend, dass auch Feminist*innen der dritten Welle Comics machten:
# Wimmen‘s Comix
Gerade der Underground prägte die Moderne der Comics sehr und holt die Bildergeschichten aus der Jugendkultur in die „erwachsene Welt“. Die teilweise brutalen und expliziten Geschichten von Aline Kominsky-Crumb und Robert Crumb waren wegweisend für die Gegenbewegung zu den klassischen Comics. Es entwickelte sich eine neue, alternative Szene von Leser*innen.
Eine interessante Perspektive zeigte mir Scott McCloud in Reinventing Comics, in dem er auf die Gender Balance im Comicbusiness eingeht. Diese Balance ist nach McCloud extrem unausgeglichen, denn die Welt der Comics ist überwiegend männlich dominiert. Doch gerade in Zeiten des (Comic-)Aufruhrs bildeten Frauen ihre eigenen Bewegung.(32)
1972 entstand eines der ersten, ausschließlich von einem Frauenkollektiv gestalteten, Comicheft: It Ain‘t Me Babe Comix. Trina Robbins initiierte diese Kollaboration und schrieb mit Zeichnerinnen wie Barbara „Willy“ Mendes oder „Hurricane“ Nancy ihre eigenen Geschichten.(33)
Das Kollektiv Wimmen‘s Comix arbeitete stets zusammen. Alle waren gleichberechtigt an der Herstellung beteiligt und die Positionen als Editorinnen rotierten zwischen den Frauen. Interessant ist auch, dass sie andere Frauen ermutigten Comics zu zeichnen:
„Many of the women who submitted work to us had never drawn a comic before, and it showed. But we were more interested in giving women a voice than in how professionally they could pencil and ink.“ (Robbins, Trina (2016), S.8.)
Wimmen‘s Comix waren im Underground erfolgreich und sie brachten 20 Jahre lang Ausgaben heraus, in denen Frauen Comics kreierten.
# Tits & Clits
Ein weiterer feministischer Comic im Underground-Universum war Tits & Clits Comix (Abb.7, S.30). Joyce Farmer und Lyn Chevli gründeten die Comixreihe als politisches Sprachrohr des weiblichen Geschlechts gegen die Mainstreamthemen der damaligen Comicwelt.
Meist waren die Storys autobiographisch und erzählten von eigenen Erfahrungen. So entstand bspw. die Figur Mary Multipary, die mit ihrer Menstruation zu kämpfen hat. Oder auch Abortion Eve, die sich als Teenangerin mit Abtreibung auseinander setzen muss. Damit sprechen die Autorinnen Tabuthemen an. Farmer und Chevil wollten mit ihren Comics die männlich dominierte Undergroundszene aufräumen und das weibliche Geschlecht ins Zentrum setzen - aus der Perspektive von Frauen.(34)
Tits & Clits Zeichnerinnen schrieben über gleichgeschlechtliche Liebe, feministische Politik, queere Themen und den Bruch der Gesellschaft. Damit sind sie wegweisend für Indie-Comics und ihre Möglichkeiten in der Moderne. Und das nicht USA zentriert, sondern weltweit.
Das Heft Heroine von Suzy Varty entstand in England. In Frankreich wurde Ah! Nana als erstes Frauen-Comicmagazin 1976 veröffentlicht. In Japan entstehen die Magic Girl Mangas. Feministische und Weibliche Perspektiven im Comic verbreiten sich international.(35)
Die Objektifizierung von weiblichen Rollen in Superhelden Comics oder die Übersexualisierung von Heldinnen treibt die alternative Comicszene weiter an. 1999 entstand das Onlinemagazin girl-wonder.org, welches sich mit Comickritik befasst. Ihr Anliegen ist es über Frauen in Comics zu sprechen und den Kosmos für Frauen, als Leser*in und Autor*in positiver zu gestalten.(36) Bis heute kann man auf der Website über Themen bzgl. Comics nachlesen und Teil einer Community werden. Gerade diese Zusammenkunft ist wichtig: Auf girl-wonder schließen sich Frauen zusammen und tauschen sich aus, um etwas zu kreieren.
Aus diesem feministischem Grundgedanken der dritten Welle entstehen in den 1990ern zahlreiche Kunstkollektive. Die DIY Kultur eröffnete die Möglichkeit, selbst schnell und günstig Ausgaben zu veröffentlichen. Es mussten keine Verlage überzeugt werden provokante Comics herauszubringen. Die Werke der Kreativen sind und bleiben ihre Eigenen.
Action Girls Comics wurde 1995 von Sarah Dyer als Antwort auf die immer noch dominierenden Actionheros der Comicwelt gestaltet. Sie gründete ein Kollektiv und schrieb in ihrem Manifesto:
„ACTION IS EVERYTHING! Our society, even when it‘s trying to be ‚alternative‘ usually just promotes a consumerist mentality. Buying things isn‘t evil, but if that‘s all you do, your life is pretty pointless. Be an ACTION GIRL! (Or boy!) It‘s great to read / listen to / watch other people‘s creative output, but it‘s even cooler to do it yourself. Don‘t think you could play in a band? Try anyway! Or maybe think about putting on shows or starting a label. Don‘t have time/energy to do a website yourself? Contribute to someone else‘s website. Not everyone is suited to doing projects on their own, but everyone has something to contribute. So do something with all that positive energy!“ (Dyer, Sarah)(37)
Mit diesem Statement macht sie besonders Mädchen und Frauen Mut, sich selbst zu entfalten und setzt gleichzeitig ein politisches Signal. Dyer schrieb Anleitungen für DIY Comic-Projekte und sprach sich gegenüber der Zine Etiquette aus. Ihre Philosophie lautete: „girl-positive and female-friendly --- never anti-boy“ und entspricht damit dem feministischen Zeitgeist der Moderne.(38)
In Action Girls gibt es queere Charaktere wie Liliane Bi-Dyke, eine bisexuelle Figur gezeichnet von Leanne Franson. Liliane ist ein vielseitiger Comic, welcher sich durch die sympathische Naivität des Hauptcharakters, aber ebenso den moralischen Fragen ihrer Umwelt beschäftigt. Auch A-Girl, ein asexuelles Mädchen, kreiert von Elizabeth Watasin, nimmt ihren Platz in der Action Girls Reihe ein und unterstreicht die Vielfalt in der Comiclandschaft.
Gerade die Diversität an Held*innen und Perspektiven spiegeln ihre Notwendigkeit in der Comicwelt wieder. Sie sind bis heute Quelle emazipierter Indie-Comics.(39)
Queere Comics und Charaktere sind und bleiben wichtiger Bestandteil der Szene. Die Geschichte der schwulen und queeren Comics ist ein spannender Rückblick, der in dem Buch No Straight Lines: Four Decades of Queer Comics von Justin Hall sehr gut wiedergegeben wird. Hall sammelt Narrative von Autor*innen über die queere Undergroundcomics und deutet auf Grundsteine deren Entwicklung hin. Gerade die Macher*innen von feministischen Comix brechen die patriarchalen Strukturen auf und ermöglichen es diverse Geschichten zu erzählen. So bspw. Mary Wings, die 1973 mit Come Out Comix das erste lesbische Comicbuch veröffentlichte. (40)
(...)
Ausgelöst von den Fragen „Wer bin ich? Wer will ich sein? Wer kann ich werden?“ habe ich mich mit den Möglichkeiten meiner Zukunft beschäftigt und festgestellt, das es nicht einfach ist Antworten darauf zu finden. Eingeschränkt von gesellschaftlichen Richtlinien oder der Überforderung durch Optionen, ist es nicht jeder*jedem möglich frei und unabhängig zu entscheiden, welchen Weg man einschlagen möchte. Das Aufzeigen dieser Problematik und ein Hervorheben dieser durch eine Geschichte schafft Kontext und Öffentlichkeit.
In meiner Arbeit soll ein empowernder Comic entstehen, der jungen Menschen Inspirationsquellen aufzeigen soll um ihnen Mut zu machen uneingeschränkt den eigenen Weg zu finden und zu gehen. Zentral begibt sich mein Comic „Find Your Way“ in ein semi-autobiographisches Storytelling, was neben der Geschichte der Charaktere auch autobiographisches Wissen über kreative Personen vermitteln soll. Der analoge Comic wird durch digitale Erzählformen wie Videokomposition und Animation ergänzt. Diese zusätzlichen Medienebenen können Leser*innen durch eine Anwendung der Augmented Reality betreten.
Für mich ist die Augmented Reality, sowie Virtual oder Extended Reality, eine Chance Storytelling weiter zu entwickeln. AR eröffnet die Möglichkeit animierte Informationen in eine Erzählform zu integrieren.
Was AR braucht, ist, neben dem Transfermedium und dem virtuellen Inhalt, eine Form, der Realität. In meiner Arbeit stellt der analoge Comic die Realität dar, über den vermittelt wird. Es passiert also ein multimediales Erzählen mithilfe von digitalem Content und Printmedium. Diese Verbindung aus zwei „Welten“ stellt ein interessantes Spannungsverhältnis dar und fordert die Wahrnehmung heraus.
Die Transfermedien wie bspw. Tablet oder Smartphone, oder in Zukunft auch Brillen, ermöglichen eine digitale Interaktion mit dem Analogen. Als Leser*in oder Nutzer*in entsteht das Gefühl etwas zu entdecken - also eine Form des Partizipierens mit der Story. Genau dieses Gefühl möchte ich nutzen, um meine Geschichte zu erzählen. Meine These ist es, dass durch die aktive Teilhabe am Geschehen eine Nähe zur Geschichte und deren Charakteren entsteht und somit Wissen sowie Emotionen besser transportiert werden können.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten AR anzuwenden. Ich habe mich für das living print-Szenario entschieden.(43) Hierbei erkennt das Transfermedium über eine App ein gedrucktes, analoges Objekt und projiziert darauf die erweiterte Realität. Mithilfe von digital bestimmten Rahmen und Markern, trackt die Anwendung die Umgebung, auf der die zusätzlichen Informationen abgebildet werden sollen. Je präziser die Marker gesetzt werden, desto besser ist auch die Performance über die Anwendung. Marker orientieren sich im Idealfall an Form, Farbe und Position.
In meinem Fall entschied ich mich für die Anwendung Artivive, die durch einfache Nutzung ideal für den Einstieg und das Experimentieren mit AR-Inhalten ist. Über einen online-Editor kann das Originalbild hochgeladen und durch zusätzliches Bild-, Ton- und/oder Videomaterial ergänzt werden. Es ist ebenfalls möglich über den Editor die Informationen über 3D Achsen im Raum zu platzieren. So kann man auf verschiedenen Ebenen mit dem Material experimentieren und versteht, was AR bedeutet und worin die Vorteile liegen.
Um meine Arbeit zu realisieren, habe ich mich entschieden in meinem Comic zwei Portale einzubauen, in denen man über die Markierung eines erklärten Symbols darauf aufmerksam gemacht wird, dass hier eine AR-Anwendung genutzt werden kann. Die Geschichte funktioniert auch ohne Nutzung der App, da es sich um ergänzende - augmented - Informationen handelt. Ich habe mich für zwei Portale entschieden, um zu testen, ob es überhaupt möglich ist die Lesart eines analogen Comics so zu unterbrechen, dass Leser*innen motiviert sind die AR-Anwendung zu nutzen. Kann Augmented Reality Printmedien zum Leben erwecken?
Wie schon in Punkt 6.2 beschrieben, gibt es gerade erneut den Trend feministische Themen in Comics zu verpacken und über Thematiken wie Gleichberechtigung zu informieren. Neben der Aufklärung ist Empowerment eine wichtige Aufgabe des Feminismus und genau dieses Mut-Machen möchte ich in das Storytelling meines Comics, einfließen lassen.
Ganz nach Strömquists Intention Frauen der Geschichte in den Vordergrund zu rücken, möchte ich Frauen der Popkultur erneut eine Bühne geben. Auf dieser Bühne sollen sie als Inspirationsquelle bekannte und unbekannte Werke ihres Schaffens präsentieren, zitiert werden und als animierte Figuren die Charaktere adressieren und mit den Leser*innen agieren.
Sich inspirieren zu lassen, bedeutet für mich mehr als nur schnell Informationen bekannter Künstler*innen aufnzunehmen. Es bedeutet, sich mit einer Person und ihrer Geschichte auseinanderzusetzen. Dabei entsteht z.B. Wissen, Emotionen und Ideen. Wichtig ist es, dass es neben der Aufnahme von Informationen auch zu einer Umsetzung der verarbeiteten Inspiration kommt. Welche Form das annimmt, hängt natürlich von jeder Person individuell ab. In meinem Comic liegt das Potential der Inspiration in erster Linie im Bewusstwerden einer Möglichkeit, über die Kommunikation mit anderen Menschen und schließlich der Umsetzung einer erfassten Idee.
Für den Comic „Find Your Way“ habe ich als eine inspirierende Frau Kate Bush gewählt, da sie für mich eine Person der kreativen Entfaltung auf verschiedenen Ebenen darstellt. Sie ist Repräsentatin von multimedialer Kunst, da sie sich in ihrer Arbeit durch verschiedene Medien ausdrückt. Sie ist eine Frau, die mich persönlich ermutigt hat, vieles auszuprobieren und diese Geschichte möchte ich erzählen. Ode to Kate.
(...)
Durch traditionelles Storytelling, welches der linearen Three Act Story Structure entspricht, entwickelte ich eine Geschichte. Das Buch Animated Storytelling von Liz Blazer funktionierte dabei als Leitfaden und half mir ein Script zu schreiben. Meine narrative Idee formte sich im Prozess und Charaktere wurden sichtbar und stellten sich ins Zentrum.
Wichtig bei der Umsetzung war das Vorlesen und das Einholen von Kritik. Auch das „Liegen-lassen“ des Textes half mir die Story aus einer neuen Perspektive zu betrachten.
Da das Storytelling im Comic mit der Bildsprache einher geht, spielte auch die Textarbeit eine wichtige Rolle. Das bedeutete den Text zu gliedern, in Dialoge und mögliche Bildunterschriften zu zerteilen, um schließlich eine Übersicht zu haben. Hier ein Auszug meines Scripts:
Mithilfe des Storytellings konnte ich meine Charaktere besser greifen und um sie besser zu Zeichnen, fertigte ich Stylesheets an. Stylesheets trainieren zum einen die Reproduktion des Charakters, zum anderen entwickelt sich eine eigene Bildsprache. Außerdem macht diese Übersicht klar, welche Details notwendig sind und welche den Workflow eher einschränken.
Um einen Bruch zwischen der analogen und digitalen Welt zu verdeutlichen, unterscheidet sich der Stil. Kate Bush tritt über AR in minimaler Animation auf. Aus diesem Grund wird ihre Figur digital rotoskopiert(44).
Im Folgenden sind Beispielentwürfe meiner Hauptcharaketere zu entdecken:
Da sich mein gewählter Stil nur minimal von Scribbles unterscheidet, legte ich das Storyboard ebenfalls digital an und füllte es kontinuierlich mit Ideen und Zeichnungen. Um den Überblick zu behalten, fertigte ich dennoch ein Testcomic an. Dadurch fiel es mir leicht die Verbindungen der Panels zu überschauen.
Für die Animationen möchte ich ein abstraktes Layout umsetzen. Die Intention ist es, reale Bilder in einer Filmcollage zu verarbeiten. Mit diesem Input soll eine Stimmung geschaffen und Kate Bush ihre Stimme verliehen werden. Die Collage läuft kontinierlich weiter und präsentiert Snippets aus Musikvideos oder Interviews. Ich werde Songtexte aufbauen animieren und klassische Cel-Animationen von Kate Bush selbst einpflegen.
Das Illustrieren von Geschichten macht mir sehr viel Spaß. Ebenso, wie das Gestalten und Experimentieren mit verschiedenen Medienformen. Beides konnte ich in meiner Bachelorarbeit vereinen und einen Comic kreieren, der mein gesamtes Studium zusammenfasst. Thematisch und gestalterisch habe ich mich in meinem Projekt entfalten können und auch viel gelernt, was mich extrem voran gebracht hat.
In Bezug auf meine Forschungsfrage, ob es möglich ist einen Living Print Comic zu erstellen, möchte ich klar sagen: Ja. Ob es einen Mehrwert hat und auch die Zukunft der Printmedien darstellt, möchte ich eher diskutieren. Denn so schön das Nutzen neuer Technologien auch sein kann, so schränkt es uns auch ein. Dabei denke ich an Screenzeiten, die sich beim Nutzen von Transfermedien erhöhen. Außerdem entsteht eine Abhängigkeit gegenüber des technischen Geräts und damit auch ein Ausgrenzen derjenigen, die nicht die Möglichkeit haben die Technik zu nutzen. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Medienkonsum allgemein, der mithilfe von AR gefördert wird: in Zukunft wird es möglich sein schneller, mehr Informationen aufzunehmen. Das ist der Trend des Informationszeitalters, in dem wir uns befinden. Dabei stellt sich mir die Frage: aus welchem Grund brauchen wir ergänzende Informationen? Und: inwiefern können wir diesen Input (weiter-)verarbeiten? Das Lesen stellt eine Entschleunigung in unserer Gesellschaft dar, warum dies also durch addieren von Bildern beschleunigen?
Genau bei diesen Fragen möchte ich allerdings wieder einlenken, denn trotz der notwendigen Kritik, stellen neue Medien und technologische Ideen auch Chancen dar, die unser Leben vereinfachen oder bereichern.
Gerade bei dem Konzept Comic mit AR zu verbinden, sehe ich einen Mehrwert. Leser*innen können mit der Geschichte interagieren und somit einen direkten Bezug zu der Story aufbauen. Das kann besonders in Bezug auf Meinungsbildung fördernd sein. Ich kann mir vorstellen, dass geschichtliche, politische oder kulturelle Themen in Comics durch eine Auflockerung wie einem AR Portal, spannender gestaltet werden kann. Die Möglichkeit ein Printmedium in das multimediale Erzählen einzugliedern, klingt für mich persönlich nach großem Potential.
Die zwei Gestaltungsformen, die sich über ihre historische Entwicklung angenähert haben, werden so miteinander verbunden. Für mich stellt das ein logischer Zusammenschluss dar, der dem Lesen der Geschichte nicht im Weg steht. Ebenso sehe ich die Intention beim Lesen von Comics auch in der Unterhaltung. Comics wollen unterhalten, in dem sie Geschichten erzählen. An diesem Punkt möchte ich ansetzen und multimediales Erzählen als wichtigen Bestandteil der Zukunft voraussagen. Ob das, was wir heute unter Living Print verstehen tatsächlich Teil dieser Vision ist, weiß ich nicht, aber es ist spannend an dieser Form weiter zu experimentieren und mit zu gestalten.
tbc.
AR Elemente werden bis zum 26.01.2021 ergänzt.
PW: FYW2021