In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Bunt, lebendig, dynamisch – das ist Stadtleben. Aber das Leben in der Stadt kann auch oft merkwürdig sein. Wer hat sie noch nicht erlebt, diese Orte, Dinge oder Situationen, bei denen es uns schon allein vom Anblick ganz unangenehm zumute wird. Egal ob hostile Räume oder Mobiliar, Gegenstände oder soziale Interaktionen, plötzlich werden wir aus unserer Komfortzone heraus katapultiert und fühlen uns: UNWOHL. Manche dieser Dinge sind absichtlich so gestaltet, dass wir uns damit unwohl fühlen, andere nicht – und tun es trotzdem.
In diesem Projektwochenkurs beschäftigen wir uns mit dem Thema »Unwohlsein«: Was ist es, das dieses Gefühl in uns erzeugt? Aus welchem Grund? Und wie können und möchten wir damit umgehen?
Wir möchten in diesem Kurs Unwohlsein im Alltag beobachten und sichtbar machen, in dem wir dafür Interventionen oder Hacks prototypisieren. Dabei sind kritisch-ironische Ansätze genauso willkommen wie lösungsorientierte Konzepte. Dazu werden wir digital gestützte Co-Creation Methoden ausprobieren, ihr werdet schnelle Hands-on Prototyping Sessions durchlaufen und so iterativ (Lösungs-) Ansätze entwickeln.
Im Rahmen des Projekts „UNWOHL“ konfrontierten wir uns mit dem Gefühl, dem diffusen Empfinden, dass etwas nicht stimmt oder Negatives naht. Ob unwohl in der eigenen Haut, mit anderen Menschen oder in einer dunklen Straße, das Gefühl des Unwohlseins kennt jeder.
Nach mehreren Tagen Austausch, aufmerksamen Beobachten und Erkunden des eigenen Unwohlseins, begannen wir konkreter nach Lösungsansätzen für das Unwohl zu suchen.
Nachdem wir uns in Gruppen unterteilt haben, um mehrere Arten des Unwohlseins abzudecken, begannen wir mit dem Brainstorming in Miro.
Dabei fokussierten wir uns auf Unwohlsein im eigenen Körper und Unwohlsein mit anderen (Körpern). Wir dachten an Beauty-Trends und wie wir mit dem Druck uns immer verändern zu sollen umgehen, oder das oft das Zelebrieren des „Personal Space“ viel zu kurz kommt und andere Menschen dabei unsere physischen Grenzen überschreiten.
In diesem Schritt kamen uns erste Ideen für Prototypen. Beispielsweise ein ironisches „Survival Kit“ für den eigenen Körper, welches Weinen und Schwitzen vor anderen versteckt oder das Konzept der „eigenen vier Wände“, die dem Personal Space und Safe Space mit seinen Facetten gewidmet wird und den Benutzer diese mit in die Öffentlichkeit nehmen lässt.
Letztere wuchs uns aufgrund der individuellen Umsetzungsmöglichkeiten schnell ans Herz und schien auch bei den anderen Kursteilnehmern Interesse und Neugier zu wecken.
Bei näheren Gedanken an die Umsetzung kristallisierte sich allerdings schnell heraus, dass wir eine Serie von Safe Spaces erstellen werden, das heißt jedes Gruppenmitglied erstellt ihren Safe Space um so einen generalisierten Safe Space zu vermeiden. In unseren Augen hätte dies in einem Widerspruch gestanden. Jeder Mensch hat individuelle Ansprüche.
So entstanden die ersten Skizzen unserer Safe Spaces.
Durch das Brainstorming sind wir zu dem Entschluss gekommen, eigene Safe Spaces zu kreieren, weil wir alle was anderes unter dem Begriff Safe Spaces empfunden haben. So stellte sich auch schnell heraus, wie unterschiedlich unsere eigne Safe Spaces sind. Der Entschluss eigene Produkte zu erschaffen, soll betonen wie individuell der Begriff Safe Space ist. So beschäftigten wir uns viel mit den Fragen über unsere eigene Grenzen und das eigene Wohlbefinden.
Bei dem Gedanken einen tragbaren Safe Space zu machen, fiel mir direkt Kleidung ein. Ich persönlich beschäftige mich sehr viel mit Kleidung und verbinde damit auch einen gewissen Selbstausdruck. Mir ist dabei wichtig, dass ich mich darin wohl fühle aber gleichzeitig auch ein Teil meiner Persönlichkeit ausdrücken kann. Also stellte ich mir die Frage, wie ich dies mit dem Thema Safe Spaces verbinden kann. So stieß ich direkt auf das Thema meiner eigenen Grenzen. Die Kombination von Wohlbefinden und Grenzen brachte mich zu dem Konzept „fass mich nicht an“. Meine Grenzen sind an mir nicht sichtbar und dies führt oft dazu, das man in meine Privatsphäre eindringt ohne es zu wissen. Mit den zusätzlichen Armen wollte ich meine Grenzen klar machen, nach dem Motto „meine Hände sind schon auf mir, ich brauche keine mehr“. Die Arme kreieren auch einen gewissen physischen Abstand, der besonders in diesen Zeiten nicht immer eingehalten wird. So schaffen sie physische Grenzen im Sinne meiner mentalen Grenzen und eigenem Wohlbefinden.
Beim Prozess des Erstellens dieses Konzeptes, fiel mir auf wie wichtig die Material Auswahl für mich war. Ich entschloss mich das Kleidungsstück komplett schwarz zu gestalten, weil es die Farbe ist in der ich mich am meisten wohlfühle. Gleichzeitig absorbiert schwarz die angefügten Arme, sodass man auf dem ersten Blick nicht genau erkennt was sie eigentlich sind. Meiner Meinung nach spiegelt sich dieses auch in meiner Persönlichkeit wieder. Zuerst nähte ich die Arme und stopfte diese mit Füllwatte aus. Danach nähte ich den Körper und befestigte die Arme. Dies war echt viel Arbeit und ich unterschätzte den Zeitaufwand dieses Projektes. Es wurde auch aufwändig, da ich sehr sorgfältig arbeitete weil es meinen eigenen Safe Space wieder spiegelt und somit ziemlich persönlich wurde.
Der Comfort-Coat ist eine Möglichkeit einen Teil meines Zuhauses immer bei mir zu haben, wenn ich es möchte. Entstanden aus einem handelsüblichen Mantel, habe ich ihn so angepasst, dass er mir wichtige Dinge verstauen und vereinen kann. Erinnerungen an die Familie? Eine warme Decke zum einkuscheln? Die altbekannte Süßigkeiten-Schublade? Alles kein Problem für den Comfort-Coat. Von außen sieht dieser vollkommen normal aus, grau - etwas unscheinbar, und das ist auch gut so! Meine eigenen vier Wände bleiben privat.
Dieses Konzept setzte ich um, mit dem ersten Schritt - mir darüber klar zu werden, was mir in meinem Comfort-Coat wichtig wäre, und dem zweiten - wir ich diese Aspekte in einem Mantel „einbauen“ könnte.
Letztendlich entschied ich mich folgende Aspekte umzusetzen: einen Muster-Futterstoff, welchen ich auch als Tapete in meiner Wohnung verwenden würde beziehungsweise der einen ähnlichen Stil hat wie meine derzeitige Einrichtung; das Einsetzen eines weichen Stoffes, welcher an eine Kuscheldecke/Kissen erinnert und so Komfort und Wärme spendet; das Anbringen von Bildern/Postkarten, um Andenken an die Familie immer dabei zu haben. Zudem befestigte ich eine kleine Zimmerpflanze und Stauraum für Snacks und eine Powerbank an, um interaktive Dinge aus meiner Wohnung in den Mantel zu bringen. Zuletzt folgte eine kleine Lichterkette zum Spenden von subtilem Licht nachts oder in der Abenddämmerung.
Die Konzepte waren entwickelt, so fing jeder für sich an zu arbeiten. Bei den Prototypen des Gardinenhuts leitete mich das Gefühl und der Gedanke
eine Grenze durch Formen von Schichten zu schaffen, die einen vor der Außenwelt schützen sollen. Nicht in hygienischer Hinsicht, sondern viel mehr ein persönlicher Aspekt. Der eigene Raum spielt hier, so wie in den anderen Arbeiten meiner Teamkollegin eine große Rolle. Jede Arbeit von uns soll tragbar mitzunehmen sein in den öffentlichen Raum. Da wir alle einen persönlichen Raum haben, den wir nicht sehen, wollten wir diesen mit den Prototypen unserer Vorstellung sichtbar machen.
Mein Objekt sollte wie ein Hut tragbar sein. Wie schon erwähnt, sollten die Grenzen in Formen von Schichten veranschaulicht werden. Dabei bestanden in meiner Vorstellung die Schichten aus unterschiedlichen Gardinen, die man nach Belieben wählen könnte. Ich wollte einen Schleier der Anonymität schaffen, den man selbst betätigen kann - wie es einem gerade in den Sinn kommt. Die Schleier sollen je nach Stimmung des Trägers fallen.
Nachdem sich die Idee festigte, begann der praktische Prozess der Entstehung. Es kam mir zugute, dass ich bevorzugt plakativ und groß arbeite und dem nachgegangen bin. Dabei stellte ich fest - wie in den meisten Fällen des Arbeitens, dass mein Ideenreichtum großzügiger ist, als das was in der Wirklichkeit umgesetzt werden kann. Sprich es wird nie so, wie ich es mir vorstelle. Da ich nur mit dem gearbeitet habe, was mir zur Verfügung stand wurde sehr spontan und kompromissvoll gearbeitet. Was es ziemlich spannend machte. Ich fand viele Plastikutensilien, die mich mehr ansprachen als die Stoffe.
Das Arbeiten wurde mehr und mehr zu einem meditativen Prozess, an dem ich lange saß. Experimentierfreudig wie ich war, entstanden im Verlauf zwei Arbeiten.
Das finale Produkt entsprach am Ende auch meinen Erwartungen. Ich bin sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Besonders schön fand ich den Prozess, denn durch das Thema „Safe Spaces“ habe ich viel über meine Grenzen und mein Wohlbefinden gelernt aber auch über die andere Menschen. Mir gefiel, dass dieses Kleidungsstück Kontraste hervor brachte. Für äußere Betrachter sah ich eindringlich und einschüchtern aus, auch weil viele Menschen zusätzliche Arme als gruselig empfinden. Ich fühlte mich aber wohl in meinem eigenen „safe space“, weil ich wusste was dieser für ich bedeutet und was ich damit vermitteln wollte. Zudem waren die Reaktionen in meinen persönlichen Kreises sehr positiv und haben meine Freunde dazu angeregt über dieses Thema kritisch nachzudenken. Sie stellten sich dann auch persönlich die Fragen, wo ihre Grenzen sind und wann diese überschritten werden. So war der Austausch über das Thema sehr schön für mich.
Die meisten Wünsche und Erwartungen, die ich an meinen Prototyp hatte, haben sich in der Testphase bewahrheitet. Der Stoff war unglaublich angenehm und fühlte sich fast wie eine Umarmung an. Die angebrachten Bilder sorgten für ein Schmunzeln jedes Mal, wenn ich in meinen Mantel schaute. Die Halterungen für Powerbank und Snacks erwiesen sich als unheimlich praktisch - nicht nur für mich sondern auch für Menschen um mich herum. Leider würde ich die Lichterkette und die Zimmerpflanze nicht noch einmal so umsetzen, das Licht war deutlich zu schwach um den gewünschten Effekt zu erzielen, hier müsste ich nochmal nach einer helleren Alternative suchen. Bezüglich der Pflanze entwickelte sich eher ein moralisches Problem: sie wurde beim Tragen des Mantels u.A. durch Bewegung der Beine in Mitleidenschaft gezogen.
Im Allgemeinen ist der Comfort-Coat bereits sehr nah an einem im Alltag verwendbaren Mantel, mit ein paar Änderungen würde ich ihn definitiv wieder verwenden. Dieses Feedback habe ich auch von Freunden und Familie bekommen: sie fanden die Idee cool und das Konzept, das Zuhause mit sich zu tragen, als beruhigend - dem Unwohl entgegenwirkend.
Der Gardinen-Hut hat den Radius von ca. 1 m und erstreckt sich mit dem Plastikschleier bis zu ca. 2 m vom Boden. Er wurde mit Pappe, Pappbehältern, Polstern, unterschiedlichen Stoffen, Gardinen und Plastikfolien gearbeitet. Es wurde alles mit der Heißklebepistole und dem Tacker befestigt. Die Farbe Silber schmückt den Hut von außen und von innen wird er bunt gehalten. Der Schleier erscheint milchig-weiß-transparent. Man setzt diesen auf den Kopf.
Das Objekt hat die Größe von ca. 1 m. Das verwendete Material besteht aus einzelnen runden Plastikdeckeln, die mit einer Heißklebepistole zusammengesetzt worden sind. Über eine farbliche Komponente verfügt das Objekt nur in geringem Maße, da sie transparent ist und leichte weiße Züge aufweist. ‚Die Bubble‘ kann man über den Kopf stülpen und sie wird wie ein Ganzkörperanzug getragen.
Was mich überraschte, waren die Vergleiche. Der Hut wurde zur Qualle, die im Himmel tanzte oder zu einem Geist, der durch die Stadt wandert. Die Bubble wurde zum Schaum aus dem Meer oder die Seifenblasen aus dem Bad. Sie regt stark zum Assoziieren an.
Der Gardinen-Hut hatte am Ende nicht mehr viel mit dem Konzept der Gardinen zu tun. Eher ein Hut, der ein Plastikfolienschleier um sich herum hat. Dennoch wurde der Zweck des Huts erreicht - das Isolieren sowie das Verstecken dahinter und darunter. Ein weiteres Ziel war es eine Stimmung des Geborgenseins mit diesem Prototypen zu vermitteln, was gelungen ist. Vom Erscheinungsbild hat es etwas mystisches und chices zugleich. Sobald man ihn aufsetzt, hat man das Gefühl in eine eigene Welt einzutauchen. Die Sicht hinter dem Schleier wirkt sehr verklärt, da man nur Licht und verschwommene Konturen erblicken kann. Beim Hochheben bekommt man wieder eine klare Sicht. Auffallend ist, dass dieses Werk doch viel schwerer wirkt als mein zweites Werk. So als Würde der Kopf eine Last mit sich herumtragen. Zudem ist es sehr warm unter diesem Material.
Meine zweite Arbeit ‚meine kleine Bubble‘ gleicht einer eigenen kleinen Blase, die eine Aneinanderreihung vieler kleiner Plastikseifenblasen in sich hat. Sie vermittelt so ein Gefühl der Schwerelosigkeit und hat etwas Gemütliches. Was eigentlich ziemlich lustig ist, da sie um Einiges schwerer ist als sie aussieht. Das Tragen wurde etwas unangenehm. Sie ist zwar kein Panzer, hat aber etwas beschützendes an sich - als wäre man in Luftpolster gewickelt worden von der eigenen Mutter. Damit sich das Kind draußen nicht verletzen kann. Dabei mag ich es sehr, dass es keine bestimmte geometrische Form hat. So erscheint sie formbar und sehr abstrakt.
Ich habe es mir nicht nehmen lassen die Objekte draußen vorzuführen. Dabei entstanden viele lustige Situationen in unterschiedlichen Orten. Von der Natur bis hin zu den öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Reaktion der meisten Leute war ein Schmunzeln, fragende Blicke sowie erstaunen. Die meisten schauten lieber und ein paar fragten ‚Was das soll?‘. An sich wirkten die Passanten sehr offen und machten mir viel Platz. Genau den Platz, den ich damit einnehmen und sichtbar machen wollte.
Zusammenfassend war der Kurs „UNWOHL“ sehr spannend für uns. Anfangs wussten wir noch garnicht in welche Richtung wir mit diesem Thema geht. Schlussendlich kamen wir doch relativ schnell auf eine Idee die uns allen gefiel und somit machte die Gruppenarbeit auch Spaß. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema brachte uns viele neue Erkenntnisse über uns selbst und andere. Mit unseren Endprodukten möchten wir die Individualität betonen. Sie spiegeln sich nicht nur in unseren Produkten wieder sondern auch im gesamten Kurs, denn alle Ergebnisse sind so unterschiedlich von einander. Es war sehr interessant wie der Kurs „UNWOHL“ so unterschiedliche Gefühle und Ideen hervorbrachte.