In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre
Wir beschäftigten uns mit dem Thema Farbe und Form sowie Kontraste und Größen ausgehend von Pflanzenstudien. Es wurde ein Weg des Prozesses gegangen, der die Entwicklung von der Studie einer lebenden Pflanze bis zur grafisch flächigen Vereinfachung dieser zeigt.
Farbe und Form war ein Gestaltungsgrundlagenkurs bei Prof. Klaus Keller. Das Ziel des Kurses war es, ein Vermögen für die Vereinfachungen von Objekten zu erlangen. Wir nahmen uns dafür Pflanzen ins Visier. Die botanischen Lebewesen sind in ihrem Wachstum und Aufbau eigentlich sehr komplex. Zu der Kursaufgabe gehörte also das Abstrahieren und Vereinfachen eines Pflanzenkörpers. Anhand des dreidimensionalen Gewächses ging es Schritt für Schritt ins zweidimensionale über. Zuerst standen Zeichen- und Fotografiestudien der Pflanzen an, analytisch wurden dann Motive gewählt und in einigen verschiedenen grafischen Ausführungen dargestellt. In Adobe Illustrator wurden diese vektorisiert und für den Risograph aufbereitet.
Prof. Klaus Keller wählte dieses Druckverfahren für die Aufgabe wohl nicht ohne Grund, die Risografie lässt es zu, nur in einer Farbe und diese flächig zu drucken, so wird das vereinfachte Denken in dieser Aufgabenstellung unterstützt.
Die Risografie ist ein Druckverfahren welches mit einer Schablone, ähnlich wie beim Siebdruck, also dem Durchdruck der Farbe, arbeitet. Ursprünglich kommt der Risograph aus Japan und wurde dort entwickelt um schnell viele Kopien erzeugen zu können (z.B in Schulen, Büros, etc..), so ist das Drucken am Riso erst ab einer höheren Auflage sinnvoll. Ein weiterer Grund dafür ist, dass es ursprünglich nur notwendig war in einer Farbe zu drucken. Es gibt also nur eine Farbtrommel im Risograph, diese muss je nach Farbwunsch gewechselt werden. Die aufgedruckte Farbe basiert auf Soja, die Masterfolie, welche als Schablone dient, basiert auf Hanffasern, so ist der Risograph ein Wohltäter für die Umwelt. Seinen Charme erhält der Risograph durch die Rasteroptik, man kann zwischen Rasterarten und Rasterweite wählen.
Die erste Herausforderung bestand in der Aufgabe der Pflanzenstudien. Dazu verbrachten wir einen Tag in der Biosphäre in Potsdam. Die erste Zeit beobachtete ich das Wachstum der Pflanzen und suchte nach interessanten Gewächsen. Mit unterschiedlichen Materialien wurde dann skizziert und nebenbei fotografiert. Dabei immer im Fokus das Verhältnis von Blättern und Stängel, Knospen, Blüten und Wurzeln zueinander. Mir war dabei bereits wichtig, ein Bewusstsein für die Ästhetik und ein Gleichgewicht im Bild zu haben. Das Skizzieren half dabei, ein Gespür zu erlangen, wie Pflanzen aufgebaut sind, welche Teile man hervorheben muss und detailgetreu darstellen sollte, um ein klares Bild der Pflanze zu vermitteln.
Der Hauptteil des Kurses richtete sich auf die Weiterentwicklung des fotografisch festgehalten Motivs. Die ersten Schritte bestanden darin, uns Motive mit einem interessanten Ausschnitt auszuwählen und erst einmal möglichst realistisch darzustellen, um ein Bewusstsein für die Anordnung und Struktur der realen Pflanze zu bekommen. Ich entschied mich für zwei völlig verschieden aufgebaute Pflanzen. Als nächstes wurden diese Zeichnungen in unterschiedlichen Vereinfachungen umgesetzt. Diese wurden grob in sechs Schritten unterteilt:
1 – möglichst realistische Zeichnung der Pflanze 2 – nur die Umrisse der Pflanze zeichnen, ohne die Räumlichkeit zu beachten 3 – flächig monochrom: durch Farbe wird reduziert, eine Farbe und s/w mit Vergrauungen sind möglich 4 – die Negativform der Pflanze wird gezeigt: es wird der Hintergrund und die Zwischenräume als Träger der Information verwendet. 5 – hartes Schwarz: durch schwarze Flächen und verdichtete/offene Schraffierungen werden grafisch Kontraste gezeigt 6 – Linear mit Struktur ohne Umrisse, welche die Wuchsrichtung der Pflanze unterstützt zeigen sollen
Jeder einzelne Schritt dieser hatte seinen Sinn, denn es wurde zugelassen, die Form der Pflanze auf unterschiedliche Art und Weise wahrzunehmen. Einmal nur die Umrisse, wie verlaufen diese? Wieviel Platz nimmt der Negativraum ein? Wie bekomme ich ein interessantes und doch klares Bild mit nur s/w und einer Farbe? Unterbewusst spielen diese Dinge eine Rolle in der Ästhetik des Gesamtbilds. Gleichzeitig sind sie eine gute Übung.
Nach dem Durchlaufen der analogen Schritte wurde das Motiv in Adobe Illustrator weiterverarbeitet. Dazu platzierte ich die Fotografie meiner Pflanze in Illustrator, stellte die Deckkraft auf 40% und legte eine Ebene darüber, auf der ich mit dem Pfadwerkzeug manuell nachzeichnete. Bei dieser Arbeit stand Genauigkeit an erster Stelle.
Es dauerte eine Weile bis ich alle Strukturen der Pflanze erfasst und korrekt gezeichnet hatte. Da mein Pflanzenmotiv aus nur einer Ranke besteht und keinen Stängel hat, an dem viele einzelne Blätter wachsen, fiel mir die Anordnung dieser zwar leicht, aber das In-Kontrassetzten der Vorne- und Hintenwirkung stellte sich als sehr schwierig dar. Jedes Blatt ist im halbwegs gleichmäßigen Abstand. Also stellte sich die Frage, wie bekomme ich ein eindeutiges Vorne und Hinten hin? Da wir am Risograph nur mit zwei Farben drucken sollten, war der erste Lösungsansatz, die vordersten Blätter in einer hellen Farbe und die hinteren in einer dunklen Farbe anzulegen. Erstmal wurde die Variante nur digital besprochen.
Es erwiesen sich bestimmte „Problemstellen“, wie z.B. der harte Übergang von Gelb nach Blau links unten, der Ansatz der Blattstängel an der Ranke oder das Aufeinandertreffen oben Mitte von gelbem Stängel und gelbem Blatt.
Als nächstes probierte ich eine komplett andere Variante, die es erlauben sollte, aus zwei übereinander gedruckten Farben eine entstehen zu lassen. Ich benutzte rot und blau, dabei sollten die roten Blätter die vorderen Blätter sein und in einen Übergang aus Lila in die hinteren blauen Blätter gehen. So probierte ich einige Möglichkeiten aus und druckte die ersten Entwürfe am Riso.
Nach zahlreichen Nachbearbeitungen und Proben, entschied ich mich dafür, den Pflanzenkörper in einer Farbe mit den möglichst größten hell/dunkel Abstufungen zu drucken. Ich testete bereits die Farben Lila, Orange, Rot und Blau. Diese Farben untersuchte ich nach dem höchsten Kontrast zwischen 10% und 100% Deckkraft und stellte bei Blau den größten fest, also sollte sich diese Spanne auch in meiner Pflanze wiederfinden. Nach zufriedenstellender Überarbeitung der Blattstruktur wurden die „Adern“ kontinuierlich in 20% weniger Deckkraft als die Blätter angelegt. Der Hintergrund als Kontrast in Rot.
Als Sahnehäubchen des Kurses hatten wir die Chance, unsere Ergebnisse in einer kleinen Ausstellung in der Biosphäre zu veröffentlichen. Über diese Möglichkeit bin ich sehr dankbar! Ich half im Ausstellungsteam mit. Die Anordnung der Ergebnisse zeigte sich als nicht zu unterschätzende Herausforderung an die eigene Präzision. Ich hatte große Freude daran, die erarbeiteten Werke in Szene zu setzen.