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ALERT – Fiktive User Interfaces aus Filmen und ihre Relevanz für alltägliches Design

ALERT – Fiktive User Interfaces aus Filmen und ihre Relevanz für alltägliches Design

Ziel dieser Bachelorarbeit ist die kritische Analyse «Fiktiver User Interfaces» (FUI) aus Filmen und Serien mit Fokus auf Einfluss, Nutzen und Relevanz für Designer und Design der Gegenwart. Zur Untersuchung steht unter anderem die Formsprache, Charakteristika, Bedienkonzepte und Eigenheiten der jeweiligen Interfaces, aber auch die epochale Einordnung, erkennbare Inspirationsquellen und mögliche Einflüsse auf Interfaces in der Realität. Lassen sich Trends erkennen? Wie verhalten sich fiktive Interfaces wenn sie mit alltäglichen Aufgaben betraut werden und welche Hürden müssen überwunden werden, um sie in der Realität nutzen zu können?

Inhaltsverzeichnis

Kurzbeschreibung Ziele dieser Bachelorarbeit Begriffserklärung & weitere Informationen Was ist Fiktion? Warum «Fiktive User Interfaces» kritisch untersuchen? Die Geschichte von Interfaces in Filmen und Serien Was macht «Fiktive User Interfaces» aus? Einige «Fiktive User Interfaces» genauer untersucht Reale Interfaces: Richtlinien und Trends Untersuchung «Fiktive User Interfaces» im Kontext alltäglicher Anwendungen Fazit Quellenverzeichnis Danksagung

Ziele dieser Bachelorarbeit

Interfaces bieten uns eine Schnittstelle um mit komplexen Maschinen auf verständliche Weise zu kommunizieren. Sie sollen dabei möglichst intuitiv bedienbar sein und alltägliche Abläufe effizient gestalten. Dafür werden sie in iterativen Prozessen entwickelt und vielfach auf ihre Nutzerfreundlichkeit hin getestet, in Usertests evaluiert und fortwährend optimiert. Was passiert aber wenn es gar keine direkte Ebene der Interaktion mit realen Nutzern gibt, sondern fiktive Charaktere, in fiktiven Welten mit fiktiven Maschinen interagieren? Wir kennen diese fiktiven Interfaces vor allem aus Filmen und Serien, hier dienen sie in erster Linie dazu, die Zuschauer zu unterhalten und den Handlungsverlaufs zu unterstützen. Bei genauerer Betrachtung erkennt man allerdings, dass ihr Einfluss häufig bis weit in die reale Welt reicht.

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Denn obwohl oder vielleicht auch gerade weil diese fiktiven Interfaces für keine echten Anwendungszwecke und keine realen Nutzer entwickelt werden, sind sie ein polarisierendes Thema. Zuschauer lassen sich von ihren futuristischen Konzepten und effektreichen Inszenierungen begeistern. Für die Handlung der Filme sind sie oft essentiell. Kritische Stimmen sprechen von inpraktikabler Effekthascherei. Einige sehen in ihnen sogar den Grund für den heutigen Mangel an Innovationen von realen Interface-Lösungen.

Um genauer zu verstehen was fiktive Interfaces ausmacht und warum sie so unterschiedlich wahrgenommen werden, lohnt es sich, sie aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Interfaces sind seit vielen Jahren fester Bestandteil der Filmgeschichte und auch heutzutage findet man sie mit steigender Tendenz in immer mehr Filmen. Aus der Masse an verfügbaren Beispielen gilt es Muster, Trends und Merkmale festzumachen. Hier können sowohl gute als auch schlechte Vertreter des Genres als nützliche Beispiele dienen und während die Filme und Serien von Zukunftsvisionen erzählen, geben sie gleichzeitig auch Aufschluss über die Zeit in denen sie entstanden sind.

Zusätzlich ist es durchaus nützlich sich aktuelle, reale Trends und das Nutzungsverhalten der Gesellschaft anzusehen. Welche Interface-Lösungen sind verbreitet und welche Technologien werden zur Zeit erforscht?

Um herauszufinden ob fiktive Interfaces einen Mehrwert für Interfacedesigner von realen Anwendungen bieten können, werden einige fiktive Interfaces im Detail betrachtet und kritisch analysiert. Zudem werden die Hürden aufgezeigt, die zwischen der Verbindung von realen und fiktiven Interfaces bestehen. Im weiteren Verlauf der Forschung wird untersucht, warum gewisse Interfaces im Film funktionieren und ob sie, auf alltägliche Anwendungen übertragen, auch in der heutigen Zeit funktionieren könnten.

Bachelor Thesis

Ziel dieser Bachelorarbeit ist die kritische Analyse «Fiktiver User Interfaces» (FUI) aus Filmen und Serien mit Fokus auf Einfluss, Nutzen und Relevanz für Designer und Design der Gegenwart. Zur Untersuchung steht unter anderem die Formsprache, Charakteristika, Bedienkonzepte und Eigenheiten der jeweiligen Interfaces, aber auch die epochale Einordnung, erkennbare Inspirationsquellen und mögliche Einflüsse auf Interfaces in der Realität. Lassen sich Trends erkennen? Wie verhalten sich fiktive Interfaces wenn sie mit alltäglichen Aufgaben betraut werden und welche Hürden müssen überwunden werden, um sie in der Realität nutzen zu können?

Welche Lehren lassen sich aus fiktiven Interfaces ziehen? Können Designer von heute Stile, Techniken oder andere Ansätze übernehmen um neue Trends für reale Interfaces zu gestalten?

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Um einen möglichst umfassenden Einblick ins Thema zu erhalten, wurden «Fiktive User Interfaces» aus unterschiedlichen Film-Genres untersucht. Denn während sich ein Großteil der relevanten Interfaces im Bereich Science-Fiction ansiedeln, gibt es auch in anderen Genres wie zum Beispiel: Agenten-Thrillern oder Superhelden-Filmen vermehrt potentiell relevante «Fiktive User Interfaces» . Diese Arbeit befasst sich jedoch nicht mit «Fiktive User Interfaces», die echte Betriebssysteme oder Bedienoberflächen nachbilden, da sie durch ihre klare Verwurzelung mit realen Interfaces nicht relevant für die Forschungsfrage dieser Bachelorarbeit sind.

Begriffserklärung & weitere Informationen

FUI – Das Akronym FUI wird je nach Kontext anders interpretiert. So sind die Bezeichnungen «Fantasy User Interfaces», «Futuristic User Interfaces», «Faux User Interfaces» und «Fictional User Interfaces» gebräuchlich. Diese Begriffe umfassen im weitesten Sinne die selbe Thematik, Interfaces die nie für den Gebrauch in der realen Welt und für echte Nutzer konzipiert wurden, sondern ausschließlich in fiktiven Werken von fiktiven Charakteren genutzt werden. Da sich diese Bachelor-Thesis speziell mit User Interfaces aus Filmen und Serien befasst, erscheinen weder «Fantasy» (selbst nur ein Bruchteil des Oberbegriffs «Fiktion»), noch «Faux» (Die Vorspiegelung von Umständen ist sicherlich ein wichtiger Faktor aber nicht ausschlaggebend) ausreichend genau. 

Somit wird im Folgenden die Abkürzung FUI genutzt, um den Begriff «Fictional User Interfaces» oder auch eingedeutscht «Fiktive User Interfaces» zu bezeichnen.

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Bachelorarbeit die gewohnte männliche Sprachform bei personenbezogenen Substantiven und Pronomen verwendet. Dies impliziert jedoch keine Benachteiligung des weiblichen Geschlechts, sondern soll im Sinne der sprachlichen Vereinfachung als geschlechtsneutral zu verstehen sein.

Was ist Fiktion?

Da sich ein Großteil dieser Arbeit mit ausschließlich «Fiktiven User Interfaces» beschäftigt, macht es Sinn sich zu Beginn mit dem Begriff «Fiktion» selbst auseinander zusetzen.

Dabei ist wichtig zu erkennen, dass es keine einheitliche und klare Definition für den Begriff «Fiktion» gibt, sondern vielmehr eine Menge an unterschiedlichen Interpretationen. Diese unterschiedlichen Sichtweisen genauer zu beleuchten würde allerdings den Rahmen dieser Bachelorarbeit sprengen. Ein interessanter Aspekt dieser Debatten ist für das Thema dieser Arbeit dennoch relevant: Wie sollte man als Betrachter mit fiktiven Objekten umgehen?

R. M. Sainsbury schreibt dazu in seinem Buch Fiction and Fictionalism folgendes:

«[…] some fictions similarly contain purely fictional places, like the planet Tralfamadore, or purely fictional weapons, clothing, and beasts. How should we think about these made-up people, places, and things? Should we think of them all in the same way? Should we include ideal gases and spatial points of zero size in a homogeneous category with Kilgore and Tralfamadore? Fictional objects don’t occupy space in our world, so we can never encounter them or visit them. Should we say that they are things that don’t exist? Or that they are merely possible things? Or that they are existent but abstract (and so non-space-occupying) things?» (Sainsbury, R. M. 2010: 22)

Wenn man diese Idee auf das Thema «Fiktive User Interfaces» überträgt, erkennt man schnell, dass es auch hier Auslegungssache ist, wie viel Beachtung und Relevanz man ihnen zusprechen möchte. Im Laufe dieser Arbeit benenne ich darum einige Argumente, die zeigen, dass auch fiktive Interfaces durchaus für Interface-Designer realer Apps einen Mehrwert bieten können.

Gerade weil Fiktion nicht den Anspruch erhebt, faktual korrekt zu sein, bieten sich in ihr ungeahnte Freiheiten um andere Ansätze und mögliche Realitäten zu erforschen.
Obwohl per se Fiktion vom Betrachter nicht als Wahrheit aufgefasst werden soll, sondern klar als frei erdachtes Element erkennbar ist, kann Fiktion dennoch einen Wert oder eine Idee übermitteln die wiederum vom Betrachter ernst genommen und als wahr befunden werden soll. So haben fiktionale Werke mitunter einen einschneidenden Effekt auf die Realität. Um nur ein Beispiel aus dem Bereich der Science-Fiction zu nennen: Ohne die Bücher von Michael Chrichton und die anschließende Verfilmung von Jurassic Park wäre die Paläontologie heute nicht auf demselben Stand. Der Film erweckte rund um den Globus neues Interesse an Dinosauriern und brachte eine neue Generation an Paläontologen hervor. (vgl. Anthony 2018)

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Genau wie Fiktion einen Effekt auf die Realität haben kann, so kann man in fiktionalen Werken auch immer einen Einfluss der Realität erkennen. So reflektieren viele berühmte fiktionale Filme reale Erfahrungen, Orte oder Geschehnisse. Eines dieser berühmten und offensichtlichsten Beispiele ist dabei George Lucas’s Weltraumepos Star Wars, in dem sich klare Anspielungen (wie etwa die totalitären Machtstrukturen innerhalb des Imperiums) auf das nationalsozialistische Deutschland im zweiten Weltkrieg erkennen lassen. (vgl. Klein 2015)

Warum «Fiktive User Interfaces» kritisch untersuchen?

Trotz den im vorherigen Kapitel angesprochenen Verbindungen zwischen Realität und Fiktion bleibt immer noch die Frage, warum man sich kritisch mit fiktiven Interfaces beschäftigen sollte. Immerhin ist es gut möglich, dass einige FUI-Designer abseits der ersichtlichen spektakulären Präsentation ihrer Werke gar keine tiefergehenden Konzepte verfolgen und fast keins dieser Interfaces ist dafür gedacht, wirklich von echten Menschen genutzt zu werden. Für diese Arbeit ist es allerdings nicht weiter tragisch, wenn es neben inspirierenden Zukunftskonzepten auch wenig durchdachte Exemplare gibt. Manchmal ist es sogar lehrreicher, ein schlechtes Beispiel zu untersuchen, um weniger wünschenswerte Aspekte von FUI deutlich zu machen.

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So können auch ursprünglich nicht für den realen Anwendungszweck konzipierte Interfaces wichtige und interessante Elemente aufweisen, die sich durchaus für zukünftige reale Interfaces eignen. Da sich FUI letztendlich in erdachten Welten mit eigenen und oft ambigen Regeln abspielen, besitzen sie eine gewisse gestalterische Freiheit, die zu höchst kreativen und wegweisenden Ergebnissen führen kann. Den Vorteil, den FUI gegenüber realen Designs haben, ist die Möglichkeit sowohl utopische, als auch dystopische, nahe, sowie ferne, Zukünfte glaubhaft in Szene zu setzen und dabei spielerisch neuartige Konzepte einem breiten Publikum zu präsentieren. Dabei geht es oftmals mehr darum Fragen zu stellen als konkrete Designprobleme der Gegenwart zu lösen oder Antworten zu liefern. (Dunne, A. / Raby, F. 2013: 57)

Die Autoren Nathan Shedroff und Christopher Noessel, sprechen in ihrem Buch Make It So: Interaction Design Lessons from Science Fiction einen weiteren, wichtigen Punkt an. So beginnen auch reale Interfaces als Fiktion. Designer basieren ihre Entwürfe auf fiktiven Personas, erstellen Scribbles, Wireframes und Prototypen. Jedoch erst wenn der Nutzer mit dem Produkt interagiert, stellt sich heraus ob die Überlegungen und Annahmen der Designer richtig waren.

«A last answer is that interface makers in the real world and in sci-fi are, essentially, doing the same thing—creating new interfaces. In this sense, all design is fiction—at least until it gets built or is made available to users and customers.[…]» (Shedroff,N. / Noessel,C. 2012: 7)

Es gilt also, dass mögliche Potenzial dieser fiktiven Werke als Einfluss und Inspirationsquellen für Designer realer Interfaces zu erforschen.

Die Geschichte von Interfaces in Filmen und Serien

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Fiktive Interfaces in Filmen und Serien findet man in unterschiedlichsten Anwendungsbereichen. Ob für medizinische Untersuchungen, Kommunikation, die Suche nach Informationen, Navigation oder Steuerung von Gefährten. Interfaces spielen oft eine zentrale Rolle, um die Handlung  voranzutreiben und sind aus zukunftsorientierten Filmen kaum wegzudenken. Im Laufe der Jahre haben sich die verwendeten Technologien und erdachten Interface-Lösungen allerdings stark verändert.

Wenn man sich, die für diese Arbeit relevanten Filme, im Laufe der Epochen ansieht, erkennt man, dass diese fiktionalen Werke eng mit den Weltgeschehnissen und technologischen Fortschritten der realen Welt verflochten sind. Die Umgebung, in der diese Werke entstehen, hat bewusst und unterbewusst auch immer Einfluss auf die Fiktion. Dazu gehört die Weltpolitik, technische Meilensteine aber auch persönliche Umstände der Autoren und Regisseure.

Ein frühes Beispiel aus dem Jahr 1902 ist der französischen Kurzfilm Die Reise zum Mond von Georges Méliès. Im Film wird ein Raumschiff gebaut um zum Mond zu fliegen.

Bemerkenswert ist das Fehlen eines klaren Interfaces zur Benutzung des Raumschiffs. So gibt es keine Türgriffe, die Steuerung selbst wird nie gezeigt und das Raumschiff wird wie ein Geschoss abgefeuert. Denn Anfang des 20. Jahrhunderts existierten Interfaces, wie man sie heute kennt kaum. Erst ab den zwanziger Jahren gehörten Bedienoberflächen mit elektrischen Schaltern und Hebeln langsam zum Alltag. Dabei ist es kein Zufall, dass Fritz Langs Zukunftsvision in seinem Film Metropolis (1927) einen Überfluss an elektrischen Apparaturen und Hebeln bietet. (Shedroff,N. / Noessel,C. 2012: 16f)

Solch eine Fokussierung auf bekannte aber moderne Elemente ist viel mehr ein, auch heute noch, gern genutztes Stilmittel. Um ihre Geschichten glaubwürdig und klar zu kommunizieren, ist es für Filmmacher wichtig die Zuschauer nicht mit komplett fremdartigen Konzepten zu überfordern. Bekannte Technologien weiterzudenken ist dabei oft ein effektives Mittel. Das liegt daran, dass Zuschauer diese Referenzen schnell auffassen und die grundlegenden Funktionsweisen schneller begriffen werden.

Metropolis fällt aber auch noch aus einem anderen Grund auf, so war es einer der ersten Filme, der das Konzept von Robotern erforschte. Im Film wird das Bewusstsein einer Frau in eine Maschine übertragen. Der in seiner Gestalt, sehr menschenähnliche Roboter «Maria», kann auf Sprachbefehle reagiert und mit seiner Umwelt interagieren. Zum Entstehungszeitraum des Films waren Roboter mit erweiterten kognitiven Fähigkeiten noch ferne Zukunftsmusik. Fritz Lang erkannte allerdings schon früh, dass eine möglichst menschenähnlichen Gestalt beim Zuschauer den Eindruck erweckte, dass auch menschenähnliche  kognitive Fähigkeiten im Bereich des Möglichen liegen. Die Interaktion mit humanoiden Robotern per Sprachinterface wurde von Zuschauern vergleichsweise früh akzeptiert. 
Künstlichen Intelligenzen mit abstrakter Form, wie zum Beispiel «HAL9000», aus dem Film 2001: A Space Odyssey (1968), traute man vergleichbare Fähigkeiten hingegen erst bedeutend später zu.

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Neben weltpolitischen und persönlichen Ereignissen, die in erster Linie die Ausrichtung und Thematik der Fiktion beeinflussen, sind technologische Fortschritte besonders für FUI relevant. Denn der technische Fortschritt in der realen Welt spiegelt sich in den fiktiven Technologien der Filme klar wider.

In Sachen Hardware erkennt man einen deutlichen Umschwung im Laufe der Jahre, beginnend mit einem Fokus auf Schalter, Knöpfe und anderen mechanischen Apparaturen, über große Bildschirm bis zu den heute verbreiteten Touchscreen- und Gestensteuerungen.

Dabei setzten FUI-Designern besonders gerne auf aussagekräftige oder ansprechende Gestaltungslösungen. Klassische aber visuell eher unattraktive Computermäuse sieht man in modernen Film Interfaces so gut wie nie, obwohl sie in der alltäglichen (Arbeits-)Welt dominieren. Glas-Displays und Hologramme sind als Interfaces in Filmen visuell viel ansprechender und bieten mehr Möglichkeiten für effektvolle und bildgewaltige Interaktionen.

Was macht «Fiktiven User Interfaces» aus?

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Bevor diese Arbeit auf spezielle Interfaces im Detail eingeht und gewisse gestalterische Eigenheiten genauer betrachtet, ist es sinnvoll die Kernfunktion von «Fiktiven User Interfaces» festzustellen. Dazu habe ich mich ausgiebig mit einer großen Zahl unterschiedlichster Filme aus verschiedenen Epochen befasst. Die Arbeit stützt sich zudem auf Fachliteratur, Behind-The-Scenes-Dokumentationen und Interviews von einigen FUI-Designern.

Während fiktive Interfaces in Filmen hauptsächlich unterhalten sollen, sollen Interfaces mit realen Anwendungsfall möglichst benutzerfreundlich ausfallen. Das bedeutet nicht, dass «Fiktive User Interfaces» frei von Regeln und Konventionen gestaltet werden. So wird darauf geachtet, dass die gezeigten Interfaces aus technischer Sicht für den Zuschauer nachvollziehbar bleiben, um den Fluss der Handlung aufrecht zu erhalten und nicht zu viel Zeit mit dem Erklären des gezeigten Interfaces zu verbringen. Dabei achten Designer auf die diegetische Glaubwürdigkeit der präsentierten Technologien, um für den Zuschauer eine möglichst nahtlose Immersion in die Erzählwelt zu schaffen.

Die offensichtlichste Eigenschaft von FUI ist der Umstand, dass es sich zwar um Interfaces, also Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine handelt, sie allerdings nie dafür gedacht sind wirklich benutzt zu werden. Das geht so weit, dass in einigen Fällen selbst die Schauspieler während der Produktion nur anhand von Markierungen, Finger über Glasflächen bewegen oder im Beispiel von Robert Downey Jr. im Superhelden-Film Iron Man 2, mit ihren Händen ausdrucksstarke Gesten im leeren Raum vollführen. Erst in der Nachbearbeitung entwerfen Designer anhand des gegebenen Bildmaterials dann Interfaces die perfekt auf die jeweilige Szene zugeschnitten sind.

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Anders als bei realen Interfaces werden «Fiktive User Interfaces» nur sehr selten aus der Ich-Perspektive betrachtet (was eine genaue Analyse erschwert), sie nutzen häufig keine realen Werte in ihren Visualisierungen und sind auf die Spieldauer des Films gerechnet, nur für einen Bruchteil der Zeit sichtbar.

Um aus der großen Zahl an verfügbaren FUI die vielversprechendsten und ambitioniertesten Interfaces zu finden, lohnt es sich also einen genaueren Blick auf die Merkmale und Eigenarten von FUI zu werfen.

FUI-Designer nutzen häufig bewährte Techniken um die Bedienelemente der Zukunft greifbar zu machen. Im Laufe der Jahre haben sich einige dieser Techniken zu Markenzeichen der FUI entwickelt. Der Grund für dieses, zeitweise exzessive Stützen auf bekannte Fundamente hat vielerlei Gründe. Oft leiden die Produktionen unter Zeitdruck oder an einem engem Budget, ein anderes mal liegt der Fokus des Regisseurs an anderweitiger Stelle. Zudem spielen auch die Erwartungen der Zuschauer eine Rolle.

Wie würde man beispielsweise einen klassischen Hacker am besten darstellen? Entweder man erforscht neue Designs und Konzepte, um so ein komplexes (und visuell nicht sehr spannendes) Thema ansprechend zu vermitteln oder setzt auf bereits etablierte Mittel: Eine Person vor einem Bildschirm mit Command-Line-Interface, in grüner Monospace-Schrift und schnell herablaufendem Quellcode. Aus Produktionssicht ist die zweite Variante häufig günstiger und einfacher. Dies gilt besonders wenn die besagte Szene kein essenzieller Teil der Geschichte ist. Dennoch können diese Klischees auch überstrapaziert werden und Designer müssen vorsichtig sein, was sie ihrem Publikum als realistische Repräsentation darlegen. Für heutige Zuschauer mit täglichem Umgang von Technik und höherem Grad an Technologieverständnis, erscheinen klassische Hackerszenen aus den neunziger Jahren inzwischen als albern und unglaubwürdig.

Inszenierung
Noch mehr als bei realen Interfaces geht es bei fiktiven Interfaces um Inszenierung. Dazu schreibt Jan Distelmeyer in seinem Buch Machtzeichen, dass eine wichtige Aufgabe von Interfaces darin besteht, den Nutzern durch die Interaktion mit ihnen die dahinterliegende Technik näher zu bringen.

«Seine Arbeit ist aber gerade das Konkret-Werden. So unbeobachtbar die einzelnen Arbeitsschritte des jeweiligen PC, Tablets, Smartphones etc. auch sind, so abstrakt sie für uns bleiben mögen (und sollen), so konkret soll ihre Leistung gerade durch die visuellen Interfaces, die graphischen Schnittstelleninszenierungen werden. Indem Computer mittels dieser Interfaces adressierbar werden, zeigen sie sich, um (durch und mit uns) in Aktion zu treten. Sie führen vor, was von ihnen zu halten ist und wie sie zu begreifen sind.» (Distelmeyer 2017:31)

Dabei ist es gerade im Fall von FUI besonders wichtig, dem Zuschauer diese und weitere Botschaften möglichst aussagekräftig und klar in kürzester Zeit zu übermitteln. 

Hier befinden FUI sich in mehreren Punkten im Nachteil: Sie haben oft nicht viel Zeit für ihre Inszenierung, können nicht direkt (sondern nur  indirekt über die Charaktere der Filme/Serien) mit den Zuschauern interagieren und versuchen dabei fremde Konzepte zu vermitteln. Ein gutes Beispiel ist die Leistungsfähigkeit von Hardware in fiktiven Geschichten. Da es sich um fiktive Computer mit fiktiven Prozessoren, RAM und sonstigem Innenleben handelt, kann der Zuschauer ausschließlich über das Interfaces und dessen Leistungsfähigkeit in Erfahrung bringen, wie leistungsfähig die Maschine ist, die bedient wird.

Einige dieser Nachteile können von cleveren FUI-Designern aber auch zum Vorteil genutzt werden, dazu gehören visuelle Elemente die auf kurze Zeit sehr beeindruckend und ansprechend wirken, für längere Betrachtung aber schnell zu anstrengend sein dürften.

Diese freie aber auch gewissermaßen auf die wesentliche Aussage herunter gebrochene Darstellung führt dazu, dass FUI häufig ausdrucksstärkere  und markantere Designsprachen nutzen. So können fiktive Interfaces die grundlegende Stimmung der Szene beeinflussen, sind nicht selten gezielt auf die Charakterzüge ihrer Benutzer angepasst oder spiegeln die Zustände der Erzählwelt wider. Dabei tragen sie in großen Teilen zur Glaubwürdigkeit der Geschichte bei.

Komplexität
Während in realen Interfaces seit einigen Jahren eine aufgeräumte und möglichst minimalistische Darstellung bevorzugt wird, geht es im Bereich der Fiktion darum möglichst komplex und aufwendig zu wirken. Diesen Effekt erreichen FUI-Designer meistens mit einer Kombination aus bewegten Elementen und der Nutzung von Fragmenten.

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Animationen, dynamische Anzeigen

Wenn man im Bezug auf FUI von Animationen spricht, sind dabei nicht die aus dem Alltag bekannten weichen Übergänge zwischen zwei Webpages oder die Micro-Animation eines «Bestell»-Buttons gemeint. Im Bereich der FUI wird Bewegung genutzt um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu erlangen und die hohe Komplexität des dargestellten Interfaces (und die Leistungsstärke des fiktiven Unterbaus) widerzuspiegeln. Hierfür werden oft mehrere Animationen mit unterschiedlichen Rotationsrichtungen und Geschwindigkeiten ineinander verschachtelt. Jamie McCallen von GCreative spricht davon, eine Balance zwischen effektvollen Animationen und der gewünschten Nachricht, die in der jeweiligen Szene vermittelt werden soll, zu finden. Dabei wird darauf geachtet, dass die Zuschauer zwar beeindruckt werden, aber visuell nie soweit überfordert werden, dass die eigentlich Aussage in den Hintergrund rückt. (vgl. Grouchnikov 2018a)

Fragmente / Artefakte
Fragmente erscheinen nicht selten im Zusammenspiel mit den bereits erwähnten Animationen und werden genutzt um dem Interface einen weiteren Grad an Komplexität zu verleihen. Feinteilige Interfaces suggerieren dem Zuschauer, dass die genutzte Hardware sehr fortschrittlich und leistungsfähig ist. Charaktere die mit diesen Interfaces vertraut sind und diese scheinbar spielend leicht und in rasanter Geschwindigkeit bedienen können, werden wiederum als besonders clever oder technikaffin wahrgenommen. 

Hierarchie
Zwischen realen und fiktiven Interfaces gibt es deutliche Unterschiede in der Informations-Hierarchie. Diese Unterschiede kann man am leichtesten in der Typografie erkennen. Klassische, bildschirmfüllende «WARNUNG!»-Hinweise sind in der Welt der FUI inzwischen berühmt-berüchtigt. Sie sind sehr effektiv und übermitteln die gewünschte Information für den Zuschauer problemlos. Natürlich ist ein Interface, das alle Bildschirme mit einer einzelnen Nachricht überblendet, die zudem keine Auskunft über die Art der Warnung gibt, aus realen Usability-Standpunkten vollkommen unbrauchbar. In aktuelleren Filmen sieht man diesen Klassiker inzwischen seltener und Designer suchen neue und elegantere Wege ihre gewünschten Informationen an die Zuschauer zu übermitteln. Dennoch ist es ein gutes Beispiel für die häufig verschobene Hierarchie innerhalb von FUI.

So kann es vorkommen, dass ein fiktives Kommunikationsprogramm mit der prominenten Meldung «New Message» über den Eingang einer neuen Nachricht informiert, ohne jedoch, auf für reale Nutzer essenzielle Informationen wie Absender oder Betreff einzugehen.

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Leuchten
Leuchtende Elemente auf uns Menschen eine faszinierende und anziehende Wirkung und gerade in Filmen und Serien nutzen Designer dies, um ihren Interfaces eine zusätzliche Anziehungskraft zu verleihen. Dabei ist nicht ganz klar woher diese Faszination stammt. Die Autoren des Buches Make It So: Interaction Design Lessons from Science Fiction haben dazu einige Theorien: So findet man in der Natur energiereiche Objekte wie Blitze, Feuer oder die Sonne, die leuchten. Auch Himmelskörper wie Monde, Sterne und Planeten leuchten am Nachthimmel. (Shedroff,N. / Noessel,C. 2012: 40) Ein Leuchten, sei es in blinkenden Schaltern oder durch nachleuchtende Pixel-Displays, gewinnen durch ihren markanten Helligkeitsunterschied im Vergleich zum direkten Hintergrund die Aufmerksamkeit der Zuschauer und sorgen für interessante visuelle Kontraste zugleich.

Schrift
Serifenlose Schriften finden sich in einem Großteil von FUI. Dabei machen laut Statistik von Make It So: Interaction Design Lessons from Science Fiction, die Schriften Helvetica und Eurostile jeweils knapp 30% der Schriften von FUI in Science-Fiction-Filmen aus. Seit Ende des zwanzigsten Jahrhunderts werden die gewählten Schriften allerdings vielfältiger. Dabei begann der Trend etwa zeitgleich mit der Einführung, leistungsfähigerer Typografie-Tool. (Shedroff,N. / Noessel,C. 2012: 37)

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Farbwahl
Blau hat sich als primäre Farbe für FUI etabliert. Der Grund hierfür ist nicht zweifelsfrei festzustellen, es gibt jedoch gewisse Anhaltspunkte: So gestaltet sich die verlustfreie Übertragung von Farben in Filmen meist kompliziert. Dabei gilt Blau als die Farbe, bei der man in der Nachbearbeitung entstandene Farbverschiebungen am ehesten übersieht. (Shedroff,N. / Noessel,C. 2012: 42) Blau ist zudem die Farbe, die am häufigsten mit dem männlichen Geschlecht verbunden wird. Es kann also sein, dass dies mit der traditionell hauptsächlich männlichen Zielgruppe von Science-Fiction-Fans zusammenhängt.

Eine weitere Farbe, die häufig in Verbindung mit Blau genutzt wird ist Orange. Als Komplementärfarbe zu Blau ist die Kombination in Hollywood schon lange sehr beliebt und erstreckt sich oft über die gesamte Farbkorrektur des Films bis hin zum Poster. Grün und Rot sind hingegen für Bestätigungs- beziehungsweise Warnmeldungen reserviert und werden nur selten als primäre Farbe in Interfaces genutzt. Dabei erhält Grün eine gewisse Sonderstellung als Farbe der Wahl für altmodische Terminals und Hacker-Software. Hier werden gezielt alte CRT-Monitore (Kathodenstrahlröhrenbildschirm) referenziert. Diese in den frühen Anfängen der Computertechnik sehr beliebte Art von CRT, arbeitete mit Phosphor und generierte grünen Text auf schwarzem Hintergrund.

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Das bekannteste rote Interface in Filmen, ist wiederum sicherlich in der Terminator-Reihe zu verzeichnen. Dabei dient es als Visualierung des Head-Up-Display (HUD) vom Terminator. Andere Farben wie Gelb oder Lila finden sich eher selten. Dabei werden sie vorwiegend in Interfaces genutzt, die eine extraterrestrischen Charakter aufweisen sollen. Die Farbe ist oft auch eine Frage der Massentauglichkeit, so spricht Bradley G. Munkowitz (auch GMUNK), in einem Interview über seine Arbeit am FUI von Tron:Legacy (2010) und erzählt, dass er zwar gerne ausgefallenere Farben wie Pink nutzen würde, diese aber kaum eine Chance hätten durch die verschiedenen Instanzen zu gelangen und darum nur selten den Weg ins fertige Produkt finden würden. (vgl. Grouchnikov 2011)

Ton
Heutige Sounddesigner die an reale Interfaces arbeiten, verfolgen meist das Ziel, möglichst informative, freundliche Systemtöne zu entwerfen. Dabei sind die Töne selbst sehr subtil gestaltet, um auch nach über 1.000 Aufrufen für den Nutzer nicht störend zu wirken. Hinzukommen Lüftergeräusche und in älteren Computern, magnetische Festplattendrehungen. Wenn man noch weiter zurückblickt findet man 56k Modems die eine sehr charakteristischen Einwahlton von sich geben. Im Vergleich zu Tönen von «Fiktive User Interfaces» sind sie allerdings noch sehr zahm.

Sounddesign spielt für die Inszenierung von «Fiktive User Interfaces» eine große Rolle.
Dabei ist die Art und Stimmlage Je nach Zukunftsvision können sich die Stimmlagen und Zielsetzungen stark unterscheiden. Im Beispiel von Alien wird mit wenigen fremdartigen Tönen, von Anfang an eine bedrohliche und Misstrauen erweckende Stimmung erzeugt. Es muss aber nicht immer bedrohlich oder aufdringlich sein, in vielen Fällen soll lediglich ein Gefühl von futuristischer Technik vermittelt werden. Dazu sagt Owen Granich-Young, der am Sounddesign für Altered Carbon gearbeitet hat:

«[…] You want to feel all of it. You never want to hear it, but you want to feel it. So sometimes it takes half a day to make sure every little piece of tech has a sound, and then you turn it all down by 30 dB so that you just feel it.» (vgl. Walden 2018)

Damit spricht er ein Thema an, dass sich auch schon in den visuellen Teilen der Interfaces abzeichnet hat. Oft ist nicht der einzelne Ton oder das Fragment ausschlaggebend, sondern die Kombination aus vielen Teilen und die daraus resultierende Gesamtstimmung.

Einige Fiktive User Interfaces genauer untersucht

Im vorherigen Kapitel ging es um die grundlegenden Eigenschaften die «Fiktive User Interfaces» auszumachen, in diesem Kapitel habe ich einige für mich besonders interessanten «Fiktive User Interfaces» im Detail betrachtet.

Dabei war mir schon zu Beginn der Recherchearbeiten schnell klar, das es nicht möglich sein würde im Laufe von wenigen Monaten eine detaillierte Analyse aller Interfaces in Filmen und Serien zu gewährleisten. Bei der großen, ständig wachsenden Auswahl an relevanten und wertvollen Interface-Lösungen, die sich schon längere Zeit nicht mehr nur auf das Genre des Science-Fiction beschränken, sondern inzwischen auch in vielen Superhelden-Filmen oder Action-Thrillern wie der Mission Impossible-Reihe zu finden sind, fällt es besonders schwer die Auswahl auf ein paar wenige Titel einzugrenzen.

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Darum dient die folgende Auswahl an Filmen nicht als ganzheitliche und abgeschlossene Analyse sondern beschäftigt sich mit Filmen in denen bemerkenswerte Interfaces präsentiert werden. Der Grund für die letztendliche Wahl des jeweiligen Films wird während der Analyse der einzelnen Filme thematisiert.

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Minority Report Regie: Steven Spielberg, Erscheinungsjahr: 2002

Der Film Minority Report, basierend auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Science-Fiction-Autor Philip K. Dick und ist für die Erforschung von FUI besonders interessant. Während Philip K. Dick in seiner Geschichte mit einer Vielzahl an futuristischen (technischen) Ideen spielt, beschäftigt er sich nicht ausführlich mit den genauen Interaktionen und genauerer Einzelheiten dieser Technologien. Um der Vorlage gerecht zu werden und eine möglichst realistische Version des Jahres 2054 zu erschaffen, setzte sich Steven Spielberg vor den Dreharbeiten mit einigen der führenden Vertretern im Bereich Speculative Design, in einem mehrtägigen Meeting zusammen, um Ideen für mögliche Technologien der Zukunft zu erforschen.

Dabei entstand eines der bekanntesten «Fiktiven User Interfaces» der Neuzeit. Um Verbrechen der Zukunft zu lösen nutzt das Pre-Crime-Department ein fortschrittliches System, das aus Gestensteuerung, Glas-Displays und 3D-Projektionen besteht. Der markanteste Teil dieser Technologie ist sicherlich die Gestensteuerung, die mit Hilfe von speziellen Handschuhen und einer Vielzahl an unterschiedlicher Gesten funktioniert. Der Prototyp wurde am MIT entwickelt und für den Dreh wurde darauf geachtet, dass die Schauspieler die erdachten Gesten korrekt umsetzen um eine möglichst glaubwürdige Darstellung zu gewährleisten. Ein Merkmal das man in Filmen nur sehr selten sieht, was dieses Beispiel für die Zuschauer dafür aber realistischer macht, ist die Darstellung von Nutzerfehlern bei der Bedienung. So verrutschen alle dargestellten Informationen als John (gespielt von Tom Cruise) eine ungewollte Geste vollführt. (TC: 00:07:17)

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Viele Technologien, die im Film gezeigt wurden, sind inzwischen in ähnlicher Form Realität geworden. So sind Fingerabdruck- und Iris-Scanner, Smartwatches, Gestensteuerung und Touchscreens heutzutage keine Seltenheit mehr. Den Bestätigungston den der Retina-Scanner vor dem Gefängnisgebäude macht, hört man heutzutage beim Anschließen eines Ladekabels des Apple iPhones. (TC: 00:29:55)

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Für Einige ging der Einfluss von Minority Report allerdings etwas zu weit. So wird dem Film vorgeworfen, verantwortlich für die hohe Relevanz von Touchscreens, in modernen Interface-Lösungen zu sein. Dafür spricht, dass es die Touchscreen-Technologie schon einige Jahre vor dem Film gab (vgl. Janssen 2014), sie aber erst in den Jahren nach Minority Report wirklich populär wurde. Im Nachhinein ist es aber nur schwer zu sagen, ob sich Touchscreens auch ohne den Film so stark etabliert hätten.

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Altered Carbon Leitung: Laeta Kalogridis, Erscheinungsjahr: 2018

Diese im Jahr 2018 auf Netflix erschienene Science-Fiction-Serie basiert auf dem gleichnamigen Roman von Richard Morgan. Die Serie spielt in einer fernen und hochtechnologisierten Zukunft. Angesiedelt im Bereich des Cyberpunk, werden die gezeigten Technologien durchaus kritisch betrachtet. Der Autor nannte hierzu «Blade Runner» als eine seiner großen Inspirationsquellen. (vgl. Flood 2018)

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Während der knapp zehnstündigen ersten Staffel sieht man eine Vielzahl unterschiedlichster Fiktiver User Interfaces. Darunter findet man Augmented Reality in Form von Kontaktlinsen, Glas-Panel-Displays, künstliche Intelligenzen, Multi-Touchscreens und mehr.

Künstliche Intelligenzen werden in unterschiedlichen Formen präsentiert. Es gibt Programme mit eigenem Bewusstsein bei denen man keinen Unterschied zwischen menschlichen und künstlichen Gesprächspartner feststellen kann. Diese KI’s findet man allerdings nur in abgelegenen Teilen der Stay «Bay City» und werden von den Bewohnern wenn möglich gemieden.

Eine andere künstliche Intelligenz ist «Hawkeye», die als Assistent für die Polizisten der Stadt dient. «Hawkeye» kann komplexe Aufgaben wie die Überwachung von Verdächtigen (zu sehen in Folge 2 der ersten Staffel) übernehmen, hat aber Probleme umgangssprachliche Sätze zu versehen. Für den Zuschauer ist «Hawkeye» damit näher im Bereich der technischen Möglichkeiten heutiger virtueller Assistenten wie «Siri» oder «Alexa» einzuordnen.

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Das «Ocular neural interface» (ONI) ist dabei das umfangreichste und vielseitigste Interface der Serie. Es kommt in Form einer Kontaktlinse und projiziert Informationen direkt auf die Netzhaut. Dabei legten die Designer viel Wert auf Details um diese Technologie glaubhaft in die Handlung einzufügen. So gibt es unterschiedliche Version der ONI, die auf Preisklasse und Berufsgruppe zugeschnitten sind. Besonders interessant ist die Verknüpfung des ONI mit anderen Objekten wie Smartphones und Armbändern. Diese werden mit Augmented Reality um zusätzliche Funktionen erweitert.

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In einem Interview spricht Jamie McCallen, der als FUI-Designer für Altered Carbon gearbeitet hat, über Möglichkeiten auch in einer sehr fernen Zukunftsvision, aktuelle Technologien zu referenzieren um fortschrittlichere Interfaces zu erschaffen.

«[…] I had designed an interface for this task that was simply a set of keyboards with a hard drive and a jog shuttle. Really common elements. However, everything was highly stylized. So, while those were the concepts behind them, when you look at the screen that’s not what you would immediately recognize. […]» (vgl. Grouchnikov 2018)

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Alien Regie: Ridley Scott, Erscheinungsjahr 1979

Einer der Klassiker im Science-Fiction-Genre aus dem Jahre 1979 setzt in Sachen Interfaces auf eindrucksvolle Inszenierung. So musste Captain Dallas sich wortwörtlich ins Innere der Maschine begeben um mit dem Bordcomputer «Mother» (Interface 2037) des Raumschiffs zu kommunizieren. Hier wurde eine kalte und technisch fortschrittliche Atmosphäre mit viel erkennbarer Hardware, Schaltern und blinkenden Schalttafeln erzeugt.

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Um in den Kontrollraum zu gelangen muss vorher eine aufwendige Sequenz aus Handgriffen vollführt werden, die im Laufe des Films effektiv in Szene gesetzt werden. Im Zentrum des Raumes befindet sich ein Display mit Tastatureingabe, dass die Kommunikation mit dem Computer über ein Command-Line-Interface ermöglicht. Dabei übernimmt «Mother» eine der Schlüsselrollen in der Geschichte des Films.

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Ein wichtiger Teil der Inszenierung von «Mother» ist das Sound-Design. Dabei wird dem Zuschauer direkt zu Beginn ein ungutes Gefühl vermittelt. Die Töne, die während der Boot-Sequenz des Computers abgespielt werden klingen fremdartig und bedrohlich. So wird auf subtile Art bereits Misstrauen gegenüber des Bordcomputers gesät. (TC: 00:04:10)

Wenn man die Interfaces von Alien mit Blick auf Benutzerfreundlichkeit und Plausibilität betrachtet, erkennt man jedoch ein paar Probleme. So blinken die Leuchten im Raum von «Mother» unkontrolliert. Sie scheinen zwar jeweils mit einem Label versehen zu sein aber die Anordnung über den ganzen Raum verteilt (auch an der Decke), macht es unmöglich einen klaren Überblick zu erhalten. (TC: 00:08:26)

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Hinter den Piloten sind mehrere blinkende Schalter und Knöpfe angebracht, die jedoch nicht von Piloten gesehen werden können, während sie das Raumschiff steuern. (TC: 00:13:21)

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Gegen Ende des Films versucht Ripley den Selbstzerstörungsmechanismus des Schiffs wieder zu stoppen. Positiv ist zu erwähnen, dass die Aktivierung des Mechanismus aus einer langen Reihe an unterschiedlichen Eingaben und Handgriffen besteht. (TC: 01:35:01) Somit ist eine versehentliche Aktivierung im Grunde ausgeschlossen. Bei der Deaktivierung müssen diese Schritte allerdings alle wieder rückgängig gemacht werden. Dabei läuft ein Countdown ab, der auch nicht Stop nachdem mit der Deaktivierung begonnen wurde. (TC: 01:38:25) Ein Hochleistungscomputer wie «Mother» sollte in der Lage sein die Wünsche des Nutzers bis zu diesem Punkt zu antizipieren.

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Als weiteres Interfaces sollte man den Androiden Ash erwähnen, er ist Beispiel für einen Roboter der für den Zuschauer (und die Crew der Nostromo) nicht vom echten Menschen zu unterscheiden ist. Diese Darstellung einer künstlichen Intelligenz ist inzwischen ein sehr beliebtes Konzept in Science-Fiction-Filmen und Serien. Dabei unterscheiden sich diese Maschinen meist nur durch das Fehlen von Empathie. (Bekannte Beispiele: Terminator, 2001: A Space Odyssey, Star Trek, Matrix)

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Starship Troopers Regie: Paul Verhoeven, Erscheinungsjahr: 1997

Starship Troopers ist ein Science-Fiction-Film von Regisseur Paul Verhoeven. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch von Sci-Fi-Autor Robert A. Heinlein. Das Buch selbst wurde damals, wie viele von Heinlein’s Werken aufgrund faschistischer und pro-militärischer Tendenzen, als kritisch betrachtet. Der Film selbst behandelt diese Themen als Satire. Aufgrund seiner Thematik wurde er gerade in Europa, speziell Deutschland und Italien zerrissen, inzwischen hat er sich aber zum Kult-Klassiker in der Science-Fiction-Szene entwickelt. In den über zwei Stunden Laufzeit finden sich viele interessante Interfaces.

Die ausgewählten Interfaces sind in einer Hinsicht besonders spannend für das Thema dieser Arbeit, sie gehören zu der Kategorie «Fiktiver User Interfaces», die unsinnige Beschriftungen, Werte oder Visualisierungen nutzen um eine Gesamtstimmung zu erzeugen.

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Nur weil diese Interfaces in der Bedienung Schwächen zeigen, bedeutet es nicht, dass sie die gewünschten Botschaften nicht trotzdem effektiv und glaubhaft an die Zuschauer übermitteln. Hier steht die Inszenierung im Vordergrund. Die einzelnen Interfaces die jeweils nur für kurze Sekunden zu sehen sind, vermitteln dabei klar ein futuristisches Gefühl und wirken (auf den ersten Blick) durchaus so, als könnten sie zur Steuerung eines Raumschiffs der Zukunft dienen.

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Oblivion Regie: Joseph Kosinski, Erscheinungsjahr 2013

Jospeh Kosinski’s Oblivion erschien 2013 und basiert auf seinem gleichnamigen Graphic Novel. Dabei bezeichnet er den Film selbst als «Science-Fiction am Tag», mit Anspielung auf die vielen hauptsächlich bei Nacht spielenden Vertreter des Genre. Für die Interfaces verpflichtete Kosinski, Bradley G. Munkowitz (GMUNK) mit dem er schon an seinem vorherigen Film Tron:Legacy zusammengearbeitet hatte. Dabei erschuf das Team rund um GMUNK eine Vielzahl an sehr detaillierter und sehr technischer Interfaces.

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Im Verlauf des Films werden mehrere unterschiedliche Interfaces vorgestellt und spielen eine wichtige Rolle, nicht nur im narrativen Sinne sondern auch ästhetisch. Das aufwendigste Interface, der Multi-Touch-Tisch mit dem Victoria arbeitet, zeichnet sich durch ein festes Raster aus, durch dynamische Diagramme und viele detailierte Animationen wirkt das Design dennoch hoch dynamisch. Die Formsprache zeichnet sich dabei durch, einen Fokus auf Linien und Punktelemente, unterschiedliche Transparenzstufen, eine Farbpalette mit entsättigten Farben sowie eine Auswahl an geometrischen Fonts.

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Reale Interfaces: Richtlinien und Trends

Für eine bessere Grundlage, zum späteren Vergleich zwischen Fiktion und Realität, wird in diesem Kapitel auf reale Interfaces eingegangen. Der Fokus liegt dabei auf für diese Arbeit besonders interessante Themen wie: aktuelle Technologien, erkennbare Trends, sowie Vorgaben und Regeln bei der Gestaltung von realen Interfaces.

Vorgaben und Trends

Der Markt für klassische Webseiten und Apps befindet sich im ständigen Wandel. Sowohl die Menge der Entwicklertools als auch die Auswahl an potentiellen Endgeräten wächst beinahe täglich. Dies stellt Designer vor immer neue Herausforderungen um in diesem sehr kompetitiven und überfüllten Markt zu bestehen und dabei den Wünschen der Kunden gerecht zu werden. Moderne Interfaces müssen auf einer Vielzahl an unterschiedlichen Endgeräten möglichst optimal dargestellt werden. Viele dieser Endgeräte sind inzwischen mobil und nicht mehr an einen lokalen, einzelnen Standort gebunden. Moderne Nutzer erwarten eine intuitive und durchdachte Bedienung - während Aufmerksamkeitsspannen sinken, steigt die durchschnittliche Zeit die Menschen an ihren Computern und Handies verbringen stetig. Dabei haben Designer immer auch Beschränkungen wie Budget, Nutzen-Kosten-Rechnungen, Hardware, Usability und Barrierefreiheit im Blick. Hinzu kommen Regeln, Theorien und etablierte „Best-Practices“ wie die ideale Interaktion auszusehen hat. 

Iterationszyklen werden dabei immer kürzer und die Liste an unterstützen Endgeräten immer länger. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen viele Designer darum gerne auf Templates und Richtlinien wie Ant Design, Material Design oder Grommet. Diese Templates haben den Vorteil das sie sehr gut als umfangreiche und durchdachte Grundgerüste genutzt werden können. (vgl. Teixeira 2018) Zusätzlich sind sie oft so angelegt, dass sie von Entwicklern komfortabel umgesetzt werden können und eine Vielzahl an Endgeräten unterstützen. Leider birgen Templates aber auch Nachteile, besonders in Sachen Vielfalt. In Kombination mit dem ................  Was wiederum zu weniger eigenen Konzepten und Designs führt. So wirken Webseiten und Apps alle wie aus einem Guss.

Technologien

Wir leben aktuell im Zeitalter der Touchscreens. Dabei machen Smartphone den größten Teil der im Alltag genutzten Touchscreen-Geräte aus. Eine Prognose von eMarketer aus dem Jahr 2018 sieht zwischen 2012 und 2021 eine Verdreifachung an weltweiten Smartphone-Nutzern auf 3,08 Milliarden voraus. (Statista 2018b)
Selbst heute haben 57 Millionen Menschen in Deutschland bereits ein Smartphone. (Statista 2018a) Das sind 68,84% der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik. (Statistisches Bundesamt 2018)

Die Tendenz ist seit Jahren klar steigend. Für Mobiltelefone hat die Touchscreen-Technologie einige Vorteile. Man kann auf schnell verschleißende physikalische Tastaturen verzichten und schafft gleichzeitig mehr Platz für das Display. Auf den Displays, die sich inzwischen beinahe randlos über die gesamte Frontpartie der Smartphones erstrecken, können eine Vielzahl unterschiedlicher Programme dargestellt werden. Diese Flexibilität kommt aber auf Kosten der Haptik, (Distelmeyer 2012:159) dabei spricht Bret Victor in seinem Beitrag A Brief Rant On The Future Of Interaction Design von «Pictures Under Glass» (Bilder unter Glas). Gemeint ist damit, dass die Touchscreen-Technologie nicht auf die Eigenheiten und Möglichkeiten der menschlichen Hand eingeht. Er wünscht sich hingegen neue Lösungen, die diese besser berücksichtigen und speziell auf ihre Stärken zugeschnitten sind. (Victor 2011)

Neben Touchscreens wird weiter an einer Vielzahl von Technologien gearbeitet, viele davon kennt man in ähnlicher Form schon länger aus Filmen und Serien. Darunter zählen sich zum Beispiel: virtuelle Assistenten/künstliche Intelligenzen (Google Home, Amazon Alexa und Apple Siri), Virtual-Reality-Headsets (PSVR, Oculus Rift, HTC VIVE), Augmented-Reality-Headsets (Microsoft Hololens, Magic Leap One) und Glas-Displays.

Die aktuelle Forschung im Bereich der Sprachsteuerung und virtuellen Assistenten, hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. So findet Produkte wie Amazon Alexa und Google Home, immer häufiger den Weg in die Wohnzimmer der Menschen. Bis jetzt leisten diese Interfaces allerdings noch entscheidend weniger als im Marketing angepriesen wird. Das Problem bei der Übertragung dieser Konzepte auf reale alltägliche Anwendungen ist, dass sie in ihrer fiktiven Welt bereits so leistungsfähig porträtiert werden. Das erhöht den Druck auf die Hersteller, die versuchen mit den übermäßigen Erwartungen der Kunden Schritt zu halten.

Mittlerweile gibt es neben Bret Victor, einige kritische Stimmen, die eine übermäßige Fokussierung auf Touchscreens und ähnliche Technologien mit Sorge betrachten. Ob Touchscreens (und ähnlich flexible Technologien, wie Augmented Reality) in nächster Zeit von einer anderen Technologie abgelöst werden ist aber fraglich. Den sie haben den großen Vorteil eine Menge an unterschiedlichen Aufgaben, relativ komfortabel bearbeiten zu können. Diese Flexibilität wird von Nutzern zur Zeit sehr geschätzt, während sie früher Musikplayer, Handy und Navigationsgerät einpacken musste, genügt inzwischen ein einziges Gerät für all diese Aufgaben und mehr. Der Schritt zurück, zu mehreren spezialisierter (und haptisch optimierteren) Geräten, klingt dabei für die breite Masse erstmal nicht besonders verlockend.

Aktuell arbeiten gleich mehrere Hersteller an Glas-Displays und haben die ersten Produkte im Sortiment oder präsentieren fortgeschrittene Prototypen. Dabei unterscheidet sich das Anwendungsgebiet realer Glas-Dispalys, von dem ihrer fiktiven Gegenstücke. Während fiktive Charakter FUI mit Glas-Panel als Ersatz für alltägliche Displays nutzen und auf ihnen komplexe Aufgaben mit hoch detaillierten Statistiken bearbeiten, werden sie in der realen Welt meist für Schaufenster-Werbung angepriesen. So können zusätzliche Werbebilder und Informationen zum Produkt direkt in die Glasvitrine projiziert werden.

Dabei sind Glas-Displays bei Film-Produktionen sehr beliebt, da man während der Interaktion mit dem Interface noch einen guten Blick auf Umgebung und Schauspieler hat. Zudem werden diese Interfaces in der Nachbearbeitung ins Bild eingefügt, was zusätzliche Kosten für echte Bildschirme einspart. Im Fall von realen Glas-Displays gibt es für den alltäglichen Gebrauch als Arbeitsgerät direkt mehrere Probleme: Für das menschliche Auge ist es sehr ermüdend häufig zwischen Nah und Fern zu fokussieren. Bewegungen im Hintergrund könnten vom Auge erfasst werden und schnell ablenken. Je nach Umgebung kann es Probleme mit dem Fokussieren zwischen Interface und Hintergrund geben. Das Arbeiten mit sensiblen Daten erfordert weitere Überlegungen, wie die Aufteilung des Büroraums.

Ein anderer Trend versucht einige der hier erwähnten Technologien zu verbinden und somit etwas Neues zu erschaffen. Dabei geht es um multimodale Interfaces, die mehrere Interface-Konzepte in sich vereinen um flexibler und effektiver auf Nutzer reagieren zu können. (vgl. Babich 2018)

Untersuchung Fiktiver User Interfaces im Kontext alltäglicher Anwendungen

Zuerst stellt sich die Frage in welcher Form sich fiktive Interfaces überhaupt in alltäglichen Anwendungsfällen vergleichen lassen. Hier stellen sich einige Hürden an denen man Kompromisse eingehen muss. Neben den klassischen GUI die häufig noch mit herkömmlichen Displays präsentiert werden und bei denen man nur mutmaßen kann welche Leistungsdaten die suggerierten Hardwarekomponenten haben, wird es spätestens bei neuen Bedientechniken noch komplizierter.

Obwohl wir als Menschen zunehmend öfter und länger am Tag mit Maschinen interagieren, sind die meisten Aufgaben die wir tagtäglich am PC verrichten eher banaler Natur: wir surfen im Internet, hören Musik oder schreiben Emails.

Zusätzlich werden häufig so weit fortgeschrittene Technologien verwendet, dass sie kaum noch mit den Anwendungen in der Realität vergleichbar sind. Hierzu zählen unter anderem künstliche Intelligenzen wie Jarvis aus den «Iron Man»-Filmen oder OS1 aus «Her».

Generell kann man den Alltag neben der Zeit die man zum Schlafen benötigt in zwei unterschiedliche Bereiche aufteilen: Arbeitszeit und Freizeit. Während der Arbeitszeit wird, wie bereits erwähnt, am häufigsten das klassische Rechner-Setup mit Maus- und Tastatursteuerung genutzt, um meist einfache/simple Aufgaben zu erledigen. In der Freizeit hingegen ist die Nutzung deutlich vielfältiger. Neben der verstärkten Nutzung von Geräten mit Touchscreens wie Smartphones oder Tablets, ist neben den bereits erwähnten virtuellen Assistenten, ebenfalls ein Anstieg von Augmented-Reality- und Virtual-Reality-Geräten im alltäglichen Gebrauch zu erkennen.

Im Folgenden wird geprüft ob die Lehren die man aus der genauen Betrachtung von FUI ziehen kann, nicht auch in gewisser Form einen Mehrwert in der Anwendung innerhalb realer, alltäglicher Interfaces bieten.

Dabei stellt sich zuerst die Frage, in welcher Form der Vergleich zwischen FUI und realen UI am aussagekräftigsten sein würde. Alltägliche Anwendung in den Kontext der Filme zu setzen ist letztendlich eine Sackgasse, da nicht wirklich beurteilt werden kann , wie die Charaktere, also die fiktionale Nutzergruppe, mit diesen Apps umgehen würden. Zumal alltägliche Apps in den meisten futuristischen Szenarien eher fremdartig wirken würden.

Durch die Analyse und Übertragen einiger Bedienoberflächen aus Film und Serie auf alltägliche Anwendungen, können anhand der Vorlagen leicht Vergleiche gezogen werden. Dies schafft ein klareres Bild von den Charakteristika der jeweiligen Interfaces und offenbart deren Stärken und Schwächen.

Bei der Auswahl der jeweiligen FUI wurde darauf geachtet, dass sie sich zu einem möglichst hohen Grad vergleichen lassen, entweder gewisse Charakteristika besonders klar und deutlich verkörpern, mit den etablierten Regeln brechen oder andere auszeichnende Kriterien aufweisen.

«Fiktive User Interfaces» die sich für diese Art der Forschung nicht eignen

Einige der «Fiktiven User Interfaces» bieten spannende, neue Konzepte, wie zum Beispiel: Fortschrittliche künstliche Intelligenzen (zu sehen in 2001: A Space Odyssey oder OS1 aus dem Film Her). Allumfassende virtuelle Welten, in denen man sich beinahe exakt wie in der realen Welt bewegt (wie in der Matrix-Reihe) und Brain-Computer-Interfaces (Avatar), bei denen neurale Impulse intuitiv und problemlos umgesetzt werden. Obwohl diese Konzepte sehr spannend sind, so eignen sie sich für das Thema dieser Arbeit nur bedingt. Im Falle einer hoch entwickelten künstlichen Intelligenz mit eigenem Bewusstsein kann man davon ausgehen, dass sie einen substanziellen Part der aktuell benötigten Displays direkt ersetzen könnte. Gleichzeitig liefert sie aber keine gute Basis um sie mit heutigen, alltäglichen Interfaces zu vergleichen. Diese virtuellen Assistenten sind in der Lage komplexe Aufgaben zu erfüllen, sich umgangssprachlich mit Menschen zu unterhalten und eigene Überlegungen anzustellen. Für banale Alltagsaufgaben und damit auch für dieses Experiment, sind diese Interfaces demnach überqualifiziert.

Auch FUI mit neuartigen Bedienmethoden und Steuerelementen eigenen sich nur begrenzt für diesen Forschungsteil. Wenn sich diese Elemente nicht mit aktueller Technik in gewisser weise simulieren lassen, dann bleibt es bei Konzepten und Video-Prototypen. Hier würde man im Grunde Fiktion mit Fiktion vergleichen.

Wie bereits angesprochen, sind Ornamente eine wichtiger Teil für die Inszenierung von fiktiven User Interfaces. Je mehr Elemente und in sich greifende Objekte zu sehen sind, desto aufwendiger, technologisch fortschrittlicher und interessanter wirkt ein FUI. Mit diesen Stilmitteln können Designer dem Zuschauer schon über das Interface eine gezielte Stimmung vermitteln. Es kostete Anfangs etwas Überwindung, nicht unbedingt notwendige Statistiken und Grafiken bildschirmfüllend zu gestalten.

Dem gegenüber stehen fiktive Interfaces, die möglichst futuristisch und aufwendig aussehen sollen und gleichzeitig ihren jeweiligen Zweck und die gezeigten, relevanten Informationen möglichst klar präsentieren wollen.

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Durch die hohe Anzahl unterschiedlicher Faktoren, die zu beachten waren, um ein möglichst aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten, verging viel Zeit bis zur endgültigen Wahl der passenden Interfaces. Letztendlich entschied ich mich für Interfaces aus Oblivion, und Starship Troopers. Auf die Gründe, für die Wahl des jeweiligen Interfaces gehe ich detailliert, im dazugehörigen Abschnitt ein.

Bei der Wahl, der zu übertragenen Anwendungen, konzentrierte ich mich auf möglichst banalen Aufgaben, die zudem häufige Verwendung im Alltag finden. Meine Wahl fiel auf einen Musik-Streaming-Dienst (Spotify) und eine Kalender App (macOS High Sierra).

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Oblivion x Spotify

Die FUI in Oblivion besitzen, neben den bereits in einem vorherigen Kapitel angesprochenen Charakteristika, direkt mehrere Eigenschaften, die sie für diese Übung ideal machen. Da ein großer Unterschied zwischen fiktionalen und realen Interfaces in der Inszenierung besteht, war es mir wichtig, Beispiele zu wählen die sich zumindest bis zu einem gewissen Grad, auf ähnliche und aktuelle Technologien übertragen lassen. Das FUI des Tischs mit dem hauptsächlich Victoria arbeitet, nutzt Multi-Touch-Technologie und lässt sich somit gut auf alltäglichen Geräten (wie z.B. Tablets) darstellen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, ist die Art und Nutzung des «Fiktiven User Interface» im Verlauf des Films. Victoria vollführt ihre alltäglichen Arbeiten mit Hilfe des FUI. Dazu gehören Kommunikation, Überwachung, Kontrolle und mehr. Im Handlungsverlauf wird suggeriert, dass es sich dabei um einen Vollzeitjob handelt und das Interface für mehrstündige Nutzung ausgelegt ist. Hier besteht also die Chance, zu testen, ob das Design für den Alltag dieser Zukunft auch als Design für alltägliche Interfaces der Gegenwart funktioniert. Gleichzeitig gibt es uns im Laufe der Handlung genug Gelegenheiten die Funktionsweisen des Tischs genauer zu betrachten.

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Als Beispiel für eine alltägliche Anwendung, diente mir der Musik-Streaming-Dienst Spotify. Als einer der führenden Streaming-Dienste der Welt, arbeitet Spotify kontinuierlich an der Verbesserung seiner Interfaces.

Ich entschied mich dafür, das Design für ein iPad Pro zu optimieren, weil die gespiegelte Glasoberfläche des Multi-Touch-Tablets sich sehr gut mit den präsentierten Bedienmöglichkeiten des Tisch-Interface aus Oblivion vergleichen lässt.

Obwohl das FUI auf einem festen Raster aufbaut, bieten die einzelnen Ornamente genug Spielraum und kreativ zu werden. Vor der Umsetzung teilte ich das aktuelle Interface von Spotify in seine Grundelemente auf. Somit hatte ich bereits einen Überblick der verfügbaren Informationen. Um aus Spotify ein glaubwürdiges Interface im Stil von Oblivion zu machen, brauchte ich aber noch mehr Daten. Das FUI von Oblivion zeichnet sich durch viele, kleine Animationen aus. Dabei kommt das Interface nie ganz zur Ruhe sondern überträgt konstant Veränderungen in seinen Parametern. Das einzige dynamische Elemente von Spotify ist der Zeitbalken. Um Spielraum für Animationen zu bieten, erstellte ich Datenvisualisierungen für potenziell, für den Nutzer wichtige Informationen.

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Darunter die Frequenz der Musik, aktuelle globale Nutzung der App. Zudem wurde die Zeitleiste in mehrere Segmente aufgeteilt. Sie umfasst die Spieldauer alle Lieder eines Albums als einzelne Elemente.

Die Beschaffung der nötigen Schriftarten erwies sich als schwer. Als Ersatz für die, speziell für den Film angefertigte Schriftart «DC TET», nutze die Schriftart «Neutratext», die als Vorlage für «DC TET» diente. Die am häufigsten im Interface genutzte Schrift «Blender» ersetzt ich mit der ähnlichen Schriftart «Bebas Neue».

Mit diesem ersten Konzept ist eine gute Grundlage geschaffen wurden, um ein erstes Gefühl für die Umsetzung des Oblivion Interfaces im Kontext alltäglicher Anwendungen zu liefern. Ein wirkliches Urteil kann man allerdings erst während einer Live-Demonstration des ausgearbeiteten Konzepts machen. Hier kommt dann auch der Faktor Animationen, der für dieses Interface so wichtig ist, richtig zur Geltung.

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Starship Troopers x Kalender

Die markanten Interfaces des Science-Fiction-Klassikers Starship Troopers liefern einen interessanten Kontrast zu den minimalistischen FUI von Oblivion. Die für das Projekt relevantesten FUI finden sich dabei an Bord der riesigen Raumschiffe. Die Brücken der Raumschiffe sind mit einer Vielzahl an Displays ausgestattet, die die Crew mit jeder Menge unterschiedlichen Informationen versorgt.  Visualisierungen. Die FUI von Starship Troopers  Stilistisch wirken die  Auch bedient man sich einiger gekannter Stilmittel. Mit schnellen Bildfolgen, hoher Dynamik

Dabei wird viel mit blinkenden Grafiken und bildfüllender Typografie gearbeitet.

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Als Beispiel für eine alltägliche Anwendung, diente mir in diesem Fall die Kalender-App von macOS High Sierra. Diese Anwendung wählte ich, um einen möglichst starken Kontrast zwischen einem sehr statischen und reduzierten Interface und einer sehr aufmerksamkeitsfordernden Inszenierung zu erzeugen.

Die Suche nach der exakten, genutzten Schriftart blieb leider ohne Erfolg, mit «Orbitron» fand ich dafür einen akzeptablen Ersatz. Am ersten Konzept kann man bereits spüren, dass ein täglicher Umgang mit dieser Art der Inszenierung schnell unangenehm für Augen und Konzentration werden könnte. Dabei fehlt hier noch die essenzielle Komponenten des Blinkens, die im Film so effektvoll eingesetzt wird um die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu erlangen. Bis zur späteren Präsentation dieser Arbeit plane ich darum, besonders den Animationsaspekt weiter auszubauen.

Allgemeine Beobachtungen während der Forschung Direkt zu Beginn des Experiments viel mir auf, dass man für die Arbeit mit FUI eine andere Mentalität benötigt also bei der Gestaltung eines realen Interfaces. Die Arbeit mit realen Interfaces fordert konstant Überlegungen im Hinblick auf Nutzerverhalten und Barrierefreiheit. Gleichzeitig muss das Design möglichst flexibel gestaltet sein und in vielen Fällen für unterschiedliche Datensätze optimiert werden.

Im Gegensatz hierzu, war es bei der Arbeit mit den FUI viel wichtiger die richtige Gesamtstimmung einzufangen. Die Arbeit mit Fragmenten hat eine starke künstlerische Komponente, die man so der Konzeption realer Interfaces nur sehr selten kennenlernt.

Erkennbare Hürden Während Leuchten und durchgehend dynamische Elemente in fiktionalen Interfaces ein gutes Mittel sind um effektvoll die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu lenken, kann man im alltäglichen Gebrauch schnell potenzielle Probleme erkennen. Besonders in Berufen in denen mehrere Stunden am Tag vor dem Computerbildschirm verbracht werden müssen Interfaces möglichst augenschonend sein. Gerade die Eigenschaft, dass Bewegungen sehr gut darin sind die Aufmerksamkeit des menschlichen Auges zu erregen, führt bei konstanter Reizung des Sehnervs schnell zu Irritationen und Ermüdungserscheinungen.

Innovative Techniken müssen mehr leisten als lediglich ergonomischer, praktischer oder effizienter zu sein. Konzepte oder Designideen die in Filmen bereits angesprochen wurden, haben den Vorteil, dass sie sich bereits im Bewusstsein der Zuschauer befinden. Damit ist die Einstiegshürde geringer um sich auf neue Technologien einzulassen. So können fiktive Interfaces, wenn auch nicht für die reale Welt erdacht und auch nicht als echte Lösung für reale Probleme bestimmt, dennoch Anreize, Visionen und Ansätze bieten, die für die Nutzung in der realen Welt relevant und wertvoll sind.

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Fazit

Einige der in älteren Filmen und Serien gezeigten Konzepte finden sich heutzutage schon im Alltag wieder (wie zum Beispiel per Geste gesteuerte Wasserhähne). (Shedroff,N. / Noessel,C. 2012: 98) Dabei ist schwer zu sagen, ob sich diese Entwicklungen auch ohne die vorangegangenen Inspirationen aus den Filmen zugetragen hätten. Filme und Serien bieten eine einzigartige Gelegenheit neue Konzepte zu erforschen. Sind diese für die Zuschauer interessant, logisch und wünschenswert, haben sie das Potenzial in der einen oder anderen Form ihren Weg in realen Produkte zu finden.

Letztendlich kann man sagen, dass fiktive Interfaces von Designern durchaus genauer beobachtet werden sollten. Sie dienen jedoch weder als vorgezeichnete Karte für die Zukunft, noch sollte man ihre Eigenarten bedenkenlos auf aktuelle Designs übertragen. So können sie vielmehr als Kompass dienen um Möglichkeiten aufzuzeigen. Die Kunst besteht darin zu erkennen, welche Aspekte man für sich nutzen kann.

Einer dieser Aspekte, in dem ich persönlich Potenzial sehe, ist die Verbindung unterschiedlicher Technologien, wie im Beispiel des ONI aus Altered Carbon bereits angesprochen. Während in Filmen, Technologien oft problemlos zusammenarbeiten und aufeinander abgestimmt sind, findet man solche Konzepte in der realen Welt, bis jetzt nur in oberflächlicher Form (z.B. Synchronisieren über einen Cloud-Service). 
Der Trend zu multimodalen Interfaces, könnte Fiktion und Realität allerdings schon bald näher zusammenbringen. Es befinden sich beispielsweise Home-Assistant-System in Entwicklung, die sowohl auf visuelle als auch verbale Ein- und Ausgabe setzen. Diese Verbindung macht es möglich die Vorteile dieser Technologien optimal zu nutzen und gleichzeitig die Nachteile zu umgehen. (vgl. Babich 2018)

Auch in der Industrie wird das mögliche Potenzial von «Fiktiver User Interfaces» mittlerweile erkannt, so wurde Jayse Hansen, der als FUI-Designer unter anderem am Head-Up-Display für Ironman (Marvel’s The Avengers) gearbeitet hat, inzwischen vom US Militär verpflichtet um neue Interface-Konzepte für Kampfjets zu entwickeln. (vgl. Hansen 2018)

Zudem Leben wir in einer Gesellschaft in der die genauen Grenzen zwischen Arbeits- und Wohnraum immer stärker verschwimmen und Computer schon lange keine ausschließlich stationären Objekte mehr sind und werden fast zu jeder Tageszeit verwendet. Für Designer ist es darum ist es darum immer wichtiger geworden, ihre Interfaces möglichst flexibel zu gestalten. Das lässt allerdings wenig Spielraum für eine ausdrucksstarke Inszenierung. Eine Entwicklung in diese Richtung könnten Konzepte wie der «DarkMode» von Apple sein. Im neuen Betriebssystem Mojave, können Anwendungen basierend auf der Tageszeit (und manuell) zwischen optimierten Tag- und Nacht-Designs wechseln. Dies könnte ein erster (kleiner) Schritt zurück zur gezielten Inszenierung von Interfaces in der realen Welt sein.

Aus meiner Sicht wäre es durchaus wünschenswert wenn Designer etwas von der ausdrucksstarken und charakteristischen Inszenierung fiktiver User Interfaces in ihre Konzepte einfließen lassen um ihren Interfaces einen prägnanteren, zielgerichteteren Stil zu verleihen.

Quellenverzeichnis

Babich, Nick (2018): Mixing Tangible And Intangible: Designing Multimodal Interfaces Using Adobe XD. Smashing Magazine. URL: https://www.smashingmagazine.com/2018/12/mixing-tangible-intangible-multimodal-interfaces-adobe-xd/

Bauer, Thomas (2018): Die Vereindeutigung der Welt – Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt. Reclams Universal-Bibliothek. Deutschland.

Distelmeyer, Jan (2017): Machtzeichen: Anordnung des Computers. Bertz + Fischer GbR. Berlin.

Dunne, Anthony / Raby, Fiona (2013): Speculative Everything : design, fiction, and social dreaming. The MIT Press. Massachusetts.

Flood, Alison (2018): Altered Carbon author Richard Morgan: «There’s no limit to my capacity for violence». The Guardian. URL: https://www.theguardian.com/books/2018/feb/13/altered-carbon-author-richard-morgan-violence-netflix

Grouchnikov, Kirill (2011): Visual effects of Tron: Legacy and beyond – conversation with GMUNK. Pushing Pixels. URL: https://www.pushing-pixels.org/2011/06/01/visual-effects-of-tron-legacy-and-beyond-conversation-with-gmunk.html

Grouchnikov, Kirill (2018a): The art and craft of screen graphics – interview with Jamie McCallen. Pushing Pixels. URL: https://www.pushing-pixels.org/2018/10/12/the-art-and-craft-of-screen-graphics-interview-with-jamie-mccallen.html

Hansen, Jayse (2018): About Page. JAYSE. URL: http://jayse.tv/v2/

Janssen, Jan-Keno (2014): 20 Jahre Smartphone: Mit IBMs Simon fing alles an. heise.de. URL: https://www.heise.de/newsticker/meldung/20-Jahre-Smartphone-Mit-IBMs-Simon-fing-alles-an-2293693.html

Klein, Christopher (2015): The Real History That Inspired «Star Wars». History.com. URL: https://www.history.com/news/the-real-history-that-inspired-star-wars

Shedroff, Nathan / Noessel, Christopher (2012): Make It So: Interaction Design Lessons from Science Fiction. Rosenfeld Media, LLC. New York.

Statista.com (2018a): Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland in den Jahren 2009 bis 2018 (in Millionen). Statista.com. URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/ umfrage/anzahl-der-smartphonenutzer-in-deutschland-seit-2010/

Statista.com (2018b): Prognose zur Anzahl der Smartphone-Nutzer weltweit von 2012 bis 2021 (in Milliarden). Statista.com. URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/ umfrage/anzahl-der-smartphonenutzer-in-deutschland-seit-2010/

Statistisches Bundesamt (2018): Bevölkerung in Deutschland: 82,8 Millionen zum Jahresende 2017. Statistisches Bundesamt. URL: https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2018/09/PD18_347_12411.html

Teixeira, Fabricio / Braga, Caio (2018): The State Of UX In 2019. UX Trends. URL: https://trends.uxdesign.cc/

Victor, Bret (2011): A Brief Rant On The Future Of Interaction Design. Worrydream.com. URL: http://worrydream.com/ABriefRantOnTheFutureOfInteractionDesign/

Walden, Jennifer / Andersen, Asbjoern (2018): HOW ALTERED CARBON’S DYSTOPIAN SOUND IS MADE. A Sound Effect. URL: https://www.asoundeffect.com/altered-carbon-sound/

Bildnachweise

Abb. 1. Emoji-Display. Quelle: Jones, Duncan (2009): Moon.

Abb. 2. Autoscheibe mit Kartenvisualisierung. Quelle: Bird, Brad (2011): Mission Impossible - Ghost Protocol.

Abb. 3. Kind. Quelle: Spielberg, Steven (1993): Jurassic Park.

Abb. 4. Erstaunte Personen. Quelle: Besson, Luc (1997): Das fünfte Element.

Abb. 5. Bau der Rakete. Quelle: Méliès, Georges (1902): Die Reise zum Mond.

Abb. 6. Schalter und Hebel. Quelle: Lang, Fritz (1927): Metropolis.

Abb. 7, 8. Maria. Quelle: Lang, Fritz (1927): Metropolis.

Abb. 9. HAL9000. Quelle: Kubrick, Stanley (1968): 2001: A Space Odyssey.

Abb. 10. Raumschiff-Steuerung. Quelle: Jennings, Garth (2005): 2001: Per Anhalter durch die Galaxis.

Abb. 11. Atomare Visualisierung. Quelle: Favreau, Jon (2010): Iron Man 2.

Abb. 12. Entschlüsselung. Quelle: Kalogridis, Laeta (2018): Altered Carbon - das Unsterblichkeitsprogramm.

Abb. 13. Kartenvisualisierung. Quelle: Bayona, J.A. (2018): Jurassic World 2: Das gefallene Königreich.

Abb. 14. The colors of sci-fi from the Make It So database show the strong tendency toward blue. Quelle: Shedroff, Nathan / Noessel, Christopher (2012): Make It So: Interaction Design Lessons from Science Fiction:41.

Abb. 15. Terminator HUD. Quelle: Cameron, James (1991): Terminator 2 - Tag der Abrechnung.

Abb. 16. Glas-Display. Quelle: Spielberg, Steven (2002): Minority Report.

Abb. 17. Helm. Quelle: Scott, Ridley (1979): Alien.

Abb. 18. Panorma. Quelle: Kalogridis, Laeta (2018): Altered Carbon - das Unsterblichkeitsprogramm.

Abb. 19. Raumschiff. Quelle: Verhoeven, Paul (1997): Starship Troopers.

Abb. 20. Gesichtsscan. Quelle: Bird, Brad (2011): Mission Impossible - Ghost Protocol.

Abb. 21-27. Minority-Report Interfaces. Quelle: Spielberg, Steven (2002): Minority Report.

Abb. 28-32. Altered Carbon Interfaces. Quelle: Kalogridis, Laeta (2018): Altered Carbon - das Unsterblichkeitsprogramm.

Abb. 33-43. Alien Interfaces. Quelle: Scott, Ridley (1979): Alien.

Abb. 44-49. Starship Troopers Interfaces. Quelle: Verhoeven, Paul (1997): Starship Troopers.

Abb. 50-58. Oblivion Interfaces. Quelle: Gmunk.com/Oblivion-GFX

Abb. 59. iPhoneX. Quelle: Unsplash.com/photos/_8S9nEmCZK0

Abb. 60. Interface - Mal. Quelle: Whedon, Joss (2005): Serenity: Flucht in neue Welten

Abb. 61. Roter Knopf. Quelle: Bayona, J.A. (2018): Jurassic World 2: Das gefallene Königreich.

Filme und Serien

Bayona, J.A. (2018): Jurassic World 2: Das gefallene Königreich [Blu-Ray]. Universal Pictures. USA.

Besson, Luc (1997): Das fünfte Element [Blu-Ray]. Gaumont. Frankreich

Bird, Brad (2011): Mission Impossible - Ghost Protocol [Blu-Ray]. Paramount Pictures. USA.

Cameron, James (1991): Terminator 2 - Tag der Abrechnung [Blu-Ray]. Carolco Pictures. USA.

Favreau, Jon (2010): Iron Man 2. Paramount Pictures. USA.

Jennings, Garth (2005): Per Anhalter durch die Galaxis [Blu-Ray]. Buena Vista Home Entertainment. USA.

Jones, Duncan (2009): Moon [Blu-Ray]. Liberty Films UK. Großbritannien.

Kalogridis, Laeta (2018): Altered Carbon - das Unsterblichkeitsprogramm [Netflix]. Netflix. Großbritannien.

Kosinski, Joseph (2013): Oblivion [Blu-Ray]. Universal Pictures. USA.

Kubrick, Stanley (1968): 2001: A Space Odyssey [Blu-Ray]. Warner Home Video. USA.

Lang, Fritz (1927): Metropolis [Online]. Universum Film UFA. Deutschland. URL: https://www.youtube.com/watch?v=fCDQzGTBA3E

Méliès, Georges (1902): Die Reise zum Mond [Online]. Méliès Star Film. Frankreich. URL: https://www.youtube.com/watch?v=_FrdVdKlxUk

Scott, Ridley (1979): Alien [Blu-Ray]. 20th Century Fox. Großbritannien.

Spielberg, Steven (1993): Jurassic Park [Blu-Ray]. Universal Pictures. USA.

Spielberg, Steven (2002): Minority Report [Blu-Ray]. Twentieth Century Fox. USA.

Verhoeven, Paul (1997): Starship Troopers [Blu-Ray]. TriStar Pictures. USA.

Whedon, Joss (2005): Serenity: Flucht in neue Welten [Blu-Ray]. Universal Pictures. USA

Alle Internetangaben waren am 05.01.2019 um 13:25 Uhr erreichbar.

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich während der Anfertigung dieser Bachelorarbeit unterstützt und motiviert haben.

Zuerst gebührt mein Dank Herr Prof. Boris Müller und Frau Prof. Myriel Milicevic, die meine Bachelorarbeit betreut und begutachtet haben. Für die hilfreichen Anregungen und die konstruktive Kritik bei der Erstellung dieser Arbeit möchte ich mich herzlich
bedanken.

Ebenfalls möchte ich mich bei meinen Kommilitonen und Freunden für die zahlreichen interessanten Diskussionen und Ideen bedanken, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass diese Bachelorarbeit in dieser Form vorliegt.

Ein Projekt von

Fachgruppe

Interfacedesign

Art des Projekts

Bachelorarbeit

Betreuung

foto: Prof. Boris Müller foto: Prof. Myriel Milicevic

Entstehungszeitraum

Wintersemester 2018 / 2019

Keywords