Incom ist die Kommunikations-Plattform der Fachhochschule Potsdam

In seiner Funktionalität auf die Lehre in gestalterischen Studiengängen zugeschnitten... Schnittstelle für die moderne Lehre

Incom ist die Kommunikations-Plattform der Fachhochschule Potsdam mehr erfahren

AutoKorrektur – Wie wir den Verkehrsraum zurückerobern

AutoKorrektur – Wie wir den Verkehrsraum zurückerobern

Wir empfehlen die Dokumentation bei Paper Dropbox zu lesen, da GIF-Animation bei incom nur bedingt in einem Pop-Up Fenster funktionieren.

Beschreibung des Kurses – Lost in Navigation

Die Wege, die wir gehen. Die Restaurants, in denen wir essen. Die Urlaube, die wir machen. Diese Vorhaben entstehen durch äußere Einflüsse auf uns Menschen. Das ist alltäglich und so selbstverständlich, dass wir es häufig nicht mal mehr wahrnehmen. Diese Einflüsse verändern sich ständig. Früher hat man vielleicht noch im Telefonbuch nachgeschlagen, wenn man Hunger hatte. Sich einen Atlas gekauft, wenn man Geld für einen Urlaub hatte oder fremde Menschen nach dem Weg gefragt, wenn man eine Straße nicht finden konnte.

Heutzutage, und das resultiert aus der stetigen Digitalisierung der heutigen Gesellschaft, schaut man auf sein Smartphone oder tippt es mal eben in eine Suchmaschine ein. Aber was genau bekomme ich bei dieser Art der Informationsbeschaffung für Antworten? Woher stammen diese Informationen? Stimmen sie denn? Wer hat sie verfasst? Diese Fragen müssen wir uns stellen, wenn wir uns die Ergebnisse unserer Suche anschauen. Es wird davon ausgegangen, dass die Informationen die wir bekommen, neutral und objektiv sind. Informationen entstehen selber immer unter gewissen Interesseneinflüssen. Diese können ethischer Herkunft sein, sind meistens jedoch monetärer Art.

Der Kurs Lost in Navigation befasst sich mit eben genau mit dieser Problematik im Bezug auf unsere Orientierung und unserer Ziele. Unsere Art der Navigation soll hinterfragt werden – wie kann Navigation noch funktionieren außer mit der Kartendarstellung, wie wir sie kennen? Welche Kriterien spielen für uns persönlich eine große Rolle, die wir vorher vielleicht nur unterbewusst wahrnahmen? Ist der gewohnte Weg auch gleichzeitig der Beste? Es gilt uns diese Kriterien vor Augen zu führen und sie anschließend in experimenteller Kartografie umzusetzen. Ein Navigationssystem zu entwickeln, das ohne Bildschirm in der Lage ist uns zu leiten oder eines, das emotional mit uns interagiert und uns unter Umständen an Orte leitet, von denen wir bislang noch nicht wussten, dass wir dort hinwollen.

Kurz: ein experimentelles Navigationssystem, das mehr als einfach nur das nächste Google Maps ist.

Beschreibung des Problems / Kontexts

Seit der Erfindung des Automobils haben sich unsere Städte zu gigantischen Asphaltschluchten entwickelt. Beinahe alles ist darauf ausgerichtet, es dem Auto so bequem wie möglich zu machen – und über die Jahre wurde es so für andere Verkehrsteilnehmer immer unbequemer. Vor allem für Fahrradfahrer. Schlechte Radwege, zahlreiche Hindernisse und der geteilte Verkehrsraum mit Fußgängern treiben deshalb immer mehr Radfahrer auf die Straße. Dort wiederum sehen sie sich dem übermächtigen Autoverkehr ausgeliefert – ständig in Gefahr übersehen, bedrängt oder sogar verletzt zu werden.

2.jpg2.jpg

[Police board wants Toronto cops to review ‘dooring’ policy – www.thestar.com – Stand 26.03.2017](https://www.thestar.com/news/gta/2013/08/06/police_board_wants_toronto_cops_to_review_dooring_policy.html „Police board wants Toronto cops to review ‘dooring’ policy“) – Stand 26.03.2017

Idee und Inspiration

Wie können wir den Verkehrsraum unserer Autostädte für Fahrradfahrer zurückerobern? So vielleicht?

03.jpg03.jpg

Latvian Cyclists Demonstrate How Cycling Saves Room on the Roads – Stand 26.03.2017

…wohl eher nicht.

„Critical Mass“ lautet das Stichwort.

04.jpg04.jpg

Bilder vom 25. Juli 2014 – www.critical-mass-berlin.de – Stand 26.03.2017

Eine Aktionsform, bei der Radfahrer sich zu großen Gruppen vereinen, um mit gemeinsamen Fahrten mehr Raum und Rechte für den ummotorisierten Verkehr zu fordern.

Der Paragraf dafür lautet wie folgt:

StVO §27 Absatz 1: „Für geschlossene Verbände gelten die für den gesamten Fahrverkehr einheitlich bestehenden Verkehrsregeln und Anordnungen sinngemäß. Mehr als 15 Rad Fahrende dürfen einen geschlossenen Verband bilden. Dann dürfen sie zu zweit nebeneinander auf der Fahrbahn fahren.“

Die erste Critical Mass fand 1992 in San Francisco statt. In Berlin, sowie in anderen Großstädten finden diese Treffen in den Sommermonaten in der Regel einmal pro Monat statt.

Die Rechtslage, Ablauf und Umgang mit der Polizei ist von Stadt zu Stadt und von Land zu Land unterschiedlich. Es gibt in der Regel keinen Verantwortlichen und keine zentrale Organisation. Jeder kann dazu aufrufen und versuchen genügend Teilnehmer zusammenzubekommen. Die bisher größte Critical Mas fand 2013 mit rund 100.000 Teilnehmern in Budapest statt.

Dieses Phänomen kann man sich zu Nutzen machen, indem man diese Treffen nicht nur einmal im Monat organisiert und vor allem nicht in einer Größenordnung von bis zu 1500 Leuten, sondern täglich. Auf dem Weg zur Arbeit. Von der Arbeit kommend. Zum Sport. Zu Freunden oder zum nächsten Restaurant. Im Idealfall immer eben. Wir hatten die Vision einer Fahrradnavigation, dessen Hauptaufgabe es sicherlich ist weiterhin Personen an ihr Ziel zu bringen, dabei jedoch nach anderen Radfahrern Ausschau hält, die zeitgleich in etwa dasselbe Ziel haben. Führt man diese Leute zusammen, entstehen im Idealfall ständig neue Critical Masses.

Wie funktioniert sie? Wie ist sie gestaltet?

Prototypen und Arbeitsprozess

Freundschaften aufrechterhalten, fremde Orte entdecken, zufällige Fahrgemeinschaften bilden: für die Entwicklung unseres experimentellen Navigationssystems haben wir zunächst einmal in unterschiedlichste thematische Richtungen ermittelt. Welche Probleme stellen sich im Alltag und wie können wir diese im weitesten Sinne navigationstechnisch lösen? Das Thema Fahrradfahren in der Stadt stieß in unserer radbegeisterten Dreierkonstellation auf besonders großes Interesse. Die Plattform der Critical Mass und die zugrunde liegende Gesetzeslage waren für uns das perfekte Sprungbrett für eine experimentelle Art der Fahrradnavigation: gemeinschaftlich, perfekt vernetzt und provokant.

06.jpg06.jpg

Begonnen haben wir, damit uns zu überlegen was genau bei der Navigation passieren soll und was dem Fahrer für Informationen mitgeteilt werden sollen. Wir suchten uns eine geeignete Art der Übermittlung dieser Informationen, die nicht über einen Screen laufen. Die Grundform unseres Prototypen sollte kreisförmig wie ein Kompass sein, um den Radfahrer in alle Himmelsrichtungen navigieren zu können. Die Navigationshinweise sollten so simpel wie möglich gestaltet sein, um nicht zu sehr vom Fahren abzulenken. Wir entschieden uns für NEOPIXEL LED-Leuchtringe, die wir mit einem Arduino Board steuern. Der Leuchtring wurde so programmiert, dass sich die verschiedenen Animationen einzeln per serieller Schnittstelle ansteuern und abspielen lassen.

So konnten wir während der Präsentation den Navigationsablauf Schritt für Schritt simulieren. Das Modell für den Prototyp konstruierten wir im AutoCAD, um es nach mehrmaligem Ändern der Form auf den 3D-Drucker zu schicken. Um das Modell möglichst klein zu halten besorgten wir uns ein Mini-Arduino-Board, das hinein passte. Zeitgleich zum Druck lief die Programmierung.

Nachdem wir uns für die kreisförmige Grundform entschieden haben und einige Skizzen angefertigt hatten, haben wir begonnen Mock-Ups mithilfe von Sketch anzufertigen. Wir probierten zunächst einige Farbkombinationen für die LED-Ringe aus, aber uns wurde klar, dass wir einen hohen Kontrast und Helligkeit brauchten, um die Farben auch bei starker Sonneneinstrahlung noch gut zu erkennen. Aus diesem Grund verwendeten wir einen stark gesättigten und relativ hellen Rot-Grün-Kontrast. Um diesen etwas abzuschwächen und angenehmer für das Auge zu machen ließen wie die Farben weich ineinander laufen. Die ersten Mock-Ups sahen noch einen weißen Prototypen vor, dies änderten wir, da wir befürchteten, dass die LED Ringe durchscheinen könnten.

06.jpg06.jpg
07.jpg07.jpg
08.jpg08.jpg
09.jpg09.jpg
10.jpg10.jpg
11.jpg11.jpg
12.jpg12.jpg
13.jpg13.jpg
14.jpg14.jpg

Unser Prototyp

15.jpg15.jpg

Er hat eine kreisförmige, zylindrische Grundform und ist einfarbig schwarz gehalten. Die Eingabe der Zieladresse erfolgt über das eingebaute Mikrofon und der GPS-Sensor bestimmt die aktuelle Position. Die zwei Ring LED’s dienen als Indikator für die Navigation in die Critical Mass, aus der Critical Mass und innerhalb der Critical Mass.

Das visuelle Konzept

01 Start – Spracheingabe

Die Eingabe der Zieladresse erfolgt über Sprache. Sobald der Befehl: “rIoT bring mich zu …” gegeben wird, werden die Adressdaten gespeichert.

02 Berechnung – Route wird berechnet

Danach werden die Daten mittels eines LTE Modems an die Server übermittelt, die dann eine bestmögliche Route berechnen.

03 Fehler – Fehlerhafte Berechnung

War die Adresseingabe falsch oder konnte nicht richtig übermittelt werden, bekommt man ein kurzes Rotes blinken zu sehen.

04 Bestätigung – Erfolgreiche Berechnung

Wenn die Adresseingabe erfolgreich war, blinkt der innere Ring kurz zwei Mal Grün auf.

05 Navigation – Zur Critical Mass

Bei der Navigation geht der innere Ring in ein Verlauf über. Die Grüne Farbe, die niemals mehr als 45% der Fläche einnimmt, navigiert zunächst zu einer Critical Mass, die auf dem Weg zum Ziel ist. Dies wird durch den rot leuchtenden äußeren Ring angezeigt. Sollte keine Critical-Mass auf dem Weg liegen, leuchtet dieser auch nicht auf.

06 Navigation – Richtungsanzeige

Die Grüne Farbe zeigt die Richtung an in der sich das Ziel befindet. In diesem Fall ist das erste Ziel die Critical Mass zu erreichen. Je spitzer der Verlauf wird, desto näher ist man seinem Ziel.

07 Navigation – Schneller fahren

Wenn man sich beeilen muss um die Critical Mass zu erreichen bewegt sich der äußere Ring schnell.

08 Navigation – Langsamer fahren

Wenn man sich Zeit lassen muss um die Critical Mass an einem bestimmten Punkt zu treffen, bewegt sich der äußere Ring langsam.

09 Navigation – in Critical-Mass

Wenn man die Critical Mass erreicht hat und sich in einem Radius von 25 m befindet, färbt sich der äußerer Ring grün. Die Navigation funktioniert wie gehabt über den inneren Ring. Man bewegt sich mit der Critical Mass.

10 Navigation – Critical Mass verlassen

Wenn man an den Punkt angekommen ist, wo man die Critical Mass wieder verlassen muss, fängt der äußere Ring und die mittleren Punkte an zu blinken, bis man sich mindestens 25 m von der Gruppe entfernt hat.

11 Navigation – Zum Ziel

Sollte sich auf dem Weg zum individuellen Endziel noch eine zweite Critical Mass anbieten, leuchtet der äußere Ring wieder rot auf und die Phasen beginnen von vorn. Ansonsten bleibt er aus und der Nutzer wird nun zu seinem eigentlichen Ziel navigiert.

12 Navigation – Fast am Ziel

Je näher man dem Ziel kommt, desto spitzer wird der grüne Farbverlauf.

13 Am Ziel

Am Ziel angekommen färbt sich der spitze Farbverlauf zu einem flächigen grün und signalisiert durch mehrfaches blinken, dass man am Ziel angekommen ist.

14 Alles zusammen

In diesem Video sind alle vorher beschriebenen Animationen in einem kurzen und flüssigen Film der Reihen nach zusammengefasst.

Fachgruppe

Gestaltungsgrundlagen

Art des Projekts

Studienarbeit im ersten Studienabschnitt

Betreuung

foto: Fabian Morón Zirfas foto: Prof. Myriel Milicevic

Zugehöriger Workspace

Lost in Navigation

Entstehungszeitraum

Sommersemester 2017