„Wenn selbst der Vanillepudding keine echte Vanille mehr braucht, lass ich all mein Wissen frei und nehm mein Schicksal in meine zwei linken Hände.”

IMG_2105.jpg

– Ich habe vor einiger Zeit einen Text geschrieben, der von der Sucht nach Wissen erzählt und die Frage in den Raum wirft, ob der wachsende Konsumrausch nach Wissen der Erfahrung Ihren Platz streitig macht. Ob er dem Spiel seine Verspieltheit raubt und ob ein durchkalkuliertes Abenteuer sich noch lebendig anfühlen kann.

Da der Text auffordert, wieder mehr durch die eigene Erfahrung und all deine Sinne zu lernen, statt mehr und mehr fremdes Wissen zu absorbieren, erschien mir der Rahmen dieses Kurses sehr passend, um ihn mit Hilfe analoger Animation um einen Sinn - das Visuelle - zu erweitern.

IDEE UND ENTWURF

Erstes Moodboard

moodboard.jpg

Mein Konzept bedient sich an meiner Faszination für Schatten.  Der Text spielt inhaltlich mit Wissen und nicht Wissen, Bewusstsein und Unbewusstsein und bespielt das Thema Selbstfindung - dazu fand ich Schatten-Silhouetten sehr passend. Auch sie sind da, aber auch irgendwie nicht ganz wahr, nicht der wahre Ursprung - eine Projektion dessen was da ist. Ich halte Schatten für eine tolle Projektion halbbewusster und sich ständig wandelnder psychischer Prozesse und Gedanken, die wir nie in Gänze verstehen oder kontrollieren werden.

Passend zu den Schattenspielen wird auch der typografische Teil im Schatten-Stil eingearbeitet.

 Entwurfspräsentation

SCHATTEN-SILHOUETTE

All meine Skizzen und Pläne gingen recht selbstverständlich von einer perfekten neutralen weißen Ecke in jedem dritten Raum meiner Lebensräume aus  -  doch in der Praxis ließ sich so eine garnicht so leicht finden. Vor lauter Verzweiflung fing ich an mir „einfach“ eine zu bauen. Ich schätze es war mein Lieblings-Moment der gesamten Projekt-Zeit, als plötzlich diese 3 Meter hohen weißen Papier-Wände über meinem Kopf in die Höhe des Video-Studios ragten. Das glatte zusammengeklebte Papier sorgte nicht nur für einen viel individuelleren selteneren Look, als es normale Wände getan hätten, sondern erleichterte mir auch die Aufnahmen der Schattenspiele erheblich.

IMG_3322.jpg

ANALOGE ANIMATION VON TEXT

Bildschirmfoto 2025-07-09 um 16.41.22.jpg

IDEE

Passend zu den Schattenspielen wird auch der typografische Teil im Schatten-Stil eingearbeitet.

Ich habe einzelne „Schlüsselworte“ ausgewählt, die ich als Schattenprojektionen mit in die Bilder integrieren wollte. In einem handschriftlich zackig gekritzeltem Stil, der an schnelle persönliche Notizen und Tagebuch-Kritzeleien erinnert. Das fand ich - dem Text entsprechend - persönlicher, als einen digitalen Font. 

Um das zu unterstreichen habe ich ausschließlich das Wort „Glashaus“, welches man laut dem Text, wenn man drin sitzt, besser zerschmeißen sollte, als einziges Wort in einem groß und eindringlich wirkenden, digital geschriebenem „Impact“ - Schriftzug eingebaut. Anstelle eines Schattens, wird es mit einem Beamer an die Wand projiziert. Sowie später auch einzelne kleine Videosequenzen auf die Schatten-Silhouette. Die Beamer-Elemente sollen auch einen Kontrast schaffen, der etwas Abwechslung, in die sonst ausschließlichen Schattenspiele in warmem Licht,  bringt.

ANALOGE ANIMATION | FOLIEN UND IHRE SCHATTEN

TESTS

In der Umsetzung ist es schwierig, riesige Wörter auf die Schattenwand zu projizieren, die mit der Größe der Silhouette mithalten, da der Abstand des schatten-werfenden Objekts - in dem Fall das Wort - zur Projektions-Wand nur sehr kurz sein darf. Andernfalls verläuft die Schrift und wird immer unleserlicher, je weiter sich das Objekt hin zum Licht / weg von der Wand bewegt. Das würde im Umkehrschluss riesige und unflexible Schrift-Konstruktionen benötigen.

Um das etwas unkomplizierter zu gestalten, habe ich mir überlegt, dass ich die Worte auch auf durchsichtige Folien schreiben und an einem kleinem Licht-Set separat aufnehmen kann, um die Aufnahmen in der Postproduktion über das Filmmaterial zu legen. Das macht sie anschließend auch wesentlich flexibler in Bearbeitungs-Experimenten im Schnitt, weil sie unabhängig und nicht verschmolzen mit dem restlichen Film-Material sind.

Ob das so funktioniert, wie gedacht, habe ich vorab getestet.

Postproduktion.png

FINALE UMSETZUNG

Ich habe mir auf weißem Papier grob die Größenverhältnisse der einzelnen Bildsequenzen, in denen später die Schriftzüge lesbar sein sollten, skizziert. Im Anschluss hab ich immer eine Folie darüber gelegt und mit schwarzem Edding so reingeschrieben, wie ich es später im Bild liegen haben wollte - schön klein mit viel Folien-Rand, damit beim layern im Schnitt keine Ränder im Bild zu sehen sind. 

Anschließend hab ich die Schatten der Schriftzüge abgefilmt, ähnlich wie auch bei den Tests. Dabei sind auch ein paar schöne Lichtspiele durch die Reflexion der Lampe entstanden.

Ich habe auch versucht eine Schattenlampe zu bauen, die die Worte über die  Wände, wie Staub,  „durch den ganzen Raum“  tanzen lässt. Daran ist sie leider kläglich gescheitert.

RÜCKBLICK | TUMBLR'2014-PARANOIA

Meine grundsätzliche Erkenntnis die ich aus diesem Kurs mitnehme ist, dass qualitative ästhetische Schrift-Ergebnisse in Bewegbild durch analoge Animation herzustellen, wesentlich aufwändiger und gedulds-strapazierender zu erreichen ist,  als ich erwartet hätte. Möglichkeiten und Ansätze gibt es viele, aber es nicht nach „Bastel-Arbeit“ aussehen oder sehr kitschig werden zu lassen, ist das Andere. Bei vorherigen Film- und Videoprojekten (ohne Arbeit mit Text im Bild) hatte ich keine Schwierigkeiten damit. Schriftzüge scheinen nach meiner Beobachtung also einen schnelleren Hang zum Kitsch zu haben. Meine größte Herausforderung war es, das nicht zu sehr ausarten zu lassen, bei den bereits eher emotionalen intimen Inhalten des Textes und der Filmaufnahmen - das kann schnell mal von Ästhetik zu Tumbler 2012 kippen.

Es hat auch vieles in der Praxis nicht funktioniert, wie ich mir das ursprünglich gedacht hatte - Bestes Beispiel: Meine Schatten-Lampe, der eigentlich geplante Star meines Videos.

Ich freu mich dennoch groß gedacht zu haben. Zwei 3 Meter hohe weiße Papierwände habe laut Jan wohl bisher noch keiner ins Video-Studio gezogen. Als die fertig aufgebaut vor mir stand, war der Stolz schon ziemlich groß. Auch diese Idee entstand ursprünglich aus dem Problem, das die Grund-Idee des Bildes, auf einer weißen neutralen Ecke, inklusive hellem Boden, beruhte, die in der Praxis, trotz aller Suche und Rumfragerei, nicht mal eben zu finden war. Meine Lösungsorientierung wurde innerhalb dieses Projekt definitiv geschult. 

Es war auch schön, die Erfahrung zu machen, wie viele hilfsbereite Menschen mich bei dem Projekt unterstützt haben. Obwohl ich mich gegen eine Teamarbeit entschieden haben, würde es das finale Ergebnis ohne Unterstützung letzten Endes, so, garnicht geben.   

Carla, die mir geholfen hat viele lange schwere Meter Papier unter die (ziemlich hohe!) Decke des Videostudios zu knoten.

Jan, der mir geholfen hat, das Ganze auch wieder abzuknoten.

Aaron, der mir extra Musik eingespielt hat, damit ich mich nicht wieder auf leidige stundenlange Suche nach lizenzfreier Musik begeben muss.

Das Projekt hat meinen Kopf definitiv mit der Beobachtung arbeiten lassen, dass alleine drehen - vor allem wenn man auch noch vor der Kamera steht - enorm anstrengend ist. Ich merke, dass ich mich manchmal schwer damit tu, in kreativen Projekten Kontrolle abzugeben und tendiere schnell dazu lieber allein zu arbeiten (obwohl ich weiß, dass es spätestens im Berufsalltag eh ganz anders laufen würde). Ich persönlich seh im allein Arbeiten auch immer noch  viele Vorteile.  Aber hier wurden mir wirklich auch viele Vorteile, die Teamarbeit mit sich gebracht hätten, unter die Nase gerieben. Mindestens zwei weitere Hände zu haben, wär oft mehr als hilfreich bis absolut erforderlich gewesen.