Das Briefing

Die Gestaltung der Hochzeitseinladungen für meine Schwester begann mit einer konzeptionellen Phase, die sich in Form einer gemeinsamen Brainstorming-Session äußerte. Als Ausgangspunkt diente ein Pinterest-Board, auf dem sie verschiedene Inspirationsbilder zu Dekoration, Papeterie und Gestaltungselementen gesammelt hatte. Da diese Sammlung stilistisch eher heterogen war, bestand der erste Schritt darin, wiederkehrende Designelemente zu identifizieren und eine gestalterische Richtung zu definieren.

Meine Schwester wollte mir nur wenige, explizite Vorgaben machen und vertraute mir weitesgehend in der Umsetzung. Aus unserem gemeinsamen Gespräch konnte ich ihre Vorlieben jedoch gut herausarbeiten und reduzierte ihre Inspirationsquelle auf drei zentrale Bilder, die als stilistische Orientierung dienten.

Auf Basis dieser Analyse entwickelte ich einen groben Anforderungskatalog, der die Kernmerkmale der Hochzeitseinladung definierte.


Stilelemente

- Mehrteilige Hochzeitskarte (abweichend vom üblichen Einblatt-Format)

- Kombination aus weißem und farbigem Papier für höhere Kontraste

- Festlicher Stil mit Serifenschrift und zentrierter Typografie

- Eine Wachsversiegelung

- Eine individuell gestaltete Venue Map


Enthaltene Informationen

- Einladungstext 

- Rückmeldung

- Dresscode

- Übernachtungsmöglichkeiten

- Geschenke

- Ideen der Gäste

- Tagesablauf

- Adresse


Dieses Briefing diente als Grundlage für die nachfolgenden Design- und Produktionsphasen.

Das Format

Schnell wurde deutlich, dass eine mehrteilige Hochzeitskarte gewünscht war, in der die verschiedenen Informationen thematisch gegliedert sind. Basierend auf den Inhalten, die die Einladung vermitteln sollte, unterteilte ich diese in vier separate Karten:

- Einladungstext inkl. RSVP

- Tagesablauf

- Details (Dresscode, Übernachtung, Geschenke, Ideen der Gäste)

- Venue Map inkl. Adresse

Diese Struktur gewährleistete eine übersichtliche und klare Informationsvermittlung. Allerdings stellte sich die Frage, in welcher Reihenfolge die Gäste die Karten wahrnehmen würden. Eine übliche Anordnung (wie auf den Inspirationsbildern zu sehen), bei der die Karten in absteigender Größe übereinandergelegt werden, bewirkt, dass die Hierarchie durch das Format und nicht durch den Inhalt bestimmt wird.

Mir war es jedoch wichtig, dass die eingeladenen Personen bewusst durch die Einladung geführt werden – insbesondere sollte der Einladungstext als erstes gelesen werden, bevor Details oder der Tagesablauf ins Blickfeld rücken. Unter dieser Voraussetzung entwickelte ich das folgende Konzept:

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Die Idee dahinter war, es mittels eines doppelten gefalzten Blatt Papier, einen Umschlag zu imitieren, der die losen Karten beinhaltet. Dieser Umschlag übernimmt dabei nicht nur eine schützende Funktion, sondern wird aktiv in das Design und die Vermittlung der Informationen eingebunden:

Der Einladungstext wird direkt auf die Innenseite des Umschlags gedruckt, sodass er beim Öffnen sofort ins Auge fällt und als erstes gelesen wird. Die einzelnen Karten, die sich wie in einer Tasche eingesteckt darunter befinden, sind hierarchisch untergeordnet und werden erst nach dem Lesen der Einladung entnommen. Im Designprozess nutzte ich zudem den zunächst verborgenen Platz unter den Karten, um dort die Bitte zur Rückmeldung zu platzieren, sodass diese erst zu lesen ist, wenn die Karten entnommen wurden.

Dieses Konzept sorgt dafür, dass die Leser:innen natürlich durch die Einladung geführt werden:

→ Umschlag öffnen → Einladungstext lesen → Detailkarten durchsehen → Rückmeldung erteilen

Zusätzlich ermöglicht dieses Format die Verwendung eines Wachssiegel, wie von meiner Schwester gewünscht. Durch die vertikale Orientierung der Karte wirkte diese zudem besonders festlich.

Das Farbkonzept

Bevor die Wahl des Papiers getroffen werden konnte, galt es zunächst, die passenden Farben festzulegen. Dazu erstellte ich semi-professionelle Mockups, um verschiedene Farbkontraste zu testen und deren Wirkung  zu beurteilen. Die Auswahl der Farben orientierte sich am Farbschema, das ich aus den Inspirationsbildern im Briefing ableitete.

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Im direkten Vergleich gefiel mir das gelb-grüne Chartreuse am besten. Insbesondere sah ich darin die Vision, ein durchgängiges Farbkonzept für die gesamte Hochzeit zu etablieren. Meine Schwester hatte bereits geplant, die Location vorrangig mit Blumen in Grün- und Weißtönen zu dekorieren. Diese Wahl hatte sie auch bereits in ihrem Blumenstrauß für das Standesamt getroffen. Dieser Strauß war bereits zentraler Bestandteil der zuvor von mir gestalteten Save-the-Date-Message. Chartreuse fügte sich also perfekt in dieses Konzept ein und verstärkte die visuelle Verbindung zwischen Einladung und Hochzeitsdekoration.

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Das Papier

Mit dem entschiedenen Farbkonzept widmete ich mich der Wahl des passenden Papiers. Mir war von Anfang an wichtig, eine möglichst hohe Grammatur zu verwenden, um den Karten durch ihre Haptik einen wertigen Eindruck zu verleihen. Insbesondere durch das lose Kartenformat war es wichtig, dass diese in ihrer Form stabil und nicht lichtdurchlässig sind

Zeitgleich war ich jedoch auch durch gewisse Faktoren limitiert. Da der Umschlag gefalzt werden sollte, durfte das Papier nicht zu dick sein, um unschöne Brüche oder Risse an der Falzlinie zu vermeiden. Zudem musste ich berücksichtigen, dass ich die Karten selbst produzierte und bedruckte. Und da herkömmliche Drucker nur bis zu einer bestimmten Grammatur arbeiten, war es wichtig dies zu berücksichtigen.

Bei meiner Recherche nach dem optimalen Papier musste ich schnell feststellen, dass Chartreuse in der Welt der Papeterie nicht gerade weit verbreitet ist. Dadurch nahm die Suche nach dem perfekten Farbton unerwartet viel Zeit in Anspruch… wenn nicht zu sagen peinlich viel.

Fündig wurde ich schließlich bei der Papierfabrik Gmund, die seit 1829 hochwertige Papiere in der Gemeinde Gmund am Tegernsee herstellt. Auf Anfrage erhielten wir ein äußerst freundliches und faires Angebot für das benötigte Papier in Chartreuse und Cremeweiß. Für den Umschlag entschied ich mich für eine Grammatur von 200 g/m², und für die einzelnen Karten von 300 g/m². Zusätzlich bestellte ich auch die passenden Briefumschläge für den Versand der Einladungen, direkt beim selben Hersteller, um eine durchgängige Farbgestaltung sicherzustellen.

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Das Design

Hochzeitslocation

In den Inspirationsbildern fanden sich immer wieder Illustrationen, unter anderem von der jeweiligen Hochzeitslocation. Da ich zudem den Wunsch hatte, eine Venue Map zu gestalten, entschied ich mich, die Hochzeitslocation meiner Schwester selbst zu illustrieren. Diese Illustration sollte nicht nur als praktisches Element dienen, sondern auch als  Gestaltungselement in die Hochzeitskarte integriert werden. Auf diese Weise wollte ich neben dem gesetzten Text auch das visuelle Interesse steigern und der Einladung eine zusätzliche, individuelle Note verleihen.

Familienname

Für die Rückseiten der losen Karten entschied ich mich, den Familiennamen des Brautpaares zu drucken. Dabei setzte ich den Namen in einer Kombination aus kursiven und normalen Buchstaben sowie variierenden Schriftgrößen um, um eine kompaktere und visuell interessantere Optik zu erzielen.

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Textlayout

Da mein Designprozess darauf basierte, zunächst das Kartenformat festzulegen, war die Größe, auf der ich arbeiten würde, von Anfang an definiert. In Illustrator richtete ich die entsprechenden Maße ein und begann, alle erforderlichen Informationen auf den einzelnen Karten zu platzieren.

Während des gesamten Prozesses experimentierte ich kontinuierlich mit verschiedenen Designelementen: Ich variierte die Schriftarten, testete sowohl serifenbetonte als auch serifenlose Schriften, probierte die Überschriften in Großbuchstaben oder in normaler Schrift aus und spielte mit unterschiedlichen Formaten für den Tagesablauf – mal in Stichpunkten, mal ausgeschrieben, mal mit und mal ohne zusätzliche Beschreibungen.

Ich durchlief zahlreiche Iterationen, um die optimale Balance zwischen Ästhetik und Lesbarkeit zu finden, bevor ich mich schließlich auf ein endgültiges Design festlegte.

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Sobald ich mich auf eine Variante festgelegt hatte, bin ich zu InDesign gewechselt. In Retrospektive hätte ich auch von Beginn an, in InDesign arbeiten sollen. Nur war es in diesem Fall mit das erste Mal, dass ich in InDesign gearbeitet habe. Aber trotz anfänglicher Schwierigkeiten habe ich in das Programm hineingefunden und mag es jetzt auch gar nicht mehr missen! 

Die finalen Druckbögen sahen final wie folgt aus:

Der Druck

Als Interfacedesigner bleibt der Druck eine der größten Stolperfallen. So waren mehrere Anläufe nötig, um zunächst grobe Fehler in den Druckbögen auszubessern und anschließend durch feine Anpassungen den Anforderungen des Druckers gerecht zu werden. Nachdem alles erfolgreich gedruckt war, folgten das Zuschneiden an der Schneidemaschine und schließlich das Falzen der Umschläge.

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Das finale Ergebnis

(aus Datenschutzgründen teilweise unkenntlich gemacht)

Das Fazit

Für meine Schwester würde ich es natürlich immer wieder tun.

(und es war ein ganz guter Grund endlich mal in InDesign zu arbeiten...)