Idee
Für eine Hausaufgabe in dem Kurs Web Text Input Output bei Frank Rausch habe ich einen Prototypen zum Explorieren von Gesetzestexten entworfen.
Ziel war es, eine digitale Form zu finden, die einen möglichst hohen Grad an Exploration ermöglicht. Ausgangspunkt war ein Zitat aus einem Buch über das Lesen in Büchern und eine Sammlung von Fragen, aus denen ich mir die folgenden herausgepickt habe.
- „Kann ein digitaler Text ein »Äußeres« haben, so wie ein Buch als Objekt einiges über Länge, Form, Genre und Struktur des Inhalts verrät?“
- „Wie kann ein digitaler Text seine Struktur, Form und Länge andeuten, bevor man ein Wort davon liest?“
- „Wie muss ein digitaler Text strukturiert sein, um ihn gut überblicken zu können?“
Direkt dachte ich daran, den gesamten Text eines Buches auf einem einzelnen Bildschirm darzustellen. Damit der Text, auch wenn er schon viel zu klein zum Lesen ist, eine interessante Struktur hat, entschied ich mich für einen Gesetzestext. Das Strafgesetzbuch stellte sich als ein Text mit geeigneter Länge heraus.

Umsetzung
Den Text des StGB fand ich als Markdown konvertiert auf github.com/bundestag. Da es mehrere Markdowndialekte gibt und ich mich mit Standard HTML-Tags wohler fühle, konvertierte ich den Text mit Pandoc in ein ungestyltes HTML-Dokument.
Mittels der in Python enthaltenen html.parser
Bibliothek, parste ich dann dieses 1MB große Text-Dokument und transformierte es in ein JSON-Object mit dieser Struktur:
{
"structure": {
"strafgesetzbuch-stgb-div": {
"level": "h1",
"part_of": [],
"title": "Strafgesetzbuch (StGB)",
"section": null
},
"allgemeiner-teil---div": {
"level": "h2",
"part_of": [
"strafgesetzbuch-stgb-div"
],
"title": "Allgemeiner Teil",
"section": null
},
...
"keine-strafe-ohne-gesetz-div": {
"level": "h5",
"part_of": [
"strafgesetzbuch-stgb-div",
"allgemeiner-teil---div",
"erster-abschnitt---das-strafgesetz-div",
"erster-titel---geltungsbereich-div"
],
"title": "§ 1 Keine Strafe ohne Gesetz",
"section": "1"
},
...
Jedem Abschnitt wird hier seine Tiefe, Referenzierungen in anderen Abschnitten, sein Titel und, wenn vorhanden, seine Paragraphennummer zugeordnet. Mit diesen extrahierten Metainformationen, konnte ich dann die Struktur des gesetzten Textes zusätzlich farblich hervorheben. Da die Exploration so friktionslos wie möglich geschehen sollte, reicht es, den Mauszeiger über die betreffende Textstelle zu führen.

Ergebnis
Das Ergebnis kann hier online ausprobiert werden.
Das Experiment hat sich als nützlichen Einstieg in Überlegungen zu juristischen Texten erwiesen. Ich habe, auch im Gespräch mit einem angehenden Juristen, einige Einblicke in die Lesegewohnheiten von Jurist:innen bekommen, die ich in einem nächsten Prototypen umsetzen würde. Leider bin ich dazu nicht mehr gekommen.