„The Heart of Europe“ ist eine Audioinstallation, die verschiedene Perspektiven auf die EU hörbar macht, einander gegenüber stellt, aber auch verfremdet. Audioaufnahmen aus dem europäischen Parlament bilden den Ausgangspunkt der Installation. Umgeben wird dieser Klang von weiteren Fragmenten, die teils gegenläufige Realitäten und politische Ambivalenzen in der EU aufzeigen sollen. Dieses Projekt wurde im Rahmen einer Ausstellung gezeigt, wobei Besucher*innen eingeladen waren, sich frei im Raum zu bewegen und ihre eigene Beziehung zu Europa und der EU zu reflektieren. In welchem Spannungsfeld verorten wir uns innerhalb Europas? Welche Abgrenzungen bestimmen unsere Sichtweise nach Außen? Aus welcher Haltung stellen wir diese Fragen und beantworten sie? Soundcollage in stereo unter: https://on.soundcloud.com/89u6d
"PROJEKT EUROPA"
Das Seminar Projekt Europa fand im Rahmen der EMW-Projektwoche statt und wurde von Prof. Dr. Nico Heise und Prof. Dr. Heiko Christian geleitet. Vor der Woche in Bröllin haben wir nicht nur die Gelegenheit bekommen, uns mit ausgewählter Literatur zum Thema Europa und EU auseinanderzusetzen, sondern auch unsere Ideen für ein Projekt (Audio, Video, Film, …) und Interessen in einem Vorbereitungstreffen miteinander zu teilen.
Da wir drei - Lea, Myriam und Senta - das gleiche Interesse hatten, uns inhaltlich mit vielschichtigen und auch gegenläufigen Perspektiven auf Europa und der EU zu beschäftigen, haben wir uns innerhalb des Kurses schnell zu einer Kleingruppe zusammengeschlossen. So haben wir die Vorbereitungszeit genutzt und uns überlegt, eine Audioinstallation zu erstellen. Die Idee dafür kam von Myriam, die in dem Kurs Geschichte Ausstellen - Exkursion nach Brüssel bereits erste Audiodateien in dem EU-Parlament aufgenommen hat.
BRÖLLIN & THEORETISCHER INPUT
Angekommen am Montagmittag in Bröllin bei bestem Wetter, wurden zunächst die Zimmer eingerichtet und der Hof erkundet. Vor dem Mittagessen haben wir eine Führung bekommen, bei der wir einiges über die Geschichte des Ortes und dortigen Projekte gelernt haben. Diese hat außerdem dazu geführt, dass wir unseren Ausstellungsort gefunden haben - Studio 2 - dazu später mehr.
Am Montagnachmittag und Dienstag haben wir die Zeit im gesamten Kurs genutzt, um über die Idee von Europa zu sprechen und die Frage „Was verbinde ich mit Europa„ zu beantworten. Dabei wurden Gedanken geteilt und von persönliche Erfahrungen berichtet. Zusätzlich gab es weiteren Input zu der EU - Film und Vortrag.
AUDIO INSTALLATION: SOUND RESEARCH & RENDERING
Unser Ausgangspunkt war eine Audioaufnahme aus dem EU-Parlament, die uns dazu inspirierte, das „Herz“ Europas zu erkunden. Wir wollten jedoch über die offizielle Sichtweise hinausgehen und auch andere Stimmen und Eindrücke einfangen, um ein umfassenderes Bild zu schaffen. Daher haben wir verschiedene Audio-Stücken gesammelt, die aus verschiedenen Quellen stammen, darunter auch Aufnahmen außerhalb der EU.
Uns ist aufgefallen, dass die Medieninhalte des Europäischen-Parlaments und Parliaments zumeist mit Musik emotional untermalt sind. Diese Musik, die durch repetitive Wiederholung eine überzeugende und immersive Wirkung erzeugt, haben wir als durchgehenden Sound gewählt. Den Werbeinhalten der EU, die europäische Werte und die positiven Seiten der EU hervorheben, haben wir Außenperspektiven gegenübergestellt. Um unsere Eindrücke, die wir in der Projektwoche gesammelt haben, zu verarbeiten, haben wir die Methode der Collage gewählt. Dies ermöglichte uns, die Gleichzeitigkeit widersprüchlicher Perspektiven aufzuzeigen, ohne eine klare Antwort darauf zu geben. Dabei haben wir uns immer wieder die folgenden Fragen gestellt:
Wer befindet sich im Innen? Wer im Außen? Wer hat welche Stimme? Wer wird gehört? Wie deutlich sind Grenzen?
Für die Außenperspektiven haben wir Radio- und Videobeiträge genutzt, die verschiedene Schwerpunkte aufweisen: Flucht, Migration, Menschenwürde von Nicht-Europäer*innen, Staatenlosigkeit in der EU, Klimawandel, Klimaaktivismus, Lobbyismus und Ausbeutung. Dabei haben wir darauf geachtet, dass die Audioaufnahmen keine musikalische Untermalung aufweisen und für sich selbst sprechen.
Für den Audioschnitt haben wir das Programm Reaper genutzt. Da wir insgesamt vier Boxen für unsere Installation nutzen wollten, haben wir vier einzelne Tracks erstellt. Eine Schwierigkeit bestand hier darin, den Sound auf allen vier Boxen gleichzeitig händisch anzuspielen, ohne dass eine Verzögerung eintritt.






RAUMKONZEPT
Der Aufbau der Audioinstallation wurde inhaltlich an die Überlegung angegliedert, die innerpolitische Perspektive auf die EU, äußeren Wahrnehmungen und Lebensrealitäten gegenüberzustellen, aber auch mit diesen verschwimmen zu lassen. Als Inspiration für die Platzierung der vier Boxen sowie maßgeblich beeinflussend für deren Hängung war das Studio 2 im Schloss Bröllin. Der ebenerdige Gewölberaum mit sechs Säulen gliedert das Studio in neun Flächen, in denen Sound durch die Wölbung der Decke, in den jeweils darunter befindenden Fläche verstärkt wird.
Über eine mittig platzierte Box wurden Tonfragmente aus dem Europäischen Parlament in Brüssel abgespielt, welche durch Interviewschnipsel und Sounds - welche äußere Perspektiven auf die EU und deren Vielschichtigkeit repräsentieren sollten - über drei, in äußeren Flächen platzierte Boxen, collagenartig erweitert wurden.
Des Weiteren war das Betreten des Raumes, durch den dort ausgelegten Tanzschwingboden, lediglich barfuß möglich. Das Ausziehen der Schuhe sollte die Zuhörer*innen aktiv dazu einladen, sich in die Perspektiven hineinzubegeben und sich in ihrer eigenen Wahrnehmung zu verorten.








AUSSTELLUNG
In der Ausstellung der Projektwoche wurde unsere Audioinstallation abschließend präsentiert. Um thematisch und gestalterisch die Installation einzuordnen, haben wir einen kurzen Werktext verfasst, der mit unseren Leitfragen und offenen Überlegungen der Projektarbeit endete. Diese sollten einerseits darauf verweisen, dass wir uns mit unserem Projekt selbst über unsere Perspektive auf Europa und die EU befragt haben - ohne abschließende Antworten zu finden - welches andererseits auch die Besucher:innen dazu anregen sollte, miteinander in Austausch und den Diskurs zu treten.
Während der Ausstellung ist uns besonders aufgefallen, dass sich die Besucher*innen trotz unserer textlichen Einführung größtenteils sofort in die Mitte des Raumes setzten, um der Soundcollage zu lauschen. Unsere Überlegung, dass die verschiedenen Perspektiven durch die Anordnung der Boxen im Raum in Bewegung erkundet werden sollten, da sie je nach Verortung deutlicher hervortreten oder eben auch in den Hintergrund rücken, wurde demnach rückblickend durch die räumliche und auditive Gestaltung vielleicht nicht deutlich genug.
Gefreut hat uns allerdings, dass viele der Besucher*innen nach dem Zuhören mit uns oder miteinander ins Gespräch gekommen sind und dabei unsere Leitfragen als Ausgangspunkt dienen konnten.








REFLEXION
Auch mit einigem Abstand zu der Projektwoche in Bröllin, können wir sagen, dass wir insgesamt mit dem Prozess und dem Ergebnis sehr zufrieden sind. Die Zusammenarbeit in der Gruppe hat super funktioniert, sodass wir trotz der begrenzten Zeit, die Aufgaben gut koordinieren, Expertisen mit einbringen und gemeinsam kreative Lösungen finden konnten. Bei dem guten Wetter in der Woche hat das viel Spaß gemacht - war aber auch zeitweise herausfordernd, wenn die Zeit gedrängt hat. Letztendlich ist es uns trotz einiger technischer Herausforderungen gelungen, unser Projekt in einer Weise zu präsentieren, die unseren Erwartungen entsprach. Das Feedback im Kurs war äußerst positiv, viele fanden die Audio-Installation inspirierend.
ZEIT
Mehr Tiefe: Da es sich um eine stark aufgeladene, politische Thematik handelt, sollte eine Arbeit den Anspruch haben, inhaltlich fundiert ausgearbeitet zu sein. Dem konnten wir aus unserer Sicht leider nicht ganz gerecht werden - so ist die Auswahl an Audiomaterial fragmentarisch, statt vollständig. Trotzdem haben wir uns Mühe gegeben, unsere Materialauswahl so transparent wie möglich zu gestalten und unsere Quellen sorgfältig angegeben. Da der Komplex Europa so groß ist, würden wir beim nächsten Mal das Thema eingrenzen, um nicht Gefahr zu laufen, diesem nicht gerecht werden zu können.
TECHNIK
Zwar haben wir unser Wissen über die Handhabung von Audioprogrammen, bzw. explizit den Umgang mit Reaper durch das Projekt erweitert, allerdings konnten wir aufgrund des begrenzten Equipments - wir hatten leider lediglich vier Bluetooth Boxen als Ausgabemedium - die Mehr-Kanal-Installation nicht in dem Sinne umsetzen, wie sie ursprünglich gedacht war. Des Weiteren konnten wir uns nicht vertiefter mit dem Sounddesign beschäftigen, da wir aufgrund der Projektwoche in der Zeit begrenzt waren.
Alles in allem war das Projekt eine intensive Erfahrung, bei der wir auf verschiedenen Ebenen gewachsen sind. Die Projektwoche ist zusätzlich eine tolle Gelegenheit, um andere Studierende der EMW kennenzulernen und sich zu vernetzen und auszutauschen.